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E000 EU- Recht allgemeinNorm
EURallgBetreff
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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des J N in K (Deutschland), vertreten durch Dr. Dominik Schärmer, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Ungargasse 15/5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 17. Jänner 2019, Zl. LVwG-1-760/2017-R9, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bregenz), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 2. November 2017 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, als Verantwortlicher einer näher bezeichneten Möbelspedition nicht dafür gesorgt zu haben, dass die Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes 1995 (GütbefG) bzw. des Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 eingehalten worden seien, weil am 2. Juni 2017, 08:31 Uhr, mit einem nach dem Kennzeichen bestimmten Fahrzeug ein gewerbsmäßiger Gütertransport mit Be- und Entladeort in Österreich durchgeführt worden sei (Kabotage), ohne dem Lenker einen ordnungsgemäß ausgefüllten Beleg gemäß Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 auszuhändigen, sodass dieser Beleg während der Beförderung nicht mitgeführt worden sei und auf Verlangen dem Aufsichtsorgan nicht habe ausgehändigt werden können. Der Revisionswerber habe dadurch gegen § 23 Abs. 1 Z 8 GütbefG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 verstoßen und es wurde über ihn eine Geldstrafe von EUR 1.453 (67 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
2 Der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers gab das Landesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis keine Folge und bestätigte das Straferkenntnis mit der Maßgabe, dass die in der Tatumschreibung enthaltene Wortfolge "ein gewerbsmäßiger Gütertransport mit Belade- und Entladeort in Österreich (...) durchgeführt (Kabotage)" durch die Wortfolge "eine Kabotage in Österreich (...) durchgeführt" ersetzt wurde. Ferner wurde die Revision für nicht zulässig erklärt.
Nach Darlegung des Verfahrensganges stellte das Verwaltungsgericht fest, es handle sich bei dem gegenständlichen Fahrzeug um einen LKW einer näher bezeichneten Marke (geschlossener Kasten): zum Tatzeitpunkt sei das Speditionsunternehmen, dessen verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Revisionswerber sei, Zulassungsbesitzerin dieses Fahrzeugs gewesen. Darüber hinaus wurde folgende Feststellung dem Erkenntnis zu Grunde gelegt:
"Es ist nicht erwiesen, dass zum angeführten Zeitpunkt Güter transportiert wurden. Nach den Angaben des Beschuldigten wurde bei dieser Fahrt, die zu Montagearbeiten vereinbart worden sei, unternehmenseigenes Werkzeug und Montagematerial befördert."
Wörtlich wurden im angefochtenen Erkenntnis weiters die Äußerungen des Rechtsvertreters des Revisionswerbers in der mündlichen Verhandlung wiedergegeben, wonach er bestritten habe, dass das Fahrzeug für einen gewerbsmäßigen Gütertransport eingesetzt gewesen sei. Es sei überhaupt kein Gütertransport gewesen, sondern es habe sich um ein Montagefahrzeug gehandelt, das keine Güter geladen hatte. Auf dem Fahrzeug hätten sich nur im Eigentum des Speditionsunternehmens stehendes Montagewerkzeug und Montagematerial befunden, es seien keine Güter transportiert worden. Dies ergebe sich auch aus einem vorgelegten Arbeitsschein.
Nach Wiedergabe weiterer Aussagen in der mündlichen Verhandlung hält das Verwaltungsgericht schließlich erneut fest, dass aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens nicht erwiesen sei, dass bei der gegenständlichen Fahrt Güter befördert worden seien.
In rechtlicher Hinsicht folgerte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen unter Heranziehung der Aussagen des Lenkers, dass am Kontrolltag mehrere Lastkraftwagen des deutschen Umzugsunternehmens bei einem Umzug (eines größeren Unternehmens) in Österreich im Einsatz gewesen seien. Aufgrund des Umstandes, dass an diesem Tag Gütertransporte durchgeführt worden seien, bei denen der Be- und Entladeort im selben Land gelegen sei, sei ein Fall der Kabotage vorgelegen, weil das betreffende Unternehmen in Österreich keine Niederlassung habe und (Verkehrs-)Dienstleistungen in Österreich erbracht habe.
Die Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 sei ausdrücklich nicht nur bei "klassischen" grenzüberschreitenden Beförderungen zu beachten, sondern auch bei Fahrten wie der hier vorliegenden. Der gewerbliche innerstaatliche Verkehr, der zeitweilig in einem anderen Mitgliedstaat (Aufnahmemitgliedstaat) durchgeführt werde, solle nach dem Wortlaut der Verordnung gerade nicht unbeschränkt möglich sein, sondern sei dem detailliert in Art. 8 der genannten Verordnung geregelten Regime der Kabotage unterworfen. Die Kabotageregelung des Art. 8 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 halte in ihrem Abs. 5 ausdrücklich fest, dass jeder Verkehrsunternehmer, der im Niederlassungsmitgliedstaat berechtigt sei, den gewerblichen Güterverkehr im Sinne des Art. 1 Abs. 5 Buchstaben a, b und c der genannten Verordnung durchzuführen, die Kabotage der gleichen Art bzw. die Kabotage mit Fahrzeugen der gleichen Kategorie unter den Bedingungen dieses Kapitels durchführen dürfe.
Bei der gegenständlichen Fahrt und der anschließenden Kontrolle sei kein Beleg im Sinne des Art. 8 Abs. 3 der genannten Verordnung mitgeführt worden bzw. habe der Lenker keinen diesbezüglichen Beleg dem Aufsichtsorgan ausgehändigt.
Wenn im Art. 8 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 erwähnt werde, dass die Zulassung zur Kabotage im Rahmen von Verkehrsdienstleistungen gemäß Art. 1 Abs. 5 lit. d und e der genannten Verordnung keinerlei Beschränkungen unterworfen sei, so sei festzustellen, dass es im vorliegenden Fall keinerlei Anhaltspunkte gebe, dass eine Beförderung im Sinne von Art. 1 Abs. 5 lit. d der genannten Verordnung vorgelegen sei. Dabei hätte es sich um eine Beförderung handeln müssen, bei der eine besondere Beziehung zum Unternehmen bestanden habe (Hinweis auf Art. 8 Abs. 5 lit. d sublit. i bis v der genannten Verordnung). Die in Art. 1 Abs. 5 lit. d der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 enthaltenen Voraussetzungen würden den Werkverkehr regeln. Das Vorbringen, es habe ein Werkverkehr stattgefunden, wäre zum Beispiel dann nachvollziehbar gewesen, wenn es sich um einen Lastkraftwagen gehandelt hätte, der im Eigentum jenes Unternehmens gestanden wäre, das übersiedelt sei, und von einem Mitarbeiter dieses Unternehmens gelenkt worden wäre, und wenn dabei Güter befördert worden wären, die im Eigentum dieses Unternehmens gestanden hätten. Diese Voraussetzungen seien jedoch nicht vorgelegen, sondern es habe ein Umzug eines Unternehmens in Vorarlberg stattgefunden, bei dem das deutsche Umzugsunternehmen unter anderem mit dem verfahrensgegenständlichen Lastkraftwagen im Einsatz gewesen sei, der von einem Mitarbeiter dieses Unternehmens gelenkt worden sei.
Abschließend hielt das Verwaltungsgericht in seiner rechtlichen Beurteilung im Hinblick auf die von ihm vorgenommene Maßgabebestätigung fest, dass diese anhand des festgestellten Sachverhaltes erfolgt sei, da weder bei der gegenständlichen Fahrt eine Be- noch eine Entladung von Gütern stattgefunden habe, jedoch an dem, dem Beschuldigten vorgeworfenen Tattag zeitweilig Dienstleistungen durch einen Verkehrsunternehmer in Österreich durchgeführt worden seien, in dem dieses Unternehmen nicht niedergelassen sei, und somit eine Kabotage stattgefunden habe. 3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis zur Gänze aufzuheben.
4 Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht nahm von der Erstattung einer Revisionsbeantwortung Abstand.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision - nach Einleitung des Vorverfahrens - erwogen:
Der Revisionswerber führt zur Zulässigkeit der Revision unter anderem zusammengefasst aus, dass bei der gegenständlichen Fahrt keine gewerbsmäßige Güterbeförderung mit Be- und Entladung von Gütern in Österreich stattgefunden habe, wie dies auch das Verwaltungsgericht selbst wiederholt festgestellt habe. In Ermangelung der Feststellung einer gewerbsmäßigen Güterbeförderung (zu einem konkreten Tatzeitpunkt und an einem konkreten Tatort) hätte das Verwaltungsgericht nicht von der Verletzung des § 23 Abs. 1 GütbefG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 ausgehen dürfen, da im gegenständlichen Fall keine Kabotage vorgelegen habe. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend feststellt, dass keine gewerbsmäßige Güterbeförderung mit dem gegenständlichen Fahrzeug durchgeführt worden sei, da es sich dabei nämlich um einen Montagebus gehandelt habe, der - wie in der Begründung der Revision näher ausgeführt wird - ausschließlich als Montagefahrzeug zur Beförderung von Montagematerial, Montagegeräten bzw. Hubgeräten (Montagedecken, Verpackungsmaterial, Abdeckmaterial, Flurförderfahrzeuge, Kartonagen, Sackrollern, Abdeckflies, Montagewerkzeug, etc.) verwendet worden sei, die ausschließlich im Eigentum der Möbelspedition stünden. Ferner würde jegliche Konkretisierung der Tatzeit, des Tatortes sowie der Tathandlung im Sinne des Tatbestandes fehlen.
5 Die Revision ist - entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts, der zudem nur formelhaft, im Wesentlichen mit den verba legalia des Art. 133 Abs. 4 B-VG, und damit nicht gesetzmäßig im Sinne des § 25a Abs. 1 VwGG begründet ist - zulässig. Sie ist auch berechtigt.
6 Die im Revisionsfall maßgebliche Strafbestimmung des § 23 Abs. 1 Z 8 Güterbeförderungsgesetz 1995 (GütbefG) lautet:
"Strafbestimmungen
§ 23. (1) Abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der GewO 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7 267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer
(...)
8. nicht dafür sorgt, dass die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1072/09 erforderlichen Gemeinschaftslizenzen oder Fahrerbescheinigungen oder Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1072/09 entsprechende Belege an den Lenker ausgehändigt, während der Beförderung mitgeführt und auf Verlangen den Aufsichtsorganen ausgehändigt werden;"
7 Die im Revisionsfall maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs lauten auszugsweise wie folgt:
"Kapitel I
ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
Artikel 1
Anwendungsbereich
(1) Diese Verordnung gilt für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr auf den im Gebiet der Gemeinschaft zurückgelegten Wegstrecken.
(...)
(4) Diese Verordnung gilt für den innerstaatlichen Güterkraftverkehr, der von einem gebietsfremden Verkehrsunternehmer gemäß Kapitel III zeitweilig durchgeführt wird.
(5) Folgende Beförderungen sowie im Zusammenhang damit durchgeführte Leerfahrten bedürfen keiner Gemeinschaftslizenz und sind von jeglichem Erfordernis einer Beförderungsgenehmigung ausgenommen:
(...)
d) die Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
i) Die beförderten Güter müssen Eigentum des Unternehmens oder von ihm verkauft, gekauft, vermietet, gemietet, erzeugt, gewonnen, bearbeitet oder wieder instand gesetzt worden sein;
ii) die Beförderung muss der Anlieferung der Güter zum Unternehmen, ihrem Versand ab dem Unternehmen, ihrer Verbringung innerhalb oder - zum Eigengebrauch - außerhalb des Unternehmens dienen;
iii) die für die Beförderung verwendeten Kraftfahrzeuge müssen von Personal geführt werden, das bei dem Unternehmen beschäftigt ist oder ihm im Rahmen einer vertraglichen Verpflichtung zur Verfügung gestellt wurde;
iv) die Güter befördernden Fahrzeuge müssen dem Unternehmen gehören oder von ihm auf Abzahlung gekauft oder gemietet sein, wobei sie in letzterem Fall die Voraussetzungen der Richtlinie 2006/1/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Januar 2006 über die Verwendung von ohne Fahrer gemieteten Fahrzeugen im Güterkraftverkehr (12) erfüllen müssen; und
v) diese Beförderung darf nur eine Hilfstätigkeit im Rahmen der gesamten Tätigkeit des Unternehmens darstellen;
(...)
Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
(...)
6. ‚Kabotage' gewerblichen innerstaatlichen Verkehr, der im Einklang mit dieser Verordnung zeitweilig in einem Aufnahmemitgliedstaat durchgeführt wird;
(...)
Kapitel III
KABOTAGE
Artikel 8
Allgemeiner Grundsatz
(1) Jeder Verkehrsunternehmer, der Inhaber einer Gemeinschaftslizenz ist und dessen Fahrer, wenn er
Staatsangehöriger eines Drittlandes ist, eine Fahrerbescheinigung mit sich führt, ist unter den in diesem Kapitel festgelegten Bedingungen zur Durchführung von Kabotage berechtigt.
(2) Die in Absatz 1 genannten Güterkraftverkehrsunternehmer sind berechtigt, im Anschluss an eine grenzüberschreitende Beförderung aus einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittland in den Aufnahmemitgliedstaat nach Auslieferung der Güter bis zu drei Kabotagebeförderungen mit demselben Fahrzeug oder im Fall von Fahrzeugkombinationen mit dem Kraftfahrzeug desselben Fahrzeugs durchzuführen. Bei Kabotagebeförderungen erfolgt die letzte Entladung, bevor der Aufnahmemitgliedstaat verlassen wird, innerhalb von sieben Tagen nach der letzten Entladung der in den Aufnahmemitgliedstaat eingeführten Lieferung.
Innerhalb der Frist gemäß Unterabsatz 1 können die Verkehrsunternehmer einige oder alle der Kabotagebeförderungen, zu denen sie gemäß Unterabsatz 1 berechtigt sind, in jedem Mitgliedstaat unter der Voraussetzung durchführen, dass sie auf eine Kabotagebeförderung je Mitgliedstaat innerhalb von drei Tagen nach der Einfahrt des unbeladenen Fahrzeugs in das Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats beschränkt sind.
(3) Innerstaatliche Güterkraftverkehrsdienste, die im Aufnahmemitgliedstaat von gebietsfremden Verkehrsunternehmern durchgeführt werden, sind nur dann mit dieser Verordnung vereinbar, wenn der Verkehrsunternehmer eindeutige Belege für die grenzüberschreitende Beförderung in den betreffenden Mitgliedstaat sowie für jede einzelne der durchgeführten Kabotagebeförderungen vorweisen kann.
Die in Unterabsatz 1 genannten Belege müssen für jede Beförderung folgende Angaben enthalten:
a)
Name, Anschrift und Unterschrift des Absenders;
b)
Name, Anschrift und Unterschrift des Verkehrsunternehmers;
c)
Name und Anschrift des Empf??ngers sowie nach erfolgter Lieferung dessen Unterschrift und das Datum der Lieferung;
d) Ort und Datum der Übernahme der Ware sowie die Lieferadresse;
e) die übliche Beschreibung der Art der Ware und ihrer Verpackung sowie bei Gefahrgütern ihre allgemein anerkannte Beschreibung, die Anzahl der Packstücke sowie deren besondere Zeichen und Nummern;
f)
die Bruttomasse der Güter oder eine sonstige Mengenangabe;
g)
das amtliche Kennzeichen des Kraftfahrzeugs und des Anhängers.
(4) Es sind keine zusätzlichen Dokumente erforderlich, um nachzuweisen, dass die in diesem Artikel festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind.
(5) Jeder Verkehrsunternehmer, der im Niederlassungsmitgliedstaat in Übereinstimmung mit dessen Rechtsvorschriften berechtigt ist, den in Artikel 1 Absatz 5 Buchstaben a, b und c gewerblichen Güterkraftverkehr durchzuführen, ist unter den Bedingungen dieses Kapitels berechtigt, die Kabotage der gleichen Art bzw. die Kabotage mit Fahrzeugen der gleichen Kategorie durchzuführen.
(6) Die Zulassung zur Kabotage im Rahmen von Verkehrsleistungen gemäß Artikel 1 Absatz 5 Buchstaben d und e ist keinerlei Beschränkungen unterworfen."
8 Zunächst ist festzuhalten, dass dem Revisionswerber im Wesentlichen angelastet wurde, nicht dafür gesorgt zu haben, dass bei einer am 2. Juni 2017 durchgeführten Kabotage der Lenker einen ordnungsgemäß ausgefüllten Beleg gemäß Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 vorweisen habe können. Das Verwaltungsgericht hat seinem Erkenntnis der Sache nach zugrunde gelegt, dass ein gewerblicher innerstaatlicher Verkehr im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 stattgefunden habe, der jedoch nicht als Verkehrsleistung gemäß Art. 1 Abs. 5 lit. d (in Verbindung mit Art. 8 Abs. 6) der genannten Verordnung angesehen werden könne (und auch unter keine weitere Ausnahmebestimmung falle).
9 Der Revisionswerber hat bereits in der Beschwerde an das Verwaltungsgericht und in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht - wie dies auch vom Verwaltungsgericht in seinem Erkenntnis dargelegt wird - wiederholt darauf hingewiesen, dass mit dem verfahrensgegenständlichen Fahrzeug keine "Güterbeförderung" (verstanden als Beförderung von nicht im Eigentum des Speditionsunternehmens stehenden Gütern) durchgeführt worden sei; vielmehr sei dieses Fahrzeug lediglich als Montagefahrzeug verwendet worden.
10 Der Begriff "Kabotage" bezeichnet nach Art. 2 Z 6 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 den gewerblichen
innerstaatlichen Verkehr, der im Einklang mit dieser Verordnung zeitweilig in einem Aufnahmemitgliedstaat durchgeführt wird. Kapitel III der genannten Verordnung regelt sodann die näheren Voraussetzungen, unter denen Kabotage durchgeführt werden kann. Dabei bestimmt Art. 8 Abs. 6 leg. cit. ausdrücklich, dass die Zulassung zur Kabotage im Rahmen von Verkehrsleistungen gemäß Art. 1 Abs. 5 lit. d und e leg. cit. keinerlei Beschränkungen unterworfen ist. Anders als bei der Kabotage im Rahmen von Verkehrsleistungen nach Art. 1 Abs. 5 lit. a, b und c leg. cit., die gemäß Art. 8 Abs. 5 leg. cit. nur "unter den Bedingungen dieses Kapitels" durchgeführt werden darf, besteht bei der Kabotage im Rahmen von Verkehrsleistungen gemäß Art. 1 Abs. 5 lit. d und e der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 daher auch nicht das Erfordernis, nach Art. 8 Abs. 3 leg. cit. Belege für die grenzüberschreitende Beförderung sowie für die durchgeführten Kabotagebeförderungen vorzuweisen.
11 Im Revisionsfall hat das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass für das Vorliegen einer Verkehrsleistung nach Art. 1 Abs. 5 lit. d (in Verbindung mit Art. 8 Abs. 6) der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 (im innerstaatlichen Bereich entsprechend dem Werkverkehr im Sinne des § 10 GütbefG) keinerlei Anhaltspunkte vorliegen würden. Dies lässt sich jedoch weder nach den rudimentären Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis noch nach dem Vorbringen des Revisionswerbers in der Beschwerde sowie in der mündlichen Verhandlung nachvollziehen. So hat das Verwaltungsgericht festgestellt, es sei nicht erwiesen, dass zum Tatzeitpunkt "Güter transportiert" worden seien; nach den Angaben des Revisionswerbers seien bei dieser Fahrt "unternehmenseigenes Werkzeug und Montagematerial befördert" worden. Damit dürfte wohl gemeint sein, dass keine Beförderung von Gütern, die nicht im Eigentum des Speditionsunternehmens standen, stattgefunden hat. Nach dem Vorbringen des Revisionswerbers stand das transportierte Werkzeug und Montagematerial jedenfalls im Eigentum des Speditionsunternehmens, womit die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Verkehrsleistung nach Art. 1 Abs. 5 lit. d sublit. i (Güter im Eigentum des Unternehmens) und sublit. ii der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 (Verbringung zum Eigengebrauch außerhalb des Unternehmens) erfüllt wäre. Im Zuge der rechtlichen Beurteilung hat das Verwaltungsgericht auch ausgeführt, dass das Fahrzeug von einem Mitarbeiter des Speditionsunternehmens (das nach den Feststellungen Zulassungsinhaberin des Fahrzeuges war) gelenkt worden sei, was auf die Erfüllung der Voraussetzungen nach Art. 1 Abs. 5 lit. d sublit. iii (Fahrzeug wurde von Personal, das beim Unternehmen beschäftigt ist, geführt) und sublit. iv leg. cit. (Fahrzeug im Eigentum des Unternehmens) hindeutet. Schließlich weist das Vorbringen des Revisionswerbers im Verfahren schon vor dem Verwaltungsgericht auch darauf hin, dass die hier relevante Beförderung von Werkzeug und Montagematerial nur eine Hilfstätigkeit im Rahmen des Speditionsunternehmens darstellen dürfte, sodass es auch Hinweise auf das Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 1 Abs. 5 lit. d sublit. v leg. cit. gibt.
12 Die Ansicht des Verwaltungsgerichts, für das Vorliegen einer Verkehrsleistung nach Art. 1 Abs. 5 lit. d in Verbindung mit Art. 8 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 würden keine Anhaltspunkte vorliegen, beruht offenbar auf dem Missverständnis, dass ein derartiger Werkverkehr im vorliegend zu beurteilenden Fall nur dann hätte vorliegen können, wenn das Unternehmen, das übersiedelt wurde, selbst mit eigenem Personal und eigenen Kraftfahrzeugen die Umzugsgüter transportiert hätte. Zu beurteilen war jedoch nicht das übersiedelte Unternehmen, sondern jenes Unternehmen, als dessen verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Revisionswerber in Anspruch genommen wurde. Dass es sich dabei um ein Umzugsunternehmen (Möbelspedition) handelt, hindert nicht, dass einzelne Fahrzeuge dieses Unternehmens - wie im vorliegenden Fall in der Art eines Rüstfahrzeugs - gegebenenfalls auch im Werkverkehr eingesetzt werden.
13 War das verfahrensgegenständliche Fahrzeug aber zum Tatzeitpunkt im Rahmen einer Verkehrsleistung nach Art. 1 Abs. 5 lit. d in Verbindung mit Art. 8 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 eingesetzt, so bestand keine Verpflichtung zum Vorweisen der Belege nach Art. 8 Abs. 3 leg. cit.. Da das Verwaltungsgericht ausgehend von einer unzutreffenden Rechtsansicht die zur endgültigen Beurteilung notwendigen Feststellungen nicht getroffen hat, war das angefochtene Erkenntnis bereits aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
14 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 20
14.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht konnte schon mit Blick auf § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, zumal das Verwaltungsgericht, ein Tribunal im Sinn der EMRK, eine mündliche Verhandlung durchführte (vgl. VwGH 30.6.2015, Ra 2015/03/0020).
Wien, am 26. Juni 2019
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Verordnung EURallg5European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019030032.L00Im RIS seit
23.08.2019Zuletzt aktualisiert am
30.08.2019