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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AufG 1992 §1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):96/19/2191Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerden des 1953 geborenen TM in Wien, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres 1.) vom 5. Mai 1995, Zl. 664.232/3-III/16/95, und 2.) vom 29. Februar 1996, Zl. 113.898/2-III/11/96, betreffend 1.) Zurückweisung eines Devolutionsantrages i.A. Aufenthaltsbewilligung und 2.) Abweisung eines Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 1.130,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom 26. Jänner 1993, bei der Bundespolizeidirektion Wien eingelangt am 28. Jänner 1993, die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung in Bescheidform. Einen gleichartigen Antrag stellte der Beschwerdeführer mit einer Eingabe vom 15. Februar 1994, welche am 17. Februar 1994 bei der Bundespolizeidirektion Wien einlangte.
Mit Schreiben der Bundespolizeidirektion vom 27. Juni 1994 wurden diese - offenbar gemäß § 7 Abs. 7 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) als Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gedeuteten - Anträge dem Landeshauptmann von Wien übermittelt, wo sie spätestens am 13. September 1994 einlangten.
Am 15. September 1994 beantragte der Beschwerdeführer den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über diese Anträge auf den Bundesminister für Inneres. Dieser sei - unabhängig davon, ob für ihre Behandlung die Fremdenpolizeibehörde oder die Aufenthaltsbehörde zuständig sei - jedenfalls die dafür zuständige Oberbehörde.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 23. Dezember 1994 wurde der gemäß § 7 Abs. 7 FrG an die Aufenthaltsbehörde abgetretene Antrag vom 28. Jänner 1993 gemäß § 6 Abs. 2 AufG abgewiesen. Die Zustellung dieses Bescheides an den Beschwerdeführer erfolgte am 2. Jänner 1995.
Mit dem erstangefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. Mai 1995 wurde der Devolutionsantrag des Beschwerdeführers vom 15. September 1994 gemäß § 73 AVG als unzulässig zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 7 Abs. 7 FrG dürfe einem Fremden, der eine Aufenthaltsbewilligung benötige, kein Sichtvermerk nach dem Fremdengesetz erteilt werden. Das Anbringen sei als Antrag gemäß § 6 AufG unverzüglich an die zuständige Behörde weiterzuleiten. Vorliegendenfalls benötige der Beschwerdeführer eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz. In Ansehung des Antrages vom 27. (richtig wohl: 28.) Jänner 1993 sei die Bundespolizeidirektion Wien mit Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes am 1. Juli 1993 zur Entscheidung über diesen Antrag unzuständig geworden. Sie wäre verpflichtet gewesen, diesen an den Landeshauptmann von Wien weiterzuleiten. Gemäß § 6 AVG hätte die Bundespolizeidirektion Wien auch den Antrag vom 15. Februar 1994, für dessen Behandlung sie nicht zuständig gewesen sei, an den Landeshauptmann von Wien weiterzuleiten gehabt. Im Hinblick auf die am 27. Juni 1994 erfolgte Weiterleitung sei die sechsmonatige Frist des § 73 Abs. 1 AVG für die Entscheidung der zuständigen Behörde im Zeitpunkt der Einbringung des Devolutionsantrages noch nicht abgelaufen gewesen. Der Antrag sei daher zurückzuweisen gewesen.
Mit dem zweitangefochtenen Bescheid vom 29. Februar 1996 wies der Bundesminister für Inneres die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 23. Dezember 1994 gemäß § 66 Abs. 4 AVG unter anderem in Verbindung mit § 6 Abs. 2 und § 13 Abs. 1 AufG ab. Begründend führte die belangte Behörde hinsichtlich dieses Versagungsgrundes aus, gemäß § 6 Abs. 2 AufG sei der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag auf Verlängerung könne auch vom Inland aus gestellt werden. Der dem Beschwerdeführer zuletzt erteilte Sichtvermerk sei bis 30. August 1991 gültig gewesen. Ein am 9. Oktober 1991 gestellter weiterer Antrag sei am 14. Mai 1992 abgewiesen worden. Seither halte sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Seine Antragstellung vom 28. Jänner 1993 entspreche nicht § 6 Abs. 2 AufG. Auch ein Übergangsfall im Sinne des § 13 AufG liege nicht vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen, persönlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbundenen Beschwerden erwogen:
§ 7 Abs. 7 und § 10 Abs. 4 FrG lauteten:
"§ 7. ...
...
(7) Ergibt sich aus den Umständen des Falles, daß der Antragsteller für den Aufenthalt eine Bewilligung gemäß den §§ 1 und 6 des Bundesgesetzes, mit dem der Aufenthalt von Fremden in Österreich geregelt wird (Aufenthaltsgesetz), BGBl. Nr. 466/1992, benötigt, so darf dem Fremden kein Sichtvermerk nach diesem Bundesgesetz erteilt werden. Das Anbringen ist als Antrag gemäß § 6 des Aufenthaltsgesetzes unverzüglich an die zuständige Behörde weiterzuleiten, der Antragsteller ist davon in Kenntnis zu setzen.
...
§ 10. ...
...
(4) Ein Sichtvermerk kann im Inland aus den Gründen des Abs. 3 Z 1 auch in Bescheidform erteilt werden, wenn der Fremde nicht in der Lage ist, sich ein Reisedokument seines Heimat- oder Aufenthaltsstaates zu beschaffen. Dem Fremden ist in solchen Fällen von Amts wegen ein Lichtbildausweis für Fremde (§ 64) auszustellen."
§ 6 Abs. 2 AufG lautete (auszugsweise):
"§ 6. ...
(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der
Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. ... Eine
Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: ...; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältige Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 festgelegt ist. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszwecks kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden."
Im Hinblick auf das Datum der Zustellung des zweitangefochtenen Bescheides (11. März 1996) ist für seine Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof die Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, maßgebend. § 4 Z. 4 dieser Verordnung lautete:
"§ 4. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann ausnahmsweise im Inland gestellt werden von:
...
4. Personen, für die eine Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt ist, und deren Familienangehörigen im Sinne des § 3 des Aufenthaltsgesetzes, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten."
I. Zur Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid:
Der Beschwerdeführer tritt den Feststellungen der belangten Behörde über den Verfahrensgang des Verwaltungsverfahrens ebensowenig entgegen, wie ihrer Annahme, er benötige im Sinne des § 7 Abs. 7 FrG eine Aufenthaltsbewilligung. Er erachtet jedoch den angefochtenen Bescheid für rechtswidrig, weil die - in seinem Fall behauptetermaßen mangelhafte - Zusammenarbeit zwischen der Fremdenpolizeibehörde und der Aufenthaltsbehörde im Verantwortungsbereich der belangten Behörde als Oberbehörde liege. Die Säumigkeit der Bundespolizeidirektion Wien sei vorliegendenfalls nicht selbständig rügbar gewesen. In der Einbringung eines Devolutionsantrages an die belangte Behörde sei die einzige Möglichkeit gelegen, die eingetretene Säumigkeit zu rügen. Diese Auffassung widerspreche auch nicht § 73 AVG, welcher Antragstellern ohne Bedachtnahme auf allfällige Zuständigkeitsänderungen jedenfalls ein Recht auf Erledigung ihrer Anträge binnen sechs Monaten nach Einlangen des Antrages bei der Behörde garantiere. Die Säumigkeit beider Behördenkomplexe - und zwar in ihrer kombinierten Form - sei der belangten Behörde als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde zuzurechnen. Andernfalls hätte es die Fremdenpolizeibehörde in der Hand durch beliebig späte Übersendung einzelner Akten die Erledigung aufenthaltsrechtlicher Anträge "ad infinitum" hinauszuzögern.
Vorauszuschicken ist zunächst, daß der erstangefochtene verfahrensrechtliche Bescheid vom Inkrafttreten des FrG 1997 jedenfalls unberührt blieb. Ein Fall des § 113 Abs. 6 oder 7 FrG 1997 lag nicht vor.
Die Sichtvermerksanträge betreffende Bestimmung des § 7 Abs. 7 FrG findet auch auf Anträge gemäß § 10 Abs. 4 FrG Anwendung, handelt es sich doch bei der in der letztgenannten Bestimmung umschriebenen Berechtigung ausdrücklich um einen "Sichtvermerk in Bescheidform". Für die in § 1 AufG umschriebenen Zwecke durfte daher auch ein Sichtvermerk in Bescheidform während der Geltungsdauer des Aufenthaltsgesetzes nicht erteilt werden. Die Anordnungen des § 7 Abs. 7 FrG gelten nicht bloß für Anträge auf Erteilung eines Sichtvermerkes (in Bescheidform), welche vor Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes gestellt wurden und bei dessen Inkrafttreten noch anhängig waren, sondern auch für solche, die nach dessen Inkrafttreten gestellt wurden. Da der Beschwerdeführer vorliegendenfalls eine Aufenthaltsbewilligung benötigte, hat die Bundespolizeidirektion Wien die in Rede stehenden Anträge zutreffend in Anwendung des § 7 Abs. 7 FrG an die Aufenthaltsbehörde abgetreten.
Bei der Bestimmung des § 7 Abs. 7 zweiter Satz FrG handelt es sich um eine dem § 6 Abs. 1 AVG ähnliche Bestimmung, welche die Vorgangsweise bei der Behandlung eines bei der unzuständigen (bzw. in Ansehung des Antrages vom 28. Jänner 1993 unzuständig gewordenen) Behörde anhängigen Anbringens regelt. Im Gegensatz zu
§ 6 Abs. 1 AVG bestimmt § 7 Abs. 7 FrG jedoch nicht, daß die Weiterleitung an die zuständige Behörde auf Gefahr des Einschreiters zu erfolgen habe. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu
§ 6 Abs. 1 AVG ausgesprochen, daß das Weiterleiten eines Anbringens nach dieser Gesetzesbestimmung das Erlöschen der Entscheidungspflicht der abtretenden Behörde bewirkt, hat sie doch durch diesen Verwaltungsakt - wenn auch nicht bindend - eine im Gesetz vorgesehene Verfügung über den Antrag getroffen, die ihrem Wesen nach notwendig die Annahme des Weiterbestehens ihrer Entscheidungspflicht ausschließt und weiters zur Folge hat, daß mit dem Einlangen des abgetretenen Antrages bei der "zuständigen" Behörde diese die Entscheidungspflicht nach § 73 Abs. 1 AVG trifft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. April 1989, Zl. 89/10/0085). Dieser im Bereich des § 6 AVG entwickelte Rechtssatz ist auf die hier erfolgte Übermittlung im Sinne des § 7 Abs. 7 FrG jedenfalls insoweit zu übertragen, als die Entscheidungspflicht der "zuständigen" Behörde erst einsetzt, sobald der übermittelte Antrag in ihre Verfügungsgewalt tritt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 13. März 1998, Zl. 97/19/0584).
Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Argumente vermögen keine Bedenken gegen diese Vorjudikatur zu erwecken. Der unzuständigen (oder unzuständig gewordenen) Behörde wäre es jedenfalls dann nicht möglich, eine Entscheidung "ad infinitum" hinauszuzögern, wenn man eine unter der Sanktion der Säumnisfolge gemäß § 73 AVG stehende Verpflichtung dieser Behörde zur Vornahme der Weiterleitung gemäß § 7 Abs. 7 FrG bejaht. Wollte man demgegenüber die Zulässigkeit eines Antrages gemäß § 73 AVG an die Oberbehörde der mit der Weiterleitung säumigen Behörde verneinen, so wäre der Antragsteller zur Durchsetzung der Weiterleitungspflicht auf die Veranlassung dienstaufsichtlicher Maßnahmen beschränkt. Diese Beschränkung wäre aber die logische Folge der Verneinung einer unter der Sanktion des § 73 AVG stehenden Weiterleitungspflicht der Fremdenpolizeibehörde. Keinesfalls wäre aber aus einer sich daraus ergebenden Unzulässigkeit eines Devolutionsantrages gegen die Säumnis der unzuständigen/unzuständig gewordenen Behörde mit der Weiterleitung zu folgern, daß die Entscheidungspflicht der "zuständigen" Behörde schon vor Einlangen des Antrages bei dieser einzusetzen hätte.
Auch ist die Auffassung des Beschwerdeführers, der Bundesminister für Inneres sei (im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG) die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde auch für die Bundespolizeidirektion Wien, unrichtig. Eine Säumnis einer Bundespolizeidirektion wäre mit Devolutionsantrag an die jeweils zuständige Sicherheitsdirektion geltend zu machen (vgl. den hg. Beschluß vom 25. Februar 1993, Zl. 93/18/0033). Damit kann aber die Säumnis der Bundespolizeidirektion Wien mit der Weiterleitung des Antrages vorliegendenfalls nicht der belangten Behörde "zuzurechnen" sein.
Die vorliegende Interpretation entspricht auch dem § 73 Abs. 1 AVG, weil mit "Einlangen" im Sinne dieser Bestimmung das Eintreffen bei der Behörde, deren Entscheidungspflicht in Rede steht (oder etwa im Fall einer Berufung bei einer als Einbringungsstelle gesetzlich festgelegten anderen Behörde), gemeint ist, nicht jedoch das Einlangen bei einer anderen Behörde, welche im Zeitpunkt der Antragseinbringung unzuständig war, oder auch in der Folge unzuständig wurde.
Aus dem Vorgesagten folgt zunächst, daß eine Säumnis der Bundespolizeidirektion Wien mit der Weiterleitung jedenfalls nicht mit Devolutionsantrag an die belangte Behörde geltend gemacht hätte werden können, andererseits aber auch im Zeitpunkt der Stellung des Devolutionsantrages am 15. September 1994 nicht mehr vorlag, zumal das Schreiben der Bundespolizeidirektion Wien vom 27. Juni 1994 nach der Aktenlage spätestens am 13. September 1994 beim Landeshauptmann von Wien einlangte.
Andererseits war die Entscheidungsfrist für den Landeshauptmann von Wien, gegen deren Versäumung der Devolutionsantrag an die belangte Behörde an sich zulässig gewesen wäre, im Zeitpunkt der Einbringung des hier gegenständlichen Antrages vom 15. September 1994 noch nicht abgelaufen.
Die Zurückweisung des verfrüht gestellten Devolutionsantrages durch den erstangefochtenen Bescheid war daher nicht rechtswidrig.
Die dagegen erhobene Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
II. Zum zweitangefochtenen Bescheid:
Der Beschwerdeführer bringt vor, er sei im Dezember 1990 mit einem gültigen Sichtvermerk in das Bundesgebiet eingereist. Er habe am 9. Oktober 1991 die neuerliche Erteilung eines Sichtvermerkes beantragt. Dieser Antrag sei mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 14. Mai 1992 abgewiesen worden. Die Zustellung desselben sei durch öffentliche Bekanntmachung erfolgt. Unmittelbar, nachdem der Beschwerdeführer von diesem Umstand Kenntnis erlangt habe, habe er am 28. Jänner 1993 und in der Folge auch am 15. Februar 1994 die beiden in Rede stehenden Anträge gestellt. Der zweitangefochtene Bescheid erweise sich schon deshalb als rechtswidrig, weil der Landeshauptmann von Wien zur Erledigung der in Rede stehenden Anträge nicht mehr zuständig gewesen sei. Vielmehr habe der Devolutionsantrag vom 15. September 1994 den Übergang der Zuständigkeit auf den Bundesminister für Inneres bewirkt. Da der Beschwerdeführer alle ihm zumutbaren Maßnahmen gesetzt habe, um eine Verlängerung des ihm zuletzt erteilten Sichtvermerkes zu erreichen, sei der vorliegende Antrag als Verlängerungsantrag zu deuten.
Eingangs ist festzuhalten, daß Gegenstand des zweitangefochtenen Bescheides nur der Antrag des Beschwerdeführers vom 28. Jänner 1993 war. Der Beschwerdeführer verfügte noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung. Die belangte Behörde wertete seinen Antrag daher zu Recht nicht als Verlängerungsantrag. Da der Beschwerdeführer auch am 1. Juli 1993, dem Tag des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes, über keine Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich verfügte, war ihm auch eine Antragstellung auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften gemäß § 13 Abs. 1 AufG verwehrt. Ein Fall des § 113 Abs. 6 oder 7 FrG 1997 liegt nicht vor. Der Antrag vom 28. Jänner 1993 ist weder ein rechtzeitig gestellter Verlängerungsantrag noch ein Antrag, der deshalb gestellt wurde, weil der Beschwerdeführer die Frist zur Antragstellung auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung versäumt hatte. Eine solche Frist bestand in Ansehung von vor dem 1. Juli 1993 abgelaufenen gewöhnlichen Sichtvermerken nämlich nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 1998, Zl. 97/19/1742). Auch auf Basis des hg. Erkenntnisses vom 19. Dezember 1997, Zl. 95/19/1475, liegt kein Verlängerungsantrag vor, weil der Beschwerdeführer weniger als ein Jahr rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig war und der hier gegenständliche Antrag mehr als ein Jahr nach Ablauf des dem Beschwerdeführer zuvor erteilten Sichtvermerkes gestellt wurde.
§ 6 Abs. 2 AufG ist auch auf vor Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes gestellte Sichtvermerksanträge anzuwenden, welche nach § 7 Abs. 7 FrG weitergeleitet wurden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. September 1996, Zl. 95/19/0677). Auch das allfällige Vorliegen der Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 FrG steht der Anwendung des Versagungsgrundes nach § 6 Abs. 2 AufG nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1996, Zl. 95/21/0322, sowie auch das hg. Erkenntnis vom 13. Februar 1998, Zl. 96/19/2377).
Mit der hier vorliegenden Antragstellung vom Inland aus hat der Beschwerdeführer § 6 Abs. 2 erster Satz AufG nicht Genüge getan. Dieser Umstand zieht die Abweisung des Bewilligungsantrages nach sich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 1997, Zl. 95/19/0897). Diese Rechtsfolge tritt unabhängig davon ein, ob dem Beschwerdeführer eine subjektiv vorwerfbare Störung der öffentlichen Ordnung zur Last zu legen ist. Von dem in § 6 Abs. 2 erster Satz AufG umschriebenen Erfordernis hätte die belangte Behörde vorliegendenfalls nur dann abzusehen gehabt, wenn der Beschwerdeführer zu dem in § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG oder einer darauf beruhenden Verordnung umschriebenen Personenkreis zählte. Dafür, daß dies hier der Fall gewesen wäre, ergeben sich keine Anhaltspunkte. Unter die Ausnahmebestimmung des § 4 Z. 4 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, fällt der Beschwerdeführer nicht, weil er keine Aufenthaltsbewilligung hatte. Der für ihn ausgestellte gewöhnliche Sichtvermerk fällt nicht unter diesen Begriff (vgl. das zur gleichlautenden Bestimmung des § 3 Z. 3 der Verordnung BGBl. Nr. 408/1995 ergangene hg. Erkenntnis vom 19. September 1997, Zl. 96/19/1794).
Insoweit der Beschwerdeführer schließlich vermeint, die erstinstanzliche Behörde sei zur Erlassung des Bescheides vom 23. Dezember 1994 unzuständig gewesen, ist ihm zu entgegnen, daß sein Devolutionsantrag - wie oben zu Punkt I. dargelegt - keinen Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über seinen Antrag vom 28. Jänner 1993 vom Landeshauptmann von Wien auf die belangte Behörde bewirkte.
Aus diesen Gründen war auch die Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 18. Dezember 1998
Schlagworte
Wahrnehmung der Zuständigkeit von Amts wegen sachliche ZuständigkeitWeiterleitung an die zuständige Behörde auf Gefahr des EinschreitersEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996192190.X00Im RIS seit
02.05.2001Zuletzt aktualisiert am
26.06.2017