TE Bvwg Beschluss 2019/5/24 W202 2165907-2

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Veröffentlicht am 24.05.2019
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Entscheidungsdatum

24.05.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W202 2165907-2/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard SCHLAFFER in dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost, vom 16.05.2019, Zl. IFA:

1125112707 VZ INT: 161074061, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, beschlossen:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 iVm. § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 02.08.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Zu seinem Fluchtgrund führte der Beschwerdeführer an, dass seine Familie im Februar 2016 von acht bewaffneten Männern überfallen worden sei. Dabei habe der Beschwerdeführer einen der Männer mit einem Messer verletzt und sei dieser in weiterer Folge an der Verletzung gestorben. Dabei habe es sich um eine besonders gefährliche Bande gehandelt, die auch nach dem Vorfall zur Familie des Beschwerdeführers gegangen sei, diese geschlagen und nach ihm gesucht habe. Sie hätten gedroht, den Beschwerdeführer umzubringen. Das habe er auch bei der Polizei melden wollen, jedoch habe diese nichts unternommen, weil sie die Bande unterstütze. Da der Beschwerdeführer ständig von dieser Bande verfolgt worden sei, habe er Angst bekommen und sich zur Flucht entschlossen. Im Falle einer Rückkehr habe er Angst um sein Leben.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.07.2017, Zl. 1125112707-161074061, wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 02.08.2016 gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Indien gem. § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei. (Spruchpunkt III). Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Eine dagegen eingebrachte Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 14.02.2018, Zl. W169 2165907-1/2E, gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF, und §§ 52, 55 FPG idgF abgewiesen, das dem Vertreter des BF am 20.02.2019, dem BF durch Hinterlegung beim Postamt am 21.02.2019, wobei der BF das Schriftstück am 01.03.2019 behob, zugestellt wurde.

Begründet wurde dies u.a. damit, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen nicht glaubwürdig gewesen sei, zumal die diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers widersprüchlich und nicht nachvollziehbar gewesen seien. Zudem bestünde für den Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative. Dem Beschwerdeführer sei daher weder der Status eines Asylberechtigen noch der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen gewesen. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AslyG seien nicht vorgelegen. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung stelle keine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm mit Art. 8 EMRK dar. Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat sei gegeben. Die Frist zur freiwilligen Ausreise sei zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

Mit Mandatsbescheid des BFA vom 09.05.2019, Zl. 1125112707-190471528/BMI-BFA WIEN AST, wurde über den BF gem. § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeenden Maßnahme sowie zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

Am 10.05.2019 stellte der BF im Stande der Schubhaft neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz und gab im Wesentlichen an, dass er keine neuen Fluchtgründe habe. Er bitte die Behörden, ihn zurück nach Italien gehen zu lassen.

Am 13.05.2019 wurde dem BF gem. § 29 Abs. 3 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen (§§ 4, 5 und 68 Abs. 1 AVG), da entschiedene Sache i. S.d. § 68 AVG vorliegen würde.

In der mit dem BF vor dem BFA am 16.05.2019 aufgenommenen Niederschrift, gab dieser an, eine Rechtsberatung in Anspruch genommen zu haben. Er habe in Indien keine Befürchtungen zu erfahren. Er wolle nach Italien zurück. Die Fluchtgründe aus dem Erstverfahren hätten sich erledigt, er habe keine neuen Fluchtgründe. Während seines Aufenthaltes in Indien habe es keinerlei Probleme gegeben, er habe in Indien Urlaub gemacht und seine Familie besuchen wollen. Er wohne und arbeite in Italien. Er habe in Österreich seine Freunde besuchen wollen. Er habe keinerlei Verwandte oder Angehörige im Bundesgebiet, er habe keinerlei Deutschkurse besucht und er spreche nicht Deutsch, er geht im Bundesgebiet keinerlei Erwerbstätigkeit nach. Er wolle nicht nach Indien zurück, er wolle nach Italien, weil er um eine Verlängerung seiner Aufenthaltsberechtigung angesucht habe.

Mit mündlich verkündeten Bescheid vom 16.05.2019 wurde der dem BF nach § 12 AsylG 2005 zukommende faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG iVm § 22 Abs. 10 AsylG aufgehoben.

Begründend führte das BFA aus, dass in seinem Falle ein Folgeantrag vorliege. Das Vorverfahren sei am 20.02.2018 in zweiter Instanz rechtskräftig abgeschlossen worden, die gegen ihn ausgesprochene Rückkehrentscheidung sei aufrecht. Er verfüge über kein sonstiges Aufenthaltsrecht. Sein nunmehriger Antrag auf internationalen Schutz sei voraussichtlich zurückzuweisen, da der Beschwerdeführer keinen neuen Sachverhalt vorgebracht habe. Auch habe sich die allgemeine Lage in seinem Herkunftsland nicht entscheidungswesentlich geändert. Bereits in seinem Vorverfahren sei festgestellt worden, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr oder Abschiebung in sein Herkunftsland keine Verletzung seiner Integrität drohe. Da sich die allgemeine Lage, wie auch seine persönlichen Verhältnisse und sein körperlicher Zustand seit der letzten Entscheidung nicht entscheidungswesentlich geändert hätten, könne davon ausgegangen werden, dass eine Abschiebung in seinen Herkunftsstaat Indien für ihn zu keiner Bedrohung der angeführten Menschenrechte führen werde. Aufgrund der Feststellungen zur Lage in seinem Herkunftsland in Verbindung mit seinem Vorbringen könne somit davon ausgegangen werden, dass ihm keine Verletzung wie in § 12a Abs. 2 Z 3 beschrieben drohe.

Die belangte Behörde hat den Verwaltungsakt von Amts wegen am 22.05.2018 dem Bundesverwaltungsgericht zur Überprüfung des Bescheides vorgelegt.

Mit Schriftsatz des Vertreters des BF wurde ausgeführt, dass der BF in Italien einen regulären Aufenthaltsstatus habe, er habe dort rechtzeitig den Antrag auf Verlängerung gestellt. Sein erklärter Wunsch sei es, nach Italien zurückzukehren, um sich um die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung zu kümmern. Italien sei zuständig, die inhaltliche Bearbeitung durch das BFA sei verfehlt.

Laut Erhebungen vom 23.05.2019 ist der Aufenthaltstitel des BF für Arbeit am 30.03.2019 abgelaufen, ein Verlängerungsantrag wurde am 08.03.2019 gestellt, Status des Vorganges: zu erwerben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Sachverhalt:

Der BF ist Staatsangehöriger von Indien, er hat einen indischen Reisepass, gültig von 28.04.2014 bis 27.04.2024, dem sich entnehmen lässt, dass er über ein italienisches Visum, gültig von 13.07.2016 bis 12.04.2017, verfügte, er im Juli 2016 in Italien einreiste, er am 17.01.2018 aus Italien ausreiste und am 21.02.2018 aus Indien ausreiste und am selben Tag in Italien einreiste, eine italienische ID-Card vom 09.11.2017 sowie einen am 27.02.2018 ausgestellten und am 30.03.2019 abgelaufenen italienischen Aufenthaltstitel. Er stellte diesbezüglich am 08.03.2019 einen Verlängerungsantrag, der Status des Vorganges lautet,"zu erwerben".

Das vom BF am 02.08.2016 initiierte Verfahren auf internationalen Schutz wurde letztlich mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.02.2018, Zl. W169 2165907-1/2E vollumfänglich abgewiesen.

Am 10.05.2019 stellte der BF einen neuerlichen (gegenständlichen) Antrag auf internationalen Schutz.

Die ursprünglich vorgebrachten Fluchtgründe haben sich erledigt. Neue Fluchtgründe bestehen nicht.

Der Beschwerdeführer verfügt im Bundesgebiet über keinerlei Familienangehörige, er spricht nicht Deutsch und geht im Bundesgebiet keiner Arbeit nach, es bestehen keinerlei Anhaltspunkte für eine maßgebliche Integration des Beschwerdeführers im Bundesgebiet.

Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des BF nach Indien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt.

Es liegen keine Umstände vor, welche einer Außerlandesbringung des BF aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.

Eine entscheidungswesentliche Änderung der Situation in Indien ist nicht eingetreten.

Zu Indien:

Grundversorgung und Wirtschaft

In Indien lebt etwa ein Viertel der Bevölkerung unter dem veranschlagten Existenzminimum der Vereinten Nationen. Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine das Überleben sichernde Nahrungsversorgung auch der untersten Schichten der Bevölkerung zum Großteil gewährleistet. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe gibt es nicht, die Rückkehrer sind auf die Unterstützung der eigenen Familie oder von Bekannten angewiesen (ÖB 12.2018).

Das Wirtschaftswachstum lag im Haushaltsjahr 2016/2017 bei 7,1 Prozent und in 2017/18 bei 6,75 Prozent mit wieder steigender Tendenz. Indien zählt damit nach wie vor zu den am stärksten expandierenden Volkswirtschaften der Welt (AA 11.2018a).

2016 lag die Erwerbsquote laut Schätzungen der ILO bei 55,6 Prozent. Der Hauptteil der Menschen arbeitet im Privatsektor. Es gibt immer noch starke Unterschiede bei der geschlechtlichen Verteilung des Arbeitsmarktes. Indien besitzt mit 478,3 Millionen Menschen die zweitgrößte Arbeitnehmerschaft der Welt (2012). Jährlich kommen 12,8 Millionen Arbeitskräfte hinzu. Im Jahr 2015 lag die Arbeitslosenquote bei 3,4 Prozent (nach ILO 2016) (BAMF 3.9.2018).

Schätzungen zufolge stehen nur circa 10 Prozent aller Beschäftigten in einem vertraglich geregelten Arbeitsverhältnis. Die übrigen 90 Prozent werden dem sogenannten "informellen Sektor" zugerechnet - sie sind weder gegen Krankheit oder Arbeitsunfälle abgesichert, noch haben sie Anspruch auf soziale Leistungen oder Altersversorgung (AA 11.2018a). Die überwiegende Mehrheit der indischen Bevölkerung lebt in ländlich-bäuerlichen Strukturen und bleibt wirtschaftlich benachteiligt. Der Anteil der Landwirtschaft an der indischen Wirtschaftsleistung sinkt seit Jahren kontinuierlich und beträgt nur noch etwa 16,4 Prozent (2017/18) der Gesamtwirtschaft, obgleich fast 50 Prozent der indischen Arbeitskräfte in diesem Bereich tätig sind (AA 11.2018a).

Die Regierung hat überall im Land rund 1.000 Arbeitsagenturen (Employment Exchanges) eingeführt um die Einstellung geeigneter Kandidaten zu erleichtern. Arbeitssuchende registrieren sich selbständig bei den Arbeitsagenturen und werden informiert sobald eine geeignete Stelle frei ist (BAMF 3.9.2018; vgl. PIB 23.7.2018). Das Nationale Mahatma Gandhi Beschäftigungsgarantieprogramm für die ländliche Bevölkerung (Mahatma Gandhi National Rural Employment Guarantee Act, MGNREGA), läuft bis 2019. Das Ziel des laufenden Programms besteht darin, die ländliche Infrastruktur zu verbessern, die Land- und Wasserressourcen zu vergrößern und der armen Landbevölkerung eine Lebensgrundlage zu bieten: Jedem Haushalt, dessen erwachsene Mitglieder bereit sind, manuelle Arbeiten zu verrichten, welche keiner besonderen Qualifikation bedarf, wird mindestens 100 Tage Lohnarbeit pro Haushaltsjahr garantiert (SNRD 26.3.2018). Einige Staaten in Indien geben Arbeitssuchenden eine finanzielle Unterstützung für die Dauer von drei Jahren. Für weitere Informationen sollte die jeweilige lokale Vermittlungsagentur kontaktiert werden. Diese bieten auch Beratungen an, bei denen sie Informationen zu Verfügung stellen (BAMF 3.9.2018).

Indien steht vor gewaltigen Herausforderungen bei der Armutsbekämpfung und in der Bildungs- und Infrastrukturentwicklung. Das durchschnittliche jährliche Pro-Kopf-Einkommen liegt bei rund

1.970 USD. Auf dem Human Development Index der UNDP (Stand: September 2016) steht Indien auf Platz 130 unter 188 erfassten Staaten. Während es weltweit die meisten Millionäre und Milliardäre beheimatet, liegt Indien bei vielen Sozialindikatoren deutlich unter den Durchschnittswerten von Subsahara-Afrika. Gleichzeitig konnten in den letzten beiden Jahrzehnten hunderte Millionen Menschen in Indien der Armut entkommen (AA 11.2018a).

Die Regierung betreibt eine Vielzahl von Programmen zur Finanzierung von Wohnungen. Diese richten sich jedoch zu meist an Personen unterhalb der Armutsgrenze. Weiters bieten die Regierungen eine Vielzahl an Sozialhilfen an, welche sich jedoch an unterprivilegierte Gruppen, wie die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze richten. Diese Programme werden grundsätzlich durch die lokalen Verwaltungen umgesetzt (Panchayat) (BAMF 3.9.2018).

Die Arbeitnehmerrentenversicherung ist verpflichtend und mit der Arbeit verknüpft. Das staatliche Sozialversicherungsprogramm (National Social Assistance Programme) erfasst nur die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze oder physisch Benachteiligte. Das staatliche Rentensystem National Pension System (NPS) ist ein freiwilliges, beitragsbasiertes System, welches es den Teilnehmer ermöglicht systematische Rücklagen während ihres Arbeitslebens anzulegen (BAMF 3.9.2018).

55,3 Prozent der Bevölkerung (642,4 Mio.) lebt in multi-dimensionaler Armut (HDI 2016). Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine für das Überleben ausreichende Nahrungsversorgung auch den schwächsten Teilen der Bevölkerung grundsätzlich sichergestellt. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe oder ein anderes soziales Netz. Rückkehrer sind auf die Unterstützung der Familie oder Freunde angewiesen. Vorübergehende Notlagen können durch Armenspeisungen im Tempel, insbesondere der Sikh-Tempel, die auch gegen kleinere Dienstleistungen Unterkunft gewähren, ausgeglichen werden (AA 18.9.2018).

Im September 2018 bestätigte der Oberste Gerichtshof die Verfassungsmäßigkeit des biometrischen Identifikationsprojekts Aadhaar (HRW 17.1.2019). Als Teil einer Armutsbekämpfungsinitiative wurde seit 2010 Millionen indischer Bürger eine Aadhaar-ID Nummer ausgestellt. Ursprünglich wurde das System eingeführt, um Steuerbetrug entgegenzuwirken. In den folgenden Jahren wurde der Umfang jedoch stark ausgeweitet: In einigen indischen Bundesstaaten werden mittels Aadhaar Pensionen, Stipendien und die Essensausgabe für arme Menschen abgewickelt (ORF 27.9.2018). Aadhaar stellt für den Großteil der Bevölkerung den einzigen Zugang zu einem staatlich anerkannten Ausweis dar. Diejenigen, die sich bei Aadhaar angemeldet haben, erhielten nach der Übermittlung ihrer Fingerabdrücke und Netzhautscans eine eindeutige zwölfstellige Identifikationsnummer (BBC 26.9.2018).

Menschenrechtsgruppen äußern Bedenken, dass die Bedingungen zur Registrierung für Aadhaar, arme und marginalisierte Menschen daran hindern, wesentliche, verfassungsmäßig garantierte Dienstleistungen wie etwa Nahrung und Gesundheitsversorgung zu erhalten (HRW 18.1.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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AA - Auswärtiges Amt (11.2018a): Indien, Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/indien-node/-/205976, Zugriff 17.1.2019

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (3.9.2018):

Länderinformationsblatt Indien, http://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2018_India_DE.pdf, Zugriff 17.12.2018

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BBC British Broadcasting Corporation (26.9.2018): Aadhaar: India top court upholds world's largest biometric scheme, https://www.bbc.com/news/world-asia-india-44777787, Zugriff 20.11.2018

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HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - India, ttps://www.ecoi.net/de/dokument/2002249.html, Zugriff 23.1.2019

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HRW - Human Rights Watch (13.1.2018): India: Identification Project Threatens Rights,

https://www.ecoi.net/de/dokument/1422175.html, Zugriff 19.11.2018

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ORF - Österreichischer Rundfunk (27.9.2018): Indiens Form der digitalen Überwachung, https://orf.at/stories/3035121/, Zugriff 20.11.2018

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ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Indien - Arbeitsversion

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PIB - Press Information Bureau Government of India Ministry of Labour & Employment (23.7.2018): Modernisation of Employment Exchanges, http://pib.nic.in/newsite/PrintRelease.aspx?relid=180854, Zugriff 20.11.2018

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SNRD - Sector Network Natural Resources and Rural Development Asia (26.3.2018): Environmental Benefits of the Mahatma Gandhi National Rural Employment Guarantee Act (MGNREGA-EB), https://snrd-asia.org/environmental-benefits-of-the-mahatma-gandhi-national-rural-employment-guarantee-act-mgnrega-eb/, Zugriff 29.1.2019

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WKO - Außenwirtschaft Austria (26.9.2018): Außen Wirtschaft Update Indien,

https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/indien-update.pdf, Zugriff 20.11.2018

Medizinische Versorgung

Eine gesundheitliche (Minimal)-Grundversorgung wird vom Staat im Prinzip kostenfrei gewährt. Sie ist aber durchweg unzureichend. Von den Patienten wird viel Geduld abverlangt, da der Andrang auf Leistungen des staatlichen Gesundheitssektors sehr groß ist. Die privaten Gesundheitsträger genießen wegen fortschrittlicher Infrastruktur und qualifizierterem Personal einen besseren Ruf, ein Großteil der Bevölkerung kann sich diesen aber nicht leisten. In allen größeren Städten gibt es Einrichtungen, in denen überlebensnotwendige Maßnahmen durchgeführt werden können. Dies gilt mit den genannten Einschränkungen auch für den öffentlichen Bereich. Fast alle gängigen Medikamente sind in Indien (meist als Generika westlicher Produkte) auf dem Markt erhältlich. Für den (relativ geringen) Teil der Bevölkerung, welche sich in einem formellen Arbeitsverhältnis befindet, besteht das Konzept der sozialen Absicherung aus Beitragszahlungen in staatliche Kassen sowie einer Anzahl von - vom Arbeitgeber zu entrichtenden - diversen Pauschalbeträgen. Abgedeckt werden dadurch Zahlungen für Renten, Krankenversicherung, Mutter-Karenz sowie Abfindungen für Arbeitslosigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit (ÖB 12.2018).

Staatliche Krankenhäuser bieten Gesundheitsversorgung kostenfrei oder zu sehr geringen Kosten an (BAMF 3.9.2018), stellt sich jedoch durchweg unzureichend dar (AA 18.9.2018). Zudem gibt es viele weitere Institutionen, die bezahlbare Behandlungen anbieten (BAMF 3.9.2018).

Die staatliche Krankenversicherung erfasst nur indische StaatsbürgerInnen unterhalb der Armutsgrenze. Staatliche Gesundheitszentren bilden die Basis des öffentlichen Gesundheitswesens. Dies sind meist Ein-Mann-Kliniken, die auch kleine Operationen anbieten. Diese Zentren sind grundsätzlich in der Nähe aller Dörfer zu finden. Insgesamt gibt es mehr als 25.500 solcher Kliniken in Indien, von denen 15.700 von nur einem Arzt betrieben werden. Einige Zentren besitzen spezielle Schwerpunkte, darunter Programme zu Kinder-Schutzimpfungen, Seuchenbekämpfung, Verhütung, Schwangerschaft und bestimmte Notfälle (BAMF 3.9.2018).

Ebenfalls gibt es Gemeindegesundheitszentren und spezialisierte Kliniken. Diese sind für alle möglichen generellen Gesundheitsfragen ausgestattet und bilden die Basis des Gesundheitswesens in städtischen Gegenden. Sie werden von der Regierung betrieben und nehmen auf Empfehlung der Ersteinrichtungen Patienten auf. Jede dieser Einrichtungen ist für 120.000 Menschen aus städtischen bzw. 80.000 Patienten aus abgeschiedenen Orten zuständig. Für weitere Behandlungen können Patienten von den Gemeindegesundheitszentren zu Allgemeinkrankenhäusern transferiert werden. Die Zentren besitzen daher auch die Funktion einer Erstüberweisungseinrichtung. Sie sind dazu verpflichtet, durchgängig Neugeborenen- bzw. Kinderfürsorge zu leisten sowie Blutkonservenvorräte zu besitzen. Für den Rest der Bevölkerung ist eine beitragspflichtige Krankenversicherung durch verschiedene private und staatliche Firmen zu unterschiedlichen Konditionen gegeben (BAMF 3.9.2018).

Da der Andrang auf Leistungen des staatlichen Sektors sehr stark ist, weichen viele für eine bessere oder schnellere Behandlung auf private Anbieter aus. Die privaten Gesundheitsträger genießen wegen der fortschrittlicheren Infrastruktur und des qualifizierteren Personals einen besseren Ruf. In allen größeren Städten gibt es medizinische Einrichtungen, in denen überlebensnotwendige Behandlungen durchgeführt werden können. Dies gilt mit den genannten Einschränkungen auch für den öffentlichen Bereich (AA 18.9.2018). Einige wenige private Krankenhäuser in den größten Städten gewährleisten einen Standard, der dem westlicher Industriestaaten vergleichbar ist. Im wirtschaftlich starken Punjab und in New Delhi ist die Gesundheitsversorgung im Verhältnis zu anderen Landesteilen gut (AA 18.9.2018).

Die staatliche Krankenversicherung erfasst nur indische Staatsbürger unterhalb der Armutsgrenze. Für den Rest der Bevölkerung ist eine beitragspflichtige Krankenversicherung durch verschiedene private und staatliche Firmen zu unterschiedlichen Konditionen gegeben. Bekannte Versicherer sind General Insurance, Bharti AAA, HDFC ERGO, Bajaj, Religare, Apollo Munich, New India Assurance, Max Bupa etc. (BAMF 3.9.2018).

Eine private Gesundheitsversorgung ist vergleichbar teuer und die Patienten müssen einen Großteil der Kosten selber zahlen. Für den Zugang zu den Leistungen ist grundsätzlich ein gültiger Personenausweis nötig (Adhaar card, Voter ID, PAN) (BAMF 3.9.2018).

In Indien sind fast alle gängigen Medikamente auf dem Markt erhältlich (AA 18.9.2018). Medikamentenläden sind in Indien zahlreich und auch in entlegenen Städten vorhanden. (BAMF 3.9.2018). Die Einfuhr von Medikamenten aus dem Ausland ist möglich. Indien ist der weltweit größte Hersteller von Generika und Medikamente kosten einen Bruchteil der Preise in Europa (AA 18.9.2018). Die Kosten für die notwendigsten Medikamente staatlich kontrolliert, sodass diese weitreichend erhältlich sind (BAMF 3.9.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (3.9.2018):

Länderinformationsblatt Indien, http://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2018_India_DE.pdf, Zugriff 17.12.2018

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ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Indien - Arbeitsversion

Rückkehr

Allein die Tatsache, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, führt nicht zu nachteiligen Konsequenzen nach der Abschiebung. Auch in jüngerer Zeit wurden bei rückgeführten abgelehnten indischen Asylbewerbern keine Benachteiligungen nach Rückkehr bekannt. Polizeilich gesuchte Personen müssen allerdings bei Einreise mit Verhaftung und Übergabe an die Sicherheitsbehörden rechnen (AA 18.9.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge (UMF)

Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind nicht bekannt (AA 18.9.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

Dokumente

Echtheit der Dokumente

Ein Großteil der vorgelegten Dokumente stellt sich als Fälschung heraus. Der Zugang zu gefälschten Dokumenten oder echten Dokumenten falschen Inhalts ist leicht. Gegen entsprechende Zahlungen sind viele Dokumente zu erhalten. Erleichtert wird der Zugang überdies durch die Möglichkeit, Namen ohne größeren Aufwand zu ändern. Hinzu kommt, dass die indischen Gerichte keine einheitlichen Formulare verwenden. Die vorgelegten Dokumente ("Warrant of Arrest", "First Investigation Report", Bestätigungsschreiben von Rechtsanwälten, "Affidavits" von Dorfvorstehern oder Angehörigen) stellen sich bei Überprüfung sehr häufig als gefälscht heraus. Eine Überprüfung ist zusätzlich dadurch erschwert, dass die indischen Behörden sowie die weiteren Beteiligten nur zögerlich oder überhaupt nicht kooperieren. Hinweise auf Fälschungen sind insbesondere unvollständige Siegelstempel, fehlende Unterschriften sowie bei Rechtsanwälten fehlende Adressenangabe und Aktenzeichen (ÖB 12.2018; vgl. AA 18.9.2018).

Echte Dokumente unwahren Inhalts

Echte Dokumente unwahren Inhalts sind problemlos (gegen entsprechende Zahlungen oder als Gefälligkeit) erhältlich. Bei Personenstandsurkunden handelt es sich dabei um echte Urkunden falschen Inhalts, bei Gerichtsentscheidungen (z.B. Scheidung, Sorge) um echte Urteile, die jedoch aufgrund erfundener Sachverhalte und ohne Einhaltung grundlegender Verfahrenserfordernisse (rechtliches Gehör, Interessenabwägung, Begründung) ergehen. (Die Überprüfung der Echtheit z.B. von Haftbefehlen gestaltet sich als schwierig. So besteht etwa zwischen zahlreichen Personen aus dem Punjab, Delhi und Haryana eine Namensidentität, sodass die Zuordnung eines Haftbefehls häufig problematisch ist. Der Namenszusatz männlicher Sikhs ist "Singh" (Löwe), der aller weiblicher Sikhs "Kaur" (Löwin); Singh ist zudem ein verbreiteter Hindu-Nachname in Nordindien. Die Mitteilung sämtlicher Vornamen sowie des Geburtsdatums und der Name der Eltern sind daher für die eindeutige Zuordnung unerlässlich (ÖB 12.2018; vgl. AA 18.9.2018).

Zugang zu gefälschten Dokumenten

Der deutschen Botschaft New Delhi werden im Rahmen laufender Asylverfahren nur sehr selten Unterlagen zur Überprüfung vorgelegt. In der Vergangenheit haben sich Dokumente im Zusammenhang mit Strafsachen und Fahndung sowie dazugehörige Eidesstattliche Versicherungen (affidavits) auch als falsch oder gefälscht herausgestellt. Die Überprüfung der Echtheit von Haftbefehlen gestaltet sich schwierig. Vorgelegte Dokumente ("Warrant of Arrest", "First Investigation Report", Bestätigungsschreiben von Rechtsanwälten, "Affidavits" von Dorfvorstehern oder Angehörigen) stellen sich bei Überprüfung häufig als gefälscht heraus. Überprüfungen im Asylverfahren ergeben häufig, dass weder der Sachvortrag noch die Identität des Betreffenden bestätigt werden kann (AA 18.9.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Indien - Arbeitsversion

II. Beweiswürdigung:

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Person des BF, seinen Dokumenten und zur Situation in Indien ergeben sich aus der Aktenlage. Der Status des BF in Italien ergibt sich aus den Erhebungen vom 23.05.2019.

Das BFA bot dem Beschwerdeführer eine Übersetzung der Länderfeststellungen an, damit er hierzu Stellung nehmen könne, worauf der Beschwerdeführer jedoch verzichtete. Die Feststellung, dass keinerlei neue Fluchtgründe vorliegen, ergibt sich in eindeutiger Weise aus den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers. Ebenso ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers, dass er keinerlei Familienangehörige im Bundesgebiet habe, nicht Deutsch spreche und keiner Arbeit nachgehe, aus seinen diesbezüglichen unmissverständlichen Angaben.

III. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

§12a AsylG 2005 idgF:

...

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

...

(6) Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Anordnungen zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, Ausweisungen gemäß § 66 FPG und Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht. Dies gilt nicht für Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG, die über einen darüber hinausgehenden Zeitraum festgesetzt wurden.

§ 22 (10) Asylg 2005 idgF:

Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

§ 22 BFA-VG:

(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.

Zu den Voraussetzungen des § 12a AsylG 2005, auf den gegenständlichen Fall bezogen, im Detail:

Gegen den BF besteht nach der Rechtskraft des Erkenntnisses des BVwG vom 14.02.2018, Zl. W169 2165907-1/2E, eine aufrechte Rückkehrentscheidung.

Einerseits hatte der BF bei Rechtskraft der Entscheidung des BVwG vom 14.02.2018 schon über Aufenthaltsberechtigungen für Italien verfügt, was sich aus dem im Pass befindlichen Visum für Italien sowie den Einreise- und Ausreisestempeln ergibt, was von ihm jedoch im Erstverfahren verschwiegen wurde, sodass ihm die Rechtskraft der Rückkehrentscheidung der ursprünglichen Entscheidung des BVwG vom 14.02.2019 auch hinsichtlich etwaiger Aufenthaltsberechtigungen in Italien entgegen gehalten werden muss. Andererseits ist der letzte Aufenthaltstitel des Beschwerdeführers für Italien am 30.03.2019 abgelaufen, womit auch von daher sich kein neuer relevanter Sachverhalt hinsichtlich der Rückkehrentscheidung im Entscheidungszeitpunkt ergibt. Der Umstand, dass der BF einen Verlängerungsantrag für seinen Aufenthaltstitel in Italien gestellt hat, vermag daran nichts zu ändern, da sich daraus keine Aufenthaltsberechtigung erkennen lässt, zumal der Status des diesbezüglichen Vorganges bloß auf "zu erwerben" lautet.

Aus § 12a Abs. 6 AsylG ergibt sich, dass Rückkehrentscheidungen trotz Ausreise des BF 18 Monate gültig bleiben.

Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich - siehe obige Sachverhaltsfeststellungen - kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt. Auch die Ländersituation ist in den entscheidungsrelevanten Punkten gleichgeblieben.

Bereits in den vorangegangenen Verfahren hat das Bundesamt und auch das BVwG ausgesprochen, dass der BF bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde.

Auch im nunmehrigen Verfahren vor dem BFA ist nichts hervorgekommen, das gegen die Abschiebung des BF in den Heimatstaat im Sinne dieser Bestimmungen spricht.

Es ist auch kein ungerechtfertigter Eingriff in ein schützenswertes Familien- oder Privatleben des BF in Österreich feststellbar und auch der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers gibt nicht dazu Anlass, zu einem anderen Ergebnis zu kommen. Insofern ist seit der Entscheidung des des BVwG vom 14.02.2018 keine entscheidungswesentliche Änderung eingetreten.

Da insgesamt die Voraussetzung des § 12 a Abs. 2 iVm § 22 Abs.10 AsylG 2005 und § 22 BFA-VG idgF für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen, ist der mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes vom 16.05.2019 rechtmäßig.

Gemäß § 22 Abs. 1 zweiter Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,
Folgeantrag, res iudicata

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W202.2165907.2.00

Zuletzt aktualisiert am

23.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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