TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/29 L502 2151704-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.01.2019
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Entscheidungsdatum

29.01.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §34 Abs2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L502 2151699-1/13E

L502 2151693-1/10E

L502 2151704-1/6E

L502 2151714-1/6E

L502 2209523-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , 3.) XXXX , geb. XXXX , 4.) XXXX , geb. XXXX , und 5.) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Irak und vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.11.2016 und 10.10.2018, FZ. 1089086204-151437159, 1089086509-151437213, 1089086901-151437230, 1128586401-161212057 und 1206423005-180872959, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.12.2018, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I und II der Bescheide wird als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde gegen den ersten und zweiten Absatz des Spruchpunkts III der Bescheide wird als unbegründet abgewiesen.

III. In Stattgebung der Beschwerde gegen den dritten Absatz des Spruchpunkts III der Bescheide wird festgestellt, dass die Abschiebung in den Irak gemäß § 52 Abs. 9 iVm § 50 Abs. 1 FPG nicht zulässig ist.

IV. Spruchpunkt IV der Bescheide wird ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer (BF1) und seine Ehegattin, die Zweitbeschwerdeführerin (BF2), sowie diese für ihren gemeinsamen Sohn, den Drittbeschwerdeführer (BF3), stellten nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 26.09.2015 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes Anträge auf internationalen Schutz.

2. Am 27.09.2015 erfolgten die Erstbefragungen von BF1 und BF2 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes. In weiterer Folge wurden die Verfahren zugelassen und an der Regionaldirektion NÖ des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) weitergeführt.

3. Am 19.10.2016 wurden BF1 und BF2 vor dem BFA zu ihren Anträgen auf internationalen Schutz einvernommen.

Sie legten dabei für sich und ihren Sohn Identitätsnachweise (Reisepässe, Personalausweise, Staatsbürgerschaftsnachweise, Dienstausweise) vor, die in Kopie zum Akt genommen wurden.

4. Für den in Österreich geborenen Viertbeschwerdeführer (BF4) wurde am 05.09.2016 an das BFA ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

5. Mit den im Spruch genannten Bescheiden der belangten Behörde vom 04.11.2016 wurden die Anträge von BF1 bis BF4 auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurden die Anträge auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ihnen eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.).

6. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 07.11.2016 wurde den Beschwerdeführern (BF) von Amts wegen gemäß § 52 BFA-VG ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.

7. Gegen die ihnen durch Hinterlegung mit Wirksamkeit vom 11.11.2016 zugestellten Bescheide wurde mit Schriftsatz der CARITAS vom 25.01.2017 in vollem Umfang Beschwerde erhoben. Unter einem wurde jeweils ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist gestellt und wurden Vertretungsvollmachten zugunsten der CARITAS sowie verschiedene Beweismittel des BF1 vorgelegt.

8. Mit Bescheiden des BFA vom 16.02.2017 wurde den Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Abs. 1 AVG stattgegeben. Diese Bescheide wurden mit 17.02.207 zugestellt.

9. Mit 30.03.2017 langten die Beschwerdevorlagen des BFA beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein und wurden die gg. Beschwerdeverfahren der nunmehr zuständigen Abteilung des Gerichts zur Entscheidung zugewiesen.

10. Mit 01.03.2018 gab die CARITAS dem BVwG die Auflösung des Vertretungsverhältnisses bekannt.

11. Für den zwischenzeitig in Österreich geborenen Fünftbeschwerdeführer (BF5) wurde am 14.09.2018 beim BFA ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

12. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des BFA vom 10.10.2018 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ihm eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.).

13. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 11.10.2018 wurde dem BF5 von Amts wegen gemäß § 52 BFA-VG ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.

14. Gegen den am 16.10.2018 zugestellten Bescheid wurde mit Schriftsatz des Rechtsberaters vom 07.11.2018 in vollem Umfang Beschwerde erhoben. Unter einem wurden medizinische Unterlagen den BF5 betreffend als Beweismittel vorgelegt.

15. Mit 15.11.2018 langte die Beschwerdevorlage des BFA beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein und wurden das gg. Beschwerdeverfahren der nunmehr zuständigen Abteilung des Gerichts zur Entscheidung zugewiesen.

16. Mit 06.12.2018 gab der Verein Menschenrechte Österreich (VMÖ) dem BVwG seine Bevollmächtigung durch die BF bekannt.

17. Am 20.12.2018 führte das BVwG eine mündliche Verhandlung in den Rechtssachen der BF durch, in der sie zu ihren Antragsgründen persönlich gehört wurden und Beweismittel vorlegten.

Dem Vertreter wurde in der Verhandlung antragsgemäß eine Frist zur Vorlage weiterer Beweismittel eingeräumt, die mit 03.01.2019 beim BVwG einlangten.

18. Das BVwG erstellte Auszüge aus den Datenbanken der Grundversorgungsinformation, des Melde- sowie des Strafregisters.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführer, deren Identitäten feststehen, sind irakische Staatsangehörige, Araber und Muslime der schiitischen Glaubensgemeinschaft. Der BF1 wurde in XXXX geboren, wo er bei seiner Herkunftsfamilie aufwuchs, die Grund- und Mittelschule besuchte und nach Ablegung der Reifeprüfung ein Studium der Betriebswissenschaft absolvierte. Die BF2 wurde in XXXX geboren, wuchs jedoch ebenso mit ihrer Herkunftsfamilie in XXXX auf, wo sie den gleichen Bildungsweg wie ihr Gatte absolvierte. Ihrer Ehe entstammen drei in den Jahren 2011 (BF3), 2016 (BF4) und 2018 (BF5) geborene Kinder. Sie hatten ihren Wohnsitz vor der Ausreise aus dem Irak in XXXX im Stadtteil XXXX im Wohnhaus der Herkunftsfamilie des BF1 gemeinsam mit seinen Eltern und Geschwistern.

Der BF1 war zwischen August 2009 und Dezember 2010 für die Fa. XXXX in deren Ölraffinerie am Gelände des sogen. XXXX unweit des internationalen Flughafens von XXXX als Techniker für die Wartung und Kontrolle technischer Einrichtungen erwerbstätig. Von Jänner 2011 bis Dezember 2013 war er für die XXXX als sogen. Terminal Supervisor am internationalen Flughafen in XXXX tätig. Dass er dort wie behauptet bis 05.08.2015 tätig war, war nicht feststellbar.

Die Eltern und drei Schwestern des BF1 hielten sich zum Zeitpunkt seiner Ausreise noch in XXXX auf, eine vierte Schwester war mit ihrem Gatten und ihrer Tochter bereits in die USA emigriert. Auch die Eltern, eine Schwester und fünf Brüder der BF2 lebten zu diesem Zeitpunkt in XXXX . Der Stammsitz ihrer Herkunftsfamilie befand sich im Stadtviertel XXXX . Die Eltern und die übrigen Schwestern des BF1 sind schließlich zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt ebenfalls in die USA emigriert. Die Brüder und der Schwager des BF1 sind dort an einem Flughafen in XXXX beschäftigt. Die Eltern und Geschwister der BF2 haben ihren aktuellen Wohnsitz in XXXX . Einer der Brüder betreibt von dort aus über das Internet einen Autohandel, die anderen sind Straßenhändler, der Vater pendelt geschäftlich zwischen XXXX und XXXX und handelt mit Autoersatzteilen. Beide BF stehen in Kontakt mit den Angehörigen ihrer Herkunftsfamilien. Das Wohnhaus der Familie des BF1 in XXXX im Stadtteil XXXX existiert ebenso weiterhin wie das Haus der Familie der BF2, beide Häuser stehen derzeit leer, soweit nicht der Vater der BF2 im Haus seiner Familie nächtigt. Entferntere Verwandte des BF1 leben weiterhin in XXXX , zu ihnen hat er gelegentlich Kontakt.

Auf österr. Bundesgebiet halten sich zwei Tanten des BF1 auf, die ebenso Anträge auf internationalen Schutz stellten und aktuell den Status von Asylwerbern haben.

Am 07.08.2015 verließen BF1, BF2 und BF3 den Irak ausgehend von XXXX auf dem Luftweg unter Verwendung ihrer Reisepässe in die Türkei nach Istanbul, wo sie am 08.08.2015 eintrafen. Von der Türkei reisten sie schlepperunterstützt auf dem See- und Landweg bis Österreich, wo sie am 26.09.2015 ihre Anträge stellten und sich seither aufhalten. BF4 und BF5 wurden in Österreich geboren, für sie wurde im Gefolge ihrer Geburt jeweils ein Antrag gestellt.

Der BF1 verfügt über einen von 21.01.2015 bis 19.01.2035 gültigen irakischen Reisepass, die Gültigkeit des am 26.03.2009 ausgestellten Reisepasses der BF2 endete am 25.03.2017. Die BF2 verwendete den Reisepass auch für Reisen in die VAE zwischen 27.06. und 26.07.2012 wie auch zwischen 28.07. und 27.08.2014 und in die Türkei zwischen 27.04. und 04.05.2014. Der BF1 verfügt zudem über einen irakischen Führerschein, ausgestellt am 04.12.2014.

Die Beschwerdeführer sprechen Arabisch als Muttersprache. Der BF1 verfügt auch über gute Kenntnisse der englischen Sprache. BF1 und BF2 erwarben durch ihre sozialen Kontakte in Österreich Grundkenntnisse der deutschen Sprache. Der BF1 absolvierte eine Sprachprüfung auf dem Niveau A1. Der BF3 besucht die 1. Klasse der Volksschule.

Der BF1 ist wie auch seine Gattin in Österreich bisher noch keiner sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachgegangen. Alle Beschwerdeführer beziehen für ihren Lebensunterhalt seit der Einreise bzw. Geburt Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber und wohnen in einer organisierten Unterkunft. BF1 und BF2 sind bis dato in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

BF1 bis BF4 leiden aktuell unter keinen gravierenden Erkrankungen. Der BF5 litt nach der Geburt in Österreich im Jahr 2016 unter einer angeborenen schweren Fehlbildung der Speiseröhre, die operativ behoben wurde. Kontinuierliche ärztliche Verlaufskontrollen sowie allenfalls weitere chirurgische Eingriffe sind aus fachärztlicher Sicht pro futuro erforderlich.

1.2. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF1 wegen seiner vormaligen beruflichen Tätigkeit am Flughafen in XXXX einer Verfolgung durch Dritte ausgesetzt war oder im Falle einer Rückkehr in den Irak der Gefahr einer solchen ausgesetzt ist.

1.3. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Irak aus sonstigen individuellen Gründen oder aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort einer maßgeblichen Gefährdung ausgesetzt wären oder dort keine hinreichende Existenzgrundlage vorfinden würden.

1.4.1. Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, den sogen. Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften, auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite um die Kontrolle der - im Zentrum des seit Sommer 2014 bestehenden Machtbereichs des IS gelegenen - Hauptstadt Mosul der Provinz Ninava gekennzeichnet. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen Anbar, Diyala und Salah al-Din im Zentral- und Südirak voraus. Die kriegerischen Ereignisse im Irak seit 2014 brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile sowie umgekehrt Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Ägide des UNHCR versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren, mit Schwerpunkten in den drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, in sowie um XXXX sowie im Umkreis von Kirkuk, im Hinblick auf ihre elementaren Lebensbedürfnisse sowie deren Dokumentation und Relokation, ein geringer Anteil der Vertriebenen sorgt für sich selbst in gemieteten Unterkünften und bei Verwandten und Bekannten. Vor dem Hintergrund einer langfristigen Tendenz unter den Binnenvertriebenen zur Rückkehr in ihre Herkunftsgebiete waren mit Oktober 2018 noch ca. 1,8 Mio. (seit 2014) Binnenvertriebene innerhalb des Iraks registriert, diesen standen wiederum ca. 4,1 Mio. Zurückgekehrte gegenüber. Schwerpunkte für Rückkehrende sind die Provinzen Ninava, Anbar, Salah al-Din und Kirkuk.

Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) gemeinsam mit schiitischen Milizen, den sogen. Popular Mobilisation Forces (PMF), sowie mit Unterstützung alliierter ausländischer Militärkräfte im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, die Einheiten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz Al Anbar bzw. deren Metropolen Fallouja und Ramadi als auch aus den nördlich an XXXX anschließenden Provinzen Diyala und Salah al Din zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet in der Folge auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt Mosul, Provinz Ninava, sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze westlich von Mosul. Ab November 2016 wurden sukzessive die Umgebung von Mosul sowie der Ostteil der Stadt bis zum Ufer des Tigris wieder unter die Kontrolle staatlicher Sicherheitskräfte gebracht, im Westteil wurde der IS von den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, die aus dem Süden, Norden und Westen in das Zentrum der Stadt vordrangen, in der Altstadt von Mosul eingekesselt. Der IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in XXXX und anderen Städten im Süd- sowie Zentralirak seine wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren. Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premier Abadi Mosul für vom IS befreit. In der Folge wurden auch frühere Bastionen des IS westlich von Mosul in Richtung der irakisch-syrischen Grenze wie die Stadt Tel Afar durch die Militärallianz vom IS zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz Anbar sowie eine Enklave um Hawija südwestlich von Kirkuk. Mit Beginn des Dezember 2017 mußte der IS seine letzten territorialen Ansprüche innerhalb des Iraks aufgeben, am 01.12.2017 erklärte Premier Abadi den gesamtem Irak für vom IS befreit.

Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, nämlich Dohuk, Erbil und Suleimaniya, ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte wie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen als stabil anzusehen. Am 25.09.2017 hielt die kurdische Regionalregierung ein Referendum für eine mögliche Unabhängigkeitserklärung der Autonomieregion ab. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung in der Frage der Kontrolle über die von kurdischen Sicherheitskräften bislang besetzt gehaltenen Grenzregionen südlich der Binnengrenze der Autonomieregion zum übrigen irakischen Staatsgebiet, insbesondere die Region um die Stadt Kirkuk. Am 15.10.2017 wurden die in Kirkuk stationierten kurdischen Sicherheitskräfte von Einheiten der irakischen Armee und der Polizei sowie der sogen. der Zentralregierung nahestehenden Volksmobilisierungseinheiten angegriffen, die sich in der Folge aus Kirkuk zurückzogen. Zuletzt kam es zur Besetzung weiterer Landstriche entlang der Binnengrenze sowie von Grenzübergängen an der irakisch-syrischen Grenze durch die irakische Armee und die Volksmobilisierungseinheiten, während sich die kurdischen Sicherheitskräfte aus diesen Bereichen zurückzogen. Eine Einreise in die Provinzen der kurdischen Autonomieregion ist aktuell aus Österreich auf dem Luftweg ausgehend vom Flughafen Wien via Amman und via XXXX nach Erbil und auf indirektem Weg via XXXX möglich.

Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz XXXX , war, als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und bis 2014 insgesamt stabil. Auch war die Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen. Die Gegenoffensive staatlicher Sicherheitskräfte und deren Verbündeter gegen den IS in Anbar und den nördlicher gelegenen Provinzen bedingte vorerst eine Verlagerung von Militär- und Polizeikräften in den Norden, die wiederum eine größere Instabilität im Süden verbunden vor allem mit einem Anstieg an krimineller Gewalt mit sich brachte.

Die Sicherheitslage im Großraum XXXX war im Wesentlichen ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt durch die oben genannten Ereignisse im Zusammenhang mit der Bekämpfung des IS im Zentralirak. Seit 2016 kam es im Stadtgebiet von XXXX zu mehreren Anschlägen bzw. Selbstmordattentaten auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern, die sich, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS, gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte richteten um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden. So wurden am 13. und 15. Jänner 2018 von Selbstmordattentätern zwei Sprengstoffanschläge auf öffentliche Plätze in XXXX verübt, deren genaue Urheber nicht bekannt wurden. Für den Großraum XXXX sind im Gefolge der nunmehrigen Vertreibung des IS aus seinem früheren Herrschaftsgebiet nur mehr wenige sicherheitsrelevante Ereignisse bzw. Entwicklungen bekannt geworden. Am 06.06.2018 kam es im Stadtteil Sadr-City zu einem Anschlag unbekannter Täter auf eine Moschee, bei dem 18 Menschen starben und 90 verletzt wurden.

Für den Großraum XXXX wurden im 3. Quartal des Jahres 2018 statistisch insgesamt 56 Konfliktvorfälle (Anm.: Gesamtsumme aus Fernangriffen, Kämpfen, Ausschreitungen, Gewalt gegen Zivilpersonen, strategische Entwicklungen) mit 33 Todesopfern erfasst.

1.4.2. Die medizinische Versorgungssituation im Irak bleibt angespannt. In XXXX arbeiten viele Krankenhäuser nur mit deutlich eingeschränkter Kapazität. Die Ärzte und das Krankenhauspersonal gelten generell als qualifiziert, viele haben aber aus Angst vor Entführungen oder Repressionen das Land verlassen. Korruption ist verbreitet. Die große Zahl von Flüchtlingen und IDPs belastet das Gesundheitssystem zusätzlich.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in die Verfahrensakten unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben von BF1 und BF2, der bekämpften Bescheide, des Beschwerdeschriftsatzes, der vom BF1 vorgelegten Beweismittel, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem BVwG, die Einsichtnahme in vom BVwG beigeschaffte länderkundliche Informationen sowie die Einholung von Auskünften des Zentralen Melderegisters, des Strafregisters und des Grundversorgungsdatensystems die Beschwerdeführer betreffend.

2.2. Identität und Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer waren anhand der vorgelegten Identitätsnachweise feststellbar.

Die Feststellungen ihrer Zugehörigkeit zur arabischen Volksgruppe und zur muslimischen Religionsgemeinschaft stützen sich auf den Umstand, dass diese von den BF beginnend mit ihrer Erstbefragung angeben wurden.

Die Feststellungen zu den Lebensumständen der genannten Verwandten von BF1 und BF2 waren ausgehend von ihren Aussagen in der Beschwerdeverhandlung zu treffen.

Die Feststellungen zum Reiseverlauf zwischen dem Irak und Österreich resultieren aus einer Zusammenschau der Aussagen der BF und der Inhalte ihrer Reisedokumente dazu. Den Reisedokumenten waren auch die übrigen festgestellten Auslandsreisedaten zu entnehmen.

Die Feststellungen zu den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Beschwerdeführer vor der Einreise nach Österreich und im Gefolge derselben ergaben sich aus einer Zusammenschau ihrer persönlichen Angaben im Verlauf des gg. Verfahrens sowie aus den vom BVwG eingeholten Informationen der genannten Datenbanken.

Die Feststellungen zu den Sprachkenntnissen konnten angesichts der vor dem BVwG gemachten Angaben, vorgelegten Nachweise und demonstrierten Kenntnisse getroffen werden.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zum medizinischen Behandlungsbedarf des BF5 konnten anhand der vorgelegten Arztbriefe getroffen werden.

2.3. Zu den Feststellungen die frühere berufliche Laufbahn des BF1 im Irak betreffend gelangte das Gericht auf der Grundlage seiner Aussagen im Gesamtverlauf des gg. Verfahrens und der dazu vorgelegten Nachweise, wobei im Einzelnen dazu wie folgt erwogen wurde.

Vor dem BFA legte er mehrere Dienstausweise vor. Unter diesen fanden sich zwei Dienstausweise der Fa. XXXX , wobei der erste eine Gültigkeit bis 31.12.2011 und der zweite eine solche von 01.01.2012 bis 31.12.2013 aufwies.

Mit seiner Beschwerde legt er drei Empfehlungsschreiben datierend vom 02.05.2013, 23.10.2013 und 08.01.2014 vor. Dem erstgenannten aus 2013 war seine Beschäftigung bei der XXXX von August 2009 bis Dezember 2010 zu entnehmen, dem zweitgenannten aus 2013 seine Beschäftigung für "mehrere Jahre" als Terminal Supervisor am Flughafen XXXX und dem dritten aus 2014 seine Tätigkeit für die Fa. XXXX beginnend mit 2011, wobei dessen Inhalt erkennbar auf seine in der Vergangenheit bis 2013 gelegenen Verdienste und erworbenen Fähigkeiten abstellte. Der Beschwerde lagen darüber hinaus ein Memorandum des amerikanischen Verteidigungsministeriums, Hauptquartier der amerikanischen Garnison im XXXX , vom 17.12.2009, ein Diplom der XXXX vom 05.10.2011 und eine undatierte Anerkennung für seine Tätigkeit für die Fa. XXXX bei.

In der Zusammenschau all dieser Nachweise, die bis einschließlich der Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG vom 20.12.2018 vorgelegt wurden, wurden die beruflichen Tätigkeiten des BF1 zwischen August 2009 und Dezember 2013 für die beiden genannten Unternehmen XXXX und XXXX glaubhaft gemacht. Auch war der Inhalt der Empfehlungsschreiben von Mai und Oktober 2013 sowie Jänner 2014 so zu deuten, dass der BF1 zu diesen Zeitpunkten offenbar schon um das Erfordernis einer anderweitigen Beschäftigung wußte, ansonsten diese Schreiben ihren Sinn verlieren würden. Im Lichte dessen war zu den entsprechenden Feststellungen oben über die beruflichen Tätigkeiten des BF1 zwischen 2009 und 2013 zu gelangen.

Ein weiterer vor dem BFA vorgelegter Ausweis des XXXX XXXX enthielt den Namen des BF1 und den Hinweis auf seine Tätigkeit für die Fa. XXXX sowie das Ablaufdatum seiner Gültigkeit mit 20.02.2014, stellte aber seiner Aussage vor dem BVwG zufolge bloß eine Zutrittsberechtigung für den Flughafen und nicht einen Dienstausweis seines früheren Arbeitgebers dar. Er konnte angesichts dessen keinen Nachweis für eine weitergehende Beschäftigung bis Februar 2014 liefern.

Erst auf Vorhalt in der Beschwerdeverhandlung, dass er keine Nachweise für eine über Dezember 2013 hinausgehende Tätigkeit vorgelegt habe, vermeinte der BF1, dass er auch solche für eine Tätigkeit bis August 2015, also bis unmittelbar vor der Ausreise, besorgen könnte. Bereits dieses Verhalten, nämlich vorerst über den gesamten mehrjährigen Verfahrensverlauf hinweg bloß Nachweise bis Ende 2013 vorzulegen und erst auf die Wichtigkeit weiterer Nachweise für eine behauptete Tätigkeit bis 2015 hingewiesen solche besorgen zu wollen, warf Zweifel an der Richtigkeit dieser behaupteter Weise länger andauernden Tätigkeit auf.

Schließlich legte der BF1 über seinen Rechtsberater ein Bestätigungsschreiben einer XXXX XXXX vom 07.01.2019 vor, das "auf dessen Ersuchen" seine Beschäftigung als Terminal Supervisor bis 05.08.2015 belegen sollte. Dieses Schreiben wurde somit erst auf das persönliche Ersuchen des BF1 hin im Gefolge der Beschwerdeverhandlung erstellt und nicht bereits vor der Ausreise wie die übrigen Urkunden, was weitere Zweifel an der Richtigkeit seines Inhalts bzw. der Behauptung des BF1 aufwarf und dieses als Gefälligkeitsschreiben darstellte. Diesen Eindruck verstärkte noch die Herkunft des Schreibens als eine auf die Bezeichnung XXXX XXXX lautend und nicht auf die des früheren Arbeitgebers namens XXXX XXXX , den der BF1 in der Beschwerdeverhandlung nochmals genannt hatte. Den Firmeninformationen der XXXX auf deren Website zufolge befasst sich die XXXX XXXX auch alleine mit der Bereitstellung von Treibstoffen für den Flugverkehr, was nichts mit dem früheren Arbeitsbereich des BF1 am Flughafen XXXX zu tun hatte, den er in der Beschwerdeverhandlung nochmals dargelegt hatte.

Insgesamt gesehen wertete das Gericht das nachträglich vorgelegte Schreiben vom Jänner 2019 daher als bloßes Gefälligkeitsschreiben, dessen Inhalt in der Zusammenschau mit den übrigen Beweismitteln und Aussagen des BF1 den zeitlichen Umfang seiner Tätigkeit für die XXXX XXXX betreffend nicht glaubhaft war.

2.4. Zur Feststellung fehlender individueller Verfolgung des BF1 im Herkunftsstaat aus von ihm behaupteten Gründen bzw. der fehlenden Gefahr einer solchen pro futuro gelangte das erkennende Gericht aufgrund folgender Erwägungen:

2.3.1. Anläßlich seiner Erstbefragung brachte der BF1 zu seinen Antragsgründen befragt vor, dass er bei der Fa. " XXXX " (Anm.: die im Weiteren vom BF1 genannte Fa. XXXX firmiert auch unter der Bezeichnung XXXX ) in "Bodrum" (gemeint wohl: XXXX ) beschäftigt war. Er habe dadurch u.a. Informationen über "geheime Bewegungen von amerikanischen Piloten", die irakische Soldaten ausbilden, gehabt. Am 04.08.2015 sei er von einem angeblichen IS-Angehörigen angerufen worden, der über diese "geheimen Bewegungen" informiert werden wollte. Er habe dies aber verweigert, weshalb er mit dem Tod bedroht worden sei. Am 06.08.2015 habe es dann einen Anschlag auf sein Wohnhaus und seinen PKW gegeben, indem aus einem Maschinengewehr darauf geschossen worden sei. Unmittelbar darauf habe er mit seinen Angehörigen die Flucht ergriffen.

Anläßlich seiner Einvernahme vor dem BFA wiederholte er dieses Vorbringen sinngemäß.

Seine Gattin, die BF2, verwies in ihrer Erstbefragung lediglich summarisch auf die Angaben ihres Gatten. Auch in ihrer Einvernahme machte sie keine darüber hinaus gehenden Angaben.

2.3.2. Die belangte Behörde gelangte auf der Grundlage dieses Vorbringens zur Feststellung, dass das Vorbringen des BF1 zu seinen Ausreisegründen angesichts von Widersprüchen im Vorbringen sowie mangels Plausibilität nicht glaubhaft gewesen sei.

2.3.3. Für das BVwG waren schon im Lichte seiner Erwägungen oben zum Zeitraum seiner beruflichen Tätigkeit am Flughafen XXXX die behaupteten Ausreisegründe in maßgeblicher Weise in Zweifel geraten, stellte der BF1 doch diese die Flucht auslösenden Ereignisse in einen Zusammenhang mit eben dieser beruflichen Tätigkeit zum besagten Zeitpunkt. Gerade letzteres konnte er, wie oben dargelegt wurde, jedoch nicht glaubhaft machen.

Nicht zu überzeugen vermochte der BF1 das Gericht auch mit seinen Aussagen in der Beschwerdeverhandlung zu den angeblichen Beweggründen des unbekannten Anrufers, Informationen von ihm erlangen zu wollen. Das von ihm erstinstanzlich genannte Interesse an den Bewegungen von amerikanischen Staatsbürgern im Zusammenhang mit beabsichtigten Abflügen vom Flughafen XXXX aus erschien schon per se nicht plausibel, blieb es doch als solches im Raum stehen ohne dass ein weiterer Sinn dahinter sichtbar geworden oder aufgezeigt worden wäre. Widersprüchlich war der BF1 auch hinsichtlich der behaupteten Zielpersonen des Anrufers, sprach er doch erstinstanzlich von amerikanischen Flugtrainern, vor dem BVwG von amerikanischem Botschaftspersonal.

Schließlich hatte er erstinstanzlich stets von einem Angehörigen des IS als Anrufer gesprochen, vor dem BVwG zog er dies aber in Zweifel, wohl im Bewußtsein dessen, dass der IS angesichts seiner zwischenzeitigen Niederlage im Irak nicht mehr plausibler Weise als Ausgangspunkt der behaupteten Bedrohung in Betracht kommen würde.

War angesichts dessen aber nun völlig unklar geworden, wer den BF1 aus welchen Gründen bei einer Rückkehr verfolgen sollte, vermeinte er auf weitere Nachfrage in der Beschwerdeverhandlung, dass er bei einer Rückkehr von Angehörigen schiitischer Milizen bedroht sein würde. Er vermeinte auch, dies bereits vor dem BFA ausgesagt zu haben, was aber in Widerspruch zum Inhalt der Niederschriften stand.

Als Anlaß für dieses neue Bedrohungsbild nannte er sodann die frühere Mitgliedschaft seiner sunnitischen Familie bei der vormaligen Bath-Partei und die Stellung seines Vaters als Offizier in der irakischen Armee unter Saddam Hussein. Auf Nachfrage, welcher Art von Verfolgung oder Bedrohung denn sein Vater im Jahr 2014 ausgesetzt gewesen sei, wie dies von ihm nicht nur vor dem BFA, sondern auch in der Beschwerdeschrift in den Raum gestellt worden war, vermeinte er jedoch, sein Vater sei keiner konkreten Bedrohung bzw. konkreten Vorfällen in den mehr als zehn Jahren seit dem Sturz von Saddam ausgesetzt gewesen. Wenn aber nicht einmal sein Vater als früherer Armeeoffizier einer individuellen Verfolgung ausgesetzt war, erschloss sich für das Gericht nicht, aus welchen Gründen nun der BF1 selbst verfolgt sein sollte, zumal er ebenso vor seiner Ausreise über 12 Jahre lang unverfolgt im Irak gelebt hatte.

Aufgrund dieser Erwägungen war zur Feststellung oben unter 1.2. zu gelangen.

2.4. Die Annahme, dass die Beschwerdeführer bei einer Rückkehr auch insoweit keiner maßgeblichen Gefährdung ausgesetzt wären, als sie etwa in wirtschaftlicher Hinsicht in eine existenzbedrohende Notlage geraten würden, stützt sich darauf, dass es sich bei BF1 wie auch BF2 um grundsätzlich arbeitsfähige Menschen mit einem hohen Bildungsgrad handelt, wobei insbesondere der BF1 mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit wieder für seinen Unterhalt und den seiner Familienangehörigen sorgen kann, zumal er bereits einer langjährigen beruflichen Tätigkeit nachging und sohin über berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt. Auch die BF2 verfügt über eine berufliche Ausbildung sowie Erfahrung.

Dass sich ungeachtet der zwischenzeitigen Emigration ihrer nächsten Angehörigen ihrer Herkunftsfamilien aus dem Irak bei einer Rückkehr in XXXX weiterhin eine Unterkunftsmöglichkeit an den früheren Wohnsitzen der Familien findet, war angesichts der Feststellungen oben dazu als maßgeblich wahrscheinlich anzusehen.

Auch die Möglichkeit verwandtschaftlicher Unterstützung stünde den Beschwerdeführern angesichts entsprechender Anknüpfungspunkte selbst aus dem Ausland erforderlichenfalls zur Verfügung.

2.5. Die länderkundlichen Feststellungen des Gerichts stützen sich auf seine Kenntnis von der notorischen allgemeinen Lage im Irak sowie den Inhalt der zuletzt von ihm eingesehenen länderkundlichen Informationen (Bericht es Deutschen Auswärtigen Amtes v. 12.02.2018;

IOM Iraq - Displacement Tracking Matrix Rd. 106 v. Oktober 2018;

ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project v. 12.11.2018).

Von den Beschwerdeführern wurde weder vor dem BFA noch in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG ein substantielles diesen Feststellungen entgegenstehendes Vorbringen erstattet.

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war im Lichte dessen nicht dergestalt einzuschätzen, dass schon mit der bloßen Anwesenheit für jeden Zurückkehrenden das reale Risiko verbunden wäre, Opfer eines Terroranschlags oder sonstiger gewaltsamer Auseinandersetzungen zu werden.

Als notorisch war anzusehen, dass im Irak aktuell kein landesweiter bewaffneter Konflikt ausgetragen wird, der eine gravierende Gefährdung indizieren würde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Mit Art. 129 B-VG idF BGBl. I 51/2012 wurde ein als Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes eingerichtet.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, 1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Mit Datum 1.1.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018.

Mit dem BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) idF BGBl. I Nr. 68/2013, in Kraft getreten mit 1.1.2014, wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) als Rechtsnachfolger des vormaligen Bundesasylamtes eingerichtet. Gemäß § 3 Abs. 1 BFA-VG obliegt dem BFA u.a. die Vollziehung des BFA-VG und des AsylG 2005 idgF.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheides des Bundesamtes.

Zu A)

1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht. Darüber hinaus darf keiner der in § 6 Abs. 1 AsylG genannten Ausschlussgründe vorliegen, andernfalls der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden kann.

Nach Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

Im Hinblick auf die Neufassung des § 3 AsylG 2005 im Vergleich zu § 7 AsylG 1997 wird festgehalten, dass die bisherige höchstgerichtliche Judikatur zu den Kriterien für die Asylgewährung in Anbetracht der identen Festlegung, dass als Maßstab die Feststellung einer Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK gilt, nunmehr grundsätzlich auch auf § 3 Abs. 1 AsylG 2005 anzuwenden ist.

Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, Zl. 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.04.2001, Zl. 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

1.2. Die vom BF1 behauptete Rückkehrgefährdung im Irak war nicht als glaubhaft anzusehen.

Die belangte Behörde kam daher zu Recht zum Ergebnis, dass dieser nicht in der Lage war mit seinem Vorbringen glaubhaft darzulegen, dass er der Gefahr einer individuellen Verfolgung im Herkunftsstaat für den Fall der Rückkehr ausgesetzt wäre.

Eine Asylgewährung an seine Familienangehörigen im Rahmen des Familienverfahrens nach § 34 Abs. 2 AsylG kam mangels einer solchen an den BF1 nicht in Betracht.

1.3. Die Beschwerde war sohin zu Spruchpunkt I der angefochtenen Bescheide als unbegründet abzuweisen.

2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

2.2. Entgegen seiner früheren ständigen Judikatur zum Vorliegen der Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz, wo der Verwaltungsgerichtshof (insbesondere) auf den Maßstab des Art. 3 EMRK abgestellt hat, bezieht sich dieser in seiner jüngsten Rechtsprechung (vgl. Ra 2018/01/0106-12 vom 6. November 2018) vielmehr auf die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 (Statusrichtlinie) und die dort für die Gewährung von subsidiärem Schutz normierten Voraussetzungen, weist dabei auf das Erfordernis einer richtlinienkonformen Auslegung des Asylgesetzes vor dem Hintergrund der Statusrichtlinie hin und hält dazu fest, dass zu den vom Unionsrecht vorgegebenen Rahmenbedingungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz alleine die nachfolgend dargestellte Rechtsprechung des EuGH maßgeblich ist.

Nach dieser Rechtsprechung hat ein Drittstaatsangehöriger "nur dann Anspruch auf subsidiären Schutz ..., wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass er bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland tatsächlich Gefahr liefe, eine der drei in Art. 15 der Richtlinie definierten Arten eines ernsthaften Schadens zu erleiden" (vgl. zuletzt EuGH 24.4.2018, C-353/16, MP, Rn. 28, mwN).

Art. 15 der Statusrichtlinie definiert als "ernsthaften Schaden" die Todesstrafe oder Hinrichtung (lit. a), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung eines Antragstellers im Herkunftsland (lit. b) und "eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts" (lit. c).

Zum Vorliegen eines ernsthaften Schadens nach Art. 15 lit. b der Statusrichtlinie nahm der EuGH im Urteil vom 18. Dezember 2014, C-542/13, M'Bodj, Stellung und führte dazu aus, dass der Umstand, dass ein Drittstaatsangehöriger nach Art. 3 EMRK nicht abgeschoben werden kann, nicht bedeutet, dass ihm subsidiärer Schutz zu gewähren ist. Subsidiärer Schutz (nach Art. 15 lit. a und b der Statusrichtlinie) verlangt nach dieser Auslegung durch den EuGH dagegen, dass der ernsthafte Schaden durch das Verhalten von Dritten, also von Akteuren iSd Art. 6 Statusrichtlinie, verursacht werden muss und dieser nicht bloß Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsland ist.

Diesen Unterschied zwischen der Gewährung von subsidiärem Schutz einerseits und der Non-refoulement-Entscheidung andererseits hat der EuGH im zeitgleichen Urteil C-562/13, Abdida, nochmals klargestellt (vgl. Rn. 33).

In seinem Urteil vom 24. April 2018, C-353/16, MP, Rn. 45 und 46, hat der EuGH diese Sichtweise bestätigt. Er führte nochmals aus, dass der Schutz vor Ausweisung nach Art. 3 EMRK auch unter Berücksichtigung von Art. 4 der GRC (Non-refoulement) von der Gewährung von subsidiärem Schutz nach der Statusrichtlinie zu unterscheiden ist:

"Zu den Auswirkungen, die es haben kann, dass im Herkunftsland des Betroffenen eine geeignete Infrastruktur zur Behandlung physischer oder psychischer Folgeschäden der von den Behörden dieses Landes verübten Folterhandlungen fehlt, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass der in Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83 genannte ernsthafte Schaden nicht bloß die Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten des Gesundheitssystems des Herkunftslandes sein darf. Die Gefahr der Verschlechterung des Gesundheitszustands eines an einer schweren Krankheit leidenden Drittstaatsangehörigen, die auf das Fehlen angemessener Behandlungsmöglichkeiten in seinem Heimatland zurückzuführen ist, ohne dass diesem Drittstaatsangehörigen die Versorgung vorsätzlich verweigert würde, kann keine ausreichende Rechtfertigung dafür sein, ihm den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Dezember 2014, M-Bodj, C-542/13, EU:C:2014:2452, Rn. 35 und 36)".

Zur Voraussetzung des Art. 15 lit. c der Statusrichtlinie hat der EuGH festgehalten, dass das "Vorliegen einer solchen Bedrohung ... ausnahmsweise als gegeben angesehen werden" kann, "wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt [...] ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein" (vgl. EuGH 17.2.2009, C-465/07, Elgafaji, Rn. 35).

Auch wenn der EuGH in dieser Rechtsprechung davon spricht, dass es sich hierbei um "eine Schadensgefahr allgemeinerer Art" handelt (Rn. 33), so betont er den "Ausnahmecharakter einer solchen Situation" (Rn. 38), "die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass die fragliche Person dieser Gefahr individuell ausgesetzt wäre" (Rn. 37).

Diesen Ausnahmecharakter hob der EuGH nochmals im Urteil vom 30. Jänner 2014, C-285/12, Diakité, Rn. 30, wie folgt hervor:

"Außerdem wird das Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nur zur Gewährung subsidiären Schutzes führen können, sofern die Auseinandersetzungen zwischen den regulären Streitkräften eines Staates und einer oder mehreren bewaffneten Gruppen oder zwischen zwei oder mehreren bewaffneten Gruppen ausnahmsweise als ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der Person, die die Gewährung des subsidiären Schutzes beantragt, im Sinne von Art. 15 Buchst. c der Richtlinie angesehen werden, weil der Grad willkürlicher Gewalt bei diesen Konflikten ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein".

Die spezifische Betroffenheit eines Antragstellers kann aber nach dieser Rechtsprechung (vgl. EuGH 30.1.2014, C-285/12, Diakité, Rn. 31) insoweit eine Rolle spielen, als "der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, damit der Antragsteller Anspruch auf subsidiären Schutz hat, umso geringer sein wird, je mehr er möglicherweise zu belegen vermag, dass er aufgrund von seiner persönlichen Situation innewohnenden Umständen spezifisch betroffen ist".

2.3. Bereits in seinem Urteil vom 9. November 2010, C-57/09 und C-101/09, B und D, Rn. 118ff, hat der EuGH dargelegt, dass den Mitgliedstaaten die Gewährung einer anderen Form des nationalen Schutzes aus anderen Gründen als jenen, aus denen internationaler Schutz im Sinne des Art. 2 lit. a der Statusrichtlinie gewährt werden muss, wie etwa aus familiären oder humanitären Ermessensgründen gemäß Art. 3 der Statusrichtlinie nur dann möglich ist, wenn diese andere Form des Schutzes nicht die Gefahr der Verwechslung mit der Rechtsstellung des Flüchtlings oder der Person mit Anspruch auf subsidiärem Schutz im Sinne der Statusrichtlinie birgt. Damit stellte der EuGH klar, dass die Schutzgewährung aus familiären oder humanitären Gründen nicht in den Anwendungsbereich der Statusrichtlinie fällt und es für die Gewährung nationalen Schutzes aus solchen Gründen einer Form bedarf, die die Gefahr der Verwechslung mit der Schutzgewährung im Sinne der Statusrichtlinie ausschließt.

Die Erlassung oder Beibehaltung günstigerer Bestimmungen durch einen Mitgliedstaat, die - unter Berufung auf Art. 3 der Statusrichtlinie - über den oben dargelegten Maßstab für die Gewährung von subsidiären Schutz hinausgehen, hat der EuGH in seinem Urteil vom 18. Dezember 2014, C-542/13, M'Bodj, Rn. 43 bis 46, ausdrücklich als unionsrechts- bzw. richtlinienwidrig angesehen.

Nach dieser Rechtsprechung widerspricht es der Statusrichtlinie und ist es unionsrechtlich unzulässig, den in dieser Richtlinie vorgesehenen Schutz Drittstaatsangehörigen zuzuerkennen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck dieses internationalen Schutzes aufweisen, etwa aus familiären oder humanitären Ermessensgründen, die insbesondere auf Art. 3 EMRK gestützt sind.

Jüngst hat der EuGH dies nochmals verdeutlicht, wenn er ausführt, "dass die in Art. 3 enthaltene Klarstellung, dass jede günstigere Norm mit der Richtlinie 2011/95 vereinbar sein muss, bedeutet, dass diese Norm die allgemeine Systematik oder die Ziele der Richtlinie nicht gefährden darf. Insbesondere sind Normen verboten, die die Flüchtlingseigenschaft oder den subsidiären Schutzstatus Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen zuerkennen sollen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck des internationalen Schutzes aufweisen" (vgl. EuGH 4.10.2018, C-652/16, Ahmedbekova, Rn. 71f, mit Verweis auf EuGH 18.12.2014, M'Bodj, C-542/13, vgl. dazu bereits auch VwGH 24.10.2018, Ra 2018/14/0040-0044, in Bezug auf das Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005).

Mit dem Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, wollte der Gesetzgeber - wie in den Erläuterungen (RV 952 BlgNR 22. GP, 5) ausdrücklich angeführt wird - die Statusrichtlinie (Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004), insbesondere mit dem neu geregelten "Antrag auf internationalen Schutz" deren gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben (vgl. RV 952 BlgNR 22. GP, 30f) umsetzen (vgl. VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344).

Aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 AsylG 2005, wonach einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten unter anderem dann zuzuerkennen ist, "wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Heimatstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK" bedeuten würde, ist dagegen (im Sinne der bisherigen Non-refoulement-Prüfung) ableitbar, dass für die Gewährung des subsidiären Schutzstatus bereits jegliche reale Gefahr (real risk) einer Verletzung von Art. 3 EMRK an sich, unabhängig von einer Verursachung von Akteuren oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat ausreicht.

Insofern hat der Gesetzgeber die unionsrechtlichen Vorgaben der Statusrichtlinie zur Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Sinne der dargelegten Auslegung der Bestimmung des Art. 15 lit. b der Statusrichtlinie iVm Art. 3 Statusrichtlinie entgegen der oben angeführten Rechtsprechung des EuGH und somit fehlerhaft umgesetzt.

Die unmittelbare Anwendung und den Vorrang von unionsrechtlichen Bestimmungen haben sowohl die Gerichte als auch die Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten zu beachten. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ist jedes im Rahmen seiner Zuständigkeit angerufene nationale Gericht als Organ eines Mitgliedstaats verpflichtet, in Anwendung des in Art. 4 Abs. 3 EUV niedergelegten Grundsatzes der Zusammenarbeit das unmittelbar geltende Unionsrecht uneingeschränkt anzuwenden (vgl. etwa VwGH 22.6.2015, 2015/04/0002, mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH obliegt die sich aus einer Richtlinie ergebende Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das in der Richtlinie vorgesehene Ziel zu erreichen, sowie deren Pflicht, alle zur Erfüllung dieser Verpflichtung geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zu treffen, allen Trägern öffentlicher Gewalt der Mitgliedstaaten, einschließlich im Rahmen ihrer Zuständigkeiten den Gerichten (vgl. etwa jüngst EuGH 7.8.2018, C-122/17, David Smith, Rn. 38, 39, mwN). Zur E

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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