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21/03 GesmbH-Recht;Norm
AuslBG §2 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des B in A, vertreten durch Dr. Johann Quendler und Dr. Alexander Klaus, Rechtsanwälte in Klagenfurt, Bahnhofstraße 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 8. März 1996, Zl. UVS 303.7-1/95-77, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 8. März 1996 wurde der Beschwerdeführer (unter Bedachtnahme auf die aus dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 22. November 1994 übernommenen Spruchteile) der Begehung von zehn Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) dahingehend schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der B Gesellschaft mbH mit dem Sitz in Z (Tatort) zu verantworten, daß diese Gesellschaft
1. vom 15. Mai 1993 bis 12. Juli 1993 den "jugoslawischen" Staatsangehörigen M,
2a. bis 2c. sowie 2e. bis 2g. von 24. Mai 1993 bis 5. Juli 1993 die Ausländer S, G, C, I, M und S,
2d.
von24. Mai 1993 bis 22. September 1993 den Ausländer O und
3a.
bis 3b. am 21. September 1993 den slowenischen Staatsangehörigen I sowie den kroatischen Staatsangehörigen J
auf näher bezeichneten Baustellen in Österreich (als Eisenflechter, Eisenbieger bzw. Eisenverleger) beschäftigt habe, obwohl für diese Ausländer weder Beschäftigungsbewilligungen erteilt noch Befreiungsscheine oder Arbeitserlaubnisse ausgestellt worden seien. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer insgesamt zehn Geldstrafen verhängt, deren Höhe - in Stattgebung seiner Berufung gegen die Strafhöhe - zu Punkt 1. auf S 35.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe acht Tage), zu Punkt 2a. bis 2c. sowie 2e. bis 2g. auf jeweils S 30.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils sieben Tage), zu Punkt 2d. auf S 45.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe neun Tage) und zu Punkt 3a. bis 3b. auf jeweils S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils vier Tage) herabgesetzt wurden; der für das Verfahren erster Instanz bestimmte Kostenbeitrag wurde entsprechend diesen herabgesetzten Strafen verringert (die Verfahrenseinstellung hinsichtlich der Punkte 2h. bis 2j. ist nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof).
Gegen diesen Bescheid - im Umfang der die Bestrafung des Beschwerdeführers betreffenden Teile - richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, nicht der ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen nach dem AuslBG schuldig erkannt und dafür bestraft zu werden. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid im Umfang der Anfechtung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat in sachverhaltsmäßiger Hinsicht im wesentlichen als erwiesen angenommen, der Beschwerdeführer, W und 40 Ausländer hätten mit dem Gesellschaftsvertrag vom 5. April 1993 die unter Zl. FN 31199g am 15. Mai 1993 im Firmenbuch des Landesgerichtes Leoben registrierte B Gesellschaft mbH mit dem Sitz in Z errichtet; W und der Beschwerdeführer hätten Geschäftsanteile von 51 % und von 9 % hinsichtlich dieser Gesellschaft übernommen. Der Beschwerdeführer habe in Slowenien arbeitswillige Personen aus dem Fach der Eisenverarbeitung angeworben und nach Österreich gebracht; diese Ausländer hätten keine Kenntnis davon gehabt, daß sie durch ihre Unterschriftsleistungen zu Gesellschaftern der genannten Gesellschaft mbH gemacht würden und an dieser mit einem Prozent beteiligt seien. Mit wenigen Ausnahmen seien diese Ausländer der deutschen Sprache nicht mächtig gewesen. Anläßlich der Errichtung des Gesellschaftsvertrages bzw. der Unterschriftsleistungen sei den Ausländern mitgeteilt worden, daß ihre Beschäftigung in Österreich legalisiert sei. Danach seien die Ausländer auf verschiedenen Baustellen in Österreich als Eisenbieger bzw. Eisenverleger eingesetzt worden. Diese Eisenverlegungsarbeiten seien auf Basis der geführten Stundenlisten mit Stundenlöhnen (in Höhe von rund S 65,--) abgerechnet worden. Während der angelasteten Beschäftigungszeiten sei keine einzige Generalversammlung der genannten Gesellschaft abgehalten worden. Ein Jahresabschluß im Sinn des Gesellschaftsvertrages sei nicht erfolgt. Die Ausländer seien ausschließlich zu Eisenverlegungsarbeiten verwendet worden. In rechtlicher Hinsicht gelangte die belangte Behörde im wesentlichen zu der Einsicht, daß im Hinblick auf die Unkenntnis der Ausländer über die ihnen eingeräumte Gesellschafterstellung und ihre tatsächliche Verwendung als Arbeitnehmer zumindest ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis vorgelegen sei. Das Element des Umgehungsgeschäftes komme im vorliegenden Fall stark zum Ausdruck. Die Ausländer seien (schon mangels Rechts- und Sprachkenntnissen) nicht in der Lage gewesen, organisatorische und unternehmerische Entscheidungen für die Gesellschaft zu treffen. Ab der Änderung der Rechtslage mit 1. August 1993 seien die ausländischen Minderheitsgesellschafter wegen ihrer unter 25 % liegenden Gesellschaftsanteile automatisch als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen; auf einen diesbezüglich gegenteiligen Feststellungsbescheid im Sinn des § 2 Abs. 4 AuslBG habe sich der Beschwerdeführer nicht berufen.
Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit geltend, vor dem 1. August 1993 seien die Ausländer nicht als abhängige Arbeitnehmer anzusehen gewesen und hätten auch keiner Beschäftigungsbewilligung bedurft. Jeder Ausländer sei gemeinsam mit neun anderen Gesellschaftern kollektiv geschäftsführungs- und vertretungsbefugt gewesen und habe mit seiner Sperrminorität "jederzeit Generalversammlungsbeschlüsse blockieren können". Um ein Umgehungsgeschäft annehmen zu können, genüge es nicht nur zu untersuchen, ob unter anderem Gesellschafterversammlungen abgehalten bzw. ob ein Jahresabschluß erstellt worden sei. Der Umstand, daß die Ausländer für Baustellenarbeiten eingesetzt worden seien, "vermag jedenfalls für sich allein nichts an der rechtlichen Position dieser Ausländer im Rahmen des Unternehmens auf Grund der völlig klaren und eindeutigen Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages zu ändern". Die Befugnisse hätten von den Gesellschaftern auch jederzeit ausgeübt werden können. Die belangte Behörde habe nicht festgestellt, daß den Ausländern die Ausübung ihrer gesellschaftsvertraglich eingeräumten Rechte vorenthalten worden wäre. Auch nach dem 1. August 1993 habe sich "für die verfahrensgegenständlichen Beschäftigungsverhältnisse" keine Änderung hinsichtlich der Bewilligungspflicht ergeben.
Damit zeigt der Beschwerdeführer ausgehend von seinem eigenen Vorbringen und unter Zugrundelegung ausschließlich des auch von ihm nicht in Frage gestellten Sachverhaltes keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der Verwendung der Ausländer in bewilligungspflichtigen Beschäftigungen im Sinn des § 2 Abs. 2 AuslBG auf. Daß seit Unterfertigung des Gesellschaftsvertrages bzw. der Errichtung der in Rede stehenden Gesellschaft mbH jemals auch nur eine einzige Generalversammlung stattgefunden habe, behauptet auch der Beschwerdeführer nicht. Er vermag auch keine konkrete Vertretungshandlung oder nur wenigstens einen Versuch der Vornahme einer Geschäftsführungshandlung der als Eisenverleger beschäftigten und verwendeten Ausländer darzulegen.
Der Beschwerdeführer läßt bei seinen auf den Wortlaut des Gesellschaftsvertrages gestützten Überlegungen außer acht, daß selbst dann, wenn zehn der deutschen Sprache ausreichend mächtige und ihrer gesellschaftsvertraglichen Rechte kundige Ausländer eine Generalversammlung der in Rede stehenden Gesellschaft - entweder als Geschäftsführer gemäß § 36 Abs. 1 GmbHG oder als Minderheit im Sinn von § 37 GmbHG - tatsächlich einberufen bzw. schriftlich verlangt und danach selbst bewirkt hätten, einer derart "erzwungenen" Generalversammlung ohne Beteiligung der Mehrheitsgesellschafterin W die Beschlußfähigkeit gefehlt hätte, weil im Sinne der gemäß § 38 Abs. 6 und 7 GmbHG vorgesehene Gestaltungsmöglichkeit im Gesellschaftsvertrag bestimmt wurde, die Beschlußfähigkeit der Generalversammlung bestehe erst, wenn "zumindest 50 % des Stammkapitals in der Generalversammlung vertreten sind". Daß derart aber eine Ausübung von Stimmrechten bzw. einer "Sperrminorität" (sowie auch etwa eine Mitwirkung an einer Beschlußfassung über Jahresabschluß und Gewinnverteilung) durch die Ausländer tatsächlich wirkungslos geblieben bzw. allein vom Verhalten der Mehrheitsgesellschafterin W abhängig gewesen wäre, liegt auf der Hand. Es trifft demnach nicht zu, daß die gesellschaftsvertraglich eingeräumten Rechte von den Ausländern "jederzeit ausgeübt werden hätten können". Der belangten Behörde kann demnach nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Beschwerdefall zu dem Ergebnis gelangte, daß die verwendeten und über ihre Rechte und Pflichten nicht aufgeklärten Ausländer, sei es jeder für sich oder in einer beliebigen Kombination, je beherrschenden Einfluß auf die Gesellschaft erhalten oder ausüben sollten (vgl. hiezu auch die hg. Erkenntnisse vom 24. Mai 1995, Zl. 94/09/0280, vom 25. April 1990, Zl. 89/09/0146, und vom 4. Mai 1990, Zlen. 89/09/0152, 89/09/0156).
Ausgehend von dieser im Beschwerdefall erfolgten gesellschaftsvertraglichen Regelung der Gesellschaftsverhältnisse der verwendeten Ausländer und den unbestritten gebliebenen objektiven Begleitumständen ihrer tatsächlichen Verwendung führt im Beschwerdefall auch eine Gesamtbeurteilung ihrer Rechtsbeziehung zur Gesellschaft mbH dazu, daß neben einem tatsächlich unerheblichen und wirkungslos gebliebenen Gesellschaftsverhältnis jedenfalls auch ein nach dem AuslBG bewilligungspflichtiges Arbeitsverhältnis bestanden hat, schließen doch Gesellschafts- und Dienstvertrag einander nicht notwendig aus (vgl. auch insoweit Krejci in Rummel, ABGB, 2. Auflage, Rz 100f zu § 1151; Pfeil in Schwimann, ABGB, 2. Auflage, Rz 38f zu § 1151). Daß die verwendeten Ausländer bezogen auf die konkret geleisteten Arbeitseinsätze an den einzelnen Baustellen jemals Mitbestimmungsrechte bei der Unternehmensführung wahrgenommen hätten bzw in welcher Weise und durch welche Maßnahmen die Ausländer eine Arbeitgeberfunktion in dieser Hinsicht konkret ausgeübt haben sollen, wird vom Beschwerdeführer mit keinem Wort dargetan. War demnach im Beschwerdefall schon die Verwendung der Ausländer nach der Rechtslage vor dem 1. August 1993 somit als nach dem AuslBG bewilligungspflichtige Beschäftigung anzusehen, dann hat auch die als Reaktion auf die Umgehung der Bewilligungspflicht durch die Novelle BGBl. Nr. 502/1993 geschaffene Gesellschafterregelung des § 2 Abs. 4 AuslBG in dieser Hinsicht keine Änderung bewirkt.
Den unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behaupteten Verfahrensmängeln kommt schon deshalb keine Relevanz zu, weil der Beschwerdeführer - wie bereits ausgeführt wurde - eine "Unternehmertätigkeit" der verwendeten Ausländer nicht einmal behauptungsmäßig darzutun vermag. Wann und auf welche Weise "Unternehmergewinn" konkret abgerechnet worden sein soll bzw. wann und mit welchem Ergebnis "die Gesellschafter die Gesellschafterbeschlüsse" gefaßt haben sollen, behauptet der Beschwerdeführer nicht einmal in seiner Beschwerde. Daß die Möglichkeit einer Einvernahme der in der Beschwerde genannten Zeugen im Rechtshilfeweg in Slowenien bestanden hätte, ist unzutreffend, weil derartige nur mittelbare Beweisaufnahmen dem im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zu beachtenden Unmittelbarkeitsgrundsatz (§ 51i VStG) widerspricht. Die erstmals in der Beschwerde behauptete (inhaltlich nicht näher ausgeführte) "Treuhandvereinbarung" zwischen S und W stellt eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung dar (§ 41 Abs. 1 VwGG).
Insoweit der Beschwerdeführer trotz ordnungsgemäßer Ladung zu den beiden Verhandlungen vor der belangten Behörde nicht erschienen ist, kann er aus dieser seiner fehlenden Mitwirkung keinen Verfahrensmangel ableiten. Daß der Beschwerdeführer anläßlich der Verhandlung vom 14. Mai 1996 - laut einer Bestätigung des Kassenarztes - "arbeitsunfähig" gewesen sein soll und am 8. März 1996 - laut einer vorgelegten Buchungsbestätigung - eine am 1. März 1996 gebuchte Urlaubsreise unternahm, stellte jedenfalls keine ausreichende Entschuldigung seines Fernbleibens von diesen Verhandlungen dar und hinderte demnach weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses (§ 51f Abs. 2 VStG). Die aus seinem Fernbleiben entstandenen Folgen (etwa auch hinsichtlich der Ermittlung seiner für die Strafbemessung maßgebenden persönlichen Verhältnisse und der Berücksichtigung von allfälligen Strafzumessungsgründen) hat sich der Beschwerdeführer selbst zuzuschreiben (vgl. insoweit auch das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 1997, Zl. 95/09/0087).
Nach den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, aber auch nach seinem zur Bewilligungspflicht eingenommenen Standpunkt kann nicht zweifelhaft sein, daß der Beschwerdeführer die Bestimmungen des AuslBG über die Bewilligungspflicht der Beschäftigung von Ausländern zu umgehen versuchte und dabei nicht etwa bloß fahrlässig, sondern vorsätzlich gehandelt hat. Die in der Beschwerde behaupteten Begründungsmängel liegen nicht vor; auch den Erfordernissen des § 44a VStG wurde im vorliegenden Fall hinreichend entsprochen.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 18. Dezember 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998090180.X00Im RIS seit
20.11.2000