Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Johannes Püller und Helmut Frick als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache des Antragstellers Theatererhalterverband österreichischer Bundesländer und Städte, 8010 Graz, Gleisdorfer Gasse 10a, vertreten durch Mag. Kristina Silberbauer, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Antragsgegner Österreichischer Gewerkschaftsbund, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1, vertreten durch Dr. Robert Palka, Rechtsanwalt in Wien, über den gemäß § 54 Abs 2 ASGG gestellten Antrag auf Feststellung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
1. Die Parteienbezeichnung des Antragsgegners wird von „Younion - Die Daseinsgewerkschaft, 1090 Wien, Maria-Theresien-Straße 11“ auf „Österreichischer Gewerkschaftsbund, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1“ berichtigt.
2. Die Anträge des Antragstellers, es möge festgestellt werden, dass
a. Arbeitnehmer, auf deren Arbeitsverhältnis § 44 TAG und der zwischen den Verfahrensparteien geschlossene Kollektivvertrag für technisches Personal (und Verwaltung) zur Anwendung gelangt, und die während der in der Arbeitszeiteinteilung gemäß § 18 dieses Kollektivvertrags vorgesehenen wöchentlichen zwei Ruhetage beschäftigt werden, Anspruch auf Ersatzruhe gemäß § 44 Abs 5 TAG, jedoch keinen weitergehenden kollektivvertraglichen Ersatzruheanspruch haben,
b. in eventu diese Arbeitnehmer Anspruch auf Ersatzruhe im Ausmaß der während dieser zwei Ruhetage geleisteten Arbeit haben, die innerhalb von 36 Stunden vor dem Arbeitsbeginn in der nächsten Arbeitswoche erbracht wurde,
werden abgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Im Feststellungsverfahren nach § 54 Abs 2 ASGG sind ausschließlich kollektivvertragsfähige Körperschaften der Arbeitgeber und Arbeitnehmer aktiv und passiv legitimiert (§ 54 Abs 2 ASGG unter Hinweis auf §§ 4 bis 7 ArbVG).
1.1. Der hier einschreitende Antragsteller ist unstrittig eine kollektivvertragsfähige Körperschaft der Arbeitgeber (Beschluss des Bundeseinigungsamtes vom 18. 7. 1951, Z. 58/OEA/1951).
1.2. Die zunächst im Antrag als Antragsgegnerin bezeichnete Fachgewerkschaft ist hingegen nicht passiv legitimiert. Da sich der Antragsteller mit seinem Antrag aber ohnehin ausdrücklich auf den mit dem Österreichischen Gewerkschaftsbund abgeschlossenen Kollektivvertrag bezieht, konnte über seinen nachträglichen Antrag die Parteibezeichnung des Antragsgegners auf Österreichischer Gewerkschaftsbund berichtigt werden (§ 235 Abs 5 ZPO; RS0005758). Dieser ist unstrittig eine kollektivvertragsfähige Körperschaft der Arbeitnehmer im Sinne des § 4 Abs 2 ArbVG (RS0051126).
2.1. Der Antragsteller begehrte die im Spruch ersichtliche Feststellung gemäß § 54 Abs 2 ASGG. Dazu trug er in seinem Antrag vor, dass zwischen den Parteien Uneinigkeit über das Ausmaß der einem Arbeitnehmer gebührenden Ersatzruhe bestehe, wenn dieser während der kollektivvertragskonform eingeteilten beiden Ruhetage beschäftigt werde. Klagen seien bereits angedroht. Die Auswirkungen der jeweiligen Rechtsstandpunkte werden vom Antragsteller in einem fiktiven Beispiel dargestellt.
Der Antragsgegner beantragt in seiner rechtzeitig eingebrachten Stellungnahme die Zurück- bzw Abweisung des vorliegenden Antrags. Dem Antrag fehle schon das erforderliche Feststellungsinteresse, weil der Antragsteller losgelöst von einem konkreten Sachverhalt und ohne Bezugnahme auf bestimmte Arbeitnehmergruppen eine rechtliche Schlussfolgerung durch den Obersten Gerichtshof anstrebe. Zudem sei die hier aufgeworfene Rechtsfrage durch die Entscheidung 8 ObA 11/17a bereits geklärt worden. Inhaltlich sei der Feststellungsantrag nicht berechtigt.
2.2. Ein Feststellungsantrag gemäß § 54 Abs 2 ASGG muss einen von namentlich bestimmten Personen unabhängigen Sachverhalt betreffen (RS0109384). Der Antrag muss eine Rechtsfrage des materiellen Rechts auf dem Gebiet der Arbeitsrechtssachen nach § 50 ASGG zum Gegenstand haben, die für mindestens drei Arbeitgeber oder Arbeitnehmer von Bedeutung ist. Gemäß § 54 Abs 4 ASGG hat der Oberste Gerichtshof über den Feststellungsantrag auf der Grundlage des darin angegebenen Sachverhalts zu entscheiden (RS0085712).
Feststellungsanträge nach § 54 Abs 2 ASGG sind nach dem Vorbild des § 228 ZPO gestaltet. Nach dieser Bestimmung kann das Bestehen oder Nichtbestehen von Rechten oder Rechtsverhältnissen mit Feststellungsklage dann geltend gemacht werden, wenn ein rechtliches Interesse an der Feststellung besteht (8 ObA 17/17h Pkt 3.). Feststellungsanträge zur Klärung abstrakter Rechtsfragen, denen bloß theoretische Bedeutung zukommt, erfüllen nach ständiger Rechtsprechung die Voraussetzungen eines rechtlichen Interesses im Rahmen eines Feststellungsantrags nach § 54 Abs 2 ASGG nicht, weil abstrakte Rechtsfragen grundsätzlich nicht feststellungsfähig sind (RS0109383 [T7]). Das Fehlen des Feststellungsinteresses führt zur Abweisung des Feststellungsantrags (RS0117528 [T2]).
3. Mit dem vorliegenden Antrag strebt der Antragsteller ein reines Rechtsgutachten des Obersten Gerichtshofs an, indem er – wie der Antragsgegner in seiner Stellungnahme zutreffend aufzeigt – ohne Bezugnahme auf einen hinreichend konkretisierten Sachverhalt nur seine rechtlichen Vorstellungen zur Auslegung einzelner Bestimmungen des anzuwendenden Kollektivvertrags in Zusammenhang mit Bestimmungen des Theaterarbeitsgesetzes (TAG) darlegt (9 ObA 131/10w; 8 ObA 19/16a Pkt 1). Der Antragsteller zeigt anhand eines bloß fiktiven Beispiels die von ihm behaupteten unterschiedlichen Rechtsansichten der Parteien auf. In seinem Antragsvorbringen stellt er nicht darauf ab, dass die erforderlichen Tatsachen für das Rechtsverhältnis, das seinem Antrag zugrunde liegt, bereits eingetreten sind (vgl 9 ObA 39/17a [Pkt 1.3.]). Er behauptet auch nicht einmal, dass die dem Antrag nach § 50 Abs 2 ASGG zugrunde liegende Rechtsfrage für mindestens drei Arbeitgeber oder Arbeitnehmer von Bedeutung ist. Mit seinem bloßen Hinweis, Klagen (von einzelnen Arbeitnehmern, von Betriebsräten) seien bereits angedroht, wird er seiner bei Feststellungsanträgen nach § 54 Abs 2 ASGG bestehenden Behauptungs- und Substantiierungspflicht nicht gerecht.
Der Feststellungsantrag war daher abzuweisen.
Textnummer
E125629European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2019:009OBA00044.19I.0625.000Im RIS seit
24.07.2019Zuletzt aktualisiert am
15.11.2019