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L92059 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Wien;Norm
Aufenthaltszwecke und Form der Aufenthaltsbewilligung 1995 §1 Abs1 Z8;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/19/2328 96/19/2329 96/19/2330Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerden 1.) des 1959 geborenen NM,
2.) der 1963 geborenen MM, 3.) des 1988 geborenen AM, sowie 4.) der 1986 geborenen SM, die Dritt- und Viertbeschwerdeführer vertreten durch ihre obsorgeberechtigte Großmutter, diese und die Erst- und Zweitbeschwerdeführer vertreten durch Dr. J und Dr. S, Rechtsanwälte in Wien, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 19. Juli 1995, 1.) Zl. 302.109/5-III/11/95 (betreffend den Erstbeschwerdeführer), 2.) Zl. 302.109/4-III/11/95 (betreffend die Zweitbeschwerdeführerin), 3.) Zl. 302.109/2-III/11/95 (betreffend den Drittbeschwerdeführer), sowie
4.) Zl. 302.109/3-III/11/95 (betreffend die Viertbeschwerdeführerin), jeweils betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Bundesrepublik Jugoslawien und Republiksbürger Serbiens. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer sind die Eltern der Dritt- und Viertbeschwerdeführer. Der Erstbeschwerdeführer verfügte über Sichtvermerke vom Oktober 1990 bis Jänner 1993; zuletzt wurde ihm ein Sichtvermerk vom 9. November 1993 bis 28. Februar 1994 erteilt. Die Zweit- bis Viertbeschwerdeführer verfügten über Sichtvermerke vom 16. August 1991 bis zum 30. Jänner 1993; zuletzt wurden ihnen Sichtvermerke vom 8. November 1993 bzw. im Fall der Dritt- und Viertbeschwerdeführer vom 9. November 1993 bis zum 28. Februar 1994 erteilt.
Mit Anträgen vom 12. Juli 1994, bei der Behörde erster Instanz eingelangt am 25. Juli 1994, beantragten die Beschwerdeführer im Weg über die österreichische Botschaft in Budapest jeweils die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Der Erstbeschwerdeführer berief sich hinsichtlich der in Österreich verfügbaren eigenen Mittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes auf eine Verpflichtungserklärung vom 6. Juli 1994 samt diesbezüglicher Lohnbestätigung der Verpflichterin. Als Aufenthaltszweck gab er den der Ausübung einer unselbständigen Tätigkeit als Lagerarbeiter sowie "Familiengemeinschaft" mit der Verpflichterin an. Die Zweitbeschwerdeführerin gab als Aufenthaltszweck den der Familiengemeinschaft mit ihrer Mutter an und berief sich hinsichtlich der in Österreich verfügbaren eigenen Mittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes auf das Einkommen ihrer Mutter und legte eine Verpflichtungserklärung ihrer Mutter sowie eine Lohnbestätigung derselben vor. Die Dritt- und Viertbeschwerdeführer gaben als Aufenthaltszweck jeweils den der Familiengemeinschaft mit ihrer Großmutter und den Schulbesuch in Österreich an. Hinsichtlich ihrer Unterhaltsmittel beriefen sie sich ebenfalls auf das Einkommen ihrer Großmutter. Die Viertbeschwerdeführerin wird ebenfalls in der von ihrer Großmutter für ihre Mutter (die Zweitbeschwerdeführerin) abgegebenen Verpflichtungserklärung genannt. Der Drittbeschwerdeführer scheint zusätzlich auf der von seinem Vater vorgelegten Verpflichtungserklärung als Person auf, die unterstützt werden sollte, berief sich aber im seinem Antrag nicht auf diese Verpflichtungserklärung.
Mit Bescheiden vom 21. Februar 1995 wies der Landeshauptmann von Wien die Anträge der Dritt- und Viertbeschwerdeführer gemäß § 4 Abs. 4 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) ab. Die Anträge der Erst- und Zweitbeschwerdeführer wurden mit Bescheiden des Landeshauptmannes von Wien vom 17. März 1995 gemäß § 4 Abs. 1 AufG abgewiesen. Die Beschwerdeführer beriefen.
Mit dem nunmehr erstangefochtenen Bescheid vom 19. Juli 1995 wurde die Berufung des Erstbeschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 AufG sowie § 10 Abs. 1 Z 2 und 3 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) abgewiesen. Die belangte Behörde begründete dies damit, daß sie ihre Entscheidung im Rahmen des vom Gesetz eingeräumten Ermessensspielraumes zu treffen habe, wobei aus den §§ 2 und 3 AufG klare Kriterien für die Art und Weise ableitbar seien, wie sich die Behörde von der ebenfalls im Gesetz begründeten Überlegung leiten zu lassen habe, daß angesichts der Zielsetzung des Gesetzes Prioritäten gesetzt werden müßten. Im Hinblick auf diese Prioritäten könne eine Aufenthaltsbewilligung für private Aufenthalte an sich arbeitsfähiger Personen prinzipiell nicht erteilt werden. Aus den Angaben des Beschwerdeführers gehe hervor, daß dieser nach wie vor keiner Erwerbstätigkeit nachgehe und eine solche auch nicht aufzunehmen gedenke. Der Unterhalt des Beschwerdeführers solle allein durch die Verpflichtungserklärung einer Dritten bestritten werden. Eine solche Finanzierung des Aufenthaltes durch Dritte ohne Gegenleistung sei aber nicht glaubwürdig und auch nicht geeignet, die dauernde Sicherung des Lebensunterhaltes des Beschwerdeführers im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zu gewährleisten. Bei einer Verpflichtungserklärung könne es sich nach Ansicht der Behörde auf keinen Fall - wie im Gesetz angegeben - um eigene Mittel handeln. Die Gattin des Erstbeschwerdeführers und die Kinder würden laut Aktenlage von der Großmutter finanziell unterstützt. Jedoch sei auch "dieser" (gemeint wohl: der Ehegattin) keine Aufenthaltsbewilligung erteilt worden, da es sich einerseits nicht um eigene Mittel handeln würde, und andererseits das Gehalt der Verpflichterin zu gering wäre, um den Unterhalt von weiteren drei Personen zu sichern. Gerade im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen habe die Berufungsbehörde festgestellt, daß unter Abwägung der persönlichen Interessen mit den öffentlichen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK die öffentlichen Interessen überwögen.
Auch die Berufung der Zweitbeschwerdeführerin wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 AufG sowie § 10 Abs. 1 Z 2 und 3 FrG abgewiesen. Der zweitangefochtene Bescheid stützt sich zusätzlich auf die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Z 2 AufG. Die belangte Behörde meinte auch im Fall der Zweitbeschwerdeführerin im Hinblick auf die Prioritäten der §§ 2 und 3 AufG könne eine Aufenthaltsbewilligung für private Aufenthalte an sich arbeitsfähiger Personen prinzipiell nicht erteilt werden. Die Beschwerdeführerin gehe keiner Erwerbstätigkeit nach und gedenke eine solche auch nicht aufzunehmen. Der Unterhalt solle allein durch die Verpflichtungserklärung der Mutter bestritten werden. Eine solche Finanzierung des Aufenthaltes durch Dritte ohne Gegenleistung sei aber nicht glaubwürdig und auch nicht geeignet, die dauernde Sicherung des Lebensunterhaltes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zu gewährleisten. Bei einer Verpflichtungserklärung könne es sich auf keinen Fall - wie im Gesetz angegeben - um eigene Mittel handeln. Dem Gatten der Beschwerdeführerin sei keine Aufenthaltsbewilligung erteilt worden, weil der Unterhalt gemäß § 5 Abs. 1 AufG nicht als gesichert scheine. Sohin träfen die Voraussetzungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 AufG ebenfalls nicht zu. Der Berufung der Zweitbeschwerdeführerin sei eine Sparbuchkopie beigelegt gewesen, welche angeblich der Mutter der Zweitbeschwerdeführerin gehöre. Dazu stelle die Behörde fest, daß es sich um ein anonymes Sparbuch handle, in dem sich eine Einlage von gesamt S 380.661,06 befände, wovon S 372.000,-- am 11. März 1994 einbezahlt worden seien. Es sei der Behörde nicht möglich, ein anonymes Sparbuch als Sicherung für den Unterhalt anzuerkennen. Gerade im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen habe die Berufungsbehörde festgestellt, daß unter Abwägung der persönlichen Interessen mit den öffentlichen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK die öffentlichen Interessen überwögen.
Im Fall der Dritt- und Viertbeschwerdeführer wies die belangte Behörde die Berufungen gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 AufG sowie § 3 Abs. 1 Z 2 und § 4 Abs. 3 AufG ab. Die belangte Behörde führte aus, die Großmutter der Beschwerdeführer könne mit ihrem Gehalt von S 11.551,-- nicht für eine dreiköpfige Familie sorgen, da sie zumindest S 11.816,-- ("inklusive Miete" - so im Bescheid des Drittbeschwerdeführers; "exklusive Miete" - so im Bescheid der Viertbeschwerdeführerin; in Ansehung beider Beschwerdeführer aber offenbar richtig: exklusive Miete) laut Sozialhilferichtsatz des Bundeslandes Wien haben müßte. Die unterhaltspflichtigen Eltern verfügten über keine Aufenthaltsbewilligung, weshalb der Unterhalt der Beschwerdeführer nicht gesichert erscheine. Die belangte Behörde gehe darüberhinaus davon aus, daß die Übernahme der Vormundschaft der Großmutter für die Dritt- und Viertbeschwerdeführer nicht realisiert worden sei.
Die dritt- und viertangefochtenen Bescheide weisen als Empfängerin die Zweitbeschwerdeführerin auf und wurden nach dem Ausweis der Verwaltungsakten dieser im Wege der Ersatzzustellung am 4. August 1995 zugestellt.
Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluß vom 11. Juni 1996, B 2888-2891/95-7, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die ergänzte Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Zur Beschwerde der Dritt- und Viertbeschwerdeführer ist vorerst zu bemerken, daß mit Beschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 3. Mai 1995, GZ 1 P 60/95, die Obsorge über die Dritt- und Viertbeschwerdeführer ihrer Großmutter zugesprochen wurde. Nach Auskunft des Bezirksgerichtes Fünfhaus wurde dieser Beschluß am 10. August 1995 rechtskräftig. Die Zweitbeschwerdeführerin war daher am 4. August 1995 (Zeitpunkt der Zustellung der Bescheide) noch zur Vertretung der Dritt- und Viertbeschwerdeführer berechtigt. Die dritt- und viertangefochtenen Bescheide wurden daher mit diesem Tag gegenüber den Dritt- und Viertbeschwerdeführern erlassen.
Die Beschwerdeführer verfügten - wie oben bereits näher dargelegt - über Sichtvermerke von Oktober 1990 bzw. August 1991 bis 30. Jänner 1993 sowie über einen Sichtvermerk vom 8. bzw. 9. November 1993 bis zum 28. Februar 1994. Die gegenständliche Antragstellung erfolgte am 12. Juli 1994. Die Beschwerdeführer verfügten noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung und auch nicht über einen am 1. Juli 1993 gültigen Sichtvermerk. Die Fälle der Beschwerdeführer sind auch nicht mit der Konstellation vergleichbar, die dem hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997, Zl. 95/19/1475, zugrundelag, weil sich die Beschwerdeführer weder langjährig rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten, noch eine bloß kurzfristige Verspätung der Antragstellung vorlag. Die gegenständlichen Anträge sind daher als Erstanträge zu werten, weshalb auf die Beschwerdefälle die Bestimmung des § 113 Abs. 6 und 7 FrG nicht anzuwenden ist.
§ 5 Abs.1 AufG lautete:
"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs.1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."
§ 10 Abs. 1 Z 2 und 3 sowie Abs.3 Z 2 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) lautete:
"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen,
wenn
......
2. der Sichtvermerkswerber nicht über ausreichende eigene
Mittel zu seinem Unterhalt oder nicht über einen alle Risken
abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt;
3. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers zu einer
finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte, es
sei denn, diese Belastung ergäbe sich aus der Erfüllung eines
gesetzlichen Anspruches;
......
(3) Die Behörde kann einem Fremden trotz Vorliegens eines
Sichtvermerksversagungsgrundes gemäß Abs.1 Z 2 oder 3 oder gemäß
Abs.2 einen Sichtvermerk erteilten,
.......
2. wenn auf Grund der Verpflichtungserklärung einer Person mit Hauptwohnsitz oder Sitz im Bundesgebiet die Tragung aller Kosten, die öffentlichen Rechtsträgern durch den Aufenthalt des Fremden entstehen könnten, gesichert erscheint."
Die in den erst- und zweitangefochtenen Bescheiden vertretene Auffassung der belangten Behörde, es sei ihr aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nicht möglich, an sich arbeitsfähigen Personen eine Aufenthaltsbewilligung zum Zweck eines privaten Aufenthaltes zu erteilen, ist unzutreffend. Wie sich aus § 1 Abs. 1 Z 8 der Verordnung der Bundesregierung über die Aufenthaltszwecke und die Form der Aufenthaltsbewilligung, BGBl. Nr. 395/1995, ergibt, können Aufenthaltsbewilligungen ohne die von der Behörde angenommene Einschränkung für einen privaten Aufenthalt erteilt werden. Sollte aus dem in der Bescheidbegründung enthaltenen Hinweis auf einen Ermessensspielraum der Schluß gezogen werden, die belangte Behörde habe in den vorliegenden Fällen eine Ermessensentscheidung treffen wollen, so hätte sie ihr Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes ausgeübt. Sie hätte bei ihrer Entscheidung die Wertungsgesichtspunkte des Gesetzes außer Acht gelassen, wonach die Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen zu privaten Zwecken nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Februar 1998, Zl. 95/19/1562).
Die belangte Behörde hat die erst- und zweitangefochtenen Bescheide jedoch auch darauf gestützt, daß der Unterhalt der Erst- und Zweitbeschwerdeführer für die Dauer der jeweils beantragten Aufenthaltsbewilligung nicht gesichert sei und zur Begründung der Heranziehung des § 5 Abs. 1 AufG jeweils auf eine von den Beschwerdeführern vorgelegte Verpflichtungserklärung Bezug genommen. Nach deren Inhalt hat sich (jeweils) eine bestimmte Person unwiderruflich verpflichtet, für den gesamten Lebensunterhalt des (jeweiligen) Beschwerdeführers uneingeschränkt aufzukommen. Die belangte Behörde hat diese Erklärungen nicht als unzureichend angesehen, sie hat auch die Einkommensverhältnisse der sich Verpflichtenden in den angefochtenen Bescheiden nicht als unzureichend beurteilt. Sie hat sich vielmehr ausschließlich darauf gestützt, daß eine "derartige Sicherung" des Lebensunterhaltes nicht glaubwürdig und nicht geeignet erscheine, die dauernde Sicherung des Lebensunterhaltes zu gewährleisten. Welche Erwägungen dieser These zugrundeliegen, kann der Begründung der erst- und zweitangefochtenen Bescheide jedoch nicht entnommen werden. Da es sich hiebei keineswegs um offenkundige Tatsachen handelt, hindert das Fehlen der Bekanntgabe der maßgebenden Erwägungen die Nachprüfung der Bescheide auf ihre inhaltliche Rechtmäßigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/0612, und zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 13. Februar 1998, Zl. 95/19/1562).
Eine Verpflichtungserklärung ist im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde grundsätzlich geeignet, den Unterhalt im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zu sichern. Sie räumt aber auch der Aufenthaltsbehörde die Möglichkeit ein, trotz Vorliegens des Versagungsgrundes nach § 10 Abs. 1 Z 2 FrG unter Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 10 Abs. 3 Z 2 FrG dennoch eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 95/19/0341).
Wäre aber die Verpflichtungserklärung der Mutter der Zweitbeschwerdeführerin geeignet, den Unterhalt der Zweitbeschwerdeführerin zu sichern, käme es auf ein Sparguthaben der Verpflichterin, dessen Vorliegen die belangte Behörde als nicht erwiesen ansah, nicht mehr an.
Insoweit die belangte Behörde die Abweisung des Antrages der Zweitbeschwerdeführerin (gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 AufG) auch darauf stützt, daß ihr Ehegatte über keine Bewilligung verfüge, vermag dies den Spruch des Bescheides schon deshalb nicht zu tragen, weil sich die Zweitbeschwerdeführerin als Aufenthaltszweck auf die "Familiengemeinschaft" mit ihrer Mutter gestützt hatte. Daß eine Bewilligung aber für diesen - bei Fehlen der Voraussetzungen des § 3 Abs.4 AufG privaten - Aufenthaltszweck, ebenso wie für den vom Erstbeschwerdeführer geltend gemachten privaten Zweck ("Familiengemeinschaft" mit der Verpflichterin), grundsätzlich erteilt werden kann, wurde oben dargelegt.
Aus diesen Erwägungen waren die erst- und zweitangefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.
Der von der belangten Behörde in den dritt- und viertangefochtenen Bescheiden herangezogene Abweisungsgrund des mangelnden Unterhaltes stützt sich darauf, daß das Einkommen der Großmutter, auf welches sich die Dritt- und Viertbeschwerdeführer berufen, nicht zur Deckung des Unterhaltes einer dreiköpfigen Familie ausreiche, sondern eine Differenz von S 265,-- verbleibe.
§ 1 Abs. 1 der aufgrund des § 13 des Wiener Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 11/1973 in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 50/1993, erlassenen Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Festsetzung der Richtsätze in der Sozialhilfe, LGBl. Nr. 13/1973 in der Fassung der Verordnung LGBl. Nr. 68/1994 (im folgenden: Wiener Sozialhilfeverordnung), lautete:
"§ 1. (1) Die Richtsätze für Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes werden mit folgenden monatlichen Beträgen festgesetzt:
1. Für den Alleinunterstützten S 4.770,--
2. Für den Hauptunterstützten S 4.652,--
3. Für den Mitunterstützten
a) ohne Anspruch auf Familienbeihilfe S 2.388,--
b) mit Anspruch auf Familienbeihilfe S 1.431,--"
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller von sich aus (initiativ) zu belegen, daß er über die zur Bestreitung seines Unterhaltes erforderlichen Mittel verfügt. Nur dadurch kommt er seiner Obliegenheit gemäß § 6 Abs. 1 AufG nach, glaubhaft zu machen, daß kein Ausschließungsgrund im Sinne des § 5 leg.cit. vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1997, Zlen. 96/19/2559 bis 2561 mwN).
Wie die Begründung der dritt- und viertangefochtenen Bescheide zeigt, hat sich die belangte Behörde bei ihrer Feststellung des Unterhaltsbedarfes der Dritt- und Viertbeschwerdeführer von S 11.816,-- am Sozialhilferichtsatz des Bundeslandes Wien orientiert und dabei offenbar die in § 1 Abs. 1 der Wiener Sozialhilfeverordnung festgelegten Richtsätze herangezogen. Die Höhe des vom Richtsatz nicht abgedeckten Mietaufwandes wurde von der Behörde nicht festgestellt. Die belangte Behörde ging davon aus, daß sowohl die Zweitbeschwerdeführerin als auch die Dritt- und Viertbeschwerdeführer ihren Unterhalt vom Gehalt der Mutter bzw. der Großmutter bestreiten wollten. Vorauszuschicken ist, daß sich im Fall der Dritt- und Viertbeschwerdeführer die Vorlage einer Verpflichtungserklärung ihrer Großmutter schon deshalb erübrigte, weil nach dem gemäß § 24 IPRG maßgeblichen serbischen Unterhaltsrecht eine Unterhaltspflicht auch zwischen Großeltern und Enkelkindern besteht (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 11. September 1998, Zl. 96/19/1671).
Die belangte Behörde spricht in den angefochtenen Bescheiden zwar davon, die Großmutter könne mit ihrem Gehalt nicht für eine "dreiköpfige Familie" sorgen; bei ihrer Berechnung ging die belangte Behörde dann aber offenbar (erklärend) davon aus, daß vom Gehalt der Großmutter - diese eingeschlossen - insgesamt vier Personen ihren Unterhalt bestreiten müßten (ein Hauptunterstützter und drei Mitunterstützte). Unter Zugrundelegung des zutreffenderweise herangezogenen Richtsatzes für Mitunterstützte ohne Anspruch auf Familienbeihilfe (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 19. November 1998, Zl. 96/19/0529) ergibt diese Berechnung genau den von der belangten Behörde errechneten Betrag von S 11.816,-.
Dem von ihr festgestellten Unterhaltsbedarf hätte die belangte Behörde sämtliche Unterhaltsmittel gegenüberzustellen gehabt, über die die Dritt- und Viertbeschwerdeführer (bzw. deren Mutter oder deren Großmutter) verfügen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellen auch Ansprüche auf Familienbeihilfe bei der Beurteilung der einem Niederlassungswerber zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel zu berücksichtigende Ansprüche dar (vgl. neuerlich in diesem Sinne das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 19. November 1998), und zwar insbesondere dann, wenn die Behörde die Sozialhilferichtsätze für Mitunterstützte ohne Anspruch auf Familienbeihilfe heranzieht. Bei Einbeziehung von Familienbeihilfe für zwei Kinder (gemäß § 8 Abs. 2 des Familienlastenausgleichsgesetzes1967 in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1995, BGBl. Nr.297, je S 1.300,--), hätte sich zusätzlich zu dem von der Großmutter der Dritt- und Viertbeschwerdeführer ins Verdienen gebrachten Betrag von S 11.551,- insgesamt pro Monat ein Betrag ergeben, der deutlich höher wäre als der von der belangten Behörde festgestellte, zur Sicherung des Unterhaltsbedarfes der Dritt- und Viertbeschwerdeführer erforderliche Betrag. Darüberhinaus hat es die belangte Behörde unterlassen, auch Sonderzahlungen, wie das Urlaubs- und Weihnachtsgeld, bei der Berechnung des zur Verfügung stehenden Unterhaltes zu berücksichtigen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellen auch derartige Sonderzahlungen zur Deckung des Lebensunterhaltes verfügbare eigene Mittel dar (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1997, Zlen. 96/19/2559 bis 2561).
Abgesehen davon, daß die belangte Behörde die Berücksichtigung dieser Ansprüche der Dritt- und Viertbeschwerdeführer versäumte, hatte sie in den angefochtenen Bescheiden lediglich eine Differenz zwischen dem festgestellten Bedarf und dem zur Verfügung stehenden Unterhalt in der Höhe von S 265,-- festgestellt. Bei einer derartigen geringfügigen Unterschreitung des als Orientierungshilfe heranzuziehenden Richtsatzes hätte selbst dann, wenn die belangte Behörde die zur Verfügung stehenden Mittel richtig festgestellt hätte, ohne weitere Ermittlungen bzw. ohne nähere Begründung nicht von einem nicht gesicherten Lebensunterhalt der Dritt- und Viertbeschwerdeführer ausgegangen werden können (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 1997, Zl. 95/19/0457, 0462).
Die Begründung der dritt- und viertangefochtenen Bescheide, die Eltern der Dritt- und Viertbeschwerdeführer verfügten über keine Aufenthaltsbewilligung vermag den Spruch dieser Bescheide nicht zu tragen, weil diese Beschwerdeführer die Familiengemeinschaft mit ihrer Großmutter und nicht mit ihren Eltern anstrebten.
Die dritt- und viertangefochtenen Bescheide waren daher ebenfalls gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 18. Dezember 1998
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel ErmessenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996192327.X00Im RIS seit
01.06.2001