Entscheidungsdatum
27.03.2019Index
60/01 ArbeitsvertragsrechtNorm
LSD-BG 2016 §31 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin Dr. Merl
über die Beschwerde der A B d.o.o., vertreten durch
DDr. C & Mag. D Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., E, F, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld vom 14.06.2018, GZ: BHHF-39154/2018-5,
z u R e c h t e r k a n n t:
Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird der Beschwerde dahingehend
Folge gegeben,
dass gemäß § 31 Abs 2 und 3 LSD-BG von der Untersagung der Dienstleistung abgesehen wird.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz
(im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Beschwerdevorbringen, Sachverhalt:
Mit dem vom Anlagenreferat der belangten Behörde erlassenen Bescheid vom 14.06.2018 wurde dem slowenischen Unternehmen A B d.o.o. in Ulica, G, gemäß § 31 Abs 1 LSD-BG die Ausübung der Überlassung von Arbeitskräften auf die Dauer von drei Jahren untersagt. Mit Schriftsatz vom 09.10.2018 wird zunächst unter Punkt I. angeregt, das Strafreferat der belangten Behörde möge das zugrundeliegende Straferkenntnis mit der Geschäftszahl BHHF-15.1-7947/2017 von Amts wegen abändern, da die Verantwortliche des gegenständlichen Unternehmens zu Unrecht sowohl wegen der unterlassenen Bereithaltung der Lohnunterlagen auf der Baustelle in Österreich als auch wegen der unvollständigen Nachreichung der fehlenden Teile der Lohnunterlagen bestraft worden sei. Dies sei eine unzulässige Doppelbestrafung welche offensichtlich rechtswidrig sei. Unter Punkt II. wird der obgenannte Untersagungsbescheid des Anlagenreferates mit der Begründung bekämpft,
dass der A B d.o.o. zu Unrecht die Ausübung einer Arbeitskräfteüberlassung untersagt worden sei, obwohl das Unternehmen keine Arbeitskräfteüberlassung durchgeführt hätte. Im Übrigen sei die Untersagung der Ausübung der Dienstleistung im Ausmaß von drei Jahren bei weitem überschießend. Unmittelbar nach Erhalt des gegenständlichen Straferkenntnisses seien die Mitarbeiter entsprechend geschult worden, um künftige Verstöße gegen das LSD-BG in Zukunft zu vermeiden. Es sei nunmehr auch ein Bericht an die Unternehmensführung vorgesehen, dass alle erforderlichen Unterlagen vor einer Entsendung korrekt und vollständig bereitgehalten werden. Aus diesen Gründen werde beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben.
Nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14.03.2019, in welcher der Prokurist des Unternehmens Herr H I sowie
die Buchhalterin Frau J K als Zeugen befragt wurden,
wird unter Verwertung der im Verfahren seitens der Beschwerdeführerin
vorgelegten Unterlagen (Dienstanweisungen, Checkliste, Firmenbuchauszug, Gewerberegisterauszug etc.) sowie des Inhalts des beigeschafften Strafaktes
BHHF-15.1-9717/2017 nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt als erwiesen angenommen:
Unternehmensgegenstand der Firma A B d.o.o., einer GmbH nach slowenischem Recht deren handelsrechtliche Geschäftsführerin Frau L M ist, ist die Herstellung und Montage von Gewächshäusern. Die Tätigkeit des Unternehmens beschränkt sich ausschließlich auf die dazugehörigen Metallbauarbeiten. Allenfalls erforderliche weitere Bauarbeiten (zum Beispiel Fundamente, Ziegelmauerwerk, etc.) werden nicht ausgeführt. Es handelt sich um ein mittelständisches Unternehmen in welchem durchschnittlich 20 Mitarbeiter beschäftigt werden, darunter die acht im zugrundeliegenden Strafverfahren gegenständlichen Personen. Fallweise werden für die Montage zusätzlich noch Subunternehmer eingesetzt. In den bisher vorliegenden Dienstleistungsanzeigen des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort scheint als Tätigkeit in Österreich jeweils „Metalltechnik für Metall- und Maschinenbau“, eingeschränkt auf die Montage von Zelten und Gewächshäusern auf.
Mit rechtskräftigem Straferkenntnis der belangten Behörde vom 26.01.2018,
GZ: BHHF-15.1-7947/2017, wurde die handelsrechtliche Geschäftsführerin
des Unternehmens in den Spruchpunkten 1. – 8. jeweils einer Übertretung des
§ 28 Z 1 LSD-BG iVm § 22 LSD-BG schuldig erkannt, da für acht namentlich genannte Monteure des Unternehmens beim gegenständlichen Bauvorhaben in Österreich (Baustelle N, OO) im Straferkenntnis näher bezeichnete Teile der Lohnunterlagen nicht am Arbeitsort bereitgehalten wurden. Es wurden Geldstrafen von € 2.660,00 je Spruchpunkt verhängt. In den Spruchpunkten 9. – 16. des gegenständlichen Straferkenntnisses wurde Frau L M hinsichtlich der gleichen acht Mitarbeiter weiters jeweils einer Übertretung des § 27 Abs 1 iVm § 12 Abs 1 Z 3 LSD-BG schuldig erkannt, weil Teile der fehlenden Lohnunterlagen trotz Aufforderung durch die Finanzpolizei nicht vollständig nachgereicht wurden. In diesen Spruchpunkten wurden Geldstrafen von € 700,00 je Arbeitnehmer verhängt. Gemäß Tatumschreibung im Straferkenntnis ist die Strafbehörde von einer grenzüberschreitenden Entsendung ausgegangen. Das gegenständliche Straferkenntnis ist rechtskräftig geworden. Die verhängten Geldstrafen wurden mittlerweile vollständig bezahlt, wofür die eingehobene Sicherheitsleistung verwendet wurde. Der Strafreferent der belangten Behörde hat auf Nachfrage durch das Landesverwaltungsgericht bekannt gegeben, dass eine amtswegige Aufhebung oder Abänderung des gegenständlichen Straferkenntnisses gemäß § 52 a VStG bis dato nicht durchgeführt wurde und auch nicht beabsichtigt sei.
Das Verfahren betreffend Untersagung der Dienstleistung wurde aufgrund einer Mitteilung des Strafreferenten der belangten Behörde eingeleitet, welcher dem Anlagereferat der belangten Behörde eine Ablichtung des gegenständlichen Straferkenntnisses zukommen ließ verbunden mit der Anregung, allenfalls eine Untersagung der Dienstleistung gemäß § 31 LSD-BG auszusprechen. Daraufhin wurde dem Unternehmen mit Schriftsatz des Anlagenreferates vom 13.04.2018 neuerlich das Straferkenntnis vom 26.01.2018 zugestellt verbunden mit nachstehendem – nicht übersetzten – Begleitschreiben: „Sie werden zur Stellungnahme im Sinne des § 31 Abs. 2 LSD-BG Lohn-und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz-LSD-BG binnen 2 Wochen eingeladen“. Nachdem keine Stellungnahme eingelangt war, erging ohne weitere Erhebungen die angefochtene Entscheidung, deren Begründung sich im Wesentlichen in einer Wiedergabe des Gesetzestextes erschöpft. Eine Abwägung gemäß § 31 Abs 3 LSD-BG wurde nicht vorgenommen mit der Begründung, dass keine Stellungnahme im Sinne von
§ 31 Abs 2 LSD-BG eingelangt sei.
Dem Straferkenntnis vom 26.01.2018 liegt zusammengefasst nachstehender Sachverhalt zugrunde:
Beim gegenständlichen Bauvorhaben im Jahr 2017 – es handelte sich damals um den dritten Auftrag des Unternehmens in Österreich – war die Firma A B d.o.o. als Auftragnehmerin des österreichischen Einzelunternehmens N in P mit der Herstellung und Montage eines Gewächshauses mit einer Auftragssumme von € 315.000,00 beauftragt. Am 05.04.2017 fand eine Kontrolle durch Mitarbeiter der Finanzpolizei statt, wobei zum Kontrollzeitpunkt vier Monteure des Unternehmens damit beschäftigt waren, Metallpaneele zu montieren. Da sich aus den zugrundeliegenden ZKO 3-Meldungen ergab, dass die Firma A B d.o.o. beim gegenständlichen Bauvorhaben insgesamt acht Mitarbeiter eingesetzt hatte, wurden die vor Ort aufliegenden Lohnunterlagen für diese acht Personen überprüft. Dabei stellte sich heraus, dass nur für sechs Mitarbeiter Arbeitsverträge in deutscher Sprache auflagen sowie für zwei der Monteure, welche bereits im Februar 2017 bei diesem Bauvorhaben tätig waren, auch Lohnabrechnungen. Alle übrigen Lohnunterlagen gemäß § 22 Abs 1 LSD-BG (Arbeitszeitaufzeichnungen, Lohnaufzeichnungen, Unterlagen über die Berufsausbildung, etc.) fehlten, weshalb in weiterer Folge ein schriftlicher Auftrag zur Nachreichung der fehlenden Teile der Lohnunterlagen erfolgte dem das Unternehmen nur teilweise nachkam (für alle acht Mitarbeiter wurden keine Arbeitszeitaufzeichnungen und keine Lohnaufzeichnungen nachgereicht, für drei Monteure auch keine Unterlagen betreffend die Lohneinstufung). Auf Grund des vorliegenden Auftrages und der vor Ort wahrgenommenen Tätigkeiten ging die Finanzpolizei bei Anzeigenlegung von einer Entsendung auf Werkvertragsbasis aus. Die erhaltenen Lohnunterlagen wurden von der Finanzpolizei routinemäßig an die Zentrale Koordinationsstelle weitergeleitet, wobei von dort bis dato keine Anzeige wegen des allfälligen Verdachts einer Unterentlohnung erfolgte. Nach dem verfahrensgegenständlichen Vorfall war die Firma A B d.o.o. noch eine Zeit lang in Österreich tätig, wobei es dabei zu keinen weiteren Anzeigen bzw. Bestrafungen wegen Übertretungen des LSD-BG kam. Obwohl die belangte Behörde mit dem angefochtenen Untersagungsbescheid die aufschiebende Wirkung der Beschwerde nicht ausgeschlossen hat, ist die Firma A B d.o.o. ab Zustellung des Untersagungsbescheides in Österreich nicht mehr unternehmerisch tätig gewesen, da man sicherheitshalber den Ausgang des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens abwarten wollte.
Nach Erhalt des gegenständlichen Straferkenntnisses hat das Unternehmen nachstehende Maßnahmen gesetzt um künftigen Übertretungen des LSD-BG vorzubeugen:
Es wurden drei auf das LSD-BG spezialisierte Wirtschaftstreuhand- und Anwaltskanzleien, darunter die nunmehrige steuerliche Vertretung des Unternehmens, die DDr. C & Mag. D Steuerberatungsgesellschaft m.b.H sowie
Q-R-S Rechtsanwälte hinsichtlich der gemäß LSD-BG bereitzuhaltenden Dokumente sowie der korrekten kollektivvertraglichen Einstufung der Mitarbeiter bei in Österreich durchgeführten Montageaufträgen konsultiert und die von dort erhaltenen Informationen unter anderem dazu verwendet, eine Checkliste auszuarbeiten, in welcher nunmehr für alle damit befassten Mitarbeiter der Firma A B d.o.o. detailliert aufgelistet ist, welche Unterlagen in welcher Sprache am jeweiligen Arbeitsort in Österreich aufliegen müssen. Die Buchhalterin des Unternehmens, Frau J K, hat zu Jahresbeginn 2018 ein von der steuerlichen Vertretung organisiertes Seminar besucht, in welchem sie über die neuesten Regelungen nach dem LSD-BG informiert wurde und auch schriftliche Unterlagen erhielt, welche dazu verwendet wurden, die im Betrieb aufliegenden schriftlichen Anweisungen für die Mitarbeiter und die oberwähnte Checkliste zu aktualisieren. Seit Jänner 2019 gibt es eine schriftliche Dienstanweisung, der zufolge im Unternehmen für die Einhaltung der Bestimmungen des LSD-BG primär der Prokurist und gewerberechtliche Geschäftsführer Herr H I zuständig ist und diesem unterstellt die Buchhalterin Frau J K sowie die Vorarbeiter auf den jeweiligen Baustellen. Frau J K kümmert sich primär um die fristgerechte Beantragung der erforderlichen A1-Bescheinigungen sowie der ZKO-Meldungen einschließlich erforderlicher Änderungsmeldungen. Herr H I ist dafür verantwortlich, dass jeder Montagetrupp auf den Baustellen einen Aktenordner mitführt, in welchem für jeden Mitarbeiter gesondert die erforderlichen Unterlagen gemäß LSD-BG enthalten sind, welche firmenseitig auch laufend aktualisiert werden (zum Beispiel durch Nachreichung allenfalls bereits fertig gestellter Lohnabrechnungen bei längeren Aufträgen in Österreich). Da anlässlich der Kontrolle vom 05.04.2017 unter anderem auch beanstandet wurde, dass die Arbeiter zwar Formulare für Arbeitszeitaufzeichnungen mithatten, diese allerdings nicht ausgefüllt waren, haben die Vorarbeiter auf den jeweiligen Baustellen mittlerweile die strikte Anweisung, die Arbeitszeitaufzeichnungen für die gesamte ihnen unterstellte Partie tagesaktuell zu führen. Dies wird nach Rückkehr in die Firma – in der Regel pendeln die Monteure der Firma A B d.o.o. täglich zu den grenznahen Baustellen Österreich – täglich kontrolliert. Um Problemen mit am Arbeitsort in Österreich unvollständig aufliegenden Lohnunterlagen vorzubeugen, werden künftig – ausgenommen bei kurzfristig disponierten Reparatur- und Wartungsarbeiten – die gemäß LSD-BG bereitzuhaltenden Unterlagen gemäß § 19 Abs 3 Z 3 iVm
§ 21 Abs 2 Z 4 LSD-BG bei der steuerlichen Vertretung des Unternehmens aufliegen, wobei Herr H I und Frau J K dafür verantwortlich sind dafür zu sorgen, dass die steuerliche Vertretung allfällige Ergänzungen zu diesen Unterlagen (zum Beispiel für weitere auf die Baustelle entsandte Mitarbeiter, zwischenzeitlich bereits fertig gestellte Lohnabrechnungen, allfällige ZKO3 Änderungsmeldungen, etc.) fristgerecht nachgereicht erhält, um sie im Falle einer Nachschau der Finanzpolizei in der Kanzlei der steuerlichen Vertretung künftig vollständig vorweisen zu können. Überdies wird die Lohnverrechnung für die in Österreich tätigen Monteure künftig ausschließlich durch die steuerliche Vertretung des Unternehmens durchgeführt.
II. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf die Aussagen der beiden in der Verhandlung befragten Zeugen, welche einen äußerst glaubwürdigen und kooperativen Eindruck machten, sowie auf die vorgelegten schriftlichen Unterlagen. Beim Zeugen H I handelt es sich zwar um den Ehegatten der bestraften Geschäftsführerin des Unternehmens, dessen ungeachtet besteht jedoch kein Anlass, diesem Zeugen eine Gefälligkeitsaussage zugunsten der Bestraften zu unterstellen, zumal seine Aussagen im völligen Einklang mit allen übrigen Beweisergebnissen stehen und überdies die im Sachverhalt beschriebene künftig vorgesehene Einbindung der steuerlichen Vertretung des Unternehmens auch von dem in der Verhandlung anwesenden Vertreter bestätigt wurde. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass das Unternehmen im Administrativverfahren gemäß § 31 Abs 2 LSD-BG bloß zu einer Glaubhaftmachung der gesetzten Präventivmaßnahmen verhalten ist, an welche prinzipiell geringere Anforderungen zu stellen sind, wie an eine Beweisführung im Strafverfahren (vgl. dazu die folgenden Ausführungen der rechtlichen Beurteilung).
Im Verfahren ist auch klar hervorgekommen, dass die Firma A B d.o.o. nicht als Arbeitskräfteüberlasser tätig ist, sondern Unternehmensgegenstand ausschließlich die Herstellung und Montage der selbsterzeugten Gewächshäuser ist und eben diese Tätigkeiten auch seinerzeit im Jahr 2017 bei dem im Verwaltungsstrafverfahren zugrundeliegenden Auftrag für die Firma N durchgeführt wurden. Hinweise dahingehend, dass es sich beim gegenständlichen Auftrag bloß um einen „Scheinwerkvertrag“ gehandelt haben könnte ergaben sich nicht. Weder die Finanzpolizei noch der Strafreferent der belangten Behörde sind von einer Arbeitskräfteüberlassung ausgegangen und hat der Vertreter des Anlagenreferates der belangten Behörde, welcher den angefochtenen Untersagungsbescheid erlassen hat auf Nachfrage durch das Landes-verwaltungsgericht (vgl. die schriftliche Anfragebeantwortung im Akt sowie die Ausführungen auf Seite 3, 2. Absatz der Verhandlungsschrift) auch eingeräumt, dass er seinerzeit rein abstrakt ohne Bezugnahme auf die Ergebnisse des zugrunde liegenden Strafverfahrens aufgrund der Abgrenzungskriterien des § 4 Abs 2 AÜG und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von einer (vermuteten) Arbeitskräfteüberlassung ausgegangen ist, welche im Übrigen im angefochtenen Bescheid auch in keinster Weise begründet wurde. Im Übrigen sind Verwaltungsbehörden und Gerichte bei der Untersagung von Dienstleistungen gemäß § 31 LSD-BG aufgrund der Tatbestandswirkung an die zugrundeliegenden rechtskräftigen Bestrafungen gebunden und könnte schon aus diesem Grund in diesem Verfahren keine grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung zugrunde-gelegt werden, da dies eine „andere Tat“ wäre, wie von der Strafbehörde als erwiesen angenommen.
In der Verhandlung ist auch klar hervorgekommen, dass die der deutschen Sprache nicht kundigen Firmenverantwortlichen die neuerliche Zustellung des zugrunde-liegenden Straferkenntnisses mit Schriftsatz des Anlagenreferates vom 13.04.2018, verbunden mit der lapidaren Aufforderung eine Stellungnahme gemäß
§ 31 Abs 2 LSD-BG abzugeben, dahingehend missverstanden haben, dass ihnen hier lediglich versehentlich ein zweites Mal das gegenständliche Straferkenntnis zugestellt worden sei. Aufgrund dieses Missverständnisses wurde – in völliger Unkenntnis, dass dem Unternehmen nunmehr aufgrund dieses Straferkenntnisses noch eine weitere Maßnahme droht, nämlich eben die Untersagung der Dienstleistung – im behördlichen Verfahren kein Vorbringen im Sinne von
§ 31 Abs. 2 LSD-BG erstattet (Aussage H I, Seite 5, dritter Absatz der Verhandlungsschrift).
III. Rechtliche Beurteilung:
§ 31 LSD-BG lautet idgF wie folgt:
(1) Die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde hat dem Arbeitgeber im Sinne der §§ 3 Abs. 2, 8 Abs. 1 oder 19 Abs. 1, bei einer grenzüberschreitenden Überlassung dem Überlasser, die Ausübung der den Gegenstand der Dienstleistung bildenden Tätigkeit für die Dauer von mindestens einem Jahr und höchstens fünf Jahren zu untersagen, wenn der Arbeitgeber gemäß
1. den §§ 26 Abs. 1 Z 1 oder Z 2 oder 27 Abs. 2 oder 3 wiederholt oder
2. den §§ 28 oder 29 Abs. 1 in Bezug auf mehr als drei Arbeitnehmer oder im Wiederholungsfall nach den §§ 28 oder 29 Abs. 1
rechtskräftig bestraft wurde oder ihm eine solche Bestrafung zuzurechnen ist. Eine Bestrafung ist dem Arbeitgeber dann zuzurechnen, wenn diese Bestrafung gegen den Arbeitgeber selbst oder gegen den zur Vertretung nach außen Berufenen
(§ 9 Abs. 1 VStG) oder gegen den verantwortlich Beauftragten (§ 9 Abs. 2 oder 3 VStG) rechtskräftig verhängt wurde. § 19 VStG (ausgenommen § 19 Abs. 2 letzter Satz VStG) ist für die Bemessung des Zeitraums der Untersagung sinngemäß anzuwenden. Der Bescheid über die Untersagung der Dienstleistung ist dem Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft im Hinblick auf die §§ 373a bis 373e der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194/1994, sowie der Zentralen Koordinationsstelle elektronisch zu übermitteln.
(2) Von einer Untersagung nach Abs. 1 ist abzusehen, wenn der Arbeitgeber oder der Überlasser glaubhaft macht, dass er konkrete technische, organisatorische oder personelle Maßnahmen getroffen hat, die geeignet sind, die nochmalige Begehung der Verwaltungsübertretung zu verhindern und die Einbringung der verhängten Geldstrafe erfolgt ist. Als derartige Maßnahmen gelten etwa
1. die Einführung eines qualitativ hochwertigen Berichts- und Kontrollwesens,
2. die Einschaltung eines Organs der inneren Revision zur regelmäßigen Überprüfung der Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften,
3. die Einführung von internen Haftungs- und Schadenersatzregelungen zur Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften.
(3) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat bei der Beurteilung nach Abs. 2 das Vorbringen des Arbeitgebers oder des Überlassers zu prüfen und die von diesem gesetzten Maßnahmen in ein Verhältnis zur Anzahl und zur Schwere der begangenen Verwaltungsübertretungen zu setzen. Bei der Beurteilung der Schwere der Verwaltungsübertretungen ist insbesondere die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer und bei einer Verwaltungsübertretung nach § 29 Abs. 1 das Ausmaß der Unterentlohnung zu berücksichtigen.
(4) Wer trotz Untersagung nach Abs. 1 eine Tätigkeit erbringt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 2 000 Euro bis 20 000 Euro zu bestrafen.
(5) § 18 AÜG oder vergleichbare österreichische Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
Die gegenständliche Regelung entspricht weitgehend dem bisherigen § 7k AVRAG, welcher mit dem ASRÄG 2014 eingeführt wurde. Aus den Erläuternden Bemerkungen zum ASRÄG folgt, dass der Gesetzgeber sich bei dieser Regelung seinerzeit am damaligen § 73 Bundesvergabegesetz 2006 (BVergG 2006) orientiert hat, welcher damals wie folgt lautete:
(1) Der Auftraggeber hat der Beurteilung der Zuverlässigkeit des Unternehmers insbesondere die gemäß § 72 Abs. 2 verlangten Nachweise und die gemäß § 72 Abs. 1 zweiter Satz eingeholten Auskünfte zugrunde zu legen. Ergibt sich aus diesen Bescheinigungen, dass ein rechtskräftiges Urteil im Sinne des § 68 Abs. 1 Z 1 oder 4 vorliegt oder stellt der Auftraggeber aufgrund dieser Bescheinigungen eine Verfehlung im Sinne des § 68 Abs. 1 Z 5 nachweislich fest oder erlangt der Auftraggeber auf andere Weise von einem solchen Urteil oder einer solchen Verfehlung nachweislich Kenntnis, so ist bei diesem Unternehmer die geforderte Zuverlässigkeit nicht gegeben, es sei denn, er macht glaubhaft, dass er trotz dieses Umstandes zuverlässig ist.
(2) Zur Glaubhaftmachung im Sinne des Abs. 1 zweiter Satz letzter Halbsatz hat der Unternehmer darzulegen, dass er konkrete technische, organisatorische oder personelle Maßnahmen getroffen hat, die geeignet sind, das nochmalige Setzen der betreffenden strafbaren Handlungen bzw. Verfehlungen zu verhindern. Als derartige Maßnahmen gelten etwa
1.
die Einführung eines qualitativ hochwertigen Berichts- und Kontrollwesens,
2.
die Einschaltung eines Organs der inneren Revision zur regelmäßigen Überprüfung der Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften,
3.
die Einführung von internen Haftungs- und Schadenersatzregelungen zur Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften.
(3) Der Auftraggeber hat das Vorbringen des Unternehmers zu prüfen und bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit die vom Unternehmer gesetzten Maßnahmen in ein Verhältnis zur Anzahl und zur Schwere der begangenen strafbaren Handlungen bzw. Verfehlungen zu setzen. Bei der Beurteilung der Schwere der rechtskräftigen Bestrafung gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 AuslBG ist insbesondere die Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer und die Dauer der illegalen Beschäftigung und bei der Beurteilung der Schwere der rechtskräftigen Bestrafung gemäß § 7i Abs. 4 oder
5 AVRAG ist insbesondere das Ausmaß der Unterentlohnung zu berücksichtigen. Liegen mehr als zwei rechtskräftige Bestrafungen gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 AuslBG oder gemäß § 7i Abs. 4 oder 5 AVRAG vor oder erfolgten zwei rechtskräftige Bestrafungen innerhalb der letzten zwölf Monate, ist ein strengerer Maßstab anzulegen.
Begründet wurde dies damit, dass die Untersagung der Dienstleistung ebenfalls den Ausschluss von der Teilnahme am Vergabeverfahren bewirkt und daher den betroffenen Unternehmen ebenso wie im Anwendungsbereich des Bundes-vergabegesetzes die Möglichkeit geboten werden solle, diese Rechtsfolgen durch die Bescheinigung geeigneter Präventivmaßnahmen noch abzuwenden.
Vorauszuschicken ist, dass es sich bei der Untersagung der Dienstleistung nicht um eine Strafsanktion handelt, sondern um eine in einem Administrativverfahren nach den Bestimmungen des AVG zu setzende Maßnahme (Kozak, LSD-BG unter Hinweis auf VwGH 30.06.2016, Ra 2016/11/0024). Der angefochtene Untersagungsbescheid ist daher zu Recht nicht vom Strafreferat der belangten Behörde, sondern vom Anlagenreferat erlassen worden. Es handelt sich hier um einen Fall der sogenannten Tatbestandswirkung, vergleichbar etwa mit der Erlassung eines Waffenverbotes nach dem WaffenG aus Anlass bestimmter Verurteilungen
(vgl. zum Waffengesetz etwa VwGH Zl.: 2008/03/0063) oder der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 GewO als Folge bestimmter schwerer Verstöße gegen die einschlägigen Bestimmungen der Gewerbeordnung.
Da aus den in der Beweiswürdigung bereits ausgeführten Gründen im Ergebnis als erwiesen anzunehmen war, dass es sich gegenständlich nicht um eine Arbeitskräfteüberlassung gehandelt hat, erübrigt sich die Prüfung der Frage,
ob die Untersagung der Dienstleistung in Ansehung der Bestimmung des
§ 31 Abs 5 LSD-BG bei bestimmten Tatbeständen – wie von einem Teil der Lehre vertreten (vgl Schrank/Lindmayr, LSD-BG S.478 ) – nicht nach den Bestimmungen des LSD-BG sondern gemäß § 18 AÜG als lex specialis auszusprechen wäre. Da der angefochtene Bescheid des Weiteren zur Gänze behoben wurde, erübrigte sich auch die Prüfung, ob die von der belangten Behörde zu Unrecht angenommene Arbeitskräfteüberlassung vom Landesverwaltungsgericht im Rahmen einer Spruchkorrektur hätte verbessert werden können.
Gemäß § 31 Abs 1 Z 2 LSD-BG kann bei bestimmten Übertretungen, unter anderem bei der Nichtbereithaltung von Lohnunterlagen bereits eine einzige rechtskräftige Bestrafung zum Anlass für eine Untersagung der Dienstleistung genommen werden, wenn von dieser Bestrafung mehr als drei Arbeitnehmer betroffen waren. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Spruchpunkte 1. – 8. des zugrundeliegenden Straferkenntnisses als erfüllt anzusehen. Die formalen Voraussetzungen für die Erlassung des gegenständlichen Untersagungsbescheides liegen somit vor. Bezugnehmend auf des Beschwerdevorbringen ist nunmehr zu prüfen, ob dem beschwerdeführenden Unternehmen die Glaubhaftmachung geeigneter Präventivmaßnahmen im Sinne von § 31 Abs 2 und 3 LSD-BG gelungen ist, um die angefochtene Maßnahme aufzuheben oder einschränken zu können.
Bezüglich der Frage, welcher Maßstab für diese Prüfung anzulegen ist liegt bis dato – soweit aus dem RIS ersichtlich – keinerlei einschlägige Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte bzw. des Verwaltungsgerichtshofes zum LSD-BG bzw. AVRAG vor. Es kann jedoch auf die einschlägige Rechtsprechung des VwGH zu
§ 73 BVergG 2006 zurückgegriffen werden, wo der Verwaltungsgerichtshof in den Grundsatzerkenntnissen vom 25.03.2014, Zl.: 2012/04/0145 und vom 12.09.2013,
Zl.: 2012/04/0010 nachstehende Ausführungen getätigt hat (Hervorhebungen durch LVwG):
Zl.: 2012/04/0145:
Als Folge des E des VfGH vom 24. Juni 1998, G 462/97, VfSlg. 15.216/1998, wurden dem § 52 des BVergG 1997 mit der Novelle BGBl. I Nr. 120/1999 die Abs. 3 bis 6 angefügt und den Bietern damit erstmals die Möglichkeit eingeräumt, trotz Vorliegens von Bestrafungen nach dem AuslBG die eigene Zuverlässigkeit glaubhaft zu machen. In den Erläuterungen zu dieser Bestimmung (Initiativantrag 1103/A, 20. GP, 18) wird ausdrücklich darauf Bezug genommen, dass der Bieter im Sinn des zitierten E des VfGH nunmehr die Möglichkeit haben soll, darzulegen, dass seine Zuverlässigkeit trotz des Bestehens rechtskräftiger Bestrafungen nach dem AuslBG gegeben ist. Mit der Novelle BGBl. I Nr. 86/2007 wurde diese, in das BVergG 2006 übernommene Regelung auf die Beurteilung der beruflichen Zuverlässigkeit insgesamt ausgedehnt (RV 127 BlgNR, 23. GP, 9). Die Regelung des § 73 BVergG 2006 über die Glaubhaftmachung der eigenen Zuverlässigkeit trotz des Vorliegens von Umständen, die die Unzuverlässigkeit indizieren, ist daher vor dem Hintergrund der Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes im zitierten E VfSlg. 15.216/1998 und den darin zum Ausdruck kommenden Sachlichkeitserwägungen zu sehen.
Zl.: 2012/04/0010:
Im Urteil vom 13. Dezember 2012 in der Rechtssache C-465/11, Forposta SA,
ABC Direct Contactz sp. Z o.o. gegen Poczta Polska SA, hat der EuGH ausgesprochen, dass eine Regelung, die den öffentlichen Auftraggebern zwingende Voraussetzungen und aus bestimmten Umständen automatisch zu ziehende Schlussfolgerungen vorgibt, das Ermessen überschreitet, über das die Mitgliedstaaten nach Art. 45 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2004/18 bei der Festlegung der Bedingungen für die Anwendung des Ausschlussgrundes einer schweren Verfehlung nach Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. d unter Beachtung des Unionsrechts verfügen (Randnr. 35). Die vom EuGH beanstandete Regelung verpflichtete nämlich, "den
Wirtschaftsteilnehmer ... automatisch auszuschließen, ohne dem
öffentlichen Auftraggeber die Möglichkeit zu belassen, die Schwere des dem Wirtschaftsteilnehmer zur Last gelegten Fehlverhaltens bei der Durchführung des früheren Auftrags im Einzelfall zu beurteilen" (Randnr. 34). Ausgehend von diesen Überlegungen trifft es zwar zu, dass der betroffene Unternehmer zunächst darzulegen hat, (überhaupt) konkrete Maßnahmen zur künftigen Vermeidung der betreffenden strafbaren Handlungen bzw. Verfehlungen (hier der Verstöße gegen das Aus1BG) gesetzt zu haben. Gelingt ihm diese Darlegung nicht, so erübrigt sich eine Abwägung nach § 73 Abs. 3 BVergG 2006. Hat er allerdings Maßnahmen dargelegt, so hat der Auftraggeber im Folgenden unter Vornahme einer Abwägung nach § 73 Abs. 3 BVergG 2006 zu prüfen, ob diese Maßnahmen ausreichend waren, um die Zuverlässigkeit des Bieters glaubhaft zu machen. Insofern stellen die Glaubhaftmachung iSd § 73 Abs. 1 und 2 BVergG 2006 sowie die Abwägung nach Abs. 3 leg. cit. eine Einheit dar.
Zl.: 2012/04/0010:
Bei einer Abwägung nach § 73 Abs. 3 BVergG 2006 sind "die vom Unternehmer gesetzten Maßnahmen" in ein Verhältnis zu Anzahl und zur Schwere der begangenen strafbaren Handlungen bzw. Verfehlungen zu setzen. Somit sind die festgestellten Bestrafungen bzw. Verfehlungen und die vom Unternehmer gesetzten Maßnahmen gegeneinander abzuwägen. Letztlich stellt die Beurteilung der beruflichen Zuverlässigkeit eine Prognoseentscheidung dar, eine absolut sichere Aussage ist nie möglich. Wichtig ist aber, dass der Auftraggeber die notwendigen Ermittlungen vornimmt und das Vorbringen des Unternehmers kritisch prüft und anschließend würdigt. Dies gilt auch für die Vergabekontrollbehörde im Nachprüfungsverfahren, wenn das Vorliegen des Ausschlussgrundes der fehlenden beruflichen Zuverlässigkeit behauptet wird. Sie hat zwar zunächst die vom Unternehmer gesetzten Maßnahmen zu prüfen, muss diese jedoch in einem weiteren Schritt nach § 73 Abs. 3 BVerG 2006 abwägen. Dabei sind die vorgebrachten und gesetzten Maßnahmen in ein Verhältnis zur Anzahl und zur Schwere der begangenen strafbaren Handlungen bzw. Verfehlungen zu setzen (vgl. bereits den Wortlaut des § 73 Abs. 3 BVerG 2006).
Zl.: 2012/04/0010:
Für die Beurteilung der Schwere der rechtskräftigen Bestrafung gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG trifft § 73 Abs. 3 BVergG 2006 eine besondere Regelung: hier ist insbesondere die Zahl der illegal beschäftigen Arbeitnehmer und die Dauer der illegalen Beschäftigung zu berücksichtigen. Liegen mehr als zwei rechtskräftige Bestrafungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG vor oder erfolgen zwei rechtskräftige Bestrafungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG in kurzen Zeitabständen, ist ein strengerer Maßstab anzulegen. Nach den Materialien hat der Auftraggeber eine Abwägung zwischen der Schwere des Vergehens nach dem AuslBG, der Konsequenz des Ausschlusses vom Vergabeverfahren und der Eignung der getroffenen Maßnahmen vorzunehmen. Je schwerer das Vergehen war, desto strenger ist der Maßstab bei den vom Unternehmer gesetzten Maßnahmen anzulegen. Im Gesetz werden beispielhaft zwei Kriterien (Zahl der illegal beschäftigten Arbeitnehmer und Dauer der illegalen Beschäftigung) genannt, die bei der Beurteilung der Schwere der Bestrafung herangezogen werden können. Die Zahl der illegal Beschäftigten kann zur Anzahl der in dem betroffenen Unternehmen (legal) Beschäftigten in Relation gesetzt werden, um die Schwere des Vergehens beurteilen zu können (vgl. zu allem RV 1171 BlgNR XXII. GP, 64).
Zl.: 2012/04/0010:
Schon der Wortlaut des § 73 Abs. 2 BVergG 2006 zeigt, dass nicht sämtliche Maßnahmen zu treffen sind, sondern konkrete (technische, organisatorische oder personelle) Maßnahmen, die nicht zwingend kumulativ getroffen werden müssen. Die vom Unternehmer zu ergreifenden Maßnahmen müssen sich in einem wirtschaftlich vertretbaren Rahmen bewegen (vgl. bereits die Erläuterungen zu
§ 73 BVergG 2006 in RV 1171 BlgNR XXII. GP, 64, und Mayr, Beurteilung der beruflichen Zuverlässigkeit in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabe-gesetz 2006 - Kommentar 1. Lieferung (2009), Rz 12 zu § 73). Der Auftraggeber hat sodann das Vorbringen des Unternehmers (zu diesen Maßnahmen) gemäß
§ 73 Abs. 3 BVergG 2006 zu prüfen und bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit die vom Unternehmer gesetzten Maßnahmen in ein Verhältnis zur Anzahl und zur Schwere der begangenen strafbaren Handlungen bzw. Verfehlungen zu setzen.
Da sich aus den Erläuternden Bemerkungen zu § 7 k AVRAG nicht der geringste Hinweis ergibt, dass der Gesetzgeber die dort beispielsweise genannten Maßnahmen (nunmehr Z 1 bis 3 des § 31 Abs 2 LSD-BG) im Anwendungsbereich des AVRAG bzw. nunmehr LSD-BG anders verstanden wissen wollte, wie im Bereich der wörtlich gleichlautenden Vorbildregelung in § 73 BVergG 2006, ist diese zum Vergabegesetz ergangene Judikatur des VwGH jedenfalls heranzuziehen.
Vorauszuschicken ist, dass die Untersagung der Dienstleistung für mindestens ein Jahr bzw. wie vorliegend verfügt für drei Jahre einen massiven Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit darstellt (so auch Schrank/Lindmayr, LSD-BG Kommentar
S. 478) und daher bei der Prüfung der Frage, ob das Verhalten des betroffenen Unternehmens die Verhängung bzw. Aufrechterhaltung derart gravierender Maßnahmen tatsächlich rechtfertigt ein strenger Maßstab anzulegen ist. Gemäß
§ 31 Abs 2 LSD-BG ist von der Untersagung nach Abs 1 abzusehen, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind, welche kumulativ („und“) vorliegen müssen, nämlich einerseits die Einbringung der verhängten Geldstrafe und andererseits die Glaubhaftmachung geeigneter Maßnahmen im Sinne dieser Bestimmung. Letzteres stellt eine Ermessensentscheidung der Verwaltungsbehörde bzw. des Gerichtes dar, wobei allerdings, wenn beide Voraussetzungen erfüllt sind, zwingend von der Untersagung abzusehen ist („ist abzusehen“).
Da im vorliegenden Fall die im zugrundeliegenden Strafverfahren verhängte Geldstrafe einschließlich der Verfahrenskosten zur Gänze bezahlt wurde, ist die erste der obgenannten Voraussetzungen jedenfalls als erfüllt anzusehen. Da das Gesetz nur auf die „Einbringung“ der Geldstrafe abstellt, schadet es im vorliegenden Fall nicht, dass die Geldstrafe aus den Mitteln der eingehobenen Sicherheitsleistung beglichen wurde.
Die weiters erforderliche „Glaubhaftmachung“ erfordert ein deutlich geringeres Bescheinigungsniveau als etwa „nachweisen“. Der Arbeitgeber/Überlasser muss daher keinen Beweis erbringen, dass die nochmalige Begehung der Verwaltungs-übertretung in Zukunft absolut ausgeschlossen ist. Er muss nur darlegen können, dass die von ihm getroffenen technischen, organisatorischen oder personellen Maßnahmen grundsätzlich geeignet sind, künftige Verwaltungsübertretungen hintanzuhalten und dies aufgrund der gegebenen Umstände auch erwartbar ist. Hier dürfen die Anforderungen an die Unternehmer nicht überspannt werden, geht es doch darum, die Wirksamkeit von Maßnahmen im Voraus zu beurteilen (Schrank/Lindmayr, LSD-BG-Kommentar, S 482).
Im vorliegenden Fall ist aufgrund der im Sachverhalt beschriebenen Präventivmaßnahmen, welche die Firma A B d.o.o. im Beschwerdeverfahren nicht bloß behauptet, sondern durch Zeugenaussagen und diverse vorgelegte Urkunden auch bescheinigt hat, jedenfalls davon auszugehen, dass dem Unternehmen die „Glaubhaftmachung“ im Sinne des § 31 Abs 2 LSD-BG gelungen ist und nunmehr das Verwaltungsgericht die erforderliche Abwägung nach § 31 Abs 3 LSD-BG vorzunehmen hat.
Unter Bedachtnahme auf die obzitierte Judikatur des VwGH rechtfertigen dabei insbesondere nachstehende Aspekte eine positive Prognose:
? Was die Schwere der zugrundeliegenden Übertretung anbelangt, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Untersagung der Dienstleistung im vorliegenden Fall aufgrund nur einer rechtskräftigen Bestrafung ausgesprochen wurde, wobei allerdings vom zugrundeliegenden Straferkenntnis mit immerhin acht Mitarbeitern zugegebenermaßen eine nicht ganz unbeträchtliche Anzahl von Mitarbeitern der Firma A B d.o.o. betroffen war. Auch wenn dies den formalen Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Z 2 LSD-BG entspricht, wird von der Lehre
(vgl. wiederum Schrank/Lindmayr, LSD-BG-Kommentar S 479 f) – nach Auffassung der zuständigen Richterin zurecht – kritisiert, dass diese gesetzliche Regelung überschießend ist, da selbst einem seriösen, um Gesetzestreue bemühten ausländischen Unternehmer sehr leicht ein erstmaliger Verstoß gegen die durchaus nicht unkomplizierten einschlägigen Regelungen des LSD-BG und die noch viel komplexeren einschlägigen kollektivvertraglichen Regelungen in Österreich unterlaufen kann. Hinzu kommt, dass die zugrundeliegende Bestrafung nur einen Verstoß gegen die formale Verpflichtung der Bereithaltung der Lohnunterlagen gemäß § 22 LSD-BG betraf, welche nach Auffassung der zuständigen Richterin – auch wenn § 31 Abs 1 Z 2 LSD-BG nicht zwischen den Tatbeständen der § 28 und § 29 LSD-BG differenziert – einen deutlich geringeren Unrechtsgehalt beinhaltet wie eine erwiesene Bestrafung wegen Unterentlohnung, zumal die Bekämpfung des Lohndumpings bezogen auf den Schutzzweck des LSD-BG immerhin die Kernbestimmung dieses Gesetzes darstellt.
? Für eine positive Prognose spricht weiters, dass es sich beim zugrundeliegenden Straferkenntnis der belangten Behörde vom 26.01.2018 nicht bloß um die erste sondern auch um die bislang einzige einschlägige Vorstrafe des Unternehmens nach den Bestimmungen des LSD-BG handelt und bislang trotz des Umstandes, dass das Unternehmen nach dem verfahrensgegenständlichen Vorfall noch eine Zeit lang weiterhin unternehmerisch in Österreich tätig war, bis zum heutigen Tag nicht einmal weitere Anzeigen bzw. anhängige Verwaltungsstrafverfahren geschweige denn rechtskräftige Bestrafungen aktenkundig sind.
? Auch der Umstand, dass die Firma A B d.o.o. ab Erhalt des angefochtenen Untersagungsbescheides bislang von weiteren unternehmerischen Tätigkeiten in Österreich Abstand genommen hat, dies wohl gemerkt freiwillig, da die belangte Behörde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen den Untersagungsbescheid nicht ausgeschlossen hat, zeugt davon, dass es sich hier um ein seriöses Unternehmen handelt, welches die Entscheidungen österreichischer Behörden und Gerichte respektiert. Dies selbst dann, wenn dies in Bezug auf dadurch entgangene Aufträge mit nicht unbeträchtlichen wirtschaftlichen Nachteilen verbunden ist. Aufgrund dieses freiwilligen Verhaltens des Unternehmens hat sich im Ergebnis bis zur Erlassung der gegenständlichen Entscheidung faktisch eine Nichtausübung der Dienstleistung in Österreich im Zeitraum von zumindest einem halben Jahr ergeben, was auch zugunsten des Unternehmens zu berücksichtigen ist.
? Von den im Verfahren dargelegten Präventivmaßnahmen zur Hintanhaltung künftiger Übertretungen des LSD-BG vermochte insbesondere die Beauftragung der steuerlichen Vertretung des Unternehmens mit der Bereithaltung der Lohnunterlagen einerseits und andererseits mit der Lohnabrechnung für die in Österreich tätigen Mitarbeiter zu überzeugen, da von dieser Maßnahme mit gutem Grund erwartet werden kann, dass dadurch das Risiko eines erneuten Verstoßes gegen die einschlägigen Bestimmungen des LSD-BG erheblich reduziert wird. Im Sinne der obzitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, dass die vom Unternehmer zu ergreifenden Maßnahmen wirtschaftlich vertretbar sein müssen, wobei die wirtschaftliche Zumutbarkeit in Relation zur Unternehmensgröße und wohl auch zur Häufigkeit der beabsichtigten Tätigkeit in Österreich zu prüfen ist. Im Hinblick auf den Umstand, dass es sich bei der Firma A B d.o.o. bloß um ein mittelständisches Unternehmen handelt und die von der steuerlichen Vertretung künftig übernommenen Tätigkeiten von dieser – wie auch vom anwesenden Vertreter in der Verhandlung bestätigt wurde – natürlich nicht kostenlos durchgeführt werden, hat das Unternehmen hier in Verbindung mit weiteren teilweise ebenfalls mit Kosten verbundenen Maßnahmen (Seminarteilnahme
von Mitarbeitern, Konsultationen diverser Rechtsanwalts- und Wirtschafts-treuhandkanzleien) jedenfalls ausreichende wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen gesetzt.
? Bei der Befragung der beiden Firmenmitarbeiter in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ist hervorgekommen, dass man sich seitens des Unternehmens ernsthaft bemüht hat aus den im Jahr 2017 beim Bauvorhaben N in Österreich unterlaufenen Fehlern, welche zur gegenständlichen Bestrafung geführt haben zu lernen und eine Wiederholung derselben zu vermeiden, indem beispielsweise durch entsprechende Dienstanweisungen und eine mittlerweile geschaffene Organisationsstruktur sichergestellt wird, dass die Vorarbeiter auf den Baustellen die von Unternehmen mitgegebenen Stundenlisten auch tatsächlich tagesaktuell ausfüllen. Ob diese Präventiv - und Kontrollmaßnahmen in der Praxis tatsächlich funktionieren werden, kann vorliegend nicht abschließend beurteilt werden, da die Firma A B d.o.o., wie bereits mehrfach ausgeführt, mittlerweile schon seit mehreren Monaten nicht in Österreich tätig ist. Jedoch spricht alles dafür, auf der Basis der im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht dargelegten Maßnahmen zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine positive Prognose abzugeben.
Im vorliegenden Fall war die Ermessensabwägung zur Gänze vom Landesverwaltungsgericht durchzuführen, da die Firma A B d.o.o aufgrund des im Sachverhalt und in der Beweiswürdigung beschriebenen Missverständnisses im behördlichen Verfahren gar kein Vorbringen im Sinne von
§ 31 Abs 2 LSD-BG erstattet hatte und sich daher die belangte Behörde nicht zu einer Prüfung gemäß Abs 3 leg. cit. veranlasst sah. Da die somit aus den dargestellten Gründen auf Grund des Beschwerdevorbringens nunmehr vom Landesverwaltungsgericht durchzuführende Ermessensabwägung zu einer positiven Prognose geführt hat, war im Sinne von § 31 Abs 3 LSD-BG von der Untersagung der Dienstleistung zwingend abzusehen.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im vorliegenden Fall liegt zwar bis dato keine Judikatur des VwGH zu § 31 LSD-BG bzw. § 7 k AVRAG vor. Da jedoch § 31 Abs 3 Z 1 bis 3 LSD-BG wörtlich gleichlautend ist mit der als Vorbild dienenden Bestimmung des § 73 BVergG 2006 kann unter Bedachtnahme auf die Erläuternden Bemerkungen des Gesetzgebers auf die ausreichend vorhandene und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung zurückgegriffen werden. Aus den Erläuternden Bemerkungen zu § 7 k AVRAG ergibt sich nicht der geringste Hinweis, dass der Gesetzgeber die dort beispielsweise genannten Maßnahmen im Anwendungsbereich des AVRAG bzw. nunmehr LSD-BG anders verstanden wissen wollte wie im Bereich des Vergaberechts.
Schlagworte
Dienstleistung, Untersagung, Administrativverfahren, Maßnahme, Tatbestandswirkung, Maßnahmen, Vergleich, Bundesvergabegesetz, Absehen, Glaubhaftmachung, Bescheinigung, Darlegung, Überspannung, Prognose, Vorstrafen, Tätigkeiten, FreiwilligkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGST:2019:LVwG.70.15.2767.2018Zuletzt aktualisiert am
23.07.2019