TE Vwgh Beschluss 2019/6/26 Ra 2019/09/0078

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Veröffentlicht am 26.06.2019
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Index

L24009 Gemeindebedienstete Wien
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG §133 Abs4
DO Wr 1994 §94 Abs2
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr und die Hofräte Dr. Doblinger und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Hotz, über die außerordentliche Revision des X Y in Z, vertreten durch Celar Senoner Weber-Wilfert Rechtsanwälte GmbH in 1070 Wien, Mariahilferstraße 88a, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 6. Februar 2019, VGW- 171/008/87/2019/E-33, betreffend Suspendierung nach der Dienstordnung 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Disziplinarkommission der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der im Jahr 1968 geborene Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien. Zur Vorgeschichte wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das in dieser Angelegenheit bereits ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 2018, Ra 2018/09/0156, verwiesen.

2 Mit dem nun angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 6. Februar 2019 wurde nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung die Suspendierung des Revisionswerbers gemäß § 94 Abs. 2 der (Wiener) Dienstordnung 1994 (DO 1994) ausgesprochen, weil er unter Verdacht stehe, gegen das Verbot, sich Geschenke, die mit der dienstlichen Tätigkeit im Zusammenhang stehen, zuwenden zu lassen, verstoßen zu haben, indem er sich als Werkmeister von A (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof) im Jänner 2013 einen Einkaufsgutschein für ein näher bezeichnetes Shoppingcenter im Wert von 200,-- Euro für das erste Quartal des Jahres 2013 habe zuwenden lassen, um sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern. Der Revisionswerber habe es dadurch unterlassen, die ihm übertragenen Geschäfte unter Beachtung der bestehenden Rechtsvorschriften mit Sorgfalt, Fleiß und Unparteilichkeit zu besorgen, sowie dem Gebot, im Dienst alles zu vermeiden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte, zuwidergehandelt. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde für nicht zulässig erklärt.

3 In der Begründung ging das Verwaltungsgericht im Wesentlichen vom Vorliegen einer "typischen Konstellation" aus, welche eine Suspendierung rechtfertigen würde.

Dienstpflichtverletzungen, die den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllen, seien jedenfalls als besonders relevant einzustufen, was auf die angelastete Dienstpflichtverletzung, welche den Verdacht der Geschenkannahme durch Beamte gemäß § 304 StGB, allenfalls nach § 305 oder § 306 StGB begründe, zutreffe. Das Vertrauen des Magistrats der Stadt Wien in die dienstliche Tätigkeit des Revisionswerbers sei durch die ihm vorgeworfene Dienstpflichtverletzung jedenfalls massiv erschüttert. Würde man den Revisionswerber weiterhin im Dienst belassen, so könne dies eine negative Beispielwirkung auf andere Kollegen dahingehend haben, dass die Annahme von Geschenken lediglich als "Kavaliersdelikt" angesehen werde, obgleich solche Verhaltensweisen gerade zum Kernbereich disziplinärer Verfehlungen gehören würden.

4 Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision. 5 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Hat das Verwaltungsgericht, wie im vorliegenden Fall, im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, so hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, muss sich aus dieser gesonderten Darstellung ergeben (vgl. VwGH 20.3.2019, Ra 2019/09/0032).

8 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

9 Der Revisionswerber begründet die Zulässigkeit der Revision unter Wiedergabe von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zunächst damit, dass ein Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege. Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht von einer konkreten Verdachtslage gegen den Revisionswerber ausgegangen, welche aus den vorliegenden Beweisergebnissen in keiner Weise abgeleitet werden könne. 10 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Suspendierung ihrem Wesen nach eine sichernde Maßnahme, die bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen im Verdachtsbereich zwingend zu treffen ist. Sie stellt keine endgültige Lösung dar. Es braucht daher nicht nachgewiesen zu werden, dass der Beamte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung tatsächlich begangen hat. Diese Aufgabe kommt vielmehr erst den Disziplinarbehörden im Disziplinarverfahren zu. Ein Verdacht kann immer nur aufgrund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Die Berechtigung zur Verfügung der Suspendierung liegt allein in dem Bedürfnis, noch vor der Klärung der Frage des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung in der abschließenden Entscheidung über die angemessene Disziplinarstrafe des Beamten eine den Verwaltungsaufgaben und dem Dienstbetrieb dienende, vorübergehende Sicherungsmaßnahme zu treffen. Die Suspendierung eines Beamten gehört demnach in die Reihe jener vorläufigen Maßnahmen, die in zahlreichen Verfahrensgesetzen vorgesehen sind, um einen Zustand vorübergehend zu ordnen, der endgültig erst aufgrund des in der Regel einen längeren Zeitraum beanspruchenden förmlichen Verfahrens geregelt wird, um dadurch Nachteile und Gefahren - insbesondere für das allgemeine Wohl - abzuwehren und zu verhindern. Die Verfügung der Suspendierung setzt den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung voraus, die wegen "ihrer Art" das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet. Es können daher nur schwerwiegende, auf der Hand liegende Interessen der Verwaltung als sachbezogen anerkannt werden und die Suspendierung rechtfertigen. So kann eine Suspendierung zunächst in Betracht kommen, weil das verdächtige Verhalten noch nicht abzugrenzen, aber als schwerwiegend zu vermuten ist. Aber auch bei geringeren Verdachtsgründen kann aus der konkreten Situation das dienstliche Interesse an der Suspendierung begründet sein, z. B. bei schwerer Belastung des Betriebsklimas. Für eine Suspendierung sind greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung von ausreichender Schwere sowohl in Richtung auf die objektive wie auf die subjektive Tatseite erforderlich (vgl. zuletzt VwGH 24.1.2018, Ra 2017/09/0041).

11 Das Verwaltungsgericht hat vor dem Hintergrund der festgestellten, konkreten Umstände die Verdachtslage einer Dienstpflichtverletzung gewürdigt und ausführlich begründet. Es gelangte zu dem Ergebnis, dass die Suspendierung des Revisionswerbers gerechtfertigt sei, wozu es zusammengefasst ausführte, dass sich aus den Erhebungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft im Zusammenhalt mit den bei der Hausdurchsuchung durch diese sichergestellten "Listen" (von Geschenkgutscheinen samt Zuordnung an die jeweiligen Mitarbeit der Stadt Wien - und so auch an den Revisionswerber) genügend Anhaltspunkte für die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens unzulässiger Geldflüsse im Zusammenhang mit Tätigkeiten ergeben würden, die vom Revisionswerber im Rahmen seiner dienstlichen Stellung gesetzt worden waren und damit Dienstpflichtverletzungen darstellen könnten.

12 Dieser Ansicht ist im Licht der bereits bestehenden Leitlinien der Rechtsprechung sowie vor dem Hintergrund der vorliegenden Revision nicht entgegenzutreten.

13 Soweit der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung ohne nähere Ausführungen darauf hinweist, eine Verdunkelungsgefahr sei auf Basis der Beweisergebnisse "gänzlich auszuschließen", zeigt er damit eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht auf. Mit der bloßen Behauptung, eine bestimmte Auffassung des Verwaltungsgerichtes widerspreche der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wird die Begründung für die Zulässigkeit der Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt, schon weil nicht konkret angegeben wird, von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Verwaltungsgericht abgewichen sei (vgl. VwGH 24.1.2019, Ra 2018/09/0210).

14 Da in der Revision somit keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt werden, erweist sie sich als unzulässig. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 26. Juni 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019090078.L00

Im RIS seit

08.08.2019

Zuletzt aktualisiert am

08.08.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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