TE Vwgh Erkenntnis 2019/6/24 Ra 2018/02/0049

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Veröffentlicht am 24.06.2019
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §58 Abs2
AVG §60
VStG §44a Z1
VStG §44a Z2
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §29 Abs1

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/02/0050

Betreff

?

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revisionen 1. der K GmbH in W, und

2. des K in F, beide vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 1. Dezember 2017, Zl. LVwG-1-926/2016-R9, betreffend Übertretung des Vorarlberger Wettengesetzes (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Bregenz), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 8. November 2016 wurde im hier relevanten Spruchpunkt 1. der Erstrevisionswerber für schuldig erkannt, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der zweitrevisionswerbenden Partei zu verantworten, dass dieses Unternehmen an einer näher bezeichneten Betriebsstätte (einer Tankstelle) die Tätigkeit eines Wettunternehmers über ein dort aufgestelltes Wettterminal ausgeübt habe, indem zum angeführten Zeitpunkt über das genannte Wettterminal Wetten gewerbsmäßig abgeschlossen worden sei, obwohl das Unternehmen nicht im Besitz der hierfür erforderlichen Bewilligung der Vorarlberger Landesregierung gewesen sei. Der Kunde könne mittels Kundenkarte, die ihm von einer Angestellten der Tankstelle verkauft werde, direkt am ständig in Betrieb befindlichen Terminal die Wette selbstständig aussuchen, platzieren sowie auch abschließen. Es seien diverse Sportwetten angeboten worden. Der Wettabschluss werde in Form eines elektronischen Wettscheines auf der Kundenkarte gespeichert. Allfällige Gewinne würden am Verkaufspult der durchgehend geöffneten Tankstelle bar ausbezahlt.

Er habe dadurch § 15 Abs. 1 lit. a iVm § 16 Abs. 2 und § 2 Abs. 1 des Gesetzes über den Abschluss und die Vermittlung von Wetten sowie die Vermittlung von Wettkunden (Vorarlberger Wettengesetz), LGBl. Nr. 18/2003 idF LGBl. Nr. 9/2012 verletzt, weshalb über ihn gemäß § 15 Abs. 3 leg. cit. eine Geldstrafe von EUR 2.000 (Ersatzfreiheitsstrafe 26 Stunden) verhängt wurde.

Die zweitrevisionswerbende Partei hafte gemäß § 9 Abs. 7 VStG für die verhängte Geldstrafe zur ungeteilten Hand.

2 Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg mit dem angefochtenen Erkenntnis keine Folge und bestätigte die bekämpfte Entscheidung mit der Maßgabe, dass die in der Tatumschreibung enthaltene Wortfolge "Wetten gewerbsmäßig abgeschlossen" durch die Wortfolge "Wettkunden gewerbsmäßig vermittelt" ersetzt wird.

Begründend ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass an einer bestimmten Tankstelle ein Computer mit bereits aufgerufener Internetseite der zweitrevisionswerbenden Partei für diverse Sportwetten frei zugänglich aufgestellt gewesen sei. Den Kunden sei es möglich gewesen, mit den an der Tankstelle aufladbaren Kundenkarten der zweitrevisionswerbenden Partei am Computer selbstständig eine Wette abzuschließen. Die Auszahlung des Gewinnes erfolge am Verkaufspult der Tankstelle.

Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht, die zweitrevisionswerbende Partei habe in der Tankstelle ohne die erforderliche Bewilligung die Tätigkeit eines Wettunternehmers über einen dort aufgestellten Computer ausgeübt. Aufgrund des Umstandes, dass der Tankstelleninhaber die Kundenkarten der zweitrevisionswerbenden Partei auf Kundenwunsch auflade, der für Kunden frei zugänglich im Bistrobereich aufgestellte Computer möglichst durchgehend in Betrieb gewesen und bei diesem die Internetseite dieses Buchmachers bereits aufgerufen gewesen sei, damit potentielle Wettkunden auf diese Homepage besonders hingewiesen werden, habe "diese Wettkunden gewerbsmäßig vermittelt (bzw. wurde diese tätig im Hinblick auf die Zuführung von Wettkundinnen und Wettkunden an einen Buchmacher)."

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

4 Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5 Die Revision führt zu ihrer Zulässigkeit aus, das Verwaltungsgericht habe eine die Rechtssicherheit beeinträchtigende, unvertretbare Beweiswürdigung vorgenommen, abweichend von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes widerspreche der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses hinsichtlich des gewerbsmäßigen Vermittelns von Wettkunden seiner Begründung des gewerbsmäßigen Abschlusses von Wetten, die zweitrevisionswerbende Partei verfüge über eine nach dem klaren Wortlaut des § 2 Abs. 1 Vorarlberger Wettengesetz erforderliche Buchmacherbewilligung in Tirol und die verletzte Verwaltungsvorschrift sei entgegen § 44a Z 3 VStG in der falschen Fassung genannt worden.

6 Gemäß § 1 Abs. 2 Vorarlberger Wettengesetz ist Wettunternehmer, wer Wetten gewerbsmäßig abschließt (Buchmacher), wer Wetten gewerbsmäßig vermittelt (Totalisateur) oder wer Wettkunden gewerbsmäßig vermittelt (Vermittler von Wettkunden).

§ 1 Abs. 5 leg. cit. definiert ein Wettterminal im Sinne dieses Gesetzes als eine technische Einrichtung in einer Betriebsstätte, die geeignet ist, einer Person unmittelbar die Teilnahme an einer Wette zu ermöglichen. Die Tätigkeit eines Wettunternehmers in einer oder mehreren Betriebsstätten im Land Vorarlberg bedarf einer Bewilligung der Landesregierung (§ 2 Abs. 1 Vorarlberger Wettengesetz).

7 § 15 Abs. 1 Vorarlberger Wettengesetz, in Fassung

LGBl. Nr. 44/2013 lautet auszugsweise:

"Strafbestimmungen

(1) Eine Übertretung begeht, wer

a) die Tätigkeit als Wettunternehmer ohne die erforderliche Bewilligung oder Berechtigung aufgrund einer Anzeige ausübt,

b) den in der Bewilligung festgelegten Bedingungen zuwiderhandelt oder die Auflagen nicht erfüllt oder entgegen § 7a Abs. 1 oder einer auf § 7a Abs. 2 beruhenden Verordnung ein Wettterminal aufstellt oder betreibt;

...

(3) Übertretungen nach den Abs. 1 und 2 sind von der Bezirkshauptmannschaft mit einer Geldstrafe bis zu 25.000 Euro zu bestrafen."

8 Damit gibt es unterschiedliche Tätigkeiten als Wettunternehmer, und zwar jene des Buchmachers, des Totalisateurs und des Vermittlers von Wettkunden. Deren Ausübung ohne die erforderliche Bewilligung oder Berechtigung aufgrund einer Anzeige stellt jeweils eine unterschiedliche Verwaltungsübertretung dar. 9 Den Feststellungen und der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Erkenntnisses lässt sich nicht entnehmen, an wen die zweitrevisionswerbende Partei Wettkunden vermittelt hätte. Vielmehr wird die zweitrevisionswerbende Partei als Inhaberin der am Computer geöffneten Internetseite festgestellt (ES 5) und in den Rechtsausführungen die Internetseite als jene des Buchmachers behandelt (ES 10). Daraus ergäbe sich, dass die zweitrevisionswerbende Partei Wettkunden an sich selbst vermittelt hätte, was jedoch ausgeschlossen wäre (vgl. VwGH 11.9.2013, 2012/02/0265) und sie vielmehr - entgegen dem Spruch des angefochtenen Erkenntnisses - die Tätigkeit des Buchmachers ausgeübt hätte.

10 Da sich dieser Widerspruch zwischen Spruch und Begründung nicht bloß als terminologische Abweichung darstellt, deren Wirkung sich im sprachlichen erschöpft, vielmehr die Wahl unterschiedlicher Begriffe eine Unterschiedlichkeit in der rechtlichen Wertung durch Subsumtion unter je ein anderes Tatbild zum Ausdruck bringt, haftet dem angefochtenen Bescheid nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes inhaltliche Rechtswidrigkeit an (vgl. VwGH 27.5.2011, 2010/02/0231, mwN). 11 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. Es erübrigt sich aus diesem Grund auch, auf das weitere Revisionsvorbringen näher einzugehen.

12 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 24. Juni 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018020049.L00

Im RIS seit

23.08.2019

Zuletzt aktualisiert am

30.08.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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