Entscheidungsdatum
24.05.2019Norm
AVG §10 Abs2Spruch
W117 2209028-3/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DRUCKENTHANER als Einzelrichter über die Beschwerden des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen die Festnahme vom 31.10.2018 und Festnahmeanhaltung nach Durchführung einer Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Festnahme wird gemäß § 22 Abs. 1 Z 1 BFA-VG, § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG idgF, § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG idgF als unbegründet abgewiesen.
II. Die Beschwerde gegen die Festnahmeanhaltung wird gemäß § 22 Abs. 1 Z 2 BFA-VG, § 7 Abs. 4 VwGVG idgF, § 47 Abs. 2 VwGVG idgF, § 10 Abs. 2 AVG idgF zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Am 31.10.2018 erließ die Verwaltungsbehörde nach Aufhebung des vorangegangenen Festnahmeauftrages einen neuen auf folgender "Rechtsgrundlage: § 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG - Vorliegen der Voraussetzungen für Sicherungsmaßnahmen" und mit folgender Begründung: "Für die Anordnung der Festnahme ist maßgebend: Die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft nach § 76 FPG oder zur Anordnung gelinderer Mittel gemäß § 77 Abs. 1 FPG liegen vor und die Vorführung vor das Bundesamt erfolgt nicht aus anderen Gründen."
Am 31.10.2018 wurde der Beschwerdeführer im Zuge einer Personenkontrolle und Identitätsfeststellung festgenommen - der Beschwerdeführer unternahm dabei einen (gescheiterten) Fluchtversuch.
Zur beabsichtigten Schubhaftanordnung am 01.11.2018 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich einvernommen; diese Einvernahme gestaltete sich - entscheidungswesentlich - wie folgt:
"(...)
Sie wurden am 31.10.2018 durch Organe der öffentlichen Sicherheit im Bereich Wien, Westbahnhof einer Identitätsprüfung unterzogen. Durch die Identitätsfeststellung konnte ermittelt werden, dass gegen Sie ein Festnahmeauftrag besteht. Weiters wurde bekannt, dass gegen Sie eine Rückkehrentscheidung, seit 03.04.2018 in 2. Instanz rechtskräftig, besteht. Die Frist für die freiwillige Ausreise ist ebenfalls abgelaufen. Sie reisten jedoch bis dato nicht aus. Die Behörde hat für Sie bereits eine Zusage für ein Heimreisezertifikat, um Ihre Abschiebung durchführbar zu machen. Während der Amtshandlung Ihrer Festnahme am Westbahnhof rissen Sie sich von den Beamten der öffentlichen Sicherheit los und unternahmen einen Fluchtversuch. Sie versuchten sich somit der Behörde zu entziehen.
F: Warum versuchten Sie vor der Polizei zu flüchten?
A: Das war ein Fehler. Ich habe Angst gehabt und dachte ich könnte flüchten. Ich dachte, dass ich abgeschoben werde und wollte deswegen flüchten.
(...)"
Mit Bescheid der Verwaltungsbehörde, Zahl:
1063453506/181039589/BMI-BFA, vom 01.11.2018 wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.
Gegen den Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zur Zahl 1063453506-181039589 vom 01.11.2018, mit dem über den Beschwerdeführer (in Folgende: BF) gern § 76 Abs 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs 1 AVG Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet wurde, sowie gegen die anhaltende Anhaltung des BF in Schubhaft, und gegen die Festnahme erhob dieser binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde gern. § 22a BFA-VG idgF an das Bundesverwaltungsgericht.
Begründend führte er zur Festnahme aus:
"(...)
Die gegenständliche Beschwerde richtet sich gegen die Festnahme, den Schubhaftbescheid vom 01.11.2018 und die darauf gestützte Anhaltung.
(...)
Der BF handelte bei seiner Festnahme unbedacht und aus krankheitsbedingten Stress. Ihm fehlte seit zwei Tage seine Medikation, welche zum Stressabbau geführt hätte. Er verhielt sich bis zur Festnahme immer kooperativ und wird das auch in Zukunft tun.
(...)
3. Zur Rechtswidrigkeit der Festnahme
Der Festnahmeauftrag des BFA gegen den BF vom 31.10.2018 wurde auf der Rechtsgrundlage des § 34 Abs 3 Z 1 BFA-VG erlassen, welcher besagt, dass ein Festnahmeauftrag gegen einen Fremden auch dann erlassen werden kann, wenn die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft nach § 76 FPG oder zur Anordnung gelinderer Mittel gemäß § 77 Abs 1 FPG vorliegen und nicht aus anderen Gründen die Vorführung vor das Bundesamt erfolgt. Die Behörde schreibt im bekämpften Bescheid, dass sich der BF während der Amtshandlung der Festnahme am Westbahnhof losgerissen und einen Fluchtversuch unternommen habe (Seite 2). Vor allem begründet dieses Verhalten des BF für die Behörde die Fluchtgefahr. Da das Verhalten aber erst im Zuge der Festnahme gesetzt wurde, welche auf dem Festnahmeauftrag beruht, kann der Vorfall am Westbahnhof
keine Grundlage für den Festnahmeauftrag bilden.
Somit kann der Festnahmeauftrag nur rechtmäßig sein, wenn die Voraussetzungen der Schubhaft, auch ohne das von der Behörde vorgeworfene Verhalten im Zuge der Amtshandlung am Westbahnhof, vorliegen. Aus der klaren sozialen Verankerung des BF, seinem Nachkommen der Mitwirkungspflichten bis zur Festnahme und seinem stetigen Wohnsitz ist zu schließen, dass die Voraussetzungen der Schubhaft, bei Erlassung des Festnahmeauftrags offensichtlich nicht Vorgelegen haben. Dies hat die Rechtswidrigkeit des Festnahmeauftrags gern § 34 Abs 3 Z 1 BFA-VGzur Folge.
(...)
Aus den genannten Gründen wird beantragt, das BVwG möge
* eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme des BF zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchführen;
* (...);
* die Festnahme für unrechtmäßig erklären;
* (...)"
Mit der Beschwerdevorlage vom 12.11.2018 gab das BFA folgende Stellungnahme ab:
"(...)
Am 07. und 08.10.2018 wurde von der PI Stumpergasse mehrmals versucht, den BF aufgrund eines Festnahmeauftrages gem. § 34 Abs. 3 Z. 3 BFA-VG festzunehmen. Er konnte jedoch an seiner damaligen Wohnadresse nicht angetroffen werden. Am 31.10.2018 wurde gegen den BF ein Festnahmeauftrag gem. § 34 Abs. 3 Z. 1 BFA-VG erlassen. Dieser wurde am gleichen Tag, um 16:10 Uhr von der Polizeiinspektion Wien AFA Sechshauser Straße AGM in Verbindung mit § 40 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG vollzogen.
(...)
Weiters muss der Beschwerde entgegen gehalten werden, dass der BF nach Aussprache der Festnahme der Beamten der LPD sich losriss und flüchtete. Da die Beamten sofort reagierten und im folgten konnte der BF wieder gefasst werden. Es besteht somit sehr wohl Fluchtgefahr, da er zuerst kooperativ war und als die Beamten zur Ruhe kamen, hat er Chance genutzt um zu flüchten. (...).
Es wird beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge
1. die Beschwerde als unbegründet abweisen unzulässig zurückzuweisen,
2. (...)
(...)
Am 14.11.2018 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, diese nahm - entscheidungswesentlich - folgenden Verlauf:
"(...)
Beginn der Befragung
(...)
Festgehalten wird, dass der BF am 31.10.2018 in Folge eines Festnahmeauftrages festgenommen wurde.
RI: Warum haben Sie versucht, sich der Festnahme durch massives Fluchtverhalten zu entziehen? Dem BF wird der Bericht der diensthabenden Beamten vom 31.10.2018 vorgehalten.
BF: Ich akzeptiere das meiste, was sie vorgetragen haben und weise auf zwei Punkte hin. Zunächst möchte ich richtigstellen, dass ich vom Ort der Kontrolle bis zur Polizeistation mit den Polizisten freiwillig mitgegangen bin, ohne, dass mich jemand an der Schulter gehalten hätte. Auch möchte ich darauf hinweisen, dass ich zum Zeitpunkt der Festnahme und der Anlegung der Handschellen lediglich die Beamten gebeten habe, meine Hände vorne zu schließen. Ich trage nämlich eine Schiene in meiner linken Schulter, diese ist mit acht Schrauben befestigt, wobei eine der Schrauben fehlt. Allein aus diesem Grund habe ich darauf hingewiesen meine Hände nicht hinter meinem Rücken zu schließen. Die Schiene, die ich in der Schulter trage, ist gebrochen.
RI: Sind Sie nicht weggelaufen? Mussten Sie nicht vor der "Nordsee" am Oberkörper erfasst werden und mussten Ihnen dann nicht Handfesseln angelegt werden? Dann wäre ja der ganze Bericht falsch.
BF: Ich habe zu Beginn meiner vorherigen Antwort gesagt, dass ich alles akzeptiere, was Sie vorgetragen haben und habe nur auf zwei Punkte, die für mich in diesem Zusammenhang wichtig sind, erörtert. Ich weiß nicht, wie es damals dazu gekommen ist, dass ich versucht habe, zu fliehen. Ich habe mich damals dafür entschuldigt und entschuldige mich auch heute für diese Handlung. Ich möchte ergänzend erklären, dass ich in den zwei Tagen vor dieser Festnahme keine Medikamente wegen meiner psychischen Erkrankung eingenommen hatte, weil ich keine mehr hatte. Das war ein Moment für den ich mich nach wie vor aufrichtig entschuldige. Ich ersuche um eine kurze Unterbrechung, weil ich meine Medikamente einnehmen muss.
Die Verhandlung wird zu diesem Zwecke um 14:56 Uhr, für die Dauer vom 10 Minuten unterbrochen.
RI: Zur Klarstellung: Sie wurden also festgenommen. Wie hat sich das Ganze abgespielt?
BF: Die Polizisten haben sich vor mich gestellt und meinen Ausweis verlangt. Ich habe ihnen meine Karte gegeben. Diese Kontrolle hat etwa 10 Minuten gedauert. Einer der Polizisten hat in dieser Zeit ein Telefonat geführt. Dann haben die Polizisten gesagt, dass sie mich festnehmen müssen. Ich habe gefragt, was das Problem sei. Sie haben gesagt, dass mein Asylverfahren abgeschlossen sei. Dann bin ich mit ihnen etwa 30 bis 40 Meter bis zur Polizeistation mitgegangen. Ich weiß nicht, was plötzlich in mich gefahren ist. Ich habe mich umgedreht und bin weggelaufen. Ich bin ein paar Meter gelaufen, bis ich an meiner linken Schulter gehalten wurde. Ich bin zu Boden gefallen, dann wurden meine Hände rückwärts geschlossen. Ich habe mich an dieser Stelle bei den Beamten entschuldigt und sie gebeten aus Rücksicht auf die Schiene in meiner Schulter meine Hände nach vorne zu schließen. Dann haben mich zwei Polizisten mitgenommen. Als ich sie gebeten habe, meine Hände vorne zu schließen haben sie das nicht gemacht, im Gegenteil, sie haben ihre Hände unterhalb meiner Hände auf meinen Rücken gelegt, so dass ich mich nach vorne lehnen musste und dadurch starke Schmerzen in meiner Schulter gespürt habe.
(...)
RI: Sie hätten schon einmal abgeschoben werden sollen, am 09.10.2018, konnten aber in der Zeit davor beginnend mit 07.10.2018 nicht an Ihrer Wohnanschrift angetroffen werden. Insgesamt wurden die Polizeibeamten bei Ihnen vier Mal vorstellig. Und Ihr Mitbewohner konnte keine Angaben zu Ihrem Aufenthaltsort machen. Wo haben Sie sich in der Zeit von 07.10.2018 bis 09.10.2018 aufgehalten?
Schluss des Beweisverfahrens
Die Niederschrift wird:
? zur Durchsicht dem BehV und dem RV vorgelegt
? vorgelesen
? rückübersetzt
? Auf die Verlesung (Rückübersetzung) der Niederschrift oder Vorlage zur Durchsicht wird verzichtet.
? Gegen die Niederschrift werden keine Einwendungen wegen behaupteter Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit erhoben.
? Gegen die Niederschrift werden folgende Einwendungen erhoben:
(...)"
In der Folge wurde das Erkenntnis, bezogen auf den Schubhaftbescheid und die Anhaltung aufgrund desselben sowie die Fortsetzung der Schubhaft und die Kostenfrage samt Entscheidungsgründen mündlich verkündet; innerhalb offener Frist begehrte der Beschwerdeführer eine schriftliche Ausfertigung. Über die Festnahme und Anhaltung aufgrund derselben wurde nicht entschieden.
Mit Schriftsatz vom 22.01.2019, eingebracht am selben Tag, "ergänzte er die Beschwerde vom 07.11.2018":
"Ergänzung der Beschwerde vom 07.11.2018
Mit Schriftsatz vom 07.11.2018 wurde sowohl Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid vom 01.11.2018 und die Anhaltung in Schubhaft als auch gegen die Festnahme gern § 40 Abs 1 Z 1 iVm § 34 Abs 3Z 1 BFA-VG am 31.10.2018 erhoben (zur Rechtswidrigkeit der Festnahme, vgl S. 4 f und S. 7).
Mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 14.11.2018 wurde die Beschwerde gegen die Schubhaft gern § 22a BFA-VG iVm § 76 Abs 2 Z 2 FPG abgewiesen und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.
Über die Beschwerde gegen die Festnahme am 07.11.2018 wurde bis dato keine Entscheidung getroffen.
Die Rechtswidrigkeit der Festnahme und der Anhaltung im Rahmen der Festnahme wurden in der Beschwerde mit der Rechtswidrigkeit des Festnahmeauftrages § 34 Abs 3 Z 1 BFA- VG begründet.
Die Festnahme erweist sich aber auch aus weiteren Gründen als rechtswidrig:
Der Festnahmeauftrag gern § 34 Abs 3 Z 1 BFA VG ist lediglich subsidiär anwendbar (vgl Wortlaut: "und wenn nicht aus anderen Gründen die Vorführung vor das Bundesamt erfolgt''). Im konkreten Fall wäre ein Festnahmeauftrag bereits auf Grundlage von § 34 Abs 1 Z 2 BFA- VG zulässig gewesen, die Heranziehung eines subsidiären Tatbestandes ist daher verfehlt.
Bei Vollziehung eines Festnahmeauftrages gern § 34 Abs 3 Z 1 BFA-VG wäre dem BF außerdem amtswegig ein Rechtsberater gern § 51 Abs 1 BFA-VG zur Verfügung zu stellen gewesen. Rechtsberater sind gern §51 Abs 2 BFA-VG berechtigt und auf Verlangen des Fremden verpflichtet, an den Verfahrenshandlungen zur Wahrung des Parteiengehörs teilzunehmen. Da der zuständige Rechtsberater von Seiten der Behörde jedoch nicht fristgerecht informiert wurde und der BF keine Möglichkeit hatte, einen Rechtsberater zu kontaktieren, wurde der BF um sein Recht auf Heranziehung eines Rechtsberaters in der Einvernahme am 01.11.2018 gebracht.
Nicht zuletzt erweist sich die Dauer der Anhaltung im Rahmen der Festnahme als unverhältnismäßig.
Der Festnahmeauftrag wurde am 31.10.2018. um 16:10 Uhr vollzogen. Am 01.11.2018 um 18:00 Uhr wurde der BF der belangten Behörde zur Prüfung des Sicherungsbedarfes vorgeführt und einvernommen.
Rechtsmittel gegen die Dauer der Anhaltung im Rahmen der Festnahme gern. BFA-VG. Die Anhaltung aufgrund eines Festnahmeauftrages ist zwar gern § 40 Abs 4 BFA-VG für einen Zeitraum bis zu maximal 72 Stunden zulässig. Der Zeitraum der Anhaltung steht aber nicht ohne Einschränkung zur Verfügung. Dazu ist auszuführen, dass ein Eingriff in das Grundrecht auf persönliche Freiheit gern Art 1 Abs 3 des Bundesverfassungsgesetzes zum Schutz der persönlichen Freiheit (PersFrBVG) nur gerechtfertigt ist, wenn und soweit dies nicht zum Zwecke der Maßnahme außer Verhältnis steht, der Entzug gesetzlich vorgesehen und dies notwendig ist, um den Zweck der Maßnahme zu erreichen.
In Anbetracht der geforderten Verhältnismäßigkeit der Anhaltedauer und der Verpflichtung der belangten Behörde, auf eine möglichst kurze Anhaltung hinzuwirken, wäre die belangte Behörde dazu angehalten gewesen, die BF ohne unnötigen Aufschub vorführen zu lassen und zur beabsichtigten Anordnung von Schubhaft einzuvernehmen. Das BFA verfügt über einen Journaldienst, der rund um die Uhr - auch außerhalb der Amtsstunden - erreichbar ist. Die Festnahme erfolgte um 16:10 Uhr und damit noch zur Tagzeit, da die Nachtzeit erst ab 22:00 Uhr gerechnet wird (VfGH 03.12 1986, B 930/85; VfSIg. 11.146). Der VwGH hält fest, dass im großstädtischen Bereich die Einvernahme einer vor 22:00 Uhr festgenommenen Person regelmäßig bis spätestens Mitternacht zu erfolgen hat. Lediglich in Fällen, in denen
die notwendige Beiziehung eines Dolmetschers auf Schwierigkeiten stößt, mag das ausnahmsweise anders zu beurteilen sein (VwGH 12.09.2013, 2012/21/0204).
Für den Fall, dass das BVwG zum Schluss kommen sollte, dass eine Einvernahme des BF am 31.10.2018 vor Mitternacht im Einzelfall nicht möglich war, so ist festzuhalten, dass die Einvernahme am 01.11.2018 in den Morgenstunden oder zumindest am frühen Vormittag hätte erfolgen müssen. Dies ist der ebenso eindeutigen Judikatur der Höchstgerichte zu entnehmen (VfGH 03.12.1986, B 930/85; VfSIg. 9208/1981, S. 70 f; 9368/1982, S. 327 und VfSIg. 10660/1985).
Im konkreten Fall wurde die Einvernahme - ohne im Akt ersichtlichen Grund - erst mehr als 24 Stunden nach der Festnahme durchgeführt. Eine derartige Verzögerung ist jedenfalls als ungerechtfertigt anzusehen. Aus diesem Grund stellt die Anhaltung im Rahmen der Festnahme in der angegebenen Zeit einen unrechtmäßigen Eingriff in das Recht der BF auf persönliche Freiheit dar.
Das BVwG möge daher die Festnahme am 31.10.2018 und die darauf gestützte Anhaltung bis zur Zustellung des Schubhaftbescheides am 01.11,2018 um 19:40 Uhr, in eventu die Anhaltung im Rahmen der Festnahme bis zur Zustellung des Schubhaftbescheides für rechtswidrig erklären.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die Beschwerde gegen
Festnahme und die Anhaltung aufgrund derelben wie folgt erwogen:
Feststellungen:
Mit angefochtenem Bescheid der Verwaltungsbehörde wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Es wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen, gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.) und die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.)
Das Bundesverwaltungsgericht wies mit Erkenntnis, W123 2162288, vom 26.03.2018 die dagegen fristgerecht erhobene Beschwerde in allen Punkten ab.
Die wiederum dagegen erhobene außerordentliche Revision wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, Ra 2018/18/0284-5, vom 30.05.2018 zurückgewiesen.
Trotzdem reiste der Beschwerdeführer nicht aus. In der Folge erließ die Verwaltungsbehörde am 05.10.2018 einen Festnahmeauftrag folgenden Inhalts:
"Die im Betreff genannte Person ist gemäß § 34 Abs. 3 Ziffer 3 BFA-VG i.V.m. § 40Abs. 1 Ziffer 1 BFA-VG - zum Zwecke der Abschiebung festzunehmen.
(...)
Es besteht ein Abschiebetermin für den 09.10.2018, um 17:30 Uhr (Charterflug von Wien- Schwechat nach Kabul, Afghanistan). Aufgrund der erforderlichen Flugtauglichkeitsuntersuchung sollte die Einlieferung bis spätestens 08.10.2018, um 09:00 Uhr erfolgen.
Für die Erlassung des Festnahmeauftrags war maßgebend, dass gegen den Genannten eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung besteht.
(...)"
Am 07 und 08.10.2018 versuchten die Beamten viermal vergeblich den Beschwerdeführer an seiner Meldeadresse zu erreichen, nachfolgend zitierter Bericht der LPD Wien vom 08.10.2018, GZ:PAD/18/01875539/001/VW:
"Der Obgenannte konnte an der Adresse nicht angetroffen werden. Sein Aufenthaltsort ist dzt. unbekannt. Es wurde seitens der hs, Dienststelle 4 x versucht ihn an der Adresse anzutreffen (siehe beiliegende Meldungen). Auch wurde mit dem Verein (Verein Projekt Integrationshaus - Unterkunftsgeber) Kontakt aufgenommen. Die zuständige Fachbereichsleiterin Frau XXXX (Tel. XXXX ) holte noch Informationen über den Verbleib des Herrn XXXX ein und gab schließlich an, dass er noch am Freitag (vorige Woche) in der Wohnung angetroffen wurde, wobei von einer Abschiebung nichts bekannt war. Frau XXXX wurde ersucht auf Herrn XXXX dahin gehend einzuwirken, dass sich dieser freiwillig dem BFA stellt. Telefonnummern des BFA wurden keine bekannt gegeben."
Hinsichtlich der versuchten Kontaktaufnahme am 07.10.2018 um 07:30 Uhr sowie um 15:30 Uhr - beide Mal erfolglos - konstatierte eines der eingeschrittenen Sicherheitsorgane im Aktenvermerk vom 07.10.2018, dass ihnen "nicht geöffnet wurde. Eine Befragung der Nachbarin (Tür 28), Frau (...), hat ergeben, dass sie Herrn XXXX zwei Mal gesehen hat, aber jetzt schon längere Zeit nicht mehr."
Am 31.10.2018 wiederrief die Verwaltungsbehörde gemäß §34 Abs. 8 BFA-VG den Festnahmeauftrag vom 05.03.2018 wegen "Verfristung" und erließ einen neuen Festnahmeauftrag folgenden Inhalts:
"Die im Betreff genannte Person ist festzunehmen. Dieser Festnahmeauftrag ergeht in Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt (§§ 34 Abs. 5 und 47 Abs. 1 BFA-VG).
Rechtsgrundlage:
§ 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG - Vorliegen der Voraussetzungen für
Sicherungsmaßnahmen Gründe:
Für die Anordnung der Festnahme ist maßgebend:
Die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft nach § 76 FPG oder zur Anordnung gelinderer Mittel gemäß § 77 Abs. 1 FPG liegen vor und die Vorführung vor das Bundesamt erfolgt nicht aus anderen Gründen.
(...)"
Anlässlich seiner nachfolgenden Festnahme am 31.10.2018 gemäß § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG, nachdem die Sicherheitsorgane im Zuge einer Personenkontrolle festgestellt hatten, dass gegenüber dem Beschwerdeführer ein Festnahmeauftrag besteht, unternahm der Beschwerdeführer einen Fluchtversuch, der aber fehlschlug.
Der Beschwerdeführer wurde am 01.11.2018 zur beabsichtigten Schubhaftanordnung niederschriftlich einvernommen und im Anschluss daran die Schubhaft mit Mandatsbescheid vom 01.11.2018 zur Zahl 1063453506-181039589 die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.
Gegen diesen Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie gegen die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft sowie wie gegen die Festnahme erhob dieser binnen offener Frist durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter, die im Spruch angeführte NGO, das Rechtsmittel der Beschwerde gern. § 22a BFA-VG idgF an das Bundesverwaltungsgericht.
Die zugrundeliegende Vollmacht lautet entscheidungswesentlich:
"Vollmacht
mit welcher ich die juristischen Personen (...) beauftrage und bevollmächtige, mich
im Rechtsmittelverfahren gegen die Entscheidung des Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 01.11.2018, Zahl: 1063453506-181039589 ZU vertreten, Zustellungen aller Art, insbesondere Beschlüsse und Erkenntnisse anzunehmen (Zustellvollmacht: Zustellung per Fax ausschließlich an XXXX : elektronische Zustellung über BRZ möglich!, im gegenständlichen Verfahren Handlungen aller Art zu ergreifen und zurückzuziehen, (...) und überhaupt alles vorzukehren, was sie für nützlich oder notwendig erachten werden, insbesondere Akten einzusehen, darüber Auskünfte einzuholen und davon Abschriften (Kopien) zu machen.
Die Vollmacht erstreckt sich auch auf alle Nebenverfahren, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren stehen (insbesondere gebührenrechtliche Anträge), sowie auf Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand, Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens und die Einbringung von Verfahrenshilfeanträgen beim Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof..
Das Vollmachtsverhältnis ist jedoch explizit auf das gegenständliche Hauptverfahren samt Nebenverfahren beschränkt, etwaige weitere Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen, sowie jene Verfahren, die nach einer Aufhebung durch das BVwG an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen wurden, sind ausdrücklich nicht umfasst
(...)"
Am 14.11.2018 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, weder der Beschwerdeführer noch seine Vertretung brachten zur Frage der Rechtmäßigkeit der Anhaltung nach der Festnahme irgendetwas vor; sämtliche Angaben und Vorbringen bezogen sich auf die Festnahme selbst.
Noch vor der Verkündung des Erkenntnisses, den Schubhaftbescheid und die Anhaltung aufgrund desselben betreffend, erfolgte ausdrücklich der "Schluss des Beweisverfahrens".
Der Beschwerdeführer wurde am 12.12.2018 nach Afghanistan abgeschoben.
Nach seiner Abschiebung und einer zwischenzeitlich bereits am 05.12.2018 eingebrachten Beschwerde gegen die weitere Anhaltung in Schubhaft - in dieser wurde auf die Festnahme und Anhaltung aufgrund derselben mit keinem Wort Bezug genommen - erhob der Beschwerdeführervertreter in Form eines "Ergänzungsschriftsatzes" Beschwerde gegen die Anhaltung nach der Festnahme bis zur Schubhaftanordnung mit dem (bereits) angeführten Mandatsbescheid. Auch zur Frage der Rechtmäßigkeit Festnahme selbst führte er, wie im Verfahrensgang dargestellt, aus.
Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich unzweifelhaft aus den im Akt aufliegenden und als Feststellungen zitierten Dokumenten; gerade aufgrund der wörtlichen Zitierungen bedarf es eines keines weiteren Eingehens mehr.
Eine weitere Verhandlung - zur Frage der Rechtmäßigkeit der Anhaltung nach Festnahme -brauchte aufgrund des eindeutig feststehenden Sachverhaltes nicht durchgeführt werden.
Rechtliche Beurteilung
Zuständigkeit
Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) idgF erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;
2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;
3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;
4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.
Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
§ 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr 87/2012 idgF, lautet:
(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über
1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,
2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,
3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,
4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und
5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2
Gemäß § 7 Abs. 2 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.
Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Kein gesonderter Abspruch hatte über die Kosten zu erfolgen, diese wurden bereits im Verfahren über die Frage der Rechtmäßigkeit des Schubhaftbescheides und der Anhaltung aufgrund desselben abgehandelt - durch die spruchgemäße Entscheidung ergab sich im Ergebnis keine diesbezügliche Änderung, da der Beschwerdeführer vollständig unterlag.
Zu Spruchpunkt A) I. (Festnahmeauftrag, Festnahme):
Entsprechend dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 - FrÄG 2015 vom 18.06.2015, BGBl. I Nr. 70/2015, lautet §22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) wie folgt:
§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
Die Bestimmung des §22a BFA-VG idgF bildet im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage.
Materielle Rechtsgrundlage:
Darauf aufbauend wiederum folgende innerstaatliche Normen:
Festnahmeauftrag
§ 34 BFA-VG (...)
(3) Ein Festnahmeauftrag kann gegen einen Fremden auch dann erlassen werden,
1. wenn die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft nach § 76 FPG oder zur Anordnung gelinderer Mittel gemäß § 77 Abs. 1 FPG vorliegen und nicht aus anderen Gründen die Vorführung vor das Bundesamt erfolgt;
(...)
(5) Der Festnahmeauftrag ergeht in Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt; er ist aktenkundig zu machen. Die Anhaltung auf Grund eines Festnahmeauftrages darf 72 Stunden nicht übersteigen und ist nach Durchführung der erforderlichen Verfahrenshandlungen zu beenden.
(...)
Vor dem Hintergrund des festgestellten Sachverhaltes
* Nichtausreise des Beschwerdeführers trotz negativen Ausganges seines Asylverfahrens;
* viermaliges (!) Nichtantreffen an seiner Meldeadresse in der Zeit vom 07.10. - 08.10.2018;
* samt näheren Begleitumständen des unbekannten Aufenthaltes - den Beamten wurde am 07.10.2018 die Tür der Meldeadresse nicht geöffnet. Eine Befragung der Nachbarin (Tür 28), Frau (...), hat ergeben, dass sie Herrn XXXX zwei Mal gesehen hat, aber jetzt schon längere Zeit nicht mehr.
was die Unmöglichkeit der für 10.09.2018 vorgesehenen Abschiebung zur Folge hatte, durfte die Verwaltungsbehörde davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer untergetaucht war und begegnet der in der Absicht der nachfolgenden Schubhaft erlassene Festnahmeauftrag keinen Bedenken.
Festnahme
§ 40 BFA-VG (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen,
1. gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 34) besteht,
(...)
Die am 31.10.2018 durchgeführte Festnahme erfolgte daher zu Recht in Vollziehung des angeführten Festnahmeauftrages gemäß § 40 Abs. 1 Z 1
BFA-VG.
Die diesbezügliche Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Zu Spruchpunkt A) I. (Anhaltung nach der Festnahme):
Beschwerderecht und Beschwerdefrist
§ 7 VwGVG (...)
(4) (...) Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG beträgt sechs Wochen. Sie beginnt
(...)
3. in den Fällen des Art. 132 Abs. 2 B-VG mit dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, wenn er aber durch diese behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, mit dem Wegfall dieser Behinderung, (...)
Mit seinem ursprünglichen Beschwerdeschriftsatz hatte sich der Beschwerdeführer ausdrücklich nur gegen den Schubhaftbescheid und die Anhaltung aufgrund desselben sowie gegen die Festnahme infolge des rechtswidrigen Festnahmeauftrages gewandt und schließlich ausdrücklich den Antrag gestellt, das Bundesverwaltungsgericht möge "die Festnahme für unrechtmäßig erklären".
Dieser Beschwerdepunkt unterfällt daher aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Bestimmung des §22 Abs. Z 1 BFA-VG:
§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
Mit dem als "Ergänzung" zur ursprünglichen Beschwerde am 22.01.2019 eingebrachten Schriftsatz hatte der Beschwerdeführer unzweifelhaft unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit des Festnahmeauftrages und der am 31.10.2018 erfolgten Festnahme auch die Dauer der Anhaltung unmittelbar nach der Festnahme bis zur Schubhaftanordnung in Beschwerde gezogen, was einen eigenen Beschwerdegegenstand nach §22 Abs. Z 2 BFA-VG bildet:
§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder (...)
Der Beschwerdeführer hätte daher die Beschwerde gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG innerhalb von sechs Wochen ab 01.11.2018 (Anhaltezeitraum nach Festnahme), also bis zum 13.11.2018 erheben müssen.
Die diesbezügliche Beschwerde wurde daher verspätet eingebracht.
Schluss der Verhandlung
§ 47. VwGVG (...)
(3) Nach Schluss der Beweisaufnahme ist den Parteien Gelegenheit zu ihren Schlussausführungen zu geben. Dem Beschuldigten steht das Recht zu, sich als letzter zu äußern.
Die Beschwerde gegen die Anhaltung erfolgte aber auch unter dem Aspekt des § 47 Abs. 2 VwGVG verspätet, räumt doch leg.cit nach dem erfolgten "Schluss des Beweisverfahrens" in der Verhandlung vom 14.11.2018 nur die Möglichkeit ein, "Schlussausführungen" zu tätigen, unzweifelhaft aber nicht, ein völlig neues Beweisthema nach neuer Beschwerde - gegenständlich hinsichtlich der Frage der Dauer der Festnahmeanhaltung - zum Verhandlungsgegenstand zu machen.
Vertreter
§ 10 AVG (...)
(2) Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich nach den Bestimmungen der Vollmacht; (...)
Der Vollständigkeit halber sei angeführt, dass die mit Ergänzungsschriftsatz vom 22.01.2019 eingebrachte Beschwerde gegen die Anhaltung nach der Festnahme auch nicht mehr von der zugrundeliegenden Vollmacht gedeckt ist, bezog sich die vom Beschwerdeführer der im Spruch angeführten Rechtsvertretung erteilte Vollmacht lediglich ausschließlich auf das
"Rechtsmittelverfahren gegen die Entscheidung des Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 01.11.2018, Zahl: 1063453506-181039589" und auf alle Nebenverfahren, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren stehen (insbesondere gebührenrechtliche Anträge)"
Unmissverständlich wird in diesem Zusammenhang noch weiter in der Vollmachtsurkunde, besonders hervorgehoben, ausgeführt:
Das Vollmachtsverhältnis ist jedoch explizit auf das gegenständliche Hauptverfahren samt Nebenverfahren beschränkt, etwaige weitere Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen, sowie jene Verfahren, die nach einer Aufhebung durch das BVwG an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen wurden, sind ausdrücklich nicht umfasst
Da wie oben bereits angemerkt, die Beschwerde gegen die Anhaltung nach der Festnahme schon im Hinblick auf §22 Abs. 1 Z 2 BFA-VG kein Nebenverfahren zum Schubhaftbeschwerdeverfahren darstellt, sondern ein eigenes Hauptverfahren bildet, liegt auch unzweifelhaft Vollmachtsüberschreitung vor.
Jedenfalls war daher die Beschwerde gegen die Anhaltung nach der Festnahme zurückzuweisen.
In diesem Sinne wird das gegenständliche Erkenntnis nicht nur der Rechtsvertretung, bezogen auf Spruchpunkt I., zugestellt, sondern, (auch im Hinblick auf Spruchpunkt II.) im Akt hinterlegt.
Zu Spruchpunkt B. (Revision):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu obigen Spruchpunkten zu entnehmen ist, warf die Tatsachenlastigkeit des gegenständlichen Falles keine Auslegungsprobleme der anzuwendenden Normen auf, schon gar nicht waren - vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen.
Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Anhaltung, Festnahme, Festnahmeauftrag, Fluchtgefahr,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W117.2209028.3.00Zuletzt aktualisiert am
23.07.2019