TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/12 G314 2208358-2

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Veröffentlicht am 12.03.2019
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Entscheidungsdatum

12.03.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G314 2208358-2/2E

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX (auch XXXX oder XXXX), polnischer Staatsangehöriger, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 11.02.2019, Zl. XXXX, betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht:

A) Die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung

(Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids) wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG nicht zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde vom 01.03.2019 gegen den oben genannten Bescheid vor, mit dem gegen den Beschwerdeführer (BF) gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein neunjähriges Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde (Spruchpunkt III.).

Das BFA begründete die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung damit, dass die sofortige Ausreise des BF nach seiner Entlassung aus der Strafhaft im Hinblick auf seine strafgerichtlichen Verurteilungen im Interesse der öffentlichen Sicherheit erforderlich sei, weil eine neuerliche Straffälligkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit zu befürchten sei. Sein Interesse an einem Aufenthalt in Österreich trete hinter das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit zurück.

Der BF erhob dagegen eine Beschwerde, mit der er die Aufhebung des Bescheids beantragt. Hilfsweise strebt er die Reduktion der Dauer des Aufenthaltsverbots und die Gewährung eines Durchsetzungsaufschubs an; außerdem stellt er einen Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag. Sein Fehlverhalten sei auf seine Alkoholsucht zurückzuführen. Der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG zuzuerkennen, weil von seiner Person keine solche Gefährdung ausgehe, die eine sofortige Ausreise erforderlich machen würde.

Das BFA beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, und legte sie unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem BVwG vor, wo sie am 08.03.2019 einlangten.

Feststellungen:

Der BF (dessen Geburtsdatum laut BFA der XXXX ist, laut dem Zentralen Melderegister jedoch der XXXX und laut Strafurteil und Strafregister der XXXX) verfügt über keine Anmeldebescheinigung. Er war in Österreich unsteten Aufenthalts und verfügte über keine Wohnsitzmeldung. Er wurde am XXXX.2018 in XXXX verhaftet, in Untersuchungshaft genommen und mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX.2019, XXXX, wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von XXXX Monaten verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass er am XXXX.2018 versuchte, einem anderen Bargeld abzunötigen, indem er sein Opfer unter Vorhalt eines geöffneten Klappmessers aufforderte, ihm 50 Cent zu geben, wobei die Vollendung der Tat misslang, weil sich das Opfer weigerte und ankündigte, die Polizei zu verständigen.

Bei der Strafzumessung wurden das umfassende und reumütige Geständnis sowie der Umstand, dass es beim Versuch blieb, als mildernd berücksichtigt, acht einschlägige Vorstrafen dagegen als erschwerend.

Der BF verbüßt die Freiheitsstrafe derzeit in der Justizanstalt XXXX; das urteilsmäßige Strafende ist am XXXX.2020. Eine bedingte Entlassung ist frühestens am XXXX.2019 möglich. Es handelt sich um seine erste Verurteilung in Österreich. In Deutschland war er zwischen XXXX 2011 und XXXX 2012 acht Mal wegen Vermögens- und Aggressionsdelikten zu Geld- und Freiheitsstrafen verurteilt worden, zuletzt zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe wegen gemeinschaftlichen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, begangen am 19.01.2012.

Der BF absolvierte die Pflichtschule in Polen und machte dort eine Ausbildung zum Koch. Er hält sich nach eigenen Angaben seit mehreren Monaten durchgehend in Österreich auf. Er war obdachlos, auf Arbeitssuche und ging keiner Erwerbstätigkeit nach. Er hat kein nennenswertes Vermögen, Schulden von EUR 1.200 und keine Sorgepflichten. Familiäre Anknüpfungen in Österreich sind nicht aktenkundig.

Beweiswürdigung:

Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungswesentliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens, dem Beschwerdevorbringen sowie aus dem Zentralen Melderegister, dem Strafregister, dem Versicherungsdatenauszug und dem Fremdenregister. Das Geburtsdatum des BF konnte nicht mit Sicherheit eruiert werden, zumal dem BVwG kein Ausweis oder Reisedokument vorliegt und in den öffentlichen Registern unterschiedliche Geburtsjahre aufscheinen.

Rechtliche Beurteilung:

Da sich die Beschwerde pauschal gegen alle Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids richtet, ergibt sich zusammen mit dem Antrag auf Zuerkennung eines Durchsetzungsaufschubs zweifelsfrei, dass sie sich auch gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids richtet, mit dem die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, zumal der BF ausdrücklich die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung anstrebt.

Das BVwG hat über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 BFA-VG (oder gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids) gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG kann (ua) bei EWR-Bürgern die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Diese Voraussetzung ist hier aufgrund der Raubdelinquenz des vielfach vorbestraften, alkoholkranken BF sowie des Fehlens eines regelmäßigen Einkommens und einer gesicherten Unterkunft erfüllt, zumal er sich ohne Wohnsitzmeldung und ohne Anmeldebescheinigung im Bundesgebiet aufhielt.

Dem Beschwerdevorbringen, das Fehlverhalten des BF sei auf seine Alkoholsucht zurückzuführen, ist entgegenzuhalten, dass es sich bei einem Aufenthaltsverbot nicht um eine Strafe handelt, sodass dem Fremden kein Verschulden an der von ihm ausgehenden Gefährdung angelastet werden muss. Der Prognose einer vom BF ausgehenden Gefahr, die durch seine Straftaten und die Wirkungslosigkeit der bisherigen Sanktionen indiziert wird, steht nicht entgegen, dass die Gefährlichkeit auf seine Alkoholkrankheit zurückzuführen ist, zumal er bei dem schweren Raub jedenfalls zurechnungsfähig war. Der Gesetzgeber hat sogar die Möglichkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen wegen Tathandlungen vorgesehen, die im Zustand der Unzurechnungsfähigkeit begangen wurden (vgl. § 53 Abs 6 FPG). Der dadurch zum Ausdruck kommende Grundsatz gilt auch in den Fällen des § 67 Abs 1 FPG (siehe dazu zuletzt VwGH 03.07.2018, Ra 2018/21/0081).

Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Der BF hat nur vergleichsweise schwache private Anknüpfungen im Bundesgebiet, sodass kein unverhältnismäßiger Eingriff in sein Privat- und Familienleben vorliegt, zumal dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aufgrund der gravierenden Straftat (Raubversuch mit einem Messer) ein sehr großes Gewicht beizumessen ist (vgl VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0271). Eine Grobprüfung der vorgelegten Akten und der dem BVwG vorliegenden Informationen über die Lage im Herkunftsstaat des BF (Polen) ergibt keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs 5 BFA-VG.

Die Begründung der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im angefochtenen Bescheid ist knapp, aber im Hinblick auf die schwerwiegende Kriminalität des BF, das Fehlen einer Erwerbstätigkeit und den unsteten Aufenthalt vor seiner Verhaftung als ausreichend anzusehen.

Im Ergebnis ist die sofortige Ausreise des BF nach seiner Entlassung aus der Strafhaft aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich; die vom BFA in diesem Zusammenhang vorgenommene Interessenabwägung ist nicht zu beanstanden. Es ist dem BF zumutbar, den Verfahrensausgang nach seiner Entlassung aus der Strafhaft in seinem Herkunftsstaat abzuwarten.

Der Beschwerde ist im Ergebnis derzeit - vorbehaltlich allfälliger anderer Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt - die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.

Zu Spruchteil C):

Die Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig, weil das BVwG grundsätzliche Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht zu lösen hatte.

Schlagworte

Unzuständigkeit, Weiterleitung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G314.2208358.2.00

Zuletzt aktualisiert am

23.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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