TE Bvwg Beschluss 2019/2/19 I416 2166617-2

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Veröffentlicht am 19.02.2019
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Entscheidungsdatum

19.02.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
AVG §68 Abs1
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I416 2166617-2/3E

BESCHLUSS

In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.02.2019, Zl. XXXX, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, alias XXXX, alias XXXX, geb. XXXX, StA. Marokko, hat das Bundesverwaltungsgericht durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 sowie § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Fremde reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 05.12.2015 erstmalig einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Wesentlichen brachte er vor, dass es in Marokko keine Arbeit geben würde und er sich ein gutes Leben mit Zukunft wünsche, welches er in Marokko nicht erwarten könne. In Marokko habe er keine Rechte und keine medizinische Versorgung, in Österreich würde er diese haben, Dies seien alle seine Fluchtgründe. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.07.2017, Zl. XXXX, wurde der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß "§ 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005 BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Marokko gemäß "§ 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG" abgewiesen. Gleichzeitig wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen und die Zulässigkeit der Abschiebung des Fremden nach Marokko festgestellt. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1a FPG nicht gewährt, einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt und zuletzt ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Mit schriftlicher Ausfertigung des am 17.01.2019 mündlich verkündeten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.01.2019, Zl. I409 2166617-1/16E, wurde die dagegen durch den Fremden erhobene Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides, mit dem ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen worden war, insoweit geändert wurde, als das Einreiseverbot für die Dauer von vier Jahren erlassen wurde.

Der Fremde war zuletzt, nach erfolgter Rücküberstellung aus der Schweiz am 09.01.2019, vom 09.01.2019 bis 10.01.2019 im Bundesgebiet melderechtlich erfasst. Der Fremde stellte am 28.01.2019 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung "Folgeantrag" durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 29.01.20019 wurde auf die Frage, warum der Fremde einen neuerlichen Antrag stellen würde und was sich seit der Rechtskraft konkret gegenüber seinem bereits entschiedenen Verfahren geändert habe folgendes wörtlich protokolliert: "Da ich BARBAR bin kann ich nicht nach Marokko zurück, da ich Probleme bekommen würde."

(...) "Ja ich habe keine weiteren Gründe für die Asylantragstellung." (...) "Ich fürchte, dass ich in Marokko eingesperrt werde." (...) Bei der ersten Einvernahme in Österreich gab ich das schon als Asylgrund ein, aber es wurde falsch verstanden und geschrieben." Konkrete Hinweise, dass ihm bei seiner Rückkehr unmenschliche Behandlung, Strafe oder die Todesstrafe drohen, oder er mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen hätte gebe es keine. Die Niederschrift wurde dem Fremden rückübersetzt und gab er an, dass er keine Ergänzungen oder Korrekturen habe und dass er alles verstanden habe.

Mit am 01.02.2019 persönlich übernommener Verfahrensanordnung teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Fremden gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005 mit, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl davon ausgehe, dass entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliege. Zugleich wurde dem Fremden gemäß § 29 Abs. 4 AsylG 2005 mitgeteilt, dass zur Wahrung des Parteiengehörs vor der Einvernahme eine Rechtsberatung stattfinden werde.

Am 13.02.2019 fand eine niederschriftliche Einvernahme des Fremden durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein des Rechtsberaters zu seinem zweiten Antrag auf internationalen Schutz statt. Nach den Gründen für seinen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz befragt, gab er zusammengefasst an, dass er nicht nach Marokko zurückkönne und dass falls man nicht wolle, dass er hierbleibe, er nach Italien oder nach Spanien überstellt werden möchte, weil es in den beiden Ländern Organisationen gebe, die für die Sache der Berber arbeiten und sich dafür einsetzen würden. Wir (die Berber) würden ein Problem mit dem marokkanischen König haben und könne er nicht zurück. Es gehe hier auch um die Geschichte von Marokko. Auf Vorhalt, dass dies nicht mit seinen Angaben aus dem Erstverfahren übereinstimmen würde, da er dort lediglich wirtschaftliche Gründe angegeben habe und er das jeweilige Protokoll nach Rückübersetzung auf Vollständigkeit und Richtigkeit unterschrieben habe, gab er wörtlich an: "Im Jahr 2015 beantragte ich Asyl 2015. Ich habe schon erwähnt, dass ich Berber bin und es wurde damals nicht richtig oder vollständig übersetzt." (...) "Ich habe alles erklären und ich kann mir nicht warum das nicht niedergeschrieben wurde." (...) "Ich wusste nicht, dass das möglich ist, dass ich das schriftlich einbringen kann. Ich kann Deutsch auch nicht schreiben." Er gab weiters an, dass er bei den ersten Einvernahmen dachte, dass die Lage in Marokko gekannt werde. Er habe aber bemerkt, dass ein verzehrtes Bild von Marokko bekannt sei, weshalb er das nunmehr angegeben habe. Er führte weiters aus, dass er bis auf sein Asthma gesund sei, er würde regelmäßigen telefonischen Kontakt zu seiner Mutter in Marokko haben und würde dort auch Freunde haben zu denen aber kein Kontakt bestehen würde. In Österreich habe er eine Freundin, mit der er aber jetzt nicht mehr zusammen sei, er habe bisher keinen Deutschkurs besucht, könne aber ein wenig Deutsch. Seinen Lebensunterhalt würde er aus der Grundversorgung bestreiten, ansonsten würde er in seinem Zimmer sitzen oder ein bisschen spazieren gehen. Letztlich erklärte der Fremde zu den im Rahmen der Einvernahme vorgelegten Länderinformationen zu Marokko, dass es in Nordmarokko vor kurzem Demonstrationen gegeben habe, wobei diese nur verlangt hätten, dass Krankenhäuser in diesen Gebieten errichtet werden. Dies sei in Hoceima gewesen. Ein Jahr lang hätten diese Demonstrationen dort gedauert und seien einige Aktivisten zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Die Rif-Berber würden vom marokkanischen Staat unterdrückt. Dort seien nicht mal Krankenhäuser. Wenn sich jemand behandeln lassen will, müsse er 600 km nach Habat fahren. In der Vergangenheit, vor ungefähr 100 Jahren, hätten Sie gegen die Franzosen und Spanier gekämpft und seien mit chemischen Waffen bombardiert worden. Die Krebsrate sei deshalb sehr hoch. Aber trotzdem gebe es in unserem Gebiet keine Krankenhäuser die modere Behandlungen anbieten würden. Wissen würde er dies von seiner Mutter und habe er Youtube Videos gesehen. Seitens des anwesenden Rechtsberaters wurden keine Fragen oder Anträge gestellt.

Im Anschluss daran hob die belangte Behörde mit dem mündlich verkündeten Bescheid den faktischen Abschiebeschutz nach § 12 AsylG gemäß § 12a Abs. 2 AsylG auf.

Mit E- Mail vom 13.02.2019, informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht über die erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes. Der Akt wurde der zuständigen Gerichtsabteilung I 416 am 18.02.2019 zur Beurteilung der Aufhebung übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person des Fremden:

Der Fremde ist ein Staatsangehöriger Marokkos, und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20 b AsylG. Die Identität des Fremden steht nicht fest.

Der Fremde stellte bereits einen Antrag auf internationalen Schutz. Der erste Antrag wurde rechtskräftig negativ entschieden. Gegen den Fremden besteht ein aufrechtes 4-jähriges Einreiseverbot.

Der Fremde ist gesund, jung und in einem arbeitsfähigen Alter. Der Fremde hat in Marokko als Elektriker gearbeitet und konnte sich damit seinen Lebensunterhalt finanzieren.

Der Fremde bekennt sich zum muslimischen Glauben, ist ledig und hat keine Kinder. In Marokko leben noch die Eltern und die Geschwister des Fremden.

Es leben keine Familienangehörigen oder Verwandten des Fremden in Österreich. Unter Zugrundelegung der Dauer seines Aufenthaltes im Bundesgebiet verfügt der Fremde über keine familiären Anknüpfungspunkte oder maßgebliche private Beziehungen und weist er auch keine relevante Integration in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht im Bundesgebiet auf.

Der Fremde ist strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Fremden:

In Bezug auf das Fluchtvorbringen des Fremden in seinem Folgeantrag und aufgrund der allgemeinen Lage im Land wird festgestellt, dass der Fremde im Falle seiner Rückkehr nach Marokko mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existenziellen Bedrohungen ausgesetzt sein wird.

Der aus Marokko stammende Fremde brachte im ersten rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren zusammengefasst wirtschaftliche Gründe für seine Flucht vor.

Im nunmehr gegenständlichen Verfahren hält der Fremde seine bisherigen Fluchtgründe aufrecht und führt darüberhinaus unsubstantiiert aus, dass er Probleme in seiner Heimat habe, da er Berber sei und diese ein Problem mit dem marokkanischen König haben würden, weshalb er nicht zurückkönne. Erwähnt habe er schon 2015, dass er Berber sei, es sei aber damals nicht richtig oder vollständig übersetzt worden.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Fremde in Marokko aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde oder werden wird. Dies wurde von ihm auch nicht glaubhaft behauptet.

In Bezug auf den gesunden und arbeitsfähigen Fremden besteht kein schützenswertes Privat- und/oder Familienleben im Bundesgebiet. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des Fremden nach Marokko eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen. Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der Fremde verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.

Eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation in Marokko ist nicht eingetreten.

Marokko gilt als ein "sicherer Herkunftsstaat" im Sinne des § 1 Ziffer 9 der Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl II Nr. 177/2009, in der Fassung BGBl II Nr. 47/2016.

Der Folgeantrag wird voraussichtlich zurückzuweisen sein.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Fremden vor diesem und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie in den zu überprüfenden Bescheid.

2.1. Zur Person des Fremden:

Die Feststellungen zu seiner Herkunft, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, sowie zu den Lebensumständen gründen sich auf seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor der belangten Behörde und aus dem Akt.

Da der Fremde den österreichischen Behörden keine Dokumente vorgelegt hat, steht seine Identität nicht fest.

Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben des Fremden ergeben sich aus den Angaben des Fremden und den vorliegenden Verwaltungsakten. In Bezug auf das Privat- und/oder Familienleben des Fremden im Bundesgebiet ist seit dem Vorverfahren keine entscheidungsrelevante Änderung des Sachverhaltes erkennbar.

Die strafrechtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

2.2. Zu den Fluchtmotiven des Fremden:

Im rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren brachte der Fremde vor, seine Heimat Marokko aus wirtschaftlichen Gründen verlassen zu haben.

Sein nunmehriges Vorbringen in seinem weiteren Antrag auf internationalen Schutz, wonach er Probleme habe, da er Berber sei und er in Marokko wegen seiner politischen Ansichten eingesperrt werden würde, ist als ein gesteigertes Fluchtvorbringen anzusehen, da neben der Tatsache, dass dieses Vorbringen laut seinen eigenen Angaben bereits anlässlich seines ersten Asylverfahren bestanden hat, auch der Beschwerdeschriftsatz in seinem Vorverfahren keinerlei Ausführungen dazu enthält.

Dies zeigt sich vor allem auch in seinen oberflächlichen, unschlüssigen und nicht nachvollziehbaren Erklärungsversuchen, warum er dies nicht früher angegeben habe. (Protokoll der niederschriftlichen Einvernahme vom 13.02.2019, S. 8).

Im vorliegenden Beschwerdefall ist somit der belangten Behörde nicht entgegen zu treten, wenn sie zur Auffassung gelangt ist, dass das Vorbringen des Fremden nicht glaubhaft ist, nur auf einen bereits abgehandelten Fluchtgrund aufbaut und daher von einer entschiedenen Sache auszugehen sein wird. Angesichts der zum Vorverfahren widersprüchlichen Angaben und der detailarmen und nicht nachvollziehbaren Schilderungen seiner nunmehr angeführten Gründe, sowie der im Vorverfahren festgestellten wirtschaftlichen Gründe, liegt vielmehr nahe, dass er diesen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz nur gestellt hat, um eine Abschiebung zu vereiteln. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt in diesem Zusammenhang auch nicht, dass sich die angebliche Bedrohung auf einen Sachverhalt bezieht, der bereits vor Stellung seines ersten Asylantrages verwirklicht worden ist.

Ein Abgleich zwischen den Länderfeststellungen des ersten Asylverfahrens und dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Marokko im gegenständlichen Verfahren ergibt keine Verschlechterung der allgemeinen Situation in Marokko. Eine solche würde auch nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes entsprechen und wurde vom Fremden auch nicht behauptet. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des Fremden nach Marokko eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.

Im gegenständlichen Asylverfahren bringt der Fremde somit keine neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes:

§ 12a Abs. 1 und 2 sowie § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005, BGBl. I 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, lauten:

"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1.-gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2.-kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3.-im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und

4.-eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1.-gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2.-der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3.-die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) ...

Entscheidungen

§ 22. ...

(10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

...".

§ 22 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, lautet:

"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

Zunächst ist festzuhalten, dass der Fremde einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 Asylgesetz 2005 gestellt hat und dass kein Fall des § 12a Abs. 1 Asylgesetz 2005 vorliegt.

Auch die übrigen Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 Z 1 bis 3 Asylgesetz 2005 liegen vor:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Asyl und Fremdenwesen vom 19.07.2017, Zl. XXXX, wurde der erste Antrag des Fremden auf internationalen Schutz, als unbegründet abgewiesen. Dieser Bescheid erwuchs nach Erhebung einer Beschwerde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.01.2017, Zl. I409 2143341-1/2E, in Rechtskraft. Dem Fremden droht demzufolge in Marokko keine asylrelevante Verfolgung.

Mit seinem nunmehrigen gesteigerten Vorbringen, dass er in Marokko Probleme habe, da er Berber sei, baut er auf einem Sachverhalt auf der bereits zum Zeitpunkt seines ersten Asylverfahrens bestanden hat und ist dieses Vorbringen, wie bereits in der Beweiswürdigung dargelegt, letztlich auch als unglaubwürdig zu werten.

Auch dafür, dass dem Fremden im Falle einer Rückkehr nach Marokko die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), gibt es im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte, zumal der Fremde gesund ist, über Berufserfahrung verfügt und daher erwerbsfähig ist. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Fremde seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht wieder bestreiten können sollte, zumal der Fremde in Marokko noch über Familienangehörige verfügt, zu denen er regelmäßigen Kontakt hat und somit auch eine Unterkunftnahme bei diesen möglich ist. Außerdem besteht ganz allgemein in Marokko keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre.

Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf dem Fremden ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenen Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Auch führt der Fremde in Österreich kein im Sinne des Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben in Österreich und weist sein Privatleben keine besonders ausgeprägte Intensität auf.

Der Folgeantrag des Fremden wird voraussichtlich zurückzuweisen sein, weil - unter Zugrundelegung der unter II. 1. getroffenen Feststellungen - keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, jedenfalls wurden keine Tatsachen neu vorgebracht, die zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, bzw. die nicht bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 2009, 2008/01/0344, mwN).

Zudem ist grundsätzlich festzuhalten, dass (auch) im Verfahren zur allfälligen Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durch die belangte Behörde ein Ermittlungsverfahren durchzuführen ist, wobei auch der Grundsatz der notwendigen Einräumung von rechtlichen Gehören zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt; es wurde dem Fremden Parteiengehör eingeräumt, er wurde am 29.01.2019 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie am 13.02.2019 durch die belangte Behörde einvernommen, und es wurden ihm die Länderfeststellungen zur Kenntnis gebracht und Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt.

Im Lichte des § 22 BFA-VG hatte keine mündliche Verhandlung stattzufinden.

Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtswidrig ist; da § 22 Abs. 10 AsylG 2005 dies ausdrücklich vorsieht, war die vorliegende Entscheidung nicht mit Erkenntnis, sondern mit Beschluss zu treffen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,
faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag,
Identität der Sache, Privat- und Familienleben, real risk, reale
Gefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I416.2166617.2.00

Zuletzt aktualisiert am

19.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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