TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/16 L502 2147087-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.01.2019
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Entscheidungsdatum

16.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §34 Abs2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L502 2147081-1/10E

L502 2147068-1/9E

L502 2147071-1/6E

L502 2147087-1/6E

L502 2147084-1/6E

L502 2147074-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , 3.) XXXX , geb. XXXX , 4.) XXXX , geb. XXXX , 5.) XXXX , geb. XXXX , und 6.) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Irak und vertreten durch ARGE-Rechtsberatung, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.01.2017, FZ. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.12.2018, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer (BF1) stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 23.09.2015 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz, seine Ehegattin, die Zweitbeschwerdeführerin (BF2), für sich sowie ihre drei älteren minderjährigen Kinder, den Drittbeschwerdeführer (BF3), den Viertbeschwerdeführer (BF4) und die Fünftbeschwerdeführerin (BF5), ebenso nach illegaler Einreise am 03.02.2016. Der Sechstbeschwerdeführer (BF6) wurde in Österreich geboren, für ihn wurde von seinen gesetzlichen Vertretern am 17.01.2017 ein Antrag gestellt.

2. Am 25.09.2015 erfolgte die Erstbefragung des BF1 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, am 03.02.2016 jene der BF2. In weiterer Folge wurden die Verfahren zugelassen und an der Regionaldirektion Salzburg des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) weitergeführt.

3. Am 17.11.2015 bzw. 12.02.2016 legte der BF1 beim BFA Kopien irakischer Identitätsnachweise (Personendatenblatt des Reisepasses, irakische ID-Card) bzw. seinen Reisepass im Original vor. Die BF2 legte ihren Reisepass im Original anläßlich ihrer Erstbefragung vor.

Die Reisepässe wurden einer urkundentechnischen Untersuchung unterzogen und einem Untersuchungsbericht vom 08.06.2016 sowie einem Aktenvermerk vom 19.09.2016 zufolge für authentisch bzw. unbedenklich befunden.

4. Am 28.09.2016 wurden BF1 und BF2 vor dem BFA zu ihren Anträgen auf internationalen Schutz einvernommen. Der BF2 legte dabei weitere Identitätsnachweise (irakischer Personalausweis, Heiratsurkunde, Presseausweis) und sonstige Beweismittel vor, die in die deutsche Sprache übersetzt und in Kopie zum Akt genommen wurden.

Zu den ihnen ausgefolgten länderkundlichen Informationen wurde ihnen eine Frist zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme eingeräumt.

5. Mit 11.10.2016 gab der BF1 eine schriftliche Stellungnahme an das BFA ab und legte Schulbesuchsbestätigungen für seine beiden älteren Kinder vor.

6. Mit den im Spruch genannten Bescheiden der belangten Behörde vom 18.01.2017 wurden die Anträge von BF1 bis BF6 auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde die Anträge auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ihnen eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.).

7. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom gleichen Tag wurde den BF von Amts wegen gemäß § 52 BFA-VG ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.

8. Gegen die ihnen durch Hinterlegung mit Wirksamkeit vom 23.01.2017 zugestellten Bescheide wurde mit Schriftsatz vom 02.02.2017 innerhalb offener Frist in vollem Umfang Beschwerde erhoben. Unter einem wurden Vollmachten zugunsten ihrer nunmehrigen Vertretung vorgelegt.

9. Mit 09.02.2017 langten die Beschwerdevorlagen des BFA beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein und wurden die gg. Beschwerdeverfahren der nunmehr zuständigen Abteilung des Gerichts zur Entscheidung zugewiesen.

10. Am 02.08.2017 langte beim BVwG eine Eingabe der Vertretung der BF (Schulbesuchsbestätigungen, medizinische Unterlagen die BF2 betreffend, sogen. Screenshots des Mobiltelefons des BF1) samt Erläuterung ein.

11. Am 16.07.2018 langte beim BVwG eine Kopie eines Schreibens der BH Salzburg-Umgebung an das BFA iZm der Vorlage des irakischen KFZ-Führerscheins durch den BF1 bei der irakischen Botschaft in Wien samt einer Echtheitsbestätigung für den FS durch die Botschaft.

12. Am 03.12.2018 führte das BVwG eine mündliche Verhandlung in den Rechtssachen der Beschwerdeführer durch, in der BF1 und BF2 zu ihren Antragsgründen persönlich gehört wurden und sie verschiedene Integrationsnachweise (Schulbesuchsbestätigungen, Teilnahmebestätigungen für Sprach- und Wertekurse) sowie weitere Beweismittel (Fotos) vorlegten.

13. Das BVwG erstellte Auszüge aus den Datenbanken der Grundversorgungsinformation, des Melde- sowie des Strafregisters.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführer, deren genaue Identitäten feststehen, sind irakische Staatsangehörige, Araber und Muslime der schiitischen Glaubensgemeinschaft.

Der BF1 war beginnend mit ca. 2010 bis zur Ausreise im Jahr 2015 beruflich als Fotoreporter für eine irakische Zeitung namens " XXXX XXXX " tätig und bezog als Angestellter der Zeitung ein monatliches Gehalt von ca. XXXX Dinar (ca. XXXX EUR). Im Rahmen dieser Tätigkeit bereiste er zwischen 2010 und 2014, insbesondere in den Jahren 2013 und 2014, mehrfach auch Länder wie den Iran und Georgien. Daneben war er im Autohandel tätig. Insgesamt erwirtschaftete er ein monatliches Einkommen in Höhe von ca. XXXX EUR.

BF1 und BF2 sind nahe Verwandte und schlossen im Jahr 2003 in XXXX die Ehe, der vier in den Jahren 2004, 2009, 2010 und 2016 geborene Kinder entstammen. Sie hatten bis zur Ausreise des BF1 einen gemeinsamen Wohnsitz in XXXX im Stadtteil XXXX in einem der Herkunftsfamilie des BF1 gehörenden Wohnhaus. Auch die Herkunftsfamilie der BF2 bewohnt ein Haus in XXXX . Der Vater des BF1 ist verstorben, er war mit zwei Ehefrauen verheiratet. Aktuell leben in XXXX die Mutter des BF1, drei verheiratete Brüder einschließlich ihrer Angehörigen sowie zwei Halbbrüder, dies in den Stadtteilen XXXX und XXXX . Auch eine jeweils verheiratete Schwester und Halbschwester des BF1 leben in XXXX . Alle Brüder des BF1 gehen verschiedenen Erwerbstätigkeiten als Autohändler, Elektriker etc. nach. Die Eltern der BF2 sowie zwei Brüder, einer davon ist verheiratet und hat zwei Kinder, und drei Schwestern leben aktuell in XXXX in XXXX . Die Familie der BF2 wird von einem Onkel, der ein Immobilienbüro betreibt, regelmäßig finanziell unterstützt. Ein jüngerer Bruder der BF2 kam im September 2016 auf nicht feststellbare Weise ums Leben. Sowohl BF1 als auch BF2 stehen mit ihren Herkunftsfamilien im Irak in Kontakt.

Der BF1 verließ den Irak zuletzt am 09.09.2015 ausgehend von XXXX auf dem Luftweg in die Türkei, von dort gelangte er schlepperunterstützt auf dem Landweg nach Österreich, wo er am 23.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte und sich seither aufhält. Die BF2 verließ zuletzt den Irak gemeinsam mit den BF3 bis BF5 am 22.01.2016 ausgehend von XXXX und reiste gemeinsam mit ihren Kindern ebenfalls über die Türkei, Griechenland und mehrere Balkanstaaten bis Österreich, wo sie am 03.02.2016 Anträge auf internationalen Schutz für sich und die Kinder stellte und sich seither mit ihnen aufhält. Der BF6 wurde 2016 in Österreich geboren, für ihn wurde am 17.01.2017 ein Antrag gestellt.

Der BF1 verfügt über einen am 03.05.2008 in XXXX ausgestellten irakischen Reisepass, dessen Gültigkeit mit 02.05.2016 ablief, und einen dort am 15.02.2012 ausgestellten irakischen Führerschein, dessen Gültigkeit am 15.02.2017 ablief. Die BF2 verfügt über einen am 11.01.2016 in XXXX ausgestellten und bis 09.01.2024 gültigen Reisepass. Der BF3 verfügt über einen am 14.01.2016 ausgestellten und bis 13.01.2020 gültigen Reisepass. BF4 und BF5 verfügen jeweils über einen am 13.08.2014 ausgestellten und bis 12.08.2018 gültigen Reisepass, den sie vor der letzten Ausreise aus dem Irak am 22.01.2016 auch für Auslandsreisen in den Jahren 2014 und 2015 in den Iran und die Türkei verwendeten.

BF1 und BF2 sprechen Arabisch als Muttersprache. Der BF1 erwarb durch den Besuch von Sprach- und Integrationskursen und die BF2 durch ihre sozialen Kontakte in Österreich Grundkenntnisse der deutschen Sprache, der BF1 absolvierte erfolgreich eine Sprachprüfung auf dem Niveau A1. Der BF3 besucht derzeit die 3. Klasse einer Neuen Mittelschule, der BF4 die 3. Klasse einer Volksschule und die BF5 die 1. Klasse einer Volksschule. Diese Kinder verfügen über gute Deutschkenntnisse für den Alltagsgebrauch.

Der BF1 hat sich nach der Einreise gelegentlich ehrenamtlich in einer katholischen Kirche betätigt. Er ist in Österreich bisher noch keiner sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachgegangen. Alle Beschwerdeführer beziehen für ihren Lebensunterhalt seit der Einreise Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber und wohnen in einer organisierten Unterkunft in einem Familienzimmer. BF1 und BF2 sind bis dato in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

BF1 sowie BF3 bis BF6 litten bis dato unter keinen maßgeblichen gesundheitlichen Beschwerden. Die BF2 brachte ihr jüngstes Kind im XXXX frühzeitig per Kaiserschnitt zur Welt, im Gefolge dessen wurde ihre XXXX operativ entfernt, ebenso erfolgte eine operative Korrektur eines XXXX . Im Gefolge der Eingriffe wurde eine durch die vorherige Schwangerschaft bedingte XXXX diagnostiziert, die für drei Monate medikamentös behandelt wurde. Seither erfolgte keine medizinische Therapie mehr. Ein aktueller Behandlungsbedarf war für ihre Person nicht feststellbar.

1.2.1. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF1 den Herkunftsstaat aufgrund individueller Verfolgung durch Mitglieder einer bewaffneten Miliz im Zusammenhang mit seiner vormaligen Tätigkeit als Fotoreporter der og. irakischen Zeitung verlassen hat oder im Falle einer Rückkehr in den Irak der Gefahr einer solchen ausgesetzt ist.

Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der BF1 im Zusammenhang mit dieser früheren beruflichen Tätigkeit und einem behaupteter Weise aus dieser resultierenden Ermordung eines Bruders der BF2 von deren Familienangehörigen bei einer Rückkehr in den Irak verfolgt wird.

1.2.2. Eine individuelle Verfolgung der BF2 und ihrer minderjährigen Kinder als Angehörige des BF1 wegen der von ihm behaupteten vormaligen beruflichen Tätigkeit war ebenso nicht feststellbar.

1.2.3. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF2 wegen einer Abkehr von traditionell-muslimischen Bekleidungsregeln nach der Ausreise aus ihrem Herkunftsstaat oder wegen ihr unterstellter, nach traditionellen religiösen Maßstäben ungehöriger Verhaltensweisen in Österreich bei einer Rückkehr in den Irak von Mitgliedern ihrer Herkunftsfamilie verfolgt wird.

Auch eine Verfolgungsgefahr für den BF1, die aus diesen Gründen auf ihn durchschlagen würde, war nicht festzustellen.

1.3. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Irak aus sonstigen individuellen Gründen oder aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort einer maßgeblichen Gefährdung ausgesetzt wären oder dort keine hinreichende Existenzgrundlage vorfinden würden.

1.4. Der gg. Entscheidung werden folgende länderkundliche Informationen zur allgemeinen Lage im Irak zugrunde gelegt:

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, den sogen. Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften, auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite um die Kontrolle der - im Zentrum des seit Sommer 2014 bestehenden Machtbereichs des IS gelegenen - Hauptstadt Mosul der Provinz Ninava gekennzeichnet. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen Anbar, Diyala und Salah al-Din im Zentral- und Südirak voraus. Die kriegerischen Ereignisse im Irak seit 2014 brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile sowie umgekehrt Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Ägide des UNHCR versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren, mit Schwerpunkten in den drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, in sowie um XXXX sowie im Umkreis von Kirkuk, im Hinblick auf ihre elementaren Lebensbedürfnisse sowie deren Dokumentation und Relokation, ein geringer Anteil der Vertriebenen sorgt für sich selbst in gemieteten Unterkünften und bei Verwandten und Bekannten. Vor dem Hintergrund einer langfristigen Tendenz unter den Binnenvertriebenen zur Rückkehr in ihre Herkunftsgebiete waren mit Oktober 2018 noch ca. 1,8 Mio. (seit 2014) Binnenvertriebene innerhalb des Iraks registriert, diesen standen wiederum ca. 4,1 Mio. Zurückgekehrte gegenüber. Schwerpunkte für Rückkehrende sind die Provinzen Ninava, Anbar, Salah al-Din und Kirkuk.

Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) gemeinsam mit schiitischen Milizen, den sogen. Popular Mobilisation Forces (PMF), sowie mit Unterstützung alliierter ausländischer Militärkräfte im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, die Einheiten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz Al Anbar bzw. deren Metropolen Fallouja und Ramadi als auch aus den nördlich an XXXX anschließenden Provinzen Diyala und Salah al Din zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet in der Folge auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt Mosul, Provinz Ninava, sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze westlich von Mosul. Ab November 2016 wurden sukzessive die Umgebung von Mosul sowie der Ostteil der Stadt bis zum Ufer des Tigris wieder unter die Kontrolle staatlicher Sicherheitskräfte gebracht, im Westteil wurde der IS von den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, die aus dem Süden, Norden und Westen in das Zentrum der Stadt vordrangen, in der Altstadt von Mosul eingekesselt. Der IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in XXXX und anderen Städten im Süd- sowie Zentralirak seine wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren. Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premier Abadi Mosul für vom IS befreit. In der Folge wurden auch frühere Bastionen des IS westlich von Mosul in Richtung der irakisch-syrischen Grenze wie die Stadt Tel Afar durch die Militärallianz vom IS zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz Anbar sowie eine Enklave um Hawija südwestlich von Kirkuk. Mit Beginn des Dezember 2017 mußte der IS seine letzten territorialen Ansprüche innerhalb des Iraks aufgeben, am 01.12.2017 erklärte Premier Abadi den gesamtem Irak für vom IS befreit.

Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, nämlich Dohuk, Erbil und XXXX , ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte wie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen als stabil anzusehen. Am 25.09.2017 hielt die kurdische Regionalregierung ein Referendum für eine mögliche Unabhängigkeitserklärung der Autonomieregion ab. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung in der Frage der Kontrolle über die von kurdischen Sicherheitskräften bislang besetzt gehaltenen Grenzregionen südlich der Binnengrenze der Autonomieregion zum übrigen irakischen Staatsgebiet, insbesondere die Region um die Stadt Kirkuk. Am 15.10.2017 wurden die in Kirkuk stationierten kurdischen Sicherheitskräfte von Einheiten der irakischen Armee und der Polizei sowie der sogen. der Zentralregierung nahestehenden Volksmobilisierungseinheiten angegriffen, die sich in der Folge aus Kirkuk zurückzogen. Zuletzt kam es zur Besetzung weiterer Landstriche entlang der Binnengrenze sowie von Grenzübergängen an der irakisch-syrischen Grenze durch die irakische Armee und die Volksmobilisierungseinheiten, während sich die kurdischen Sicherheitskräfte aus diesen Bereichen zurückzogen. Eine Einreise in die Provinzen der kurdischen Autonomieregion ist aktuell aus Österreich auf dem Luftweg ausgehend vom Flughafen Wien via Amman und via Dubai nach Erbil und auf indirektem Weg via XXXX möglich.

Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz XXXX , war, als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und bis 2014 insgesamt stabil. Auch war die Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen. Die Gegenoffensive staatlicher Sicherheitskräfte und deren Verbündeter gegen den IS in Anbar und den nördlicher gelegenen Provinzen bedingte vorerst eine Verlagerung von Militär- und Polizeikräften in den Norden, die wiederum eine größere Instabilität im Süden verbunden vor allem mit einem Anstieg an krimineller Gewalt mit sich brachte. Aktuell sind im Gefolge der Vertreibung des IS aus seinem früheren Herrschaftsgebiet im Irak keine maßgeblichen sicherheitsrelevanten Ereignisse bzw. Entwicklungen für die Region bekannt geworden.

Die Sicherheitslage im Großraum XXXX war im Wesentlichen ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt durch die oben genannten Ereignisse im Zusammenhang mit der Bekämpfung des IS im Zentralirak. Seit 2016 kam es im Stadtgebiet von XXXX zu mehreren Anschlägen bzw. Selbstmordattentaten auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern, die sich, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS, gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte richteten um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden. So wurden am 13. und 15. Jänner 2018 von Selbstmordattentätern zwei Sprengstoffanschläge auf öffentliche Plätze in XXXX verübt, deren genaue Urheber nicht bekannt wurden. Für den Großraum XXXX sind im Gefolge der nunmehrigen Vertreibung des IS aus seinem früheren Herrschaftsgebiet nur mehr wenige sicherheitsrelevante Ereignisse bzw. Entwicklungen bekannt geworden. Zuletzt kam es am 06.06.2018 im Stadtteil Sadr-City zu einem Anschlag unbekannter Täter auf eine Moschee, bei dem 18 Menschen starben und 90 verletzt wurden.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in die Verfahrensakten unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF1 und der BF2, der bekämpften Bescheide, der Beschwerdeschriftsätze, der schriftlichen Stellungnahmen ihrer Vertretung im Beschwerdeverfahren und der sonstigen im Zuge dessen vorgelegten Beweismitteln, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem BVwG sowie die Einholung von Auskünften des Zentralen Melderegisters, des Strafregisters und des Grundversorgungsdatensystems die Beschwerdeführer betreffend.

2.2. Identität und Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer waren auf der Grundlage der vorgelegten nationalen Identitätsdokumente von BF1 bis BF5 sowie der Geburtsurkunde des nachgeborenen BF6 feststellbar.

Die Feststellungen ihrer Zugehörigkeit zur arabischen Volksgruppe und zur schiitischen Religionsgemeinschaft stützen sich auf den Umstand, dass diese von BF1 und BF2 bereits beginnend mit ihrer Erstbefragung angeben wurden, woraus wiederum auf jene ihrer minderjährigen Kinder zu schließen war.

Die Feststellungen zu den Sprachkenntnissen konnten angesichts der vor dem BVwG demonstrierten Kenntnisse sowie der vorgelegten Kurs- und Schulbesuchsbestätigungen getroffen werden.

Die Feststellungen zu den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat vor der Ausreise sowie in Österreich im Gefolge derselben ergaben sich aus einer Zusammenschau ihrer persönlichen Angaben im Verlauf des gg. Verfahrens, dem Inhalt der von ihnen vorgelegten Unterlagen sowie aus den vom BVwG eingeholten Informationen der genannten Datenbanken.

Die Feststellungen zum Reiseverlauf und zu den Daten ihrer Reisedokumente sowie den diversen Reisetätigkeiten resultieren aus einer Zusammenschau der Aussagen von BF1 und BF2 dazu und dem Inhalt der vorliegenden Reisepässe, die Feststellungen zum irakischen Führerschein des BF1 aus einem vorliegenden Schreiben der irakischen Botschaft in Wien.

2.3. Zur Feststellung fehlender individueller Verfolgung des BF1 vor der Ausreise aus von ihm behaupteten Gründen bzw. der fehlenden Gefahr einer solchen pro futuro oben gelangte das erkennende Gericht aufgrund folgender Erwägungen:

2.3.1. Anläßlich seiner Erstbefragung am 25.09.2015 brachte der BF1 zu seinen Antragsgründen befragt vor, dass er als Zeitungsfotograf einige kritische Fotos und Nachrichten erstellt habe, weshalb er ca. ein Jahr vor der Ausreise von einer namentlich genannten schiitischen Miliz bedroht und aufgefordert worden sei solche Nachrichten nicht mehr zu erstellen. Er habe dann seinen Wohnsitz geändert und seine berufliche Tätigkeit fortgesetzt. Ca. ein Monat vor der Erstbefragung sei er neuerlich bedroht und dieses Mal aufgefordert worden, Informationen an schiitische Milizen weiterzugeben, andernfalls er getötet werde. Er habe aber nicht kooperieren wollen.

Anläßlich seiner Einvernahme vor dem BFA am 28.09.2015 legte er dar, er sei Anfang März 2014 auf dem Weg zur Arbeit von Angehörigen einer namentlich genannten Miliz in seinem KFZ angehalten und entführt worden und habe man ihn bedroht und geschlagen, weil er in seiner beruflichen Tätigkeit über diese Miliz berichtet habe. Nachdem man ihm sein KFZ und sein Mobiltelefon weggenommen habe, sei er zurückgelassen worden. Diese Delikte habe er auch der Polizei angezeigt. Danach habe er sich in XXXX und Erbil versteckt gehalten, bis er ausgereist sei.

In einer schriftlichen Stellungnahme an das BFA vom 11.10.2016 wurde dargelegt, dass er Fotograf und Journalist gewesen sei und in diesen Funktionen über Anschläge, Morde und andere kriminelle Machenschaften schiitischer Milizen wie auch anderer Gruppierungen recherchiert und in Zeitungsartikeln berichtet habe. Über die schon erwähnte Entführung hinaus wurde behauptet, dass auch Lösegeld für ihn gefordert worden sei.

In der Beschwerde fanden sich insoweit Ergänzungen zum bisherigen Sachverhalt, als Gattin und Kinder des BF1 aus dem eigenen Wohnhaus vertrieben worden seien und im Haus seines Schwiegervaters einen Drohbrief erhalten hätten.

2.3.2. Die belangte Behörde gelangte auf der Grundlage dieses Vorbringens zur Feststellung, dass diese vom BF1 behaupteten Vorfälle angesichts von Widersprüchen im Vorbringen sowie mangels Plausibilität nicht glaubhaft gewesen seien.

2.3.3.1. Für das erkennende Gericht war bereits die erkennbare inhaltliche Divergenz zwischen der Aussage des BF1 zu seinen Antragsgründen im Rahmen der Erstbefragung und jener dazu im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BFA - wie auch schon für die belangte Behörde - ein maßgebliches Indiz gegen die Glaubhaftigkeit seines Vorbringens.

Zwar hat sich die Aussage eines Antragstellers zu diesem Thema in einer Erstbefragung in Entsprechung der gesetzlichen Vorgaben auf die bloßen Eckpunkte des "Wer, wann, wie und wo" der die Flucht auslösenden Ereignisse zu beschränken.

Dennoch konnte es zum einen nicht außer Betracht blieben, dass der BF1 in der Erstbefragung ins Treffen führte, dass er wegen vorhergegangener Zeitungsbeiträge bedroht worden sei, später habe man ihn dann noch zur Kooperation durch Informationsweitergabe zwingen wollen, in der ausführlicheren Einvernahme berichtete er demgegenüber nur von der Bedrohung wegen früherer Beiträge. Dass er in der Erstbefragung zuvor noch ein weiteres, inhaltlich ganz anders begründetes Bedrohungsszenario behauptet hatte, von dem er in der Einvernahme nichts erwähnte, fiel insbesondere deshalb ins Gewicht, weil er in der späteren Einvernahme ja Gelegenheit hatte seine Ausreisegründe abschließend darzulegen.

Zum anderen machte er in der Einvernahme in Abweichung von der Erstbefragung geltend, dass er im Zusammenhang mit der behaupteten Bedrohung wegen früherer Zeitungsbeiträge entführt worden sei, was auch insofern relevant war, als gerade ein so einschneidendes Erlebnis wie eine gewaltsame Entführung in der Erstbefragung Erwähnung finden hätte müssen, nicht zuletzt sei sie angeblich ja mit der behaupteten Drohung in unmittelbarem Zusammenhang gestanden.

Weitere maßgebliche Widersprüche zwischen der Erstbefragung und der Einvernahme fanden sich hinsichtlich der Identität seiner Verfolger, hatte der BF1 doch zuerst die sogen. Mahdi-Miliz des Muqtadr Al Sadr, in der Folge demgegenüber jene der Assaib Ahl al-Hak als Täter bezeichnet, sowie hinsichtlich der relevante Zeitpunkte, als er in der Erstbefragung die Drohung wegen früherer Zeitungsbeiträge mit "ca. ein Jahr vor der - am 25.09.2015 stattgefundenen - Erstbefragung" datierte, während er diesen Vorfall in der Einvernahme ausdrücklich auf den 01.03.2014 datierte. In der mündlichen Verhandlung datierte er seine in Zusammenhang damit stehende Entführung im Übrigen auf "Ende Jänner 2014", was neuerlich nicht mit den bisherigen Aussagen übereinstimmte.

Die gravierenden Divergenzen zwischen den Angaben in der Erstbefragung und jenen in der Einvernahme versuchte der BF1 zwar auf Vorhalt in der Einvernahme vor dem BFA mit Zeitmangel in der Erstbefragung und auf Vorhalt in der Beschwerdeverhandlung mit fehlerhaften Protokollierungen und Übersetzungsfehlern bei ersterem Anlass zu erklären. Diese Einwände überzeugten allerdings nicht, zum einen stand dem ersteren Einwand des Zeitmangels entgegen, dass er in der Erstbefragung gegenüber der Einvernahme sogar ein zusätzliches die Flucht auslösendes Ereignis erwähnt hatte, weshalb nicht erhellte, dass es ihm aus genanntem Grund nicht möglich gewesen wäre dort auch die Entführung zumindest zu erwähnen. Die vor dem BVwG behaupteten Fehler bei der Protokollierung betreffend vermeinte er, dass ihm die Niederschrift der Erstbefragung erst im Nachhinein von einer dritten Person übersetzt worden sei und er dabei erkannt habe, dass es einige Fehler gegeben habe. Der Niederschrift war jedoch zu entnehmen, dass er eingangs der Befragung auf Nachfrage bestätigt hatte, dass er den anwesenden Dolmetscher verstehe, wie er auch am Ende derselben nach Rückübersetzung deren inhaltliche Richtigkeit bestätigte und Verständigungsprobleme verneinte. Hätte es demgegenüber derart gravierende Verständigungsprobleme zwischen dem BF1 und dem Dolmetscher gegeben, dass etwa deshalb eine Entführung keine Erwähnung gefunden hätte oder irrtümlich ein zweites die Flucht auslösendes Ereignis festgehalten worden wäre, dann wäre auch nicht erklärlich, wie es zur sonstigen umfangreichen Protokollierung der Aussagen des BF1 kommen hätte können. Dass es im Übrigen bei der Erstbefragung zu einer etwas abweichenden Transkription der Schreibweise der Namen des BF1 und seiner Angehörigen gekommen war, worauf er hinwies, änderte an dieser Einschätzung des Gerichtes nichts, legte dieser doch erst in späterer Folge eine Kopie seines Reisepasses beim BFA vor, während er bei der Erstbefragung noch keinen Identitätsnachweis beibrachte, dem die genaue Identität zu entnehmen gewesen wäre, auch stellt eine unterschiedliche Namenstranskription aus dem Arabischen ins Deutsche einen gänzlich anderen Sachverhalt dar als der Umstand, dass sich zwischen Erstbefragung und Einvernahme doch erhebliche Abweichungen in den behaupteten Ausreisegründen fanden.

Der Gesamteindruck, dass der BF1 tatsächlich unterschiedliche Angaben bei diesen beiden Anlässen machte, äußerte sich auch darin, dass er in der Erstbefragung noch dargelegt hatte, er habe gemeinsam und zeitgleich mit seinen Angehörigen den Irak in die Türkei verlassen, wo er dann seine Angehörigen zurückgelassen habe, während er in der Einvernahme gänzlich anders ausführte, seine Angehörigen seien noch für mehrere Monate in XXXX zurückgeblieben, wobei sich letzteres mit den in den Reisepässen der Angehörigen enthaltenen Eintragungen in Übereinstimmung bringen ließ.

2.3.3.2. Über diese Erwägungen hinaus stellte sich das behauptete Bedrohungsszenario an sich als nicht plausibel dar.

Jenseits der eben angesprochenen Reisedaten der Angehörigen des BF1 offenbarte der Blick in sein Reisedokument, dass dieser insbesondere im Laufe des Jahres 2014 eine rege Reisetätigkeit zwischen dem Irak und anderen Ländern entwickelte, so im Jänner, Februar, Mai und Dezember 2014, die in Zusammenhang stand mit beruflichen Tätigkeiten im Iran oder Georgien, wie er in der Beschwerdeverhandlung erwähnte. Ausgehend von seiner Behauptung, dass er - wenn auch in Anbetracht seiner divergierenden Aussagen dazu (vgl. oben) zeitlich nicht genau einzuordnenden - Bedrohungen durch Angehörige schiitischer Milizen im Laufe des Jahres 2014 gerade wegen seiner beruflichen Tätigkeit ausgesetzt gewesen sei, vermittelte diese berufliche Reisetätigkeit eben nicht den Eindruck, dass er dabei tatsächlich der behaupteten Bedrohung ausgesetzt gewesen sei, wie auch schon die belangte Behörde erwogen hat. Eine solche Reisetätigkeit bestätigte vielmehr, dass er ungeachtet der behaupteten Bedrohung seinem Beruf weiterhin in unverminderter Form nachging, wie er vor dem BVwG ausführte, was verwunderte, wäre doch der allgemeinen Lebenserfahrung nach davon auszugehen, dass er, wäre diese behaupteter Weise tödliche Bedrohung real gewesen, eben nicht einfach seinem Beruf weiter nachgegangen wäre und nicht zuletzt auch seine Angehörigen einer potentiellen Gefährdung ausgesetzt hätte.

Für das erkennende Gericht wurde auch insgesamt nicht nachvollziehbar, was das behauptete Verfolgungsinteresse der Verfolger des BF1 ausgelöst haben sollte. In seiner Erstbefragung hatte er noch behauptet, er habe "kritische Fotos und Berichte" über eine schiitische Miliz erstellt, die in der Folge publiziert worden seien. In seiner Einvernahme erwähnte er lediglich eine fotografische Tätigkeit. In einer nachfolgenden Stellungnahme wurde neuerlich behauptet, er habe als "Fotograf und Journalist" gearbeitet, und dies insoweit weiter ausgeführt, als er dabei über "Attentate, Morde und kriminelle Machenschaften ..." recherchiert und diese "beschrieben" habe. Die demnach wiederholt behauptete "recherchierende" bzw. "berichtende" Tätigkeit erwies sich bei näherer Nachfrage in der Beschwerdeverhandlung aber letztlich als unrichtige Übertreibung und war seine berufliche Tätigkeit eine bloß fotografische. Die divergierenden Aussagen erweckten daher den Eindruck, als versuchte der BF1 seine bloß fotografische Tätigkeit in gesteigerter Form als umfangreicher, als sie tatsächlich war, darzustellen um ein Verfolgungsinteresse als plausibler erscheinen zu lassen.

Ausgehend von der tatsächlich bloß fotografischen Tätigkeit wurde er zum anderen dazu näher befragt, inwiefern seine Aufnahmen eine Brisanz entfaltet haben sollten, die seine Verfolgung erklären hätten können. Seine Aussage, dass er anläßlich von Kriminalfällen auf Anweisung seines Redakteurs an Tatorte bestellt wurde oder Aufnahmen von festgenommenen Verdächtigen angefertigt habe, erklärte dieses Verfolgungsinteresse aber nicht, stellte sich diese Tätigkeit doch als eine solche im Rahmen einer normalen Reportagetätigkeit über bloße Kriminalfälle dar, wobei seine Aufnahmen seiner Darstellung vor dem BVwG folgend auch keine über normale Umstände solcher Fälle hinausgehenden Inhalte wiedergaben. In diesem Sinne war seine Begründung für die behauptete Bedrohung letztlich zu vage und unsubstantiiert.

Darüber hinaus wurde nicht nachvollziehbar, weshalb zum einen der BF1 selbst wegen dieser per se unspektakulären Tätigkeit persönlich mit dem Tod bedroht worden sein soll, außer ihm selbst aber sonst niemand, der bei dieser Zeitung für derlei Berichte verantwortlich war, insbesondere auch nicht der diese Berichte und Fotos unmittelbar veranlassende Redakteur oder jene Journalisten, die ihrerseits entsprechende Artikel verfassten und in deren Begleitung der BF1 auch unterwegs war, deshalb einer Bedrohung ausgesetzt gewesen sei. Gleichgeartete Drohungen gegen diese Kollegen stellte der BF1 auf Nachfrage vor dem BVwG dementsprechend in Abrede. Ein irgendwie gearteter politischer Hintergrund der gegen ihn gerichteten Drohungen wurde ebenso nicht behauptet.

Dieser Eindruck mangelnder Begründetheit des behaupteten Verfolgungsinteresses bestätigte sich auch im erfolglosen Versuch des BF1, das eigentliche Bedrohungsszenario, das sich darauf gründete, dass er keine Fotos mit unerwünschtem Inhalt mehr anfertigen sollte, durch ein weiteres, jedoch anders gelagertes zu ergänzen, indem er in der Erstbefragung behauptete, er hätte einer schiitischen Miliz "Informationen" zukommen lassen sollen, wobei bis zum Ende des gg. Verfahrens im Dunkeln blieb, welche Art der Information er in welcher Weise und zu welchem Zwecke besorgen bzw. übermitteln hätte sollen.

2.3.3.3. Eine weitere Steigerung des behaupteter Weise die Flucht auslösenden Sachverhalts bot der BF1 nochmals in der Beschwerdeverhandlung dar, indem er erstmals auf ein auf seine angebliche Entführung folgendes Strafverfahren gegen einige der Täter verwies und in diesem Zusammenhang auch Beweismittel in Form von früheren Haftbefehlen gegen diese Täter vorlegte. Dieses Strafverfahren einschließlich einer Verurteilung der Täter zu mehrjährigen Haftstrafen habe bereits im April 2014 stattgefunden, er selbst sei bei der Verurteilung im Gericht anwesend gewesen.

Die Durchsicht des erstinstanzlichen Verfahrensaktes brachte jedoch zu Tage, dass sich diese behaupteten Ereignisse, wiewohl noch vor der Ausreise geschehen, in keiner früheren Aussage des BF1 fanden.

Gleiches gilt für die erstmalige Behauptung in der Beschwerdeverhandlung, dass im Gefolge dieses Strafverfahrens an der Schule seines älteren Sohnes von Unbekannten mehrmals nach diesem gefragt worden sei, was die Familie in Furcht versetzt habe.

Angesichts des erstmaligen Vortrags dieser Ereignisse im Beschwerdeverfahren unterlagen diese zum einen dem Neuerungsverbot und mußten schon deshalb außer Betracht bleiben, zum anderen waren sie wegen dieses späten Zeitpunkts des Vorbringens auch per se nicht glaubhaft.

Den vom BF1 in der Verhandlung als Beweismittel in einer fotografischen Ablichtung vorgelegten angeblichen, gegen zwei seiner Entführer gerichtet gewesenen Haftbefehle kam schon im Lichte dessen keine Relevanz zu. Zudem entbehrte es jeder Sinnhaftigkeit, dass der BF1 Ablichtungen dieser Haftbefehle am Tag der in deren Abwesenheit erfolgten Verurteilung der beiden Angeklagten vom Gericht verlangt habe, um diese - wie er auf entsprechende Frage erwiderte - "selbst festzunehmen, wie es sein Recht war".

Nicht zuletzt litt die Glaubhaftigkeit des behaupteter Weise gegen seinen Sohn gerichteten Bedrohungsszenarios auch darunter, dass der BF1 vermeinte, er habe nach diesen Vorfällen mit Gattin und Kinder XXXX nach XXXX und XXXX verlassen, ehe es zur Ausreise kam, seine Gattin verneinte jedoch auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich mit ihm und den Kindern XXXX verlassen zu haben.

Auch dem erstmals von ihm - wie auch von der BF2 - im Beschwerdeverfahren erstatteten Vorbringen, dass nach der Flucht sein früheres Wohnhaus beschossen, das Mobiliar zerstört und Drohungen auf die Hauswand geschmiert worden seien, kam angesichts des Neuerungsverbots im Beschwerdeverfahren keine Relevanz zu, war er doch auf Nachfrage nicht in der Lage glaubhaft darzustellen, dass es ihm nicht möglich war dies bereits vor dem BFA zu erzählen. Im Übrigen litt seine Glaubhaftigkeit folgerichtig auch unter der fehlenden Glaubhaftmachung des diesen angeblichen Vorkommnissen vorausgegangenen Ereignissen.

Der von ihm in der Beschwerdeverhandlung vorgelegte Drohbrief, der ihm behaupteter Weise von seinem im Jahr 2016 verstorbenen Cousin bzw. Bruder seiner Gattin vor seinem Tod geschickt worden sei, entfaltete aus den gleichen Gründen keine Relevanz.

Drei von ihm in der Beschwerdeverhandlung, als Beweis für die behauptete Verfolgung und Entführung durch Milizionäre, vorgelegte Fotos eines PKW, der ehemals in seinem Besitz gewesen sei und sich auf einer dieser Aufnahme in schwer beschädigtem Zustand zeigte, kam schon angesichts mangelnder Aussagekraft das behauptete Geschehen betreffend kein Beweiswert zu.

2.3.3.4. War daher aus den eben dargelegten Erwägungen das gesamte vom BF1 bis dahin behauptete Verfolgungsszenario nicht glaubhaft, so vermochte auch das vor dem BVwG behauptete gewaltsame Ableben eines Bruders der BF1 im Laufe des Jahres 2016, das der Darstellung von BF1 und BF2 folgend ebenso aus der früheren beruflichen Tätigkeit des BF1 resultiert habe und daher auch ihm von der Familie seiner Gattin wie auch seiner eigenen Familie angelastet worden sei, keine Relevanz zu entfalten, unterlag es doch ebenso dem Neuerungsverbot wie es angesichts der mangelnden Glaubhaftigkeit des vorangegangenen Geschehens auch als solches nicht zutreffen konnte.

Die behauptete Ermordung ihres Bruders habe die BF2 ihrer Aussage vor dem BVwG folgend im Übrigen schon vor ihrer Einvernahme vor dem BFA erfahren, jedoch hat sie diese weder dort noch in ihrer Beschwerde erwähnt.

Daraus folgte, dass eine behauptete Bedrohung des BF1 durch die Familie seiner Gattin bei einer Rückkehr wegen der angeblichen Ermordung eines Bruders der BF2 aus genannten Gründen nicht glaubhaft und daher pro futuro auch nicht festzustellen war.

2.3.4. Angesichts dieser Erwägungen war zu den Feststellungen oben unter 1.2.1. zu gelangen.

2.3.5. Die BF2 gab in ihrer Erstbefragung im Februar 2016 zu ihren Antragsgründen an, dass ihr Gatte von einer Miliz entführt worden sei, weil er "Journalist" war. Nach seiner Flucht aus dem Irak sei ihr von der Miliz gedroht worden, dass man ihre Kinder entführen würde, wenn er nicht zurückkehren würde.

In ihrer Einvernahme vor dem BFA im September 2016 (Anm.: in der Niederschrift wurde offenkundig irrtümlich das Jahr 2015 genannt) führte sie dazu aus, dass sie nach der Ausreise ihres Gatten von einer unbekannten Miliz bedroht worden sei, es sei auf ihr Wohnhaus geschossen und sei sie mit den Kindern aus dem Haus vertrieben worden, woraufhin sie zu ihren Eltern geflüchtet sei, auch dort sei sie aber gefunden und bedroht worden, indem ihr in einem Drohschreiben angekündigt worden sei, dass an Stelle ihres Gatten ihre Kinder entführt würden. Dieses Vorbringen erklärte sie zu ihrem abschließenden ihre Ausreisegründe betreffend, andere Antragsgründe habe sie nicht, auch keine aus religiösen Gründen, zumal sie gläubige schiitische Muslimin sei.

2.3.6.1. Ausgehend von den Feststellungen des Gerichts zu den Antragsgründen ihres Gatten kam folgerichtig auch ihrem Vorbringen, sie sei mit den Kindern als Folge seiner persönlichen Verfolgung von seinen Verfolgern ebenso bedroht worden, keine Glaubhaftigkeit zu.

Nur beispielhaft ist im Zusammenhang damit auch auf einen der Widersprüche zwischen ihrem Vortrag und dem ihres Gatten zu verweisen, der diese Einschätzung illustriert. So hat der BF1 noch vor dem BVwG als abschließendes Fluchtszenario geschildert, dass er im letzten Jahr vor der Ausreise angesichts einer von Milizionären ausgehenden Bedrohung für die Familie mit seinen Angehörigen an verschiedenen Orten meist außerhalb von XXXX , zuletzt in XXXX , aufhältig gewesen sei. Die BF2 hat demgegenüber sowohl erstinstanzlich wie auch im Beschwerdeverfahren unmissverständlich erklärt, nach der Abreise ihres Gatten stets in XXXX wohnhaft gewesen zu sein, sie sei also weder in den kurdischen Nordirak noch nach XXXX mit ihrem Gatten geflüchtet.

Eine individuelle Verfolgung der BF2 und ihrer Kinder vor der Ausreise aus dem Irak im Zusammenhang mit den Antragsgründen ihres Gatten und Vaters war daher ebenso wie die Gefahr einer solchen bei einer Rückkehr nicht festzustellen, weshalb das Gericht zur Feststellung unter Punkt 1.2.2. gelangte.

2.3.6.2. Wie erwähnt machte die BF2 weder in ihrer Erstbefragung noch in ihrer erstinstanzlichen Einvernahme religiöse Antragsgründe geltend bzw. legte sie vielmehr dar, eine gläubige Schiitin zu sein.

Erstmals in der Beschwerdeschrift vom Februar 2017 findet sich die Aussage, dass sie "keine Kopfbedeckung trägt" und "aufgrund ihrer Weigerung den Hijab (gemeint: ein islamisches Kopftuch) zu tragen" Verfolgung durch muslimische Extremisten, insbesondere schiitische Milizen und die Terrororganisation Islamischer Staat, befürchte.

Auf Nachfrage legte ihr Gatte in der Beschwerdeverhandlung vorerst dar, dass die BF2 kein Kopftuch mehr tragen wollte, "seit wir (gemeint: nach der Flucht aus dem Irak) gemeinsam in der Türkei waren". Diese Aussage war schon deshalb nicht glaubhaft, weil sich ja im Beschwerdeverfahren in Gegenüberstellung dazu feststellen hatte lassen, dass BF1 und BF2 gar nicht gemeinsam - mit ihren Kindern - den Irak in die Türkei verlassen hatten. In weiterer Folge vermeinte er zwar, dass Gattin und Kinder erst später nach Österreich nachgereist waren, was im Lichte des Akteninhalts unstrittig war, die Behauptung des gemeinsamen Aufenthalts in der Türkei stand jedoch weiterhin in Widerspruch zur Darstellung der BF2 über ihren Verbleib in XXXX nach der Ausreise ihres Gatten bis zu ihrer eigenen Ausreise Anfang 2016, also zu einem Zeitpunkt, an dem der BF2 schon längst in Österreich war, weshalb der Aussage des BF1 zum schon in der Türkei bestehenden Unwillen seiner Gattin, weiter eine Kopfbedeckung zu tragen, kein Gewicht zukam.

Dass die BF2 selbst sowohl zum Zeitpunkt der Antragstellung nach der Einreise als auch ihrer erstinstanzlichen Einvernahme der Frage nach den traditionellen Bekleidungsregeln für Frauen in einer muslimischen Gesellschaft keine maßgebliche Bedeutung für ihr gg. Verfahren zuschrieb, war aus dem fehlenden Vorbringen dahingehend abzuleiten, ungeachtet der Frage, ob sie zum Zeitpunkt der Einreise gerade ein Kopftuch trug oder nicht. Trotz Nachfrage nach allfälligen religiös motivierten Antragsgründen machte sie solche vor dem BFA auch nicht geltend.

Dazu vor dem BVwG nochmals befragt, legte sie dar, dass sie sich bis zur Ausreise stets an diese Bekleidungsregeln für Frauen gehalten habe und dies auch nie ein strittiges Thema im Familienkreis gewesen sei. Zwar verwies sie auf fehlende Selbstbestimmungsmöglichkeiten für Frauen in einer muslimischen Gesellschaft generell, der Frage, ob sie nun im Falle einer Rückkehr in die Heimat im Gegensatz zur Zeit vor der Ausreise ein alternatives Verhalten ihre Bekleidung betreffend an den Tag legen würde oder nicht, wich sie jedoch aus. Aus diesen Aussagen war für das Gericht nicht zu gewinnen, dass sie sich bei einer Rückkehr in Konflikt mit den behaupteten Verhaltensanforderungen bzw. Erwartungen ihrer Familie in Zusammenhang mit traditionellen Bekleidungsregeln für Frauen begeben würde. Etwaige aus einem solchen Konflikt resultierende Schwierigkeiten für sie waren daher auch nicht zu prognostizieren.

Abschließend war zu diesem Beweisthema noch zu berücksichtigen, dass eine allfällige Bedrohung für die BF2 wegen einer fehlenden Bereitschaft ein Kopftuch zu tragen in der Beschwerde gänzlich anderen Akteuren zugeschrieben wurde als von den Beschwerdeführern vor dem BVwG. In der Beschwerde war nämlich ausschließlich von Extremisten und Islamisten bzw. Milizionären die Rede gewesen, während im Gegensatz dazu von den Beschwerdeführern selbst nicht solchen, sondern der Herkunftsfamilie der BF2 eine Gefahr für die BF2 zugeschrieben wurde. Auch dies war der Glaubhaftigkeit der behaupteten Bedrohung für die BF2 durch ihre Herkunftsfamilie abträglich.

2.3.6.3. In der Beschwerdeverhandlung wies die BF2 im Hinblick auf mögliche Schwierigkeiten mit ihrer Herkunftsfamilie darüber hinaus auf Anfeindungen ihrer Mutter ihr und ihrem Gatten gegenüber hin, die aus Aussagen eines in den Irak zurückgekehrten ehemaligen Freundes ihres Gatten resultiert seien, hatte doch dieser ihrer Aussage nach einem Bruder von ihr bei einem zufälligen Treffen auf der Straße von ihren ungehörigen Verhaltensweisen wie auch solchen ihres Gatten berichtet, was der übrigen Familie zur Kenntnis gebracht worden sei, weshalb sie von ihrer Familie verstoßen worden sei und beide bei einer Rückkehr mit dem Tod bedroht worden seien. Konkret habe dieser Fremde berichtet, dass sie kein Kopftuch trage, "eine Hure sei und mit jedem Mann mitgehe, wobei ihr Gatte nichts dagegen habe", und dieser nicht zuletzt selbst ein "Alkoholproblem" habe. Die Reaktion ihrer Familie könne man vorgelegten Nachrichten auf ihrem Mobiltelefon entnehmen, die dafür den Beweis liefern würden.

Dieser Darstellung der BF2 kam jedoch ebenso keine Glaubhaftigkeit zu. Erschienen bereits die angeblichen Aussagen dieses Fremden der Herkunftsfamilie der BF2 gegenüber im überwiegenden Teil inhaltlich als so übertrieben, dass dies schon maßgebliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussage aufwarf. Darüber hinaus konnte die BF2 auch auf Nachfrage hin nicht einmal ansatzweise nachvollziehbar machen, weshalb ein früherer Freund ihres Gatten, mit dem sie beide vor dessen Rückkehr in den Irak in Österreich in freundschaftlichem persönlichen Kontakt gewesen seien, plötzlich im Gegensatz dazu die BF2 und ihren Gatten vor einem ihrer dortigen Angehörigen aufs das Gröbste beschimpft und verunglimpft haben sollte.

Dem Hinweis der BF2 auf prominente weibliche Opfer von gegen sie gerichteter Gewalt Dritter wegen ihres auffälligen äußeren Erscheinungsbildes und öffentlichen Auftretens, so einer früheren Schönheitskönigin, eines "social media stars" und einer Inhaberin eines Schönheitssalons, denen diese Gewalt mutmaßlich deshalb angetan worden sei, weil sie sich einem traditionell-konservativem Rollenbild zuwider verhalten hätten, wofür sie als Beweis einen Zeitungsartikel vorlegte, kam für ihr persönliches Vorbringen kein Beweiswert zu, war doch schon nicht festzustellen, dass sich die BF2 in einer maßgeblichen Form aus dem weiblichen Anteil der irakischen Gesellschaft hervorgehoben hätte oder pro futuro hervorheben würde, wodurch sie allenfalls in eine ähnliche Gefahr geraten würde.

2.3.6.4. Aus diesen Erwägungen war daher zur Feststellung einer mangelnden Bedrohung der BF2 - wie folgerichtig auch des BF1 - durch Mitglieder ihrer Herkunftsfamilie aus behaupteten Gründen oben unter Punkt 1.2.3. zu kommen.

2.3.7. Für das BVwG stellte sich sohin das gesamte von BF1 und BF2 für den Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat behauptete Bedrohungsszenario aus eben dargelegten Gründen als bloßes gedankliches Konstrukt ohne Tatsachengehalt und damit als nicht glaubhaft dar.

2.4. Die Annahme, dass die Beschwerdeführer bei einer Rückkehr auch insoweit keiner maßgeblichen Gefährdung ausgesetzt wären, als sie etwa in wirtschaftlicher Hinsicht in eine existenzbedrohende Notlage geraten würden, stützte schon die belangte Behörde zu Recht darauf, dass es sich beim BF1 um einen arbeitsfähigen Menschen handelt, der mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit für seinen Unterhalt und den seiner Familienangehörigen sorgen kann, zumal er auch bereits vor der Ausreise aus dem Herkunftsstaat verschiedenen beruflichen Tätigkeiten nachging und sohin offenkundig auch über berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt. Auch die Möglichkeit einer verwandtschaftlichen Unterstützung stünde den Beschwerdeführern angesichts entsprechender Anknüpfungspunkte zur Verfügung. Dass diese unter akuten gravierenden Erkrankungen leiden, war nicht festzustellen.

2.5. Die länderkundlichen Feststellungen des Gerichts stützen sich auf seine Kenntnis von der notorischen allgemeinen Lage im Irak. Von den Beschwerdeführern wurde weder vor dem BFA noch in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG ein substantielles diesen Feststellungen entgegenstehendes Vorbringen erstattet.

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war im Lichte dessen nicht dergestalt einzuschätzen, dass schon mit der bloßen Anwesenheit für jeden Zurückkehrenden das reale Risiko verbunden wäre, Opfer eines Terroranschlags oder sonstiger gewaltsamer Auseinandersetzungen zu werden.

Als notorisch war anzusehen, dass im Irak aktuell kein landesweiter bewaffneter Konflikt ausgetragen wird, der eine gravierende Gefährdung indizieren würde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Mit Art. 129 B-VG idF BGBl. I 51/2012 wurde ein als Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes eingerichtet.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, 1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Mit Datum 1.1.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018.

Mit dem BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) idF BGBl. I Nr. 68/2013, in Kraft getreten mit 1.1.2014, wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) als Rechtsnachfolger des vormaligen Bundesasylamtes eingerichtet. Gemäß § 3 Abs. 1 BFA-VG obliegt dem BFA u.a. die Vollziehung des BFA-VG und des AsylG 2005 idgF.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheides des Bundesamtes.

Zu A)

1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht. Darüber hinaus darf keiner der in § 6 Abs. 1 AsylG genannten Ausschlussgründe vorliegen, andernfalls der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden kann.

Nach Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (s

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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