Entscheidungsdatum
06.06.2019Norm
AuslBG §3 Abs8Spruch
W151 2212922-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Doris KOHL, MCJ als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichterin Mag. Sandra HUBER und den fachkundigen Laienrichter Anton LIEDLBAUER als Beisitzer über den Vorlageantrag vom 07.12.2018 des Beschwerdeführers XXXX , geb. XXXX , XXXX , StA. Kroatien, vertreten durch Embacher, Neugschwendtner Rechtsanwälte, Schleifmühlgasse 5/8, 1040 Wien, in Verbindung mit der Beschwerde betreffend Nichtausstellung einer Bestätigung nach § 3 Abs. 8 AuslBG, gegen die Beschwerdevorentscheidung des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz, GZ XXXX 8, vom 28.11.2018 in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird abgewiesen
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. XXXX , kroatischer Staatsangehöriger (im Folgenden Beschwerdeführer oder BF), stellte am 06.07.2018 beim Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz (in Folge: AMS) einen Antrag auf Ausnahmebestätigung nach § 3 Abs. 8 AuslBG. Dem Antrag beigelegt war:
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die Kopie eines Reisepasses und einer Legitimationskarte des BF,
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Bescheinigung des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äusseres vom 18.04.2018 über die Zugehörigkeit des BF zu einem Personenkreis, dem bevorzugter Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt gewährt wird,
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Auszug aus dem Eheregister,
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Meldebestätigungen,
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Kopie eines Reisepasses und einer Legitimationskarte der Ehegatten dies BF, XXXX .
2. Mit Parteiengehör vom 26.07.2018 gab die belangte Behörde bekannt, dass nicht ersichtlich sei, dass die Gattin des BF den Staat Kanada in Österreich vertrete und eine Ausnahme gem. AuslBVO § 1 Z 13 nicht möglich sei.
3. Mit Bescheid vom 17.08.2018 wies die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung einer Bestätigung gemäß § 3 Abs. 8 AuslBG mit der Begründung ab, die Gattin des BF sei kanadische Staatsbürgerin und keine EWR oder Österreichische Staatsbürgerin, weshalb keine Bestätigung nach § 3 Abs. 8 AuslBG erteilt werden könne.
4. Mit fristgerecht eingebrachter Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht brachte der BF im Wesentlichen vor, gemäß § 1 Z 13 AuslBVO seien ua. Ehegatten von Mitgliedern diplomatischer oder berufskonsularischer Vertretungen unter anderem von Kanada, die mit diesen Mitgliedern im gemeinsamen Haushalt im Bundesgebiet vom Geltungsbereich ausgenommen. Da die Ehefrau des BF Sachverständige beim Büro der Vereinten Nationen in Wien sei, seien die Voraussetzungen des § 1 Z 13 AuslBVO erfüllt.
5. Mit Bescheid vom 28.11.208 (Beschwerdevorentscheidung) wies die belangte Behörde die Beschwerde ab. Begründend wurde ausgeführt, die Ehegattin des BF sei als Sachverständige bei den Vereinten Nationen beschäftigt. Daraus könne keine diplomatische oder berufskonsularische Vertretung des Staates Kanada in Österreich abgeleitet werden. Diese sei auch kein Mitglied einer ständigen Vertretung Kanadas bei zwischenstaatlichen Organisationen.
6. Mit Schreiben vom 07.12.2018 stellte der BF einen Vorlageantrag.
7. Einlangend am 15.01.2019 wurde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF, geb. XXXX , kroatischer Staatsangehöriger stellte am 06.07.2018 beim Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz einen Antrag auf Ausnahmebestätigung nach § 3 Abs. 8 AuslBG.
Der BF ist seit 04.06.2014 mit Frau XXXX , geb. XXXX verheiratet und lebt mit dieser in einem gemeinsamen Haushalt. Frau XXXX ist kanadische Staatsbürgerin und als Sachverständige beim Büro der Vereinten Nationen in Wien tätig.
Frau XXXX ist kein Mitglied einer diplomatischen oder berufskonsularischen Vertretung (einschließlich ständiger Vertretungen bei zwischenstaatlichen Organisationen) Kanadas. Es besteht damit keine Ausnahme des BF vom Geltungsbereich des AuslBG.
2. Beweiswürdigung:
Die Staatsangehörigkeit und das Geburtsdatum des BF sowie seiner Ehegattin stehen aufgrund der Aktenklage als unstrittig fest.
Die Feststellungen zum gemeinsamen Haushalt sowie zur Tätigkeit der Ehegattin des BF als Sachverständige für das Büro der Vereinten Nationen in Wien ergeben sich aus den vorgelegten unbedenklichen Urkunden, insbesondere der Bescheinigung des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres vom 18.04.2018 und den vorgelegten Meldebestätigungen sowie aus dem unbestritten gebliebenen Vorbringen des BF.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I. Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen
Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices, die in Angelegenheiten des
Ausländerbeschäftigungsgesetzes ergangen sind, das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das
Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
Die im vorliegenden Fall anzuwendenden maßgebenden Bestimmungen des AuslBG in der geltenden Fassung lauten:
§ 1
"Geltungsbereich
§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz regelt die Beschäftigung von Ausländern (§ 2) im Bundesgebiet.
(2) bis (3) ...
(4) Der Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales kann nach Anhörung des Ausländerausschusses (§ 22) durch Verordnung weitere Ausnahmen vom Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes festlegen, sofern es sich um Personengruppen handelt, deren Beschäftigung die allgemeine Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes unter besonderer Berücksichtigung der Schutzinteressen der betroffenen inländischen Arbeitnehmer zuläßt."
§ 3 Abs. 8
"Voraussetzungen für die Beschäftigung von Ausländern
§ 3. [...]
(8) Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat Ausländern, die gemäß § 1 Abs. 2 oder aufgrund einer Verordnung gemäß § 1 Abs. 4 vom Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen sind, auf deren Antrag eine Bestätigung darüber auszustellen.
(9) ..."
Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 19. September 1990 über Ausnahmen vom Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (Ausländerbeschäftigungsverordnung - AuslBVO), BGBl. Nr. 609/1990:
"§ 1. Vom Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes sind ausgenommen:
Z 1 bis 12 ...
13. Ehegatten, eingetragene PartnerInnen und ledige Kinder bis zum vollendeten 21. Lebensjahr von Mitgliedern diplomatischer oder berufskonsularischer Vertretungen (einschließlich ständiger Vertretungen bei zwischenstaatlichen Organisationen) von Argentinien, Australien, Brasilien, Indien, Israel, Mexiko, Kanada, Südafrika, der Ukraine und den Vereinigten Staaten von Amerika in der Republik Österreich, die mit diesen Mitgliedern in einem gemeinsamen Haushalt im Bundesgebiet leben, sofern auch die Angehörigen von Mitgliedern österreichischer diplomatischer oder berufskonsularischer Vertretungen (einschließlich ständiger Vertretungen bei zwischenstaatlichen Organisationen) in Argentinien, Australien, Brasilien, Indien, Israel, Mexiko, Kanada, Südafrika, der Ukraine und den Vereinigten Staaten - jeweils auf Basis der Gegenseitigkeit - unter den gleichen Voraussetzungen eine Beschäftigung in diesen Staaten aufnehmen dürfen; für Kinder mit Behinderung gilt keine Altersbeschränkung;
14 ..."
Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
Der BF stützt seine Beschwerde im Wesentlichen auf den Umstand, dass die Ehegattin des BF Sachverständige beim Büro der Vereinten Nationen in Wien und Mitglied ständiger Vertretungen bei zwischenstaatlichen Organisationen sei und der BF damit die Voraussetzungen des § 1 Z 13 AuslBVO erfülle.
Dazu wird folgendes ausgeführt:
Durch die bereits auszugsweise zitierte Ausländerbeschäftigungsverordnung (AuslBVO) werden bestimmte Personenkreise vom Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ausgenommen. Von § 1 Z 13 AuslBVO erfasst sind Ehegatten von Mitgliedern diplomatischer oder berufskonsularischer Vertretungen, einschließlich ständiger Vertretungen bei zwischenstaatliche Organisationen, ua. von Kanada, sofern sie mit diesen Mitgliedern in einem gemeinsamen Haushalt im Bundesgebiet leben.
Gemäß Artikel 1 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen, BGBl. Nr. 66/1966, gelten als Mitglieder von Vertretungsbehörden die Mitglieder des diplomatischen Personals, des Verwaltungs- und technischen Personals und des dienstlichen Hauspersonals der Mission.
Die Ehegattin des BF, Frau XXXX , ist unbestritten als kanadische Staatsbürgerin beim Büro der Vereinten Nationen in Wien als (selbstständige) Sachverständige beschäftigt. In dieser Funktion ist sie damit weder Mitglied einer diplomatischen oder berufskonsularischen Vertretung des Staates Kanada in Österreich, noch - wie in der Beschwerde vorgebracht - Mitglied der ständigen Vertretung Kanadas bei zwischenstaatlichen Organisation im Sinne des § 1 Z 13 AuslBVO.
Auch sonst sind keine Umstände hervorgekommen, wonach der BF vom Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ausgenommen wäre. Die belangte Behörde hat zurecht keine Bestätigung gemäß § 3 Abs. 8 AuslBG ausgestellt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Eine verfassungsrechtliche Relevanz des vorliegenden Sachverhalts ist für das erkennende Gericht nicht erkennbar, sodass von einer Vorlage an den Verfassungsgerichtshof Abstand genommen werden kann.
Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 3 1. Satz VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen.
Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG nicht für erforderlich, da der festgestellte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erschien.
Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art 6. Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 2010/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C83 vom 30.03.2010 S. 389, entgegen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41), unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. z.B. die VwGH-Erkenntnisse vom 29. Juni 2005, Zl. 2004/08/0044, und vom 19. November 2004, Zl. 2000/02/0269). Des Weiteren hat der EGMR in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies in diesem Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte (vgl. das VwGH-Erkenntnis vom 28. September 2010, 2009/05/0160).
Solche Umstände, die ein Absehen von einer mündlichen Verhandlung rechtfertigen, liegen auch im gegenständlichen Fall vor.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Ausnahmebestimmung, VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W151.2212922.1.00Zuletzt aktualisiert am
22.07.2019