Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §52;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde des J R in N, vertreten durch Dr. Gerhard Seirer, Rechtsanwalt in Lienz, Tiroler Straße 30/2, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission für Landeslehrer beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 9. April 1996, Zl. LDOK-1/13-H, betreffend Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12. 920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der im Jahr 1955 geborene Beschwerdeführer stand als Hauptschullehrer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol. Er war an der Hauptschule V in Osttirol tätig und unterrichtete an dieser Schule die Fächer Englisch, Leibesübungen, Geographie und Wirtschaftskunde sowie Bildnerische Erziehung.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Disziplinarerkenntnis der belangten Behörde vom 9. April 1996 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe
1. für den 22. September 1994, den 14. Oktober 1994, den 20. Oktober 1994, den 11. Jänner 1995, den 12. Jänner 1995, den 13. Jänner 1995, den 16. Jänner 1995, den 18. Jänner 1995, den 3. Mai 1995, den 4. Mai 1995, den 6. Mai 1995 sowie den 8. Mai 1995 hinsichtlich der im Spruch des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses näher bezeichneten Unterrichtsstunden im Sinn des § 51 Abs. 1 Schulunterrichtsgesetz den Unterricht nicht sorgfältig vorbereitet, weil didaktische Hinweise sowie großteils die Angabe der verwendeten Lehr- und Lernmittel gefehlt hätten und in diesem Zusammenhang auch die auf Abstellung dieser Mängel gerichtet gewesene Weisung des Bezirksschulinspektors Mag. Dr. H vom 6. Dezember 1993 nicht befolgt und
2. am 15. November 1993 den Geographie- und Wirtschaftskundeunterricht in der 3a-Klasse sowie am 8. Mai 1995 den Englisch-Unterricht in der vierten Klasse/III. Leistungsgruppe nicht entsprechend den Erfordernissen des § 17 Abs. 1 Schulunterrichtsgesetz gestaltet, indem er den Unterrichtsstoff lediglich in Form eines Vorleseunterrichts aus dem Lehrbuch erarbeitet habe und eine methodisch didaktisch variantenreiche Unterrichtsgestaltung gefehlt habe, obwohl die unter Punkt 1. genannte Weisung auch auf Abstellung dieser Mängel gerichtet gewesen sei.
Er habe hiedurch seine Dienstpflichten im Sinn der §§ 29 Abs. 1 und 30 Abs. 1 LDG 1984 verletzt. Wegen dieser Dienstpflichtverletzungen wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 70 Abs. 1 Z. 4 LDG 1984 die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt.
Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde zur subjektiven Tatseite bzw. hinsichtlich der Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Begehung der ihm angelasteten Dienstpflichtverletzungen im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei von der medizinischen Amtssachverständigen am 15. Mai 1996 untersucht worden. Es sei festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer seit Jahren Alkoholmißbrauch betrieben habe; in den letzten zwei Jahren habe sich dieser wesentlich verschärft. Zeichen einer körperlichen Abhängigkeit mit morgendlicher Entzugssymptomatik sowie eine generelle Entzugssymptomatik bei der stationären Krankenhausbehandlung hätten nicht festgestellt werden können. Während seiner stationären Behandlung seien dem Beschwerdeführer keinerlei Medikamente verabreicht worden, sodaß auf ein Entzugssyndrom nicht geschlossen werden könne. Ein Kontrollverlust sowie die Unfähigkeit zu abstinieren habe nicht erfaßt werden können. Auf Grund der Anamnese sowie der Krankengeschichte habe beim Beschwerdeführer eine Prodromalphase (eines Alpha/Beta-Mischtypes) diagnostiziert werden können; die kritische bzw. die chronische Phase, bei der "unter anderem auch die Frage der Zurechnungsfähigkeit zu beurteilen wäre", habe retrospektiv nicht diagnostiziert werden können. Dafür würden auch die Zeugenaussagen sprechen. Die Zeugen hätten während des Unterrichts keine Anhaltspunkte feststellen können, welche darauf schließen ließen, daß der Beschwerdeführer unzurechnungsfähig gewesen sei; in diesem Zusammenhang sei das Verhalten des Beschwerdeführers unauffällig gewesen. Im Gespräch mit der medizinischen Amtssachverständigen habe der Beschwerdeführer eine sehr flache Persönlichkeitsstruktur mit geringer Intraspektions- und Einsichtsfähigkeit und geringer Differenzierung erkennen lassen; er habe phlegmatisch, gleichgültig und passiv gewirkt. Inwieweit beim Beschwerdeführer auf Grund einer problematischen Persönlichkeitsstruktur eine reduzierte Einsichts- und Kritikfähigkeit vorliege, bliebe fachärztlich abzuklären. Die medizinische Amtssachverständige habe ihr Gutachten in der mündlichen Berufungsverhandlung erläutert. Zu einem vorgelegten Schreiben des näher bezeichneten Krankenhauses vom 1. Oktober 1996 habe die Sachverständige ausgeführt, daß der Übergang von Alkoholmißbrauch zur Alkoholkrankheit fließend sei. Am Ende der Alkoholkrankheit sei eine völlige soziale Isolation gegeben. In der kritischen Phase sei schon beim ersten Schluck die Fähigkeit zum Aufhören verloren gegangen und es trete eine körperliche Abhängigkeit mit Folgeschäden und einer Wesensveränderung auf. In der chronischen Phase würden Organstörungen an Gehirn und Leber auftreten. Organische Störungen seien beim Beschwerdeführer jedoch noch nicht festzustellen gewesen. Durch chronische Intoxikation bzw. häufige Rauschzustände könne eine Wesensveränderung (Einschränkung der Kritikfähigkeit) bewirkt werden; diese Symptome seien erst in der chronischen Phase gegeben. Daß beim Beschwerdeführer bereits die chronische Phase eingetreten sei, könne nicht schlüssig abgeleitet werden. Ob beim Beschwerdeführer die Alkoholprobleme so groß gewesen seien, daß er zur Unterrichtsvorbereitung nicht fähig gewesen sei, lasse sich nicht schlüssig ableiten; Gedächtnisstörungen oder nach dem Alkoholgenuß auftretende Erinnerungslücken seien nicht nachweisbar. Nach Einschätzung der Amtssachverständigen sei die Alkoholkrankheit nicht so weit fortgeschritten gewesen, "daß der Beschwerdeführer geistig so wesensverändert war, daß er im Tatzeitraum nicht zurechnungsfähig war". Auffälligkeiten hinsichtlich eines psychologischen Belastungssyndroms hätten sich aus dem Akt nicht ergeben. Nach Ansicht der Amtssachverständigen sei es "eher schwierig", für den Tatzeitraum dieses Syndrom festzustellen; wenn der behandelnde Arzt ein Gutachten erstelle, halte sie (die Amtssachverständige) dies "nicht für günstig". Zusammenfassend habe die Amtssachverständige ausgeführt, daß beim Beschwerdeführer die kritische Phase sowie die chronische Phase retrospektiv nicht diagnostiziert werden könne. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht stellte die belangte Behörde danach fest, der Beschwerdeführer "hatte während dieser Zeit Alkoholprobleme. Ein allfälliges Verhalten wurde jedoch nicht festgestellt". In rechtlicher Hinsicht gelangte die belangte Behörde - auf Grund des als schlüssig und nachvollziehbar beurteilten Amtssachverständigengutachtens - zu der Einsicht, daß dem Beschwerdeführer die zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen subjektiv zuzurechnen seien; das Fehlen seiner Diskretions- und Dispositionsfähigkeit sei retrospektiv nicht erkennbar. Die Einvernahme des behandelnden Arztes sei deshalb nicht notwendig, weil der Sachverhalt "für die Kommission in ausreichendem Maß geklärt war".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, nicht der ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen schuldig erkannt und dafür mit der Disziplinarstrafe der Entlassung bestraft zu werden. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Beschwerdeführer ergänzte seine Beschwerde mit einer
weiteren Eingabe vom 13. Jänner 1997.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer macht unter anderem im wesentlichen geltend, er sei auf Grund seiner Alkoholkrankheit im Tatzeitraum nicht in der Lage gewesen, die Unterrichtsvorbereitung und die Unterrichtsgestaltung in der von der belangten Behörde geforderten Art und Weise vorzunehmen, weil er (damals) eine solche Einsicht nicht gehabt habe. Er mache den Schuldbefreiungsgrund der Unzurechnungsfähigkeit geltend. Die Feststellungen der belangten Behörde seien aber nicht hinreichend, um seine Dispositions- und Diskretionsfähigkeit im maßgebenden Zeitraum mit der geforderten Sicherheit bejahen zu können; dies insbesondere im Hinblick auf die von ihm vorgelegten ärztlichen Atteste und die von der belangten Behörde nicht durchgeführten Beweisaufnahmen. In diesem Zusammenhang wird unter dem Gesichtspunkt eines Verfahrensfehlers gerügt, daß eine psychiatrische Abklärung des im amtsärztlichen Gutachten festgestellten psycho-pathologischen Zustandes erforderlich gewesen wäre. Der als sachverständige Zeuge angebotene Facharzt Dr. Helmut Zingerle hätte die für eine Ergänzung des Gutachtens erforderlichen Angaben über sein konkretes Verhalten machen können. Er habe sich einer Entziehungskur unterzogen und es liege seither kein Alkoholmißbrauch mehr bei ihm vor.
Die Beschwerde ist im Ergebnis aus folgenden Erwägungen berechtigt:
Das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz (LDG 1984) normiert als Voraussetzung für die disziplinäre Verantwortlichkeit des Landeslehrers die schuldhafte Verletzung von Dienstpflichten (§ 69 leg. cit.). Unter Schuld ist dabei die Vorwerfbarkeit der Tat mit Rücksicht auf die darin liegende zu mißbilligende Gesinnung des Täters zu verstehen, die das biologische Schuldelement (Zurechnungsfähigkeit) das psychologische Schuldelement (vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln) und das normative Schuldelement (dem Täter muß zugemutet werden können, daß er sich rechtmäßig verhält) enthält (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1989, Zl. 89/09/0023, sowie zum BDG 1979 das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1996, Zl. 95/09/0153, und die darin angegebene Vorjudikatur).
Im Beschwerdefall bestanden schon im Berufungsverfahren Bedenken, ob von der Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Begehung der ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen ausgegangen werden kann. Mit dieser Frage hat sich die belangte Behörde jedoch nicht ausreichend auseinandergesetzt, sodaß die Schuldfähigkeit des Beschwerdeführers im maßgebenden Zeitraum nicht abschließend beurteilt werden kann.
Die belangte Behörde hat bei der Auswahl des medizinischen Sachverständigen verkannt, daß die rechtliche Beurteilung der Zurechnungsfähigkeit in der Regel ein Gutachten aus dem Fachgebiet der Psychiatrie und Neurologie erforderlich machen wird (vgl. insoweit die hg. Erkenntnisse vom 18. Oktober 1989, Zl. 89/09/0023, vom 29. September 1992, Zl. 92/09/0025, vom 19. Dezember 1996, Zl. 95/09/0153, und vom 22. Mai 1997, Zl. 94/09/0063).
Auch im Beschwerdefall war die Klärung der Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers durch ein Gutachten eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie schon deshalb erforderlich, weil dem zunächst nur in "psychischer und physischer Hinsicht" eingeholten amtsärztlichen Gutachten vom 20. Juni 1996 ausdrücklich zu entnehmen ist, daß die Sachverständige beim Beschwerdeführer ein psychopathologisches Zustandsbild festgestellt hat, welches einer "psychiatrischen Abklärung mit Durchführung psychodiagnostischer Tests" bedürfe. Am Schluß ihres Gutachtens räumt die Sachverständige selbst ein, daß fachärztlich abzuklären bliebe, inwieweit beim Beschwerdeführer (aufgrund einer problematischen Persönlichkeitsstruktur) eine reduzierte Einsichts- und Kritikfähigkeit gegeben ist. Die belangte Behörde wurde somit auch von der Amtssachverständigen selbst auf die Notwendigkeit hingewiesen, das Gutachten eines derartigen Facharztes einzuholen. Dazu kommt, daß im Beschwerdefall die Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers nicht ausschließlich unter dem Gesichtspunkt einer Alkoholkrankheit zu beurteilen war, sind den vorgelegten Verwaltungsakten und dem Befund des amtsärztlichen Gutachtens doch auch andere, auf ein komplexes Krankheitsbild (Syndrom) hinauslaufende Anhaltspunkte entnehmbar. Daß die beigezogene Amtssachverständige sich nicht berufen erachtete, das Vorliegen eines psychologischen Belastungssyndroms für den maßgebenden Zeitraum festzustellen, ist aus ihren Ausführungen unmißverständlich zu erkennen. Die Sachverständige hat in der Sozialanamnese ausgeführt, daß beim Beschwerdeführer "mehrfacher Führerscheinentzug infolge Alkohol am Steuer sowie Eheprobleme" aufgetreten seien. Sie gibt in ihrem Befund unter anderem einen Bericht des Krankenhauses De la Tour wieder, wonach beim Beschwerdeführer "auch das Paarproblem" etwas bearbeitet werden konnte und die Ehegattin des Beschwerdeführers angegeben habe, daß dieser "unter Alkohol eine beträchtliche Persönlichkeitsveränderung aufweise und eine zunehmende Unzuverlässigkeit und Sorglosigkeit an den Tag lege". Dennoch gelangte die Sachverständige in der mündlichen Berufungsverhandlung zu der Einschätzung, daß der Beschwerdeführer nicht derart wesensverändert gewesen sei, daß seine Zurechnungsfähigkeit im maßgebenden Zeitraum nicht gegeben gewesen wäre. In diesem Zusammenhang fällt auf, daß Erinnerungslücken des Beschwerdeführers offenbar nur deshalb von der Sachverständigen als "nicht nachweisbar" erachtet wurden, weil der Beschwerdeführer anläßlich der amtsärztlichen Untersuchung dieser Sachverständigen gegenüber erklärte, es wären ihm keine Erinnerungslücken auf Grund des Alkoholkonsums "aufgefallen". Ob diese vom Beschwerdeführer stammende Selbsteinschätzung den Tatsachen entspricht, oder nicht etwa gerade das Ergebnis oder Symptom seiner Alkoholkrankheit gewesen ist, wurde nicht untersucht, sondern unkritisch zur Grundlage der Beurteilung gemacht. Gleichfalls hat die belangte Behörde es unterlassen, die vom Beschwerdeführer in der genannten amtsärztlichen Untersuchung dargestellten Trinkgewohnheiten bzw. Trinkmengen durch andere als auf einem Geständnis des Beschwerdeführers beruhende Ermittlungsergebnisse zu objektivieren bzw. abzusichern. In dieser Hinsicht ist etwa auf die als Ergänzung der Disziplinaranzeige vom Bezirkshauptmann von Lienz vorgelegte Gedächtnisnotiz zu verweisen, der unter anderem folgendes zu entnehmen ist:
"Die Elternvertreter haben über den HL Jakob Rainer bereits in schriftlichen Eingaben an das Schulreferat und an Herrn LR Astl ihre massiven Beschwerden dargelegt. Bei der heutigen Vorsprache wurden noch einmal ihre Bedenken gegen das Weiterverwenden des genannten Lehrers vorgetragen, wobei eindeutig aus den Wortmeldungen die Sorge für ihre dem Lehrer anvertrauten Kinder zu Tage getreten ist. Es sei ein untragbarer Zustand, daß ein Lehrer, der ständig betrunken sei, seine Aufsichtspflicht beim Turnunterricht und in der Klasse gröblichst verletzte, für die schulische Erziehung ihrer Kinder verantwortlich sei. Der Unterricht in Englisch werde vollkommen vernachlässigt. Die Kinder würden überhaupt nichts lernen und es müssen die Eltern zu Hause den Unterrichtsstoff durchmachen und mit den Kindern intensiv lernen, um annähernd eine Leistung zu erreichen. Die Kinder nehmen den Lehrer nicht mehr ernst, sie würden über ihn spotten und auch keinen Respekt der Lehrperson gegenüber mehr aufbringen. Die Forderung der Elternvertretung lautet dahin, den Lehrer unverzüglich zu versetzen in der Hoffnung, er könne sich in einer anderen Umgebung selber wieder finden und bessern."
Die von der Sachverständigen vorgenommene Beurteilung, daß sich aus dem Akt "keine Auffälligkeiten ergeben", erscheint angesichts dieser Elternbeschwerden jedoch als bedenklich. Des weiteren bestehen auch Bedenken dahingehend, ob der Beschwerdeführer - wie die Sachverständige annimmt - im maßgeblichen Zeitraum tatsächlich fähig gewesen ist, seiner Verpflichtung zur Unterrichtsvorbereitung nachzukommen bzw., ob seine Unterrichtsgestaltung von Alkoholeinwirkung tatsächlich völlig unbeeinträchtigt geblieben ist. Die Amtssachverständige hat nach ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung zunächst nur das Vorliegen der chronischen Phase, nicht jedoch die kritische Phase, verneint. Dennoch wird - allerdings ohne Begründung - in der Zusammenfassung plötzlich das Vorliegen der kritischen Phase von der Amtssachverständigen verneint. Mit diesem offenkundigen Mangel des Sachverständigengutachtens hat sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt.
Des weiteren hat die belangte Behörde nicht beachtet, daß die dem Beschwerdeführer vorgeworfene pflichtwidrige Unterrichtsvorbereitung notwendigerweise außerhalb der Unterrichtsstunden in seiner unterrichtsfreien Zeit hätte erfolgen müssen. Gerade in dieser Zeit hat der Beschwerdeführer jedoch - wie er laut dem Befund der Amtssachverständigen erklärte - nicht unwesentliche Mengen an Alkohol getrunken. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer - nach seinen nicht weiter objektivierten Angaben - noch keinen Alkohol in der Früh, sondern erst am Nachmittag getrunken haben will, ist demnach im Zusammenhang mit der ihm vorgeworfenen pflichtwidrigen Unterrichtsvorbereitung in zeitlicher Hinsicht nicht entscheidend. Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten sind auch Anzeichen einer - nach Ansicht der Amtssachverständigen - für die kritische Phase symptomatischen sozialen Isolierung durchaus zu erkennen, wurde der Beschwerdeführer doch nach den dokumentierten Beschreibungen seines Verhaltens von seinem Vorgesetzten (Schulleiter Franz Holzer), seinen Lehrerkollegen, den Eltern, den Schülern und auch von seiner Ehegattin wegen seiner Alkoholkrankheit bzw. seiner auffallenden Unzuverlässigkeit und Sorglosigkeit zunehmend als "Problem" angesehen. Daß der Beschwerdeführer sich letztlich wegen seiner Erkrankung einer stationären Behandlung (Entziehung) unterziehen mußte, steht damit gleichfalls in Einklang.
Für die Abweisung des Beweisantrages auf Einvernahme des behandelnden Arztes Dr. Zingerle als Zeugen vermag die belangte Behörde keine taugliche Begründung zu geben. Daß die Amtssachverständige diese Beweisaufnahme ohne nähere Begründung als "nicht zu empfehlen" beurteilte, ist nicht maßgebend. Im Gegensatz zu der im angefochtenen Bescheid gegebenen Begründung ist der für die Klärung der Schuldfähigkeit erhebliche Sachverhalt noch nicht ausreichend geklärt. Die belangte Behörde hätte daher diese, zu einem in dieser Hinsicht wesentlichen Beweisthema beantragte Zeugeneinvernahme nicht ablehnen dürfen.
Da die belangte Behörde somit den maßgebenden Sachverhalt im dargelegten Sinn nicht genügend erhoben und festgestellt hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er war daher - ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die Stempelgebühren für die entbehrlich gewesene dritte Ausfertigung der Beschwerde. Für die als Beilage beigebrachte Ausfertigung des angefochtenen Bescheides war - ungeachtet der weiteren Anzahl ihrer Bögen - nur die mit 180 S je Beilage der Höhe nach begrenzte Beilagengebühr zu entrichten (vgl. § 14, TP 5 GebG).
Wien, am 17. Dezember 1998
Schlagworte
Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung ArztEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996090394.X00Im RIS seit
20.11.2000