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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1993 §18;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des IR in Ried im Innkreis, geboren am 1. Juni 1970, vertreten durch Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 1. August 1995, Zl. St 236/95, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines jugoslawischen Staatsbürgers, auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, zurück.
Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei in der Nacht zum 30. Mai 1995 von Ungarn kommend unter Umgehung der Grenzkontrolle und ohne im Besitz eines für die Einreise erforderlichen Reisepasses und Sichtvermerkes zu sein, unerlaubt in das Bundesgebiet eingereist. Beim Versuch, nach Deutschland auszureisen, sei der Beschwerdeführer betreten worden. Am 1. Juni 1995 sei dem Beschwerdeführer die Absicht der Behörde mitgeteilt worden, ihn nach Ungarn zurückzuschieben. Mit sofortiger Wirkung sei er zur Sicherung der Zurückschiebung in Schubhaft genommen worden. Am 26. Juni 1995 habe der Beschwerdeführer einen als Antrag nach § 54 Abs. 1 FrG zu deutenden Schriftsatz eingebracht. Dieser Antrag könne jedoch nur während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes eingebracht werden. Ein derartiges Verfahren sei aber von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn noch nicht eingeleitet worden, zumal beabsichtigt gewesen wäre, ihn zurückzuschieben. Der Ansicht des Beschwerdeführers könne nicht gefolgt werden, daß auch im Fall der geplanten Zurückschiebung ein Feststellungsverfahren durchzuführen wäre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 54 Abs. 1 FrG hat die Behörde auf Antrag eines Fremden mit Bescheid festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht ist. Zufolge des § 54 Abs. 2 leg. cit. kann der Antrag nur während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes eingebracht werden; hierüber ist der Fremde rechtzeitig in Kenntnis zu setzen. Nach dem Wortlaut des § 54 Abs. 2 FrG ist ein auf § 54 Abs. 1 leg. cit. gestützter Antrag vom Zeitpunkt der Einleitung eines Aufenthaltsverbotsverfahrens bis zu dessen rechtskräftigem Abschluß zulässig, wobei für die amtswegige Einleitung eines Aufenthaltsverbotsverfahrens weder im Fremdengesetz noch im AVG ein bestimmter Verfahrensakt vorgeschrieben ist.
Im vorliegenden Fall teilte die erstinstanzliche Behörde dem Beschwerdeführer am 25. Juli 1995 mit, es werde die über ihn verhängte Schubhaft gemäß § 48 Abs. 4 Z. 3 FrG um zwei Monate verlängert und es sei beabsichtigt, ihn nach Erlassung eines auf fünf Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes nach Albanien abzuschieben. In der Folge wurde gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 31. Juli 1995 gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 und 2, Abs. 2 Z. 2 und 7 sowie den §§ 19 bis 21 FrG ein für die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Der nunmehr angefochtene Bescheid, mit dem die belangte Behörde die Zurückweisung des Antrages des Beschwerdeführers nach § 54 Abs. 1 FrG bestätigte, ist mit 1. August 1995 datiert. Beide Bescheide wurden am selben Tag, nämlich am 2. August 1995, durch Zustellung erlassen.
Das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wurde vorliegend mit der genannten Mitteilung vom 25. Juli 1995 an den Beschwerdeführer eingeleitet. Zu diesem Zeitpunkt war der Antrag des Beschwerdeführers nach § 54 Abs. 1 FrG noch offen. Wenngleich dieser Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Zurückschiebung lautet, wertete die belangte Behörde ihn - indem sie diesen Antrag sowohl im Spruch als auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides als Antrag "auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung" bzw. als Antrag "nach § 54 Abs. 1 FrG" bezeichnete - zutreffend (auch) als Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit einer Abschiebung,
Der in der Gegenschrift vertretenen Ansicht der belangten Behörde, daß es bei Beurteilung der Rechtzeitigkeit eines Antrages nach § 54 Abs. 1 FrG allein auf den Zeitpunkt der Antragstellung ankomme, vermag der Gerichtshof nicht beizupflichten. Ein bereits eingebrachter und mangels Zurückweisung noch offener Antrag gemäß § 54 Abs. 1 FrG ist im Fall eines nachfolgend eingeleiteten Aufenthaltsverbotsverfahrens als zulässig zu werten.
Indem die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers ungeachtet eines bereits eingeleiteten Aufenthaltsverbotsverfahrens als unzulässig zurückwies, verkannte sie die Rechtslage, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 18. Dezember 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1995210981.X00Im RIS seit
20.11.2000