Entscheidungsdatum
06.05.2019Norm
ASVG §410Spruch
I404 2007176-2/28E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Alexandra JUNKER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, vertreten durch die APP Steuerberatung GmbH, gegen den Bescheid der Vorarlberger Gebietskrankenkasse vom 22.01.2014 betreffend Beitragsnachverrechnung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und die XXXX verpflichtet, die allgemeinen Beiträge, sonstigen Beiträge und Umlagen in der Höhe von € 18.198,89 sowie Verzugszinsen in der Höhe von € 9.616,66 für die in der Anlage genannten DienstnehmerInnen für den Zeitraum August 2002 bis Dezember 2006 zu entrichten.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 22.01.2014 hat die Vorarlberger Gebietskrankenkasse (in der Folge: belangte Behörde) die Firma XXXX (in der Folge: Beschwerdeführrein) verpflichtet, für in der Anlage näher angeführten DienstnehmerInnen und Zeiträume Beiträge in der Höhe von € 18.996,01 zu bezahlen (Spruchpunkt 1.) Weiters hat sie ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin verpflichtet ist, die aufgrund der gegenständlichen Beitragsnachverrechnung vorzuschreibenden Verzugszinsen bis einschließlich 25.7.2013 in der Höhe von € 10.178,15 zu entrichten (Spruchpunkt 2.). Begründend führt die belangte Behörde aus, dass mit Bescheid der belangten Behörde vom 17.1.2014 festgestellt worden sei, dass die aus der Nachverrechnung ersichtlichen Personen in den dort ersichtlichen Zeiträumen als echte Dienstnehmer im Sinne des §§ 4 Abs. 1 Z. 1 i. V.m. Abs. 2 ASVG pflichtversichert seien. Von der Beschwerdeführerin seien die genannten Personen als freie DienstnehmerInnen bei der belangten Behörde gemeldet und abgerechnet worden. Die bisher abgeführten Beiträge für die freien Dienstverhältnisse seien bei der Beitragsnachverrechnung gegenverrechnet worden. Bezüglich der Verzugszinsen wurde auf § 59 Abs. 1 ASVG verwiesen.
2. Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin zulässig und rechtszeitig Beschwerde erhoben. Zur Beitragsnachverrechnung wurde geltend gemacht, dass die Verjährungsfrist drei Jahre betrage. Die belangte Behörde habe erstmals Ende 2011 Maßnahmen zur Feststellung des Beitragsanspruches getroffen. Für den Fall, dass dem Begehren nicht vollinhaltlich Folge geleistet werde, beantragte die Beschwerdeführerin die Entscheidung durch einen Senat und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
3. Am 27.11.2018 fand zunächst vor dem BVwG eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Das Ermittlungsverfahren wurde nicht geschlossen, zumal noch Unterlagen seitens der belangten Behörde bezüglich die Frage der Verjährung nachzureichen waren.
4. Mit Schriftsatz vom 18.12.2018 führte die belangte Behörde aus, dass das Schreiben vom 21.7.2007 sowie Lohnzettel und Beitragsgrundlagennachweise für Reinhard S sowie Nina L übermittelt werden. Während laufenden Prüfungen sei es regelmäßig so, dass Dienstgebermeldungen dann nicht verarbeitet würden, wenn eine laufende Sozialversicherungsprüfung anhängig sei. Diese Meldungen würden dann dem zuständigen Prüforgan übergeben werden, damit diese Meldungen im Rahmen der Prüfung berücksichtigt werden könnten. Im vorliegenden Fall sei es bei Frau Nina L so gewesen, dass seitens der Beschwerdeführerin bereits am 20.6.2006 eine Meldung an die Wiener Gebietskrankenkasse abgegeben worden sei. Dies ergebe sich aus dem Eingangsstempel der dortigen Abteilung. Diese Meldung hätte nicht verarbeitet werden können, da bereits zum damaligen Zeitpunkt eine laufende Betriebsprüfung anhängig gewesen sei. Nicht nur sei es so, dass diese Betriebsprüfung bereits damals seitens der zuständigen steiermärkischen Gebietskrankenkasse angekündigt worden sei, da diese sonst nicht im System gespeichert worden wäre, vielmehr sei es auch so, und das ergebe sich aus den Faxbestätigungen und Faxzeitrahmen auf dem Seitenkopf, dass der Beschwerdeführerin dieser Umstand bekannt gewesen sei. Es entspreche ständiger Verwaltungspraxis der Sozialversicherungsträger, dass Sozialversicherungsmeldungen, welche nicht verarbeitet werden könnten, weil eine Prüfung behänge, umgehend dem Dienstgeber rückgemeldet werden würden. Dies benötige selbiger dringend und umgehend für die Konsolidierung in seiner Lohnsoftware, da andernfalls das Beitragskonto bei der Gebietskrankenkasse und der Kontostand in der Lohnsoftware nicht übereinstimmen würden. Es sei deshalb davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin bereits im Juni 2006 über die gegen sie angestrebten Erhebungen im Rahmen einer Sozialversicherungsprüfung Bescheid gewusst habe.
5. Dazu gab die Beschwerdeführerin an, dass für die Jahre 2002 bis 2008 zwar eine GPLA durch die steiermärkische Gebietskrankenkasse durchgeführt worden sei, diese aber keinerlei Handlungen hinsichtlich der in Vorarlberg ansässigen Personen gesetzt habe.
6. Mit Schreiben vom 8.2.2019 führte die belangte Behörde aus, dass das Konzept einer gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben jenes sei, dass ein Dienstgeber in Bezug auf Lohnsteuer und sonstige Abgaben, Sozialversicherungsbeiträge und sonstige Umlagen und die Kommunalsteuer in einem Prüforgan geprüft werde. Daraus ergebe sich, dass die Prüforgane wechselseitig als Organe der jeweils anderen Institution anzusehen seien. Im konkreten Fall bedeutet dies, dass das Prüforgan der steiermärkischen Gebietskrankenkasse, Herr Erwin S, gemäß § 41a Abs. 2 ASVG jedenfalls Organ der Vorarlberger Gebietskrankenkasse sei, sodass dieser fortlaufend Maßnahmen zum Zwecke der Feststellung, sowohl der Dienstnehmereigenschaft gemäß § 4 Abs. 2 ASVG als auch in Bezug auf die Höhe der Beitragsgrundlage getroffen habe. Es könne keine Rede davon sein, dass das Prüforgan der steiermärkischen Gebietskrankenkasse nur für den Zuständigkeitsbereich dieser Feststellung getroffen habe. Wäre dies der Fall, wäre die gemeinsame Prüfung gemäß § 41a Abs. 2 ASVG ad absurdum geführt. Im konkreten Fall seien durch Herrn Erwin S nachfolgende Ermittlungsschritte für den Einzugsbereich der belangten Behörde gesetzt worden: Anlegen einer Auftragsbuch-Nummer (40132608), Anforderung der Prüffalldaten beim Bundesrechenzentrum und die Einwilligung der Dienstnehmer-Stammdaten des Dienstgebers in die GPLA Software. Die Beweisergebnisse, welche sich aus dem von der belangten Behörde geführten Ermittlungsverfahren ergeben hätten, seien, dass die im Pflichtversicherungsverfahren gegenständlichen 32 Personen nicht als freie Dienstnehmer sondern als echte Dienstnehmer in die Pflichtversicherung einzubeziehen seien. Es sei richtig, dass das Schreiben des Geschäftsführers Magister Robert B vom 20.9.2007 offenbar das Geschäftsstück mit dem ältesten Datum im vorliegenden Akt sei. Dennoch - und das ergebe sich aus den ausgedruckten Dialogfelder in der Prüfsoftware - sei es so, dass Prüfungsbeginn der 30.8.2007 gewesen sei. Dieser sei vom Prüforgan Herrn Erwin S dokumentiert. Aus diesem Dialogfeld ergebe sich auch der Umstand, dass das Prüforgan die Dienstgeberkonten der belangten Behörde:
C/082732-0 und C/482735-5 überprüft habe. Darüber hinaus sei in der Prüfsoftware dokumentiert, dass sowohl die Lohnbuchhaltung als auch das gesamte pagatorische Rechnungswesen (Bilanzen) des Unternehmens angefordert worden seien. Aus dem 2. Dialogfeld ergebe sich der Umstand, dass der Prüffall bereits am 28.6.2007 ausgewählt worden sei. Der dokumentierte Prüfbeginn, zu welchem das Prüforgan bei der Beschwerdeführerin vorstellig worden sei, sei laut Aktenvermerk des Prüforgans am 30.8.2007 gewesen. Die Stellungnahme der Beschwerdeführerin sei am 20.9.2007 gewesen. Zwischen der Auswahl des Prüffalls am 28.6.2007 und dem Prüfungsbeginn am 30.8.2007 würden etwa 2 Monate liegen. In diesem Zeitraum sei die Prüfungsankündigung versendet worden. Diese Unterlagen seien laut Auskunft der Prüfbehörde leider in Verstoß geraten. Die belangte Behörde gehe jedoch von ihrem Standpunkt, dass bereits im Jahr 2006 Ermittlungsmaßnahmen in diese Richtung gepflegt worden seien, nicht ab.
7. Zu diesem Schreiben gab die Beschwerdeführerin zusammengefasst an, dass die Verjährungsbestimmung des § 68 ASVG lange vor Einführung der GPLA Prüfung verfasst worden sei. Aus diesem Grund impliziere sie, dass der Versicherungsträger, der eine Unterbrechungshandlung im Sinne des 68 Abs. 1 ASVG setze, auch tatsächlich zur Verfolgung des Versicherungsanspruches aktiv werde und nach außen sichtbare Handlungen setze. Dies betreffe auch andere (als den tatsächlich zuständigen) Versicherungsträger im Sinne einer GPLA. Erst eine tatsächliche Handlung der belangten Behörde stelle eine Unterbrechungshandlung dar.
Im Zuge der in den Jahren 1998 und 1999 aufflammenden Diskussion über die Werkvertragsregelung habe man Beratung bei Rechtsanwälten aber auch beim damals als zuständig erachteten Sozialversicherungsträger, der steiermärkischen Gebietskrankenkasse, eingeholt. Im Zuge der Informationen des Sozialversicherungsträgers habe der damalige Geschäftsführer erfahren, dass der Sozialversicherungsträger in etwa vergleichbare Auftragsverhältnisse (Werbemittelverteiler, Werbestandsbetreuer und andere) als freie Dienstnehmer angesehen habe. Die Wiener Gebietskrankenkasse habe derartige Qualifikationen sogar im Rahmen von Infobroschüren aufgelegt und diese den interessierten Personen zur Verfügung gestellt. Aus Gründen der Vorsicht habe die Beschwerdeführerin eine auf Arbeitsrecht spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei mit der Ausarbeitung eines schriftlichen Mustervertrages beauftragt. Das Resultat entspreche bis auf geringfügige Änderungen noch immer dem im gemeinsamen Prüfungszeitraum 2002 bis 2008 verwendeten Vertragsmuster. Es würde daher keine Sorgfaltsverletzung der Beschwerdeführerin vorliegen, zumal die Beschwerdeführerin Erkundigungen eingeholt habe, einen auf Arbeits- und Sozialversicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt beauftragt und den Sozialversicherungsträger selbst befragt habe. Nachdem der Beschwerdeführerin keinerlei Ermittlungshandlungen bekannt seien, werde davon ausgegangen, dass die Sachverhaltsfrage der fehlenden Sorgfaltsverletzung aus Sicht des Gerichtes als erwiesen gelte. Sollte diese Annahme hingegen nicht richtig sein, dann werde beantragt, dass die entsprechenden Beweismittel aufgenommen werden würden. Die Beschwerdeführerin gehe davon aus, dass die belangte Behörde den Beweis zu führen habe, dass der damalige Geschäftsführer eine Pflichtverletzung begangen habe. Die von der belangten Behörde im Schriftsatz vom 8.2.2019 erläuterten Maßnahmen des steirischen Prüfers seien als reine Innenmaßnahmen zu werten. Eine nach außen gerichtete Maßnahme insbesondere zur Ermittlung des Sachverhalts unter Wahrung des Parteiengehörs sei nicht gesetzt worden. Ganz konkret habe nachweislich für die in Vorarlberg wohnhaften Personen die erste nach Außen gerichtete Verfolgungshandlung im Jahr 2011 in Form der Beitragsvorschreibung der belangten Behörde 27.04.2011 stattgefunden.
8. Mit Schreiben vom 28.04.2019 legte die belangte Behörde auf Aufforderung durch das Gericht einen neuen Nachrechnungsbetrag beschränkt auf Beiträge mit Fälligkeit nach dem 30.08.2002 dem Gericht vor.
9. Nachdem die Beschwerdeführerin aufgefordert wurde, darzulegen wann und in welcher Art eine Befragung des Sozialversicherungsträgers stattgefunden habe, welche Fragestellung genau an den Sozialversicherungsträger herangetragen wurde und diesbezüglich Nachweise vorzulegen, gab die Beschwerdeführerin zusammengefasst folgendes an: Der aktuelle Geschäftsführer der Beschwerdeführerin sei vom vormaligen Geschäftsführer Andreas L und vom Geschäftsführer der Jahre 2002 bis 2006, Günter G darüber informiert worden, welche Handlungen gesetzt worden seien, um die richtige Qualifizierung der Auftragsverhältnisse (nach Beurteilung des BVWG in Vorarlberg Dienstverhältnisse) zu erreichen. Er habe dies auch deshalb mitbekommen, weil er vor seiner Geschäftsführertätigkeit als Berater für Fundraising-Unternehmen tätig gewesen sei. Er habe dabei Kenntnis erlangt, dass der Geschäftsführer (ergänzt: Andreas L) einen kaufmännischen Leiter angestellt habe, welcher umfangreichste Vorarbeiten zur richtigen Qualifizierung geleistet habe, der Geschäftsführer das öffentlich verfügbare Infomaterial der Sozialversicherungsträger auch selbst studiert habe, einen auf Arbeitsrecht spezialisierten Rechtsanwalt befragt habe, eine Steuerberatungskanzlei konsultiert habe und bei der steiermärkischen Gebietskrankenkasse vorstellig geworden sei. In der Anlage werde eine schriftliche Zeugenaussage von Günter G vorgelegt. Aus all diesen erläuterten Erkundigungen und Informationsgewinnen sei der vorgelegte freie Dienstvertrag resultiert. Der Umstand, wonach das Gericht 20 Jahre später den Vertrag derart interpretiere, dass nach Zusage zu so einer Kampagne Arbeitspflicht bestanden habe, sei der damaligen Geschäftsführung absolut nicht bewusst gewesen, sonst wäre der Passus umgeschrieben worden. Ziel des Vertrages sei gewesen, dass keine Arbeitspflicht bestanden habe, deshalb habe man ja den "Berechtigungsvertrag" schreiben lassen. Die damalige Geschäftsführung habe nach diesen Erkundigungen annehmen können, dass bei mehreren 1000 anstandslos durchgeführten An-und Abmeldungen als freie Dienstnehmer die Sozialversicherungsträger die damalige Einschätzung von "Fundraisern" als freien Dienstnehmer geteilt hätten. Sonst hätte es mehr als nur einen Problemfall gegeben. Den Sozialversicherungsträger seien sowohl die Branche der Beschwerdeführerin als auch die Beschäftigungszeiten bekannt gewesen. Es sei im Rahmen der Beweiswürdigung zusätzlich zu bedenken, dass die Einschätzung der Beschäftigungsverhältnisse und damit die Verträge in einer Periode vorgenommen bzw. verfasst worden seien, nachdem die Werkvertragsregelung durch den Verfassungsgerichtshof aufgehoben worden sei. Naturgemäß sei die Unterscheidung zwischen zwei Arten von Dauerschuldverhältnissen ungleich schwieriger vorzunehmen als die Unterscheidung zwischen Ziel- und Dauerschuldverhältnissen. Es sei auch nach Einführung der jetzigen Bestimmungen des § 4 Abs. 4 ASVG nicht klar gewesen, wie restriktiv die Gerichte in den nächsten 20 Jahren den Begriff "frei" interpretieren und damit judizieren würden. Dieser Umstand habe letztlich im Jahr 2017 dazu geführt, dass der Gesetzgeber das Sozialversicherungszuordnungsgesetz normiert habe. Für die Beschwerdeführerin stelle sich die Frage, wer die Beweislast für die behauptete Sorgfaltsverletzung trage. Dies sowohl als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aber auch in Ansehung des Umstandes, dass bis zum Schriftsatz des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.4.2019 keine Behörde und kein Gericht jemals nach Beweismitteln gefragt hätte und keine Ermittlungshandlungen zur Erforschung einer Sorgfaltsverpflichtung gesetzt habe. Es würden folgende Beweisanträge gestellt werden: Befragung von den Geschäftsführern Franz Ernst W, Günter G, Andreas L und Robert B. Gegenstand dieser Befragungen sollte das Verhalten der handelnden Personen hinsichtlich Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Sorgfaltsverletzung sein. Außerdem werde die Befragung von vertretungsbefugten Organe des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger und der belangten Behörde beantragt. Gegenstand dieser Befragungen sollten die Informationsgestaltung für Arbeitgeber sein, damit aus den gegebenen Informationen beurteilt werden könne, ob ein Arbeitgeber bei gehörender Sorgfalt annehmen könne, ob ein "Fundraiser" ein freier Dienstnehmer sei oder nicht.
10. Am 30.04.2019 fand eine weitere Verhandlung vor dem BVwG statt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Mit Bescheid vom 17.01.2014 hat die Vorarlberger Gebietskrankenkasse (in der Folge: belangte Behörde) festgestellt, dass 31 namentlich angeführte Personen (in der Folge Mitbeteiligte) aufgrund ihrer Tätigkeit für die XXXX (in der Folge: Beschwerdeführerin) in näher dargelegten Zeiträumen in den Jahren 2002 bis 2007 der Versicherungspflicht in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung gemäß § 4 Abs. 1 und Abs. 2 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) sowie der Arbeitslosenversicherung nach § 1 Abs. 1 lit. a des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) unterliegen. Mit Teilerkenntnis (bezüglich 30 Dienstnehmer) vom 10.12.2018 zu I404 2007176-1/29Z und mit Erkenntnis (bezüglich einer Dienstnehmerin) vom 21.01.2019 zu GZ I404 2007176-1/35E wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die Versicherungspflicht sämtlicher 31 Mitbeteiligter steht daher rechtskräftig fest.
1.2. Alle 31 Mitbeteiligte waren im verfahrensgegenständlichen Zeitraum als freie Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 4 ASVG bei der belangten Behörde gemeldet.
1.3. Für die 31 Mitbeteiligten wurden im Zeitraum August 2002 bis Dezember 2006
€ 18.198,89 zu wenig an Sozialversicherungsbeiträgen an die belangte Behörde bezahlt.
1.4. Bei der mitbeteiligten Partei fand am 30.08.2007 in den Betriebsräumlichkeiten eine GPLA-Prüfung, durchgeführt durch die steiermärkische Gebietskrankenkasse, statt. Dabei wurden auch die Dienstgeberkonten C/082732-0 und C/482735-5 der belangten Behörde von diesem Prüforgan geprüft. Im Rahmen der Prüfung wurden unter anderem auch die Dienstnehmer-Daten der Mitbeteiligten in die GPLA-Software eingepflegt und elektronisch die Prüfalldaten Sozialversicherung für den Einzugsbereich der belangten Behörde eingefordert.
Am 27.04.2011 wurde von der belangten Behörde an die Beschwerdeführerin eine Beitragsvorschreibung betreffend die Mitbeteiligten versendet. Daraufhin beantragte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 12.05.2011 einen Bescheid betreffend die Feststellung der Versicherungspflicht der Mitbeteiligten. In der Folge wurden an die Mitbeteiligten Fragebögen von der belangten Behörde versendet und mehrere Einvernahmen durchgeführt. Die belangte Behörde übermittelte an die Beschwerdeführerin die Ergebnisse ihrer Ermittlungen und brachte die Beschwerdeführerin daraufhin am 30.06.2012 eine Stellungnahme ein.
1.5. Es kann nicht mehr festgestellt werden, wann die Verständigung über die GPLA-Prüfung an die Beschwerdeführerin übermittelt wurde oder wann zu einem früheren Zeitpunkt bereits zum Zweck der Feststellung getroffene Maßnahmen des Versicherungsträgers der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht wurden.
1.6. Die Beschwerdeführerin hat trotz mehrfacher Aufforderung nicht dargelegt, wann und zu welcher konkreten Fragestellung sie eine Auskunft der steiermärkischen Gebietskrankenkasse eingeholt hat.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zur Versicherungspflichtverfahren betreffend die 31 Mitbeteiligten basieren auf dem Akt zu I404 2007176-1.
2.2. Dass alle 31 Mitbeteiligten bei der belangten Behörde als freie Dienstnehmer gemeldet waren, wurde dem vorgelegten Akt der belangten Behörde entnommen und ist unstrittig.
2.3. Die Höhe der offenen Beiträge basiert auf der Stellungnahme der belangten Behörde vom 28.04.2019. Die Neuberechnung wurde der Beschwerdeführerin übermittelt und die Beschwerdeführerin hat auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung keine Einwände dagegen dargelegt. Eine Aufstellung der Beiträge betreffend die einzelnen Dienstnehmer ist darüberhinaus dem Erkenntnis als Beilage beigegeben.
2.4. Dass bei der Beschwerdeführerin am 30.08.2007 eine GPLA-Prüfung stattfand, ergibt sich aus dem Vorbringen der belangten Behörde bestätigt durch einen Auszug aus der Prüfsoftware. Dies wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten. Die belangte Behörde hat auch dargelegt, dass die Dienstgeberkonten C/082732-0 und C/482735-5 der belangten Behörde betreffend die Mitbeteiligten vom Prüforgan der steiermärkischen Gebietskrankenkasse geprüft wurden und unter anderem auch die Dienstnehmer-Daten der mitbeteiligten Parteien in die GPLA-Software eingepflegt und elektronisch die Prüfalldaten Sozialversicherung für den Einzugsbereich der belangten Behörde eingefordert wurden.
Die Feststellungen zu den vorgeschriebenen Beiträgen und dem Ermittlungsverfahren der belangten Behörde sowie dem Bescheidantrag wurden den übereinstimmenden Angaben der belangten Behörde und der Beschwerdeführerin entnommen. So hat die Beschwerdeführerin ausdrücklich im Schreiben vom 22.02.2019 angeführt, dass sie die Beitragsvorschreibung vom 27.04.2011 erhalten hat und auch die nachfolgenden Ermittlungen der belangten Behörde und die Übermittlung der Ergebnisse an die Beschwerdeführerin wurden im Rahmen der mündlichen Verhandlung von der belangten Behörde dargelegt und von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.
2.5. Es mag zwar durchaus nachvollziehbar sein, dass jedenfalls schon vor dem tatsächlichen Prüfungsbeginn am 30.08.2007 Maßnahmen des Versicherungsträgers (wie etwa die Verständigung über die Prüfung) nach Außen gesetzt wurden und diese auch der Beschwerdeführerin tatsächlich zugegangen sind, mangels Darlegung eines konkreten Zeitpunktes konnte eine solche Maßnahme jedoch nicht den Sachverhaltsfeststellungen zugrunde gelegt werden. Da die belangte Behörde daher nicht nachweisen konnte, wann die Verständigung über die Prüfung oder eine andere Maßnahme der Beschwerdeführerin übermittelt und zugegangen ist, musste die Negativfeststellung getroffen werden.
2.6. Trotz Aufforderung des Gerichts mit Schreiben vom 15.04.2019 und auch auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung am 30.04.2019 und zwar sowohl beim derzeitigen Geschäftsführer als auch beim Mehrheitseigentümer und ehemaligen Geschäftsführer Andreas L wurde nicht dargelegt, wann eine Kontaktaufnahme mit der Gebietskrankenkasse stattgefunden hat, auf welche Art und Weise die Kontaktaufnahme stattfand und welche Fragestellungen konkret behandelt wurden. Auch in der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Stellungnahme des ehemaligen Geschäftsführers Günther G vom 24.04.2019 wird abermals lediglich vorgebracht, dass in Absprache mit der GKK eine Lösung erarbeitet worden sei, ohne Näheres darzulegen.
2.7. Nicht nachgekommen wurde den Beweisanträgen auf Einvernahme von den namentlich angeführten (ehemaligen) Geschäftsführern der Beschwerdeführerin zu dem Beweisthema "Verhalten der handelnden Personen hinsichtlich Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Sorgfaltsverletzung". Auch die Anträge auf Befragung von (namentlich nicht genannten) vertretungsbefugten Organen des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger und der belangten Behörde zum "Gegenstand der Informationsgestaltung für versichernde Arbeitgeber, damit aus den gegebenen Informationen beurteilt werden könne, ob ein Arbeitgeber bei gehörender Sorgfalt annehmen konnte, ob ein Fundraiser ein freier Dienstnehmer sei oder nicht", wurden zurückgewiesen.
Bei diesen Anträgen handelt es sich um unzulässige Erkundungsbeweise. Erkundungsbeweise sind Beweise, die nicht konkrete Behauptungen (VwGH 16. 10. 2002, 2002/03/0026), sondern lediglich unbestimmte Vermutungen zum Gegenstand haben (VwGH 16. 2. 1988, 87/04/0225; 30. 1. 1996, 95/04/0124). Sie dienen also nicht dazu, ein konkretes Vorbringen der Partei zu untermauern, sondern sollen es ihr erst ermöglichen, dieses zu erstatten. Nach stRsp des VwGH sind Erkundungsbeweise im Verwaltungsverfahren unzulässig (VwGH 2. 9. 1992, 92/02/0194; 22. 2. 1994, 93/04/0064; 13. 11. 2002, 99/03/0418).
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht
Gemäß § 410 Abs. 1 ASVG hat der Versicherungsträger in Verwaltungssachen, zu deren Behandlung er nach § 409 berufen ist, einen Bescheid zu erlassen, wenn er die sich aus diesem Bundesgesetz in solchen Angelegenheiten ergebenden Rechte und Pflichten von Versicherten und von deren Dienstgebern oder die gesetzliche Haftung Dritter für Sozialversicherungsbeiträge feststellt und nicht das Bescheidrecht der Versicherungsträger in diesem Bundesgesetz ausgeschlossen ist. Hienach hat der Versicherungsträger in Verwaltungssachen insbesondere Bescheide zu erlassen:
1. wenn er die Anmeldung zur Versicherung wegen Nichtbestandes der Versicherungspflicht oder der Versicherungsberechtigung oder die Abmeldung wegen Weiterbestandes der Versicherungspflicht ablehnt oder den Versicherungspflichtigen (Versicherungsberechtigten) mit einem anderen Tag in die Versicherung aufnimmt oder aus ihr ausscheidet, als in der Meldung angegeben ist,
2. wenn er einen nicht oder nicht ordnungsgemäß Angemeldeten in die Versicherung aufnimmt oder einen nicht oder nicht ordnungsgemäß Abgemeldeten aus der Versicherung ausscheidet,
...
Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. Der Senat besteht aus einem/einer vorsitzenden RichterIn und zwei fachkundigen Laienrichter/inne/n, von denen der/die eine dem Kreis der DienstnehmerInnen und der/die andere dem Kreis der Dienstgeber anzugehören hat. Der Antrag ist gleichzeitig mit der Beschwerde oder dem Vorlageantrag oder binnen vier Wochen ab Zustellung der Beschwerde einzubringen.
In der Beschwerde wurde ein Antrag auf Entscheidung durch einen Senat gestellt, sofern dem Begehren nicht vollinhaltlich Folge geleistet wird.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss die Zulässigkeit einer Bedingung bei einer Prozesshandlung im Gesetz ausdrücklich vorgesehen sind, ist dies nicht der Fall, so ist eine unter einer Bedingung vorgenommene Prozesshandlung unwirksam.
Der an eine Bedingung geknüpfte Antrag auf Entscheidung durch einen Senat war daher unwirksam, weshalb die Entscheidung durch eine Einzelrichterin zu fällen war (vgl. dazu auch jüngst VwGH vom 08.03.2019, Ra 2019/08/0028-4).
3.2. Zu Spruchpunkt A)
3.2.1. Die gegenständlich maßgebliche Bestimmung des ASVG in der hier anzuwendenden Fassung lautet wie folgt:
Verjährung der Beiträge
§ 68. (1) Das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen verjährt bei Beitragsschuldnern und Beitragsmithaftenden binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Hat der Dienstgeber Angaben über Versicherte bzw. über deren Entgelt nicht innerhalb der in Betracht kommenden Meldefristen gemacht, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit dem Tage der Meldung zu laufen. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Dienstgeber oder eine sonstige meldepflichtige Person (§ 36) keine oder unrichtige Angaben bzw. Änderungsmeldungen über die bei ihm beschäftigten Personen bzw. über deren jeweiliges Entgelt (auch Sonderzahlungen im Sinne des § 49 Abs. 2) gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als notwendig oder unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Die Verjährung ist gehemmt, solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes über das Bestehen der Pflichtversicherung oder die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist.
Allgemeine Beitragsgrundlage, Entgelt
§ 44. (1) Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) ist für Pflichtversicherte, sofern im folgenden nichts anderes bestimmt wird, der im Beitragszeitraum gebührende auf Cent gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinne gilt:
1. bei den pflichtversicherten Dienstnehmern und Lehrlingen das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6;
Höchstbeitragsgrundlage
§ 45. (1) Die allgemeine Beitragsgrundlage, die im Durchschnitt des Beitragszeitraumes oder des Teiles des Beitragszeitraumes, in dem Beitragspflicht bestanden hat, auf den Kalendertag entfällt, darf die Höchstbeitragsgrundlage nicht überschreiten. Als Höchstbeitragsgrundlage gilt der gemäß § 108 Abs. 1 und 3 festgestellte Betrag. Umfaßt der Beitragszeitraum einen Kalendermonat und hat für den ganzen Kalendermonat Beitragspflicht bestanden, so ist bei der Anwendung der Höchstbeitragsgrundlage der Beitragszeitraum jedenfalls mit 30 Tagen anzusetzen.
(2) Übt der Pflichtversicherte gleichzeitig mehrere die Versicherungspflicht begründende Beschäftigungen aus, so ist bei der Bemessung der Beiträge in jedem einzelnen Beschäftigungsverhältnis die Höchstbeitragsgrundlage zu berücksichtigen. Dies gilt entsprechend auch, wenn der Pflichtversicherte außer der die Versicherungspflicht nach diesem Bundesgesetz begründenden Beschäftigung eine die Versicherungspflicht nach den Bestimmungen über die Krankenversicherung öffentlich Bediensteter begründende Beschäftigung ausübt.
(3) Abweichend von Abs. 1 darf für die nach § 4 Abs. 4 Pflichtversicherten die allgemeine Beitragsgrundlage, die im Beitragszeitraum auf den Kalendermonat entfällt, die monatliche Höchstbeitragsgrundlage nicht überschreiten. Als monatliche Höchstbeitragsgrundlage gilt
1. wenn keine Sonderzahlungen im Sinne des § 49 Abs. 2 bezogen werden, das 35fache,
2. sonst das 30fache
der Höchstbeitragsgrundlage nach Abs. 1.
Allgemeine Beiträge für Vollversicherte
§ 51. (1) Für vollversicherte Dienstnehmer (Lehrlinge) sowie für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3, 8 und 10 und Abs. 4 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen ist, sofern im folgenden nicht anderes bestimmt wird, als allgemeiner Beitrag zu leisten:
1. in der Krankenversicherung
a) für Dienstnehmer, deren Beschäftigungsverhältnis durch das Angestelltengesetz, BGBl. Nr. 292/1921, Gutsangestelltengesetz, BGBl. Nr. 538/1923, Journalistengesetz, StGBl. Nr. 88/1920, oder Schauspielergesetz, BGBl. Nr. 441/1922, geregelt ist oder die gemäß § 14 Abs. 1 Z 2, Z 2a oder Abs. 4 zur Pensionsversicherung der Angestellten gehören sowie für Versicherte gemäß § 4 Abs. 1 Z 5, 9, 10, 12 und 13 6,3 vH
b) für Dienstnehmer, die unter den Geltungsbereich des Entgeltfortzahlungsgesetzes fallen, für Dienstnehmer, die gemäß § 1 Abs. 3 des Entgeltfortzahlungsgesetzes davon ausgenommen sind und zur Pensionsversicherung der Arbeiter gehören, für alle Versicherten, auf die Art. II, III oder IV des Entgeltfortzahlungsgesetzes anzuwenden ist, sowie für Heimarbeiter 7,1%
c) für Dienstnehmer, deren Beschäftigungsverhältnis dem Landarbeitsgesetz 1984, BGBl. Nr. 287, unterliegt 7,4 vH
d) für Dienstnehmer, auf die im Falle der Entgeltfortzahlung § 1154b
ABGB
anzuwenden ist 8,3 %
e) für Vollversicherte gemäß § 4 Abs. 4 6 vH
f) für die übrigen Vollversicherten 8,6 vH
der allgemeinen Beitragsgrundlage;
2. in der Unfallversicherung 1,4 vH
der allgemeinen Beitragsgrundlage;
3.
a) in der Pensionsversicherung der Arbeiter und Angestellten 18,5 vH
b) in der knappschaftlichen Pensionsversicherung 24,0 vH
der allgemeinen Beitragsgrundlage;
Zusatzbeitrag in der Pensionsversicherung
§ 51a. (1) Für in der Pensionsversicherung pflichtversicherte Personen ist für den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger ein Zusatzbeitrag in der Pensionsversicherung im Ausmaß von 4,3 vH der allgemeinen Beitragsgrundlage zu leisten. Von diesem Zusatzbeitrag entfallen
1. auf den Versicherten ....... 1,0 vH
2. auf dessen Dienstgeber .... 3,3 vH
der allgemeinen Beitragsgrundlage.
Zusatzbeitrag in der Krankenversicherung
§ 51b. (1) Für in der Krankenversicherung versicherte Personen ist
ein Zusatzbeitrag in der Krankenversicherung im Ausmaß von 0,5 vH
der (allgemeinen) Beitragsgrundlage zu leisten. Von diesem
Zusatzbeitrag entfallen
1. auf den Pflichtversicherten ........... 0,25 vH
2. auf dessen Dienstgeber ................ 0,25 vH
der allgemeinen Beitragsgrundlage.
Ergänzungsbeitrag zur Finanzierung der Krankenversicherung der Lehrlinge
§ 51c. Für Personen gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 lit. a ist ein Ergänzungsbeitrag im Ausmaß von 0,1 vH der allgemeinen Beitragsgrundlage zur Finanzierung der Krankenversicherung der Lehrlinge zu leisten. Dieser Beitrag entfällt zur Gänze auf den Dienstgeber.
Fälligkeit und Einzahlung der Beiträge; Beitragsvorauszahlung
§ 58. (1) Die allgemeinen Beiträge sind am letzten Tag des Kalendermonates fällig, in den das Ende des Beitragszeitraumes fällt, sofern die Beiträge nicht gemäß Abs. 4 vom Träger der Krankenversicherung dem Beitragsschuldner vorgeschrieben werden. Die gemäß Abs. 4 vorgeschriebenen Beiträge sind mit Ablauf des zweiten Werktages nach der Aufgabe der Beitragsvorschreibung zur Post bzw. mit dem Zeitpunkt der Zustellung durch Organe des Trägers der Krankenversicherung fällig. Die Satzung kann, sofern sie einen anderen als den im § 44 Abs. 2 erster Satz bezeichneten Beitragszeitraum bestimmt und für den Fall, daß durch Vereinbarung mit dem Dienstgeber ein abweichender Beitragszeitraum festgelegt wird, vorsehen, daß die Beiträge am letzten Tag des Beitragszeitraumes fällig werden. Die Fälligkeit der Sonderbeiträge wird durch die Satzung des Versicherungsträgers geregelt.
Verzugszinsen
§ 59. (1) Werden Beiträge nicht innerhalb von 15 Tagen
1. nach der Fälligkeit,
2. in den Fällen des § 4 Abs. 4 nach dem Ende des Monats, in dem der Dienstgeber Entgelt leistet,
eingezahlt, so sind von diesen rückständigen Beiträgen, wenn nicht gemäß § 113 Abs. 1 ein Beitragszuschlag vorgeschrieben wird, Verzugszinsen in einem Hundertsatz der rückständigen Beiträge zu entrichten. Erfolgt die Einzahlung zwar verspätet, aber noch innerhalb von drei Tagen nach Ablauf der 15-Tage-Frist, so bleibt diese Verspätung ohne Rechtsfolgen. Der Hundertsatz berechnet sich jeweils für ein Kalenderjahr aus dem Basiszinssatz (Art. I § 1 Abs. 1 des 1. Euro-Justiz-Begleitgesetzes, BGBl. I Nr. 125/1998) zuzüglich acht Prozentpunkten; dabei ist der Basiszinssatz, der am 31. Oktober eines Kalenderjahres gilt, für das nächste Kalenderjahr maßgebend. Für rückständige Beiträge aus Beitragszeiträumen, die vor dem Zeitpunkt einer Änderung dieses Hundertsatzes liegen, sind die Verzugszinsen, soweit sie zu diesem Zeitpunkt nicht bereits vorgeschrieben sind, mit dem jeweils geänderten Hundertsatz zu berechnen. § 108 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, gilt entsprechend. Für die Berechnung der Verzugszinsen können die rückständigen Beiträge auf den vollen Eurobetrag abgerundet werden.
3.2.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass die für den Beitragszeitraum Juli 2002 bis Dezember 2006 vorgeschriebenen Beiträge verjährt seien.
Gemäß § 68 Abs. 1 ASVG wird die Verjährung des Feststellungsrechtes durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Unter einer zu unterbrechenden Verjährung des Feststellrechts geeigneten Maßnahme ist jede nach außen hin in Erscheinung tretende und den Beitragsschuldner zur Kenntnis gebrachte Tätigkeit des Versicherungsträgers zu verstehen, die der rechtswirksamen Feststellung der Beitragsschuld dient. Eine solche Maßnahme stellt nicht erst die Erlassung des Bescheides des Versicherungsträgers, mit dem eine Zahlungsverpflichtung festgestellt wird, an den Beitragsschuldner, sondern schon eine durch ausgewiesene Bedienstete des Versicherungsträgers gemäß § 42 ASVG beim Beitragsschuldner vorgenommene Beitragsprüfung dar, da gerade sie in erster Linie der Feststellung dienen soll, ob die Sozialversicherungsbeiträge ordnungsgemäß entrichtet worden sind (vgl. VwGH vom 11. Dezember 2013, 2012/08/0287). Eine solche Beitragsprüfung zählt somit zu den verjährungsunterbrechenden Maßnahmen (vgl. VwGH vom 15.10.2014, 2012/08/0220). Eine einmal eingetretene Unterbrechung der Verjährung wird nicht beendet, solange ein Streit über die Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen besteht.
3.2.3. Wie im Sachverhalt dargelegt wurde, fand am 30.08.2007 bei der Beschwerdeführerin eine von der steiermärkischen Gebietskrankenkasse durchgeführte GPLA Prüfung am Sitz der Beschwerdeführerin in der Steiermark statt. In der Folge wurden dann von der belangten Behörde am 27.04.2011 nachweislich Beiträge vorgeschrieben. Da die Versicherungspflicht der Mitbeteiligten gemäß § 4 Abs. 2 ASVG von der Beschwerdeführerin bestritten wurde, führte die belangte Behörde weitere Ermittlungen durch und stellte mit Bescheid vom 17.01.2014 die Versicherungspflicht der Mitbeteiligten fest. Am 22.01.2014 wurde der hier verfahrensgegenständliche Bescheid betreffend die Beitragsnachverrechnung von der belangten Behörde erlassen.
Die am 30.08.20107 durchgeführte GPLA-Prüfung ist jedenfalls als verjährungsunterbrechende Maßnahme im Sinne des § 68 Abs. 1 ASVG zu sehen.
3.2.4. Die Beschwerdeführerin bringt dazu zunächst vor, dass die Prüfung von der steiermärkischen Gebietskrankenkasse durchgeführt wurde und diese keinerlei Handlung hinsichtlich der in Vorarlberg wohnhaften Mitbeteiligten gesetzt habe. Wie aus dem Sachverhalt jedoch hervorgeht, waren auch die Dienstgeberkonten betreffend die in Vorarlberg wohnhaften Mitbeteiligten von der Prüfung umfasst und es wurden auch die Daten der Mitbeteiligten in die GPLA-Software eingepflegt.
Nach Ansicht der erkennenden Richterin führte daher die am 30.08.2007 durchgeführte GPLA-Prüfung zu einer Unterbrechung der Verjährung betreffend die Beiträge der Mitbeteiligten.
Wenn die belangte Behörde geltend macht, dass bereits aus der Fehlermeldung bei der Anmeldung von Frau Nina L vom 20.06.2006 bei der Wiener Gebietskrankenkasse hervorgehe, dass eine Beitragsprüfung bei der Beschwerdeführerin behänge, so ist in dieser Fehlermeldung bei der Anmeldung nach Ansicht der erkennenden Richterin keine Maßnahme des Versicherungsträgers zur Feststellung der Beitragsschuld zu sehen.
3.2.5. Für die weitere Beurteilung der Frage, ob und inwieweit im vorliegenden Fall Feststellungsverjährung gemäß § 68 Abs. 1 ASVG eingetreten ist, kommt es auf die jeweils anzuwendende Verjährungsfrist an. Deren Dauer hängt vom Verschulden des Meldepflichtigen an der Meldepflichtverletzung ab.
Die rechtswidrige Nichtmeldung indiziert dieses Verschulden. Es liegt am Meldepflichtigen darzutun, aus welchem besonderen Grund ihn ausnahmsweise kein Verschulden an der Meldepflichtverletzung trifft (vgl. VwGH vom 07.09.2017, Ra 2014/08/0060).
Bei der Beurteilung der Frage, ob die mitbeteiligte Partei als Dienstgeber gemäß § 68 Abs. 1 dritter Satz ASVG die Unrichtigkeit ihrer Angaben bei gehöriger Sorgfalt hätte erkennen müssen, ist davon auszugehen, dass sich ein Meldepflichtiger alle zur Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung notwendigen Kenntnisse verschaffen muss und den Mangel im Falle einer darauf zurückzuführenden Meldepflichtverletzung als Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt zu vertreten hat. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass ein Meldepflichtiger, der nicht über die genannten Kenntnisse verfügt, nicht schon deshalb im Sinne des § 68 Abs. 1 dritter Satz ASVG exkulpiert ist, weil er sich mit der strittigen Frage ohnedies, wenn auch nur auf Grund seiner eingeschränkten Kenntnisse, auseinandergesetzt hat und dementsprechend vorgegangen ist. Ihn trifft vielmehr eine Erkundigungspflicht, sofern er seine - objektiv unrichtige - Rechtsauffassung z.B. über seine Eigenschaft als Dienstgeber zum Zeitpunkt der Unterlassung der Meldung nicht etwa auf höchstgerichtliche (und erst später geänderte) Rechtsprechung oder - bei Fehlen einer solchen - auf eine ständige Verwaltungsübung zu stützen vermag. Insbesondere geht diese Erkundigungspflicht dahin, sich über die Vertretbarkeit seiner Rechtauffassung bei der Behörde und/oder einer zur berufungsmäßigen Parteienvertretung befugten Person oder Stelle Gewissheit zu verschaffen und sich bei dabei zu Tage tretenden widersprüchlichen Rechtsauffassungen mit Gewissenhaftigkeit mit dem Für und Wider eingehend auseinanderzusetzen (vgl. VwGH vom 17.12.1991, Zl. 90/08/0005).
Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass sie einen auf Arbeitsrecht spezialisierten Rechtsanwalt mit der Ausarbeitung des Mustervertrages beauftragt habe. Dass ein Rechtsanwalt den Mustervertrag erstellt hat, kann die Beschwerdeführerin nicht von ihrer Meldepflicht befreien. Für die Beantwortung der Frage, ob ein auf einem Vertrag beruhendes Beschäftigungsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit besteht, sind nämlich die " wahren Verhältnisse" maßgeblich, d.h. ob bei der tatsächlichen und nicht bloß vereinbarten Art der Beschäftigung die Kriterien persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit überwiegen. So wurde im Erkenntnis vom 10.12.2018 und vom 21.01.2019 zu I404 2007176-1/29Z und 2007176-1/35E betreffend die Versicherungspflicht der Mitbeteiligten insbesondere ausgeführt, dass die "Dialoger" mehr oder weniger feste Arbeitszeiten hatten, es klare Vorgaben gab, wie die Gespräche mit potentiellen Spendern zu führen sind, und sie hinsichtlich der Art der Gesprächsführung und der Anzahl der Abschlüsse kontrolliert wurden. Diese Kriterien waren nicht bereits im schriftlichen Vertrag festgelegt, sondern wurden zwischen der Beschwerdeführerin und den Dialogern mündlich bzw. konkludent vereinbart. Auch die Arbeitsverpflichtung hat sich - wie ebenfalls im Sachverhalt festgestellt wurde - nicht bereits durch den Abschluss dieses "Mustervertrages" ergeben.
Dass daher der Mustervertrag von einem fachkundigen Rechtsanwalt konzipiert wurde, kann daher an der Meldepflichtverletzung der Beschwerdeführerin nichts ändern.
Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, dass die Sozialversicherungsträger die An- und Abmeldung von mehreren 1000enden Dialogern als freie Dienstnehmer anstandslos durchgeführt habe.
Die bloße "Nichtbeanstandung" durch die zuständigen Behörden stellt grundsätzlich noch keine den Meldepflichtigen exkulpierende Verwaltungsübung dar (vgl. VwGH 93/08/0176, und VwGH 2011/08/0002).
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens, dass auch eine Erkundigung bei der steiermärkischen Gebietskrankenkasse erfolgte, ist selbst nach Aufforderung des Gerichts dieses Vorbringen zu konkretisieren und Nachweise vorzulegen, keine diesbezügliche Klarstellung erfolgt. Weder wurde von der Beschwerdeführerin dargelegt, mit welchen konkreten Fragestellungen sie sich an eine Gebietskrankenkasse gewandet habe, wann dies erfolgt sei und in welcher Art sie den Kontakt aufgenommen habe. Dies wäre jedoch die Aufgabe des Meldepflichtigen gewesen, zumindest sein Vorbringen dahingehend zu konkretisieren, da es nur anhand dieser Informationen möglich gewesen wäre, zu beurteilen, ob die Beschwerdeführerin ausnahmsweise kein Verschulden an der Meldeverletzung trifft.
Für die erkennende Richterin ist es daher der Beschwerdeführerin nicht gelungen, dem Gericht darzutun, dass sie an der Meldepflichtverletzung keine Schuld hatte.
Auch aus dem Vorbringen, dass der Sozialversicherungsträger Infomaterial aufgelegt habe, ist ohne genaue Darlegung, weshalb sich daraus für die Beschwerdeführerin die Richtigkeit der Anmeldung der Mitbeteiligten als freie Dienstnehmer ergeben habe, nichts gewonnen.
Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Gesamtabwägung der maßgeblich für bzw. gegen das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sprechenden Umstände und Merkmale ist (vgl. etwa VwGH vom 20.02.2018, Ro 2018/08/0003).
3.2.6. Für das gegenständliche Verfahren bedeutet dies, dass mit der Beitragsprüfung am 30.08.2007 eine verjährungsunterbrechende Maßnahme gesetzt wurde und bei Anwendung der fünfjährigen Verjährungsfrist, Beiträge mit Fälligkeit nach dem 30.08.2002 nicht verjährt waren. Durch die der Beschwerdeführerin zugegangene Beitragsvorschreibung der belangten Behörde vom 27.04.2011 kam es zu einer weiteren Verjährungsunterbrechung, weshalb die im bekämpfte Bescheid vom 20.01.2014 vorgeschriebenen Beiträge für den Zeitraum August 2002 bis Dezember 2006 nicht verjährt waren. Während des anhängigen Verwaltungsverfahrens konnte jedenfalls keine Verjährung eintreten, zumal die Verjährung gemäß § 68 Abs. 1 letzter Satz gehemmt war.
3.2.7. Jene Beiträge, die bereits im Juli 2002 fällig waren, waren daher auszuscheiden, zumal es der belangten Behörde nicht gelang, nachzuweisen, dass bereits vor der Prüfung am 30.08.2007 seitens des Versicherungsträgers eine Maßnahme gesetzt wurde, die nach außen hin in Erscheinung trat und der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebrachte wurde.
3.2.8. Hinsichtlich der Berechnung der Beiträge ist diese aus der Anlage zum Bescheid für jeden einzelnen Dienstnehmer aufgelistet, ein Fehler in der Berechnung wurde weder vorgebracht noch ist ein solcher dem Gericht ersichtlich.
3.2.9 Die Vorschreibung der Verzugszinsen basiert auf § 59 ASVG. Aufgrund der Herabsetzung des Nachrechnungsbetrages waren auch die Verzugszinsen entsprechend zu vermindern.
Insgesamt war der Beschwerde daher teilweise stattzugeben und spruchgemäß zu entscheiden.
3.3. Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die gegenständliche Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt (vgl. die zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes). Weder weicht diese Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Beitragsnachverrechnung, Herabsetzung, Meldeverstoß,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I404.2007176.2.00Zuletzt aktualisiert am
23.07.2019