Entscheidungsdatum
14.06.2019Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VwGVG §38Text
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Pühringer über die Beschwerde vom 11. Dezember 2018 gegen das Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 5. Dezember 2018, Zl. …, betreffend eine Übertretung des § 24 Abs. 1 lit. a StVO den
BESCHLUSS
gefasst:
I. Gemäß § 13 Abs. 4 AVG, BGBl. 51/1991 idF BGBl. I 57/2018, wird das Beschwerdeverfahren eingestellt.
II. Gegen diesen Beschluss ist die ordentliche Revision – soweit die Revision nicht bereits nach § 25a Abs. 4 VwGG ausgeschlossen ist – nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
B e g r ü n d u n g
I. Verfahrensgang
1. Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, Zl. …, vom 5. Dezember 2018 wurde A. B. – mit näherer Begründung – eine Verwaltungsübertretung gemäß § 24 Abs. 1 lit. a StVO zur Last gelegt und dafür eine Geldstrafe von € 78,— bzw. für den Fall, dass diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 18 Stunden auferlegt.
2. Dagegen richtet sich die mit E-Mail vom 11. Dezember 2018 fristgerecht eingebrachte Beschwerde.
3. Die belangte Behörde nahm von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung Abstand und legte die Beschwerde dem Verwaltungsgericht Wien (einlangend am 1. April 2019) vor.
Dem Ersuchen des Verwaltungsgerichts Wien vom 5. April 2019, den Verwaltungsakt vollständig und chronologisch sortiert neuerlich zu übermitteln, entsprach die belangte Behörde mit Eingabe vom 14. Mai 2019.
II. Sachverhalt
1. Das Verwaltungsgericht Wien legt seiner Entscheidung folgende Feststellungen zu Grunde:
Die Zustellung des Straferkenntnisses vom 5. Dezember 2018 wurde an A. B., C.-Straße, Wien, verfügt.
Die Beschwerde vom 11. Dezember 2018 hat folgenden Inhalt:
"Von: d@hotmail.com *EXTERN* <d@hotmail.com>
Gesendet: Dienstag, 11. Dezember 2018 13:48
An: MA 67 Rechtsmittelverfahren
Anlagen: […]
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E. diskont
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Im Anhang wurde eine Kopie der ersten Seite des Straferkenntnisses vom 5. Dezember 2018 übermittelt.
Mit Schreiben des Verwaltungsgerichts Wien vom 17. Mai 2019 – am 22. Mai 2019 nachweislich von einem Ersatzempfänger übernommen – wurde A. B. zur Kenntnis gebracht, dass die Identität des Einschreiters zweifelhaft sei, da das schriftliche Anbringen der "E. diskont" keine Unterschrift aufweise und aufgetragen – sollte dieses Schreiben von ihm stammen – die Identität durch Anbringung seiner Unterschrift auf der Beschwerde binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens nachzuweisen. Unter einem wurde darauf hingewiesen, dass der fruchtlose Ablauf dieser Frist zur Folge habe, dass das Anbringen als zurückgezogen gelte.
Dieser Aufforderung ist A. B. weder innerhalb der hierfür eingeräumten Frist, noch bis dato nachgekommen.
2. Diese Feststellungen ergeben sich aus folgender Beweiswürdigung:
Die Feststellungen gründen sich auf den vorliegenden Akteninhalt, insbesondere das Straferkenntnis vom 5. Dezember 2018, die Beschwerde vom 11. Dezember 2018 samt Beilage und das verwaltungsgerichtliche Schreiben vom 17. Mai 2019 samt dem bezughabenden, korrekt ausgefüllten Rückschein. Das Verwaltungsgericht Wien zweifelt – nach Vorlage des vollständigen und chronologisch sortierten Verwaltungsaktes durch die belangte Behörde mit Eingabe vom 14. Mai 2019 – nicht an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Aktenlage.
III. Rechtliche Beurteilung
1. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
Der im Beschwerdefall anzuwendende § 13 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. 51/1991 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I 57/2018, lautet (auszugsweise):
"3. Abschnitt: Verkehr zwischen Behörden und Beteiligten
Anbringen
§ 13. (1) - (2) […]
(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
(4) Bei Zweifeln über die Identität des Einschreiters oder die Authentizität eines Anbringens gilt Abs. 3 mit der Maßgabe sinngemäß, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf der Frist als zurückgezogen gilt.
[…]"
2. Gemäß § 13 Abs. 3 AVG – der gemäß § 38 VwGVG iVm § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren vor dem Verwaltungsgericht anzuwenden ist – ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur sofortigen Zurückweisung. Die Behörde – bzw. das Verwaltungsgericht – hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass sein Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Gemäß § 13 Abs. 4 AVG gilt Abs. 3 par.cit. bei Zweifeln über die Identität des Einschreiters oder die Authentizität des Anbringens mit der Maßgabe sinngemäß, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf der Frist ex lege als zurückgezogen gilt (vgl. dazu auch VwGH 31.3.2016, 2013/07/0023).
3. Im Beschwerdefall konnte nicht festgestellt werden, wem das Anbringen vom 11. Dezember 2018 zuzurechnen war, da die Beschwerde mit "E. diskont" gezeichnet war, jedoch keine Unterschrift aufwies und von einer aufgrund des Wortlauts weder "E. diskont" noch A. B. zurechenbaren E-Mail-Adresse (d@hotmail.com) gesendet wurde. Für das Verwaltungsgericht Wien war sohin unklar, wer in dieser Beschwerdesache tatsächlich eingeschritten ist bzw. ob der Beschwerdeführer die Beschwerdeführung überhaupt autorisiert hatte.
4. Es erging daher seitens des Verwaltungsgerichts Wien der Auftrag vom 17. Mai 2019 an A. B., diesen Mangel binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens zu beheben.
Das Schriftstück wurde A. B. – laut dem Akt einliegenden, unbedenklichen Zustellnachweis "RSb" – am 22. Mai 2019 im Wege eines Ersatzempfängers zugestellt. Der Rückschein, auf dem die Zustellung durch den Zusteller beurkundet wurde (§ 22 Abs. 1 ZustG), ist eine öffentliche Urkunde. Als öffentliche Urkunde begründet ein "unbedenklicher" – das heißt die gehörige äußere Form aufweisender – Zustellnachweis die Vermutung der Echtheit und der inhaltlichen Richtigkeit des bezeugten Vorgangs (vgl. VwGH 30.1.2014, 2012/03/0018).
5. Die gerichtlich festgelegte Verbesserungsfrist begann daher am 22. Mai 2019 und endete mit Ablauf des 5. Juni 2019.
6. Dieser Aufforderung kam A. B. weder innerhalb der ihm gesetzten Frist, noch bis dato nach. Mangels Verbesserung des Mängelbehebungsauftrags vom 17. Mai 2019 gilt sohin die Beschwerde vom 11. Dezember 2018 gemäß § 13 Abs. 4 AVG ex lege als zurückgezogen (vgl. dazu auch VwGH 31.3.2016, 2013/07/0023).
7. Das Beschwerdeverfahren betreffend die Beschwerde vom 11. Dezember 2018 ist infolge § 13 Abs. 4 AVG mit Beschluss einzustellen.
8. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte in Hinblick auf § 44 Abs. 2 VwGVG entfallen.
9. Eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) gemäß § 25a Abs. 4 VwGG ist unzulässig, zumal wegen einer Übertretung des § 24 Abs. 1 lit. a iVm § 99 Abs. 3 lit. a StVO bloß eine Geldstrafe von bis zu € 726,— und keine (primäre; vgl. hiezu zB VwGH 29.10.2014, Ra 2014/01/0113) Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und mit dem angefochtenen Straferkenntnis bloß eine Geldstrafe in der Höhe von € 78,— verhängt wurde. Die Revision ist auch dann nach § 25a Abs. 4 VwGG absolut unzulässig, wenn es sich bei der bekämpften Entscheidung des Verwaltungsgerichts um die Einstellung eines Beschwerdeverfahrens handelt, zumal der Begriff der "Verwaltungsstrafsache" auch rein verfahrensrechtliche Entscheidungen – wie die gegenständliche Einstellung –, die in einem Verwaltungsstrafverfahren ergehen, einschließt (vgl. VwGH 1.12.2015, Ra 2015/02/0223).
Im Übrigen ist die ordentliche Revision unzulässig, da im Beschwerdefall keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der zitierten bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Zweifeln über die Identität des Einschreiters ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Einstellung; Identität des Einschreiters; Anbringen; Zurückziehung; Mangel; Mängelbehebungsauftrag; Authentizität des AnbringensEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.031.032.4680.2019Zuletzt aktualisiert am
19.07.2019