TE Bvwg Beschluss 2019/2/21 L525 2214790-1

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Veröffentlicht am 21.02.2019
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Entscheidungsdatum

21.02.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
AVG §68 Abs1
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L525 2214790-1/6E

BESCHLUSS

In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.2.2019, Zl. XXXX, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, geb. XXXX, StA. Georgien, alias XXXX, geb. XXXX, StA. Russische Föderation, hat das Bundesverwaltungsgericht durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING, beschlossen:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler und schlepperunterstützter Einreise in das Bundesgebiet am 24.6.2016 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz und wurde am gleichen Tag einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen. Der Beschwerdeführer brachte zu seinen Ausreisegründen vor, er sei russischer Staatsangehöriger und habe im Jahr 2005 Russland wegen einer Frau verlassen und sei in die Ukraine gezogen. Seit Beginn der Unruhe in der Ukraine habe er wegen seiner russischen Herkunft und seinem russischen Pass Probleme und sei er von der Polizei bei verschiedenen Gelegenheiten schikaniert und geschlagen worden. Er habe in Russland niemanden mehr. Er habe versucht die russische Botschaft einzuschalten, doch in deren Datenbank sei er nicht als russischer Staatsangehöriger geführt.

Mit Bescheid des BFA vom 11.5.2018 wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.), sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde ein auf fünf Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen. Der Beschwerde wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1,3 und 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die belangte Behörde führte zu den vorgebrachten Fluchtgründen im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe als Hauptgrund für das Verlassen seines Heimatlandes wirtschaftliche bzw. persönliche Gründe angegeben. Zudem habe der Beschwerdeführer angegeben, er sei Staatsbürger der Russischen Föderation, in Wahrheit sei er aber Staatsbürger Georgiens. Eine lebensbedrohliche Krankheit habe nicht festgestellt werden können. Es seien im Verfahren keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die eine Abschiebung in den Herkunftsstaat des Beschwerdeführers als rechtswidrig erscheinen lassen würden. Eine beachtenswerte Integration habe nicht festgestellt werden können. Die Identität des Beschwerdeführers stehe fest und sei der Beschwerdeführer nicht unbescholten. Der Beschwerdeführer sei in Österreich mehrfach straffällig geworden, es erscheine ein Einreiseverbot in der Höhe von fünf Jahren als angemessen.

Der Bescheid wurde aufgrund des unbekannten Aufenthalts des Beschwerdeführers im Akt zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.

Bereits am 31.3.2018 wurde der Beschwerdeführer durch Interpol Wien identifiziert, da der Beschwerdeführer im Jahr 2001 wegen Drogenhandel, -besitz und -herstellung festgenommen worden sei. Der Beschwerdeführer wurde in der Ukraine zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Der Beschwerdeführer stellte am 4.2.2019 in Schubhaft neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde am 5.2.2019 neuerlich einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen. Zu seinen nunmehr vorgebrachten Gründen befragt, führte der Beschwerdeführer aus, er habe schon einmal um Asyl in Österreich angesucht, aber er könne erst jetzt seine Asylgründe angeben. Er habe Feinde in Georgien, sehn einflussreiche Leute, die auch Mitglieder krimineller Organisationen seien. Sein Schwager sei entführt worden, damit diese an den Beschwerdeführer herankommen. Er habe sich in der Ukraine versteckt gehalten. 2016 habe er die Ukraine verlassen und habe er sich in Ungarn aufgehalten. In der Schubhaft in Ungarn sei er von Polizisten zusammengeschlagen worden. Er würde liebend gerne nach Georgien zurückkehren, jedoch könne er nicht, da dies gefährlich für ihn aus. Seine konkreteren Angaben könne er gerne bei der Asylbehörde machen. Befragt, ob es konkrete Hinweise gebe, dass ihm im Falle seiner Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohe oder er mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen habe, führte der Beschwerdeführer aus, die Mafiastrukturen würden in Georgien mit der Polizei arbeiten, er könne nichts Konkretes sagen, aber es könne sein, dass ihn auch staatliche Sanktionen erwarten würden. Die Änderungen seiner Situation hinsichtlich der nunmehr vorgebrachten Fluchtgründe wisse er seit 2013.

Der Beschwerdeführer wurde am 15.2.2019 niederschriftlich einvernommen.

Mit dem nunmehr gegenständlichen, mündlich verkündeten Bescheid vom 15.2.2019 hob das BFA den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 iVm § 22 Abs. 10 AsylG auf und begründete dies im Wesentlichen damit, dass der neuerliche Antrag nicht geeignet sei, einen maßgeblich geänderten Sachverhalt festzustellen. Der mit der Zurückweisung zu verbindenden Ausweisung nach Georgien stehe kein wesentlich geänderter Sachverhalt in Bezug auf das Privat und Familienleben oder verfahrenswesentliche Integration entgegen. Die Erlangung der faktischen Notwendigkeit für eine Abschiebung wie zB die Ausstellung eines Heimreisezertifikates sei gegeben. Die allgemeine Lage und die persönlichen Verhältnisse hätten sich nicht geändert seit dem rechtskräftigen Bescheid des BFA vom 28.6.2018.

Die belangte Behörde verfügte die Vorlage des Bescheides an das Bundesverwaltungsgericht. Zur Begründung der Beschwerde führte der Beschwerdeführer aus, er habe nichts mehr zu sagen.

Die Verwaltungsakten langten am 21.2.2019 bei der zuständigen Gerichtsabteilung L 525 ein, wovon das BFA am gleichen Tag verständigt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 24.6.2016 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er sei russischer Staatsbürger und werde in der Ukraine diskriminiert. Russland würde ihn nicht als Staatsbürger identifizieren. Der Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes (BAA) vom 11.5.2018 abgewiesen und wurde die Ausweisung in die Russische Föderation veranlasst. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Am 31.1.2019 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt und beantragte der Beschwerdeführer am 4.2.2019 aus der Schubhaft abermals internationalen Schutz.

Zu seinen Fluchtgründen brachte der Beschwerdeführer vor, er habe Feinde in Georgien, sehr einflussreiche Leute, die auch Mitglieder krimineller Organisationen seien. Sein Schwager sei entführt worden, damit diese an den Beschwerdeführer herankommen. Er habe sich in der Ukraine versteckt gehalten. 2016 habe er die Ukraine verlassen und habe er sich in Ungarn aufgehalten. In der Schubhaft in Ungarn sei er von Polizisten zusammengeschlagen worden. Er würde liebend gerne nach Georgien zurückkehren, jedoch könne er nicht, da dies gefährlich für ihn sei.

Der Beschwerdeführer wurde am 15.2.2019 niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer gab zunächst an, er verstehe den Dolmetsch gut und er habe sich einer Rechtsberatung unterzogen. Er habe keine Beweismittel oder identitätsbezeugende Dokumente, die er vorlegen könne. Er bekomme Medikamente und zwar Schmerz- und Beruhigungsmittel. Die Schmerzmittel nehme er wegen seines Rückens. Er habe keine besonders enge Beziehung zu Verwandten in der EU, habe keine Kinder und keine Eltern. Er habe mit der Polizei Probleme in seinem Heimatland. Er fühle sich nicht gegenüber anderen Mitgliedern seiner Volksgruppe benachteiligt. Seine Mutter und seine Schwester würden noch in seinem Heimatland leben. Er habe den Kontakt aber abgebrochen. Er sei nicht integriert, er habe keine Möglichkeit gehabt. Er habe in Linz einen Vorfall mit einem Dealer gehabt, den habe er mit einem Messer verletzt. Über Vorhalt, es sei der Behörde auch bekannt, dass der Beschwerdeführer auch in Georgien und in der Ukraine strafrechtlich aufgefallen sei, führte der Beschwerdeführer aus, deswegen sei er ja auch hier. Er habe mit Personen, die Diebe im Gesetz seien, Probleme. Er habe ein neues Leben anfangen wollen und von seinen Problemen wegzukommen. Seine Probleme hätten angefangen, da er bei der Nationalen Georgischen Partei mitgewirkt habe. Als Sakashwilli abgewählt wurde, hätten die Probleme angefangen. Es seien viele Kriminelle aus dem Gefängnis entlassen worden, die hätten ihn befeindet. Er sei in die Türkei gereist, dort habe man ihn nach einer Woche aufgespürt. Er sei weiter in die Ukraine gereist, auch in der Ukraine sei er gefunden worden. Sein Schwager sei entführt worden, um ihn (gemeint: den Beschwerdeführer) zu erwischen. Er hätte auch ein Gespräch mit einem Dieb im Gesetz gehabt, diese habe gemeint, dass er auf alle Fälle umgebracht werde. Da habe er sich entschlossen in die EU zu reisen und seinen Namen geändert. Er habe mit einem anderen Namen hier um Asyl angesucht. Über Vorhalt, er habe aber unter einer falschen Nationale den Antrag gestellt und sei er durch Interpol identifiziert worden, sei er nicht glaubwürdig, führte der Beschwerdeführer aus, das Leben in Georgien sei hier sehr unterschiedlich. Die Sachen, die er erzählt habe, seien real. Als Sakashwilli abgewählt wurde, habe sich alles geändert. Zu seiner Zeit seien die Kriminellen eingesperrt worden, danach seien die wieder freigekommen. Befragt, was er bei der Nationalen Georgischen Partei gemacht habe, führte der Beschwerdeführer aus, er habe im Auftrag der Parteien Sachen erfüllt. Er habe Wahlwerbung für die Partei gemacht. Er habe bei Störaktionen mitgemacht und an Unruhen und Provokationen sei er beteiligt gewesen. Gegen seine Ausweisung spreche, dass dies seinen Tod bedeuten würde. Über neuerlichen Vorhalt, er sei nicht glaubwürdig, sei mehrmals strafrechtlich angezeigt worden, sei untergetaucht und habe zu keinem Zeitpunkt seine Nationale richtiggestellt, sondern sei durch Interpol identifiziert worden, führte der Beschwerdeführer aus, er habe sich gefürchtet. Befragt, ob er nun von staatlicher Seite oder von Kriminellen gesucht werde, führte er aus, er habe damals die Aktivisten der Oppositionspartei verfolgt. Jetzt seien diese an der Macht. Die Personen, die ihn jetzt belangten wollen würden, würden von der jetzigen Regierung geschützt. Diese Personen seien "XXXX und XXXX", das seien Diebe im Gesetz. Dann seien aber auch Leute mit Spitznamen "XXXX", "XXXX", "XXXX" hinter ihm her, die letzten würden in der Ukraine leben. Befragt, ob er die Länderinformationen übersetzt haben wollen würde, führte der Beschwerdeführer aus, er wisse ganz genau was in Georgien abläuft.

Mit dem nunmehr gegenständlichen, mündlich verkündeten Bescheid vom 15.2.2019 hob das BFA den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 iVm § 22 Abs. 10 AsylG auf und begründete dies im Wesentlichen damit, dass der neuerliche Antrag nicht geeignet sei, einen maßgeblich geänderten Sachverhalt festzustellen. Der mit der Zurückweisung zu verbindenden Ausweisung nach Georgien stehe kein wesentlich geänderter Sachverhalt in Bezug auf das Privat und Familienleben oder verfahrenswesentliche Integration entgegen. Die Erlangung der faktischen Notwendigkeit für eine Abschiebung wie zB die Ausstellung eines Heimreisezertifikates sei gegeben. Die allgemeine Lage und die persönlichen Verhältnisse hätten sich nicht geändert seit dem rechtskräftigen Bescheid des BFA vom 28.6.2018. Die belangte Behörde stellte fest, dass die Identität feststehe und der Beschwerdeführer eben über keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich verfüge. Er sie gesund und in einem arbeitsfähigen Alter. Der Beschwerdeführer habe mit Absicht seine Identität verschleiert. Der Beschwerdeführer habe den Großteil seines Lebens in seinem Heimatland verbracht. Schritte für eine Integration seien nicht gesetzt worden, sondern spreche der Beschwerdeführer nur unzureichend Deutsch. Eine Einvernahme ohne den Dolmetsch sei nicht möglich gewesen. Er habe mit Absicht die Behörden mehr als 2,5 Jahre belogen, weshalb auch bereits aus diesem Grund seine Glaubwürdigkeit sehr leide. Das Vorbringen im gegenständlichen Verfahren sei nicht nachvollziehbar. Der Beschwerdeführer habe angegeben, dass er angeblich von Kriminellen, die nach der Absetzung von Sakashvilli aus der Haft entlassen worden seien, verfolgt werde. Das Vorbringen habe sich aber als sehr oberflächlich gestaltet und sei allgemein gehalten gewesen. Es sei auch nicht nachvollziehbar, warum der Beschwerdeführer als - anscheinend - kleiner Wahlhelfer nun derart verfolgt werden würde. Erst als ihm das vorgehalten worden sei, habe er plötzlich davon gesprochen, dass diese Personen auch mit der Polizei zusammenarbeiten würden. Es widerspreche jeder Lebenserfahrung, dass ein durchschnittlich sorgfältiger Asylwerber eine tatsächlich bestehende Verfolgung wider besseren Wissens verschweige, da man von einer Person, welche tatsächlich im Herkunftsstaat Verfolgung erfahren hätte, nicht leichtfertig in jenem Staat verschweige, von dem sie sich Schutz erwarte. Der Beschwerdeführer habe obendrein noch bewusst falsche Angaben erstattet. Der Beschwerdeführer habe seinen ersten Asylantrag unter einer falschen Identität gestellt. Er sei weiters in diesem Verfahren in die Anonymität abgetaucht und sei er für die Behörde nicht greifbar gewesen, obwohl zu erwarten gewesen wäre, dass der Beschwerdeführer als angeblich verfolgter mit der Behörde kooperiere. Erst aufgrund einer Information durch Interpol Wien sei seine wahre Identität festgestellt worden. Auch habe der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag erst gestellt, als er schon in Schubhaft gewesen sei, als ihm offenbar bewusstgeworden sei, dass seine Abschiebung unmittelbar bevorstehe. In einer Gesamtschau sei die belangte Behörde davon überzeugt, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr keine unmenschliche Behandlung drohe. Die gegen den Beschwerdeführer ausgesprochene Rückkehrentscheidung sei aufrecht, zumal er das Bundesgebiet zwischenzeitlich nicht verlassen habe. Der nunmehrige Antrag sei voraussichtlich zurückzuweisen, da er keinen neuen Sachverhalt vorgebacht habe. Auch habe sich die Lage im Herkunftsstaat nicht entscheidungswesentlich geändert. Aufgrund der Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat sei nicht davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr eine in § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG beschriebenen Verletzung drohe.

Der Beschwerdeführer befindet sich zum Entscheidungszeitpunkt in Schubhaft.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt zum bisherigen Verfahren und dem Vorbringen des Beschwerdeführers ergibt sich aus den vorgelegten unbedenklichen Verwaltungsakten der belangten Behörde. Einwände, dass die Verwaltungsakten unvollständig oder unrichtig wären, wurden nicht erhoben und sind auch keine Unvollständigkeiten oder Unrichtigkeiten erkennbar. Dass die allgemeine Lage in Georgien - soweit sie den Beschwerdeführer betrifft - seit der Erlassung der Rückkehrentscheidung im Wesentlichen unverändert geblieben ist, ergibt sich aus den vom BFA im gegenständlichen Verfahren herangezogenen Länderinformationsquellen, die dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht wurden und

denen er nicht entgegengetreten ist. Dass es zwischenzeitlich zu einer relevanten Änderung gekommen sei, wurde nicht behauptet.

Die Feststellung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer eben kein neues, entscheidungsrelevantes Vorbringen erstattet habe, ergibt sich aus dem nunmehr erstatteten Vorbringen des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. So ist der belangten Behörde zunächst nicht entgegenzutreten, dass der Beschwerdeführer sich über weite Strecken in Österreich mit einer falschen Identität aufhielt und der Beschwerdeführer die österreichischen Behörden darüber täuschte (AS 289 bzw. AS 291). Dem nunmehr "neu" vorgebrachten Vorbringen, er werde von Kriminellen verfolgt, kommt - im Sinne einer Prognoseentscheidung - kein glaubhafter Kern zu, zumal das Vorbringen zunächst von der Rechtskraft des rechtskräftigen Bescheides vom 11.5.2018 mitumfasst ist, da der Beschwerdeführer ja selbst ausführte, er wisse davon seit dem Jahr 2013 (AS 11) und ist auch der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie dem Beschwerdeführer vorhält, dass keine Gründe ersichtlich sind, warum der Beschwerdeführer dieses Vorbringen nicht bereits im ersten Verfahren erstattet hat bzw. bewusst verschwiegen hat (AS 291). Der belangten Behörde ist aber auch nicht entgegenzutreten, wenn sie davon ausgeht, dass es eben nicht nachvollziehbar ist, dass der Beschwerdeführer als angeblich kleiner Wahlhelfer nunmehr einer derartigen Bedrohung durch Kriminelle und staatlichen Behörde, die mit den Kriminellen zusammenarbeiten würden, ausgesetzt sei und sich das Vorbringen als vage und oberflächlich gestaltete (AS 291).

Der belangten Behörde ist daher nicht entgegenzutreten, wenn sie im Sinne einer Prognoseentscheidung zum Ergebnis kommt, dass der Antrag des Beschwerdeführers vom 4.2.2018 auf internationalen Schutz voraussichtlich zurückzuweisen sein wird.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1 Zur Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes:

§ 12a Asylgesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 84/2017 lautet:

"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gemäß Abs. 2 binnen achtzehn Tagen vor einem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn zum Antragszeitpunkt

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Fremde über den Abschiebetermin zuvor nachweislich informiert worden ist (§ 58 Abs. 2 FPG) und

3. darüber hinaus

a) sich der Fremde in Schub-, Straf- oder Untersuchungshaft befindet;

b) gegen den Fremden ein gelinderes Mittel (§ 77 FPG) angewandt wird, oder

c) der Fremde nach einer Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 BFA-VG iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG angehalten wird.

Liegt eine der Voraussetzungen der Z 1 bis 3 nicht vor, ist gemäß Abs. 2 vorzugehen. Für die Berechnung der achtzehntägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht.

(4) In den Fällen des Abs. 3 hat das Bundesamt dem Fremden den faktischen Abschiebeschutz in Ausnahmefällen zuzuerkennen, wenn der Folgeantrag nicht zur ungerechtfertigten Verhinderung oder Verzögerung der Abschiebung gestellt wurde. Dies ist dann der Fall, wenn

1. der Fremde anlässlich der Befragung oder Einvernahme (§ 19) glaubhaft macht, dass er den Folgeantrag zu keinem früheren Zeitpunkt stellen konnte oder

2. sich seit der letzten Entscheidung die objektive Situation im Herkunftsstaat entscheidungsrelevant geändert hat.

Über das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu entscheiden. Wurde der Folgeantrag binnen zwei Tagen vor dem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, hat sich die Prüfung des faktischen Abschiebeschutzes auf das Vorliegen der Voraussetzung der Z 2 zu beschränken. Für die Berechnung der zweitägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht. Die Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes steht einer weiteren Verfahrensführung gemäß Abs. 2 nicht entgegen.

(5) Abweichend von §§ 17 Abs. 4 und 29 Abs. 1 beginnt das Zulassungsverfahren in den Fällen des Abs. 1 und 3 bereits mit der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz.

(6) Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Anordnungen zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, Ausweisungen gemäß § 66 FPG und Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht. Dies gilt nicht für Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG, die über einen darüber hinausgehenden Zeitraum festgesetzt wurden."

§ 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 verlangt eine Prognoseentscheidung über eine vorausssichtliche Antragszurückweisung; die Sachentscheidung über den Folgeantrag selbst ist nicht Gegenstand des Verfahrens (vgl. die in Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, S 284, angeführten Gesetzesmaterialien zu § 22

BFA-VG).

Nach dem festgestellten Sachverhalt ist die mit rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde vom 11.5.2018 getroffene Rückkehrentscheidung nach wie vor aufrecht. Der vollständigkeithalber weist das erkennende Gericht darauf hin, dass es die im rechtskräftigen Bescheid verfügte Ausweisung in die Russische Föderation bzw. den Abspruch über die Gewährung von Subsidiären Schutz hinsichtlich der Russischen Föderation für Versehen hält, zumal sich aus der Begründung des rechtskräftigen Bescheides eindeutig ergibt, dass die belangte Behörde eine Abschiebung nach Georgien verfügen wollte und auch hinsichtlich der in Spruchpunkt II. verfügten Entscheidung über die Nichtgewährung von Subsidiärem Schutz in Bezug auf die Russische Föderation eigentlich Georgien meinte. Das ergibt sich bereits aus der Begründung, die sich ausschließlich mit Georgien beschäftigte bzw. aus den verwendeten Länderberichten, die ausschließlich die Lage in Georgien behandelten. Darüber hinaus wurden in der georgischen Übersetzung des Spruches sehr wohl Georgien als Herkunftsstaat genannt und stellte die belangte Behörde ja selbst fest, dass der Beschwerdeführer als georgischer Staatsangehöriger identifiziert wurde.

Wie in der Beweiswürdigung dargelegt, tritt das erkennende Gericht den von der belangten Behörde angenommenen Gründen, die die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes rechtfertigen, bei. Die belangte Behörde legt nachvollziehbar dar, warum dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Folgeverfahren voraussichtlich kein glaubhafter Kern zugebilligt werden kann. Darüber hinaus brachte der Beschwerdeführer auch keine (weiteren) neuen Gründe vor bzw. wurde auch nicht behauptet, dass sich sein Privat- und Familienleben oder die allgemeine Lage in Georgien wesentlich geändert hätte. Eine Änderung der Lage in Georgien, die notorisch bekannt sein müsste, ist seit dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens nicht eingetreten. Das BFA ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass sich aus dem bisherigen Vorbringen kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt ergeben hat.

3.2 Verletzung der EMRK:

Bereits vorangegangenen ersten Verfahren hat die belangte Behörde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art 2, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bestehen würde.

Auch im nunmehrigen Verfahren ist nichts hervorgekommen, was gegen die Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Heimatstaat im Sinne dieser Bestimmung sprechen würde. Nach der ständige Judikatur des EGMR obliegt es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art 3 MRK darstellen würde - grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 MRK widersprechende Behandlung drohen würde (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134). Einen derartigen Nachweis hat der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nicht erbracht.

Des Weiteren ist nicht erkennbar, dass der Beschwerdeführer nunmehr über ein - im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - schützenswertes Familien- oder Privatleben, verfügt, was vom Beschwerdeführer auch nicht geltend gemacht wurde.

Schließlich erscheint die Abschiebung alsbald nach Aberkennung möglich (vgl dazu Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, K12 zu § 12a AsylG), zumal sich der Beschwerdeführer zum Entscheidungszeitpunkt in Schubhaft befindet und bereits ein Heimreisezertifikat ausgestellt wurde.

Da insgesamt die Voraussetzungen des § 12a Abs 2 AsylG für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen, ist der mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes vom 15.2.2019 rechtmäßig.

Gemäß § 22 Abs 1 zweiter Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden und sah das erkennende Gericht keine Notwendigkeit eine mündliche Verhandlung abzuhalten.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,
faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag,
Identität der Sache, Privat- und Familienleben, real risk, reale
Gefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L525.2214790.1.00

Zuletzt aktualisiert am

19.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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