TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/27 I415 2119292-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.02.2019
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Entscheidungsdatum

27.02.2019

Norm

AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §55 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I415 2119294-2/11E

I415 2119292-2/8E

I415 2119293-2/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerden der XXXX, geb. am XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch RAe Mag. Dr. Anton KARNER & Mag. Dr. Michael MAYER, des minderjährigen XXXX, geb. am XXXX und der minderjährigen XXXX, geb. am XXXX, beide nigerianische Staatsbürger und gesetzlich vertreten durch ihre Mutter XXXX, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.07.2017, Zl. XXXX, Zl. XXXX und Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.11.2018 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Verfahren der am XXXX geborenen Erstbeschwerdeführerin sowie ihrer beiden Kinder (der am XXXX geborene Zweitbeschwerdeführer und die am XXXX geborene Drittbeschwerdeführerin) sind im Sinne des § 34 AsylG 2005 gemeinsam als Familienverfahren zu führen.

2. Die Erstbeschwerdeführerin stellte am 24.03.2013 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Sie erklärte, im September 2009 aus Nigeria ausgereist zu sein. Sie habe sich dann von 2009 bis zum Vortag der Asylantragstellung in Frankreich aufgehalten und auf der Straße gearbeitet. Sie sei nach Österreich gekommen, da sie ihren Freund gesucht habe, nachdem sie von ihm schwanger gewesen sei. In der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 24.03.2013 gab sie weiter an, dass sie ihr Land verlassen habe, da sie Probleme mit ihrer Familie gehabt habe, weil sie lesbisch gewesen sei. Jetzt sei sie nach Österreich gekommen, um ihren Freund zu suchen und habe keine weiteren politischen oder religiösen Probleme.

Dieser Antrag wurde zunächst aufgrund einer Dublin-Zuständigkeit Frankreichs mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.06.2013, Zl. XXXX, gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen. Gleichzeitig wurde Frankreich für die Prüfung des Antrages für internationalen Schutz für zuständig erklärt und die Erstbeschwerdeführerin wurde gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Frankreich ausgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 19.06.2013, Zl. S7 435.640-1/2013/2E als unbegründet abgewiesen. In weiterer Folge wurde allerdings die geplante Abschiebung der Erstbeschwerdeführerin nach Frankreich am 04.07.2013 abgebrochen, da sie zu diesem Zeitpunkt im sechsten Monat schwanger war. In weiterer Folge wurde das Asylverfahren der Erstbeschwerdeführerin in Österreich zugelassen, da die Dublin-Überstellungsfrist abgelaufen war.

3. Am XXXX wurde der Zweitbeschwerdeführer in XXXX geboren. Die Vaterschaft wurde durch Lucky A. anerkannt.

4. Die Erstbeschwerdeführerin stellte am 29.10.2013 für sich und den Zweitbeschwerdeführer einen Folgeantrag auf internationalen Schutz.

5. Am XXXX wurde die Drittbeschwerdeführerin, die Tochter der Erstbeschwerdeführerin und ihres Lebensgefährten Lucky A., in Österreich geboren. Für sie wurde ebenfalls ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

6. Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.12.2015 wurden die Anträge der Beschwerdeführer hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurden die Anträge auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen (Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde den Beschwerdeführern gemäß § 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG wurden gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Ziffer 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide).

7. Die dagegen fristgerecht am 22.12.2015 erhobenen Beschwerden wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit rechtskräftigen Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.01.2017, Zl. I403 2119294-1/15E, I403 2119292-1/11E und I403 2119293-1/11E, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen.

8. Am 23.02.2017, also knapp vier Wochen nach Rechtskraft der getroffenen Rückkehrentscheidungen, stellte die Erstbeschwerdeführerin für sich, den Zweitbeschwerdeführer und die Drittbeschwerdeführerin die verfahrensgegenständlichen Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AslyG (Aufenthaltsberechtigung plus), andernfalls gemäß § 55 Abs. 2 AsylG (Aufenthaltsberechtigung). Beigelegt waren ein Meldezettel der Erstbeschwerdeführerin, eine Kopie einer Geburtsurkunde der Erstbeschwerdeführerin, ein Konvolut an Schul- und Kursbesuchsbestätigungen des Vereins XXXX, ein nicht ausgefüllter Arbeitsvorvertrag mit Firmenstempel der Firma XXXX, eine Wohnungsaufwandsbestätigung vom 26.08.2014, sowie eine Bestätigung über Leistungsbezüge aus der Grundversorgung vom 03.05.2017, eine Bestätigung über den Besuch einer Kinderkrippe des Zweitbeschwerdeführers und der Drittbeschwerdeführerin, sowie diverse Unterstützungsschreiben.

9. Mit Parteiengehör vom 17.05.2017 wurden die Beschwerdeführer aufgefordert, ihre Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK binnen vier Wochen schriftlich zu begründen.

10. In einer schriftlichen Stellungnahme vom 14.06.2017 wurde darauf verwiesen, dass die Beschwerdeführer in ihrem Herkunftsland Nigeria über keinerlei familiäre und soziale Anknüpfungspunkte verfügen. Es bestehe eine umfangreiche soziale und gesellschaftliche Integration der Beschwerdeführer in Österreich und die Erteilung der beantragten Aufenthaltstitel sei zur Aufrechterhaltung ihres Privat- und Familienlebens in Österreich gem. Art. 8 EMRK geboten.

11. Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.07.2017, Zl. XXXX, Zl. XXXX und Zl. XXXX wurden die verfahrensgegenständliche Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass ein zwar schützenswertes Familienleben der Beschwerdeführer in Österreich im Sinne des Art. 8 EMRK vorliege, welches jedoch durch die Ausweisung nicht verletzt werde, da alle Familienmitglieder der Kernfamilie (Erstbeschwerdeführerin, Zweitbeschwerdeführer und Drittbeschwerdeführerin) das gemeinsame Schicksal teilen würden und im selben Umfang von der aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen seien. Es liege kein Familienbezug zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich vor. Der Lebensgefährte der Erstbeschwerdeführerin halte sich nur aufgrund einer Karte für Geduldete in Österreich auf. Es sei auch nicht ersichtlich, warum sie nicht gemeinsam die Lebensgemeinschaft in Nigeria fortführen könnten. Besondere private Interessen in Österreich seien in Bezug auf die Beschwerdeführer nicht hervorgekommen.

12. Gegen die im Spruch genannten Bescheide wurde fristgerecht am 26.07.2017 Beschwerde wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und inhaltlicher Rechtswidrigkeit erhoben. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge die angefochtenen Bescheide beheben und in der Sache selbst auf Zuerkennung der beantragten Titel entscheiden.

13. Beschwerden und Bezug habende Verwaltungsakte wurden dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 27.07.2017, eingelangt am 21.07.2017 vorgelegt.

14. Am 26.11.2018 fand am Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, eine mündliche Verhandlung statt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. beschriebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige Nigerias. Sie sind somit Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20b Asylgesetz. Es handelt sich bei den Beschwerdeführern um eine volljährige Frau (Erstbeschwerdeführerin) mit ihren zwei minderjährigen, in Österreich geborenen Kindern (Zweitbeschwerdeführer und Drittbeschwerdeführerin).

Die Identität der Erstbeschwerdeführerin steht in Ermangelung entsprechender Dokumente nicht fest. Sie ist volljährig, Angehörige der Volksgruppe Benin und bekennt sich zum christlichen Glauben. Sie kommt aus Edo State und hat Nigeria 2009 verlassen. Sie lebte zunächst in Frankreich, wo sie der Prostitution nachging. Aufgrund des Umstandes, dass sie von einem in Österreich geduldeten nigerianischen Staatsbürger, den sie in Frankreich kennenlernte, schwanger wurde, kam sie im März 2013 nach Österreich, wo sie einen Asylantrag stellte.

Die Erstbeschwerdeführerin ist ledig, führt aber seit etwa sechs Jahren eine Beziehung mit einem in Österreich geduldeten nigerianischen Staatsbürger, dessen Antrag auf internationalen Schutz im Jahr 2002 rechtskräftig negativ entschieden wurde. Es handelt sich dabei um den Vater des Zweitbeschwerdeführers und der Drittbeschwerdeführerin. Alle leben in einem gemeinsamen Haushalt.

Die Erstbeschwerdeführerin leidet an den Folgen einer Gallenblasenoperation; daher soll sie eine leberschonende Diät einhalte. Sonstige schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen liegen weder bei ihr noch bei ihren Kindern vor. Die Erstbeschwerdeführerin ist im vierten Monat schwanger.

Die Erstbeschwerdeführerin ist jung, gesund und arbeitsfähig. Sie hat in Nigeria eine 11-jährige Schulbildung absolviert und mit Nigeria durch Gelegenheitsarbeiten ihren Lebensunterhalt verdient.

Es leben keine sonstigen Familienangehörigen oder Verwandten der Erstbeschwerdeführerin in Österreich. Ihre Familie lebt ebenso wie die Familie ihres Lebensgefährten in Nigeria, in Benin City. Sie ist mit ihrem Lebensgefährten nach traditionellem Ritus verheiratet.

Sie stellten rund drei Wochen, nachdem das Bundesverwaltungsgericht sich eingehend mit ihrem Familienleben und ihrer Integration in Österreich auseinandergesetzt hatte, den verfahrensgegenständlichen Antrag und stützten sich dabei hauptsächlich auf bereits im Vorverfahren geltend gemachte Integrationsschritte.

Die Erstbeschwerdeführerin hat - ergänzend zu den bereits im (mit 31.01.2017 rechtskräftig abgeschlossenen) Vorverfahren vorgelegten Unterlagen - ein ÖSD Zertifikat A2, ein Konvolut an Bestätigungen über den Besuch weiterer Deutschkurse, sowie eine Einstellungszusage vorgelegt. Der Zweitbeschwerdeführer sowie die Drittbeschwerdeführerin besuchen einen Kindergarten. Jedoch kann trotz dieser Bemühungen noch nicht von einer hinreichenden Integration im Sinne einer nachhaltigen Aufenthaltsverfestigung gesprochen werden. Die Erstbeschwerdeführerin ist auch nach wie vor nicht selbsterhaltungsfähig und verfügt über kein Eigentum. Der Zweitbeschwerdeführer und die Drittbeschwerdeführerin verbrachten ihr gesamtes bisheriges Leben in Österreich, allerdings wäre aufgrund ihres kindlichen Alters eine rasche Integration in Nigeria zu erwarten.

Die Beschwerdeführer sind strafrechtlich unbescholten.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes und der vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes. Einsicht wurde auch genommen in die Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Zl. I403 2119294-1, I403 2119292-1 und I403 2119293-1 und damit zum Beschwerdeverfahren der vorangegangenen Asylverfahren. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Zentralen Fremdenregister (IZR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person der Beschwerdeführer:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit der Erstbeschwerdeführerin getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde. Die Erstbeschwerdeführerin legte nur eine Geburtsurkunde vor, welche ihre Identität aber nicht abschließend belegen kann.

In Bezug auf die minderjährigen Kinder (Zweitbeschwerdeführer und Drittbeschwerdeführerin) wurden die österreichischen Geburtsurkunden vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass der Lebensgefährte der Erstbeschwerdeführerin ihr Vater ist und dass sie nigerianische Staatsbürger sind. Die Familie der Erstbeschwerdeführerin lebt in Benin City. Die Familie ihres Lebensgefährten Lucky A. lebt ebenfalls dort. Beide wurden von ihren Familien nach nigerianischem Ritus in ihrer Abwesenheit traditionell verheiratet. Dies entspricht den Aussagen der Erstbeschwerdeführerin und ihres Lebensgefährten in der mündlichen Verhandlung am 02.12.2016. aus dem Vorverfahren

Die Feststellungen betreffend die persönlichen Verhältnisse und die Lebensumstände der Beschwerdeführer in Österreich beruhen auf den Aussagen der Erstbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 26.11.2018. Aus einem Abgleich der eingeholten ZMR-Auskünfte ergibt sich die Feststellung zum gemeinsamen Wohnsitz der Erstbeschwerdeführerin, ihrem Lebensgefährten und ihrer gemeinsamen Kinder.

Die Feststellung, dass der Lebensgefährte der Erstbeschwerdeführerin in Österreich nicht aufenthaltsberechtigt, sondern nur geduldet ist, ergibt sich aus dem Vorverfahren und seiner Zeugenbefragung im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 26.11.2018 in Zusammenschau mit einer eingeholten IZR-Auskunft.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführer und zur Arbeitsfähigkeit der Erstbeschwerdeführerin ergibt sich aus ihren Aussagen vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichtes, wonach sie gesund seien. Einer Bestätigung eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 30.11.2016 ist zu entnehmen, dass die Erstbeschwerdeführerin als Folge einer Gallenblasenoperation Leberschonkost bzw. eine Leberschondiät einhalten müsse. Aus der Aktenlage sind ansonsten keinerlei Hinweise auf etwaige gesundheitliche Beeinträchtigungen der Beschwerdeführer ableitbar. Im Zuge der mündlichen Verhandlung am 26.11.2018 erklärte die Beschwerdeführerin, schwanger zu sein und legte zur Bestätigung einen Mutter-Kind-Pass vor (errechneter Geburtstermin: 07.07.2019).

Die Feststellung zur Schulbildung und Arbeitserfahrung der Beschwerdeführerin ergibt sich aus ihren eigenen Angaben.

Aus den Angaben der Erstbeschwerdeführerin leitet sich die Feststellung ab, dass sie in Österreich - abgesehen von ihrem Lebensgefährten - über keinerlei familiäre oder verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte verfügt. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte und angesichts des Umstandes, dass sie zu ihrem Privat- und Familienleben plausible Angaben getätigt hat, geht die belangte Behörde nachvollziehbar von deren Richtigkeit aus.

Die Feststellung zum unrechtmäßigen Aufenthalt der Beschwerdeführer im Bundesgebiet ergibt sich aus dem Verwaltungsakt.

Die Beschwerdeführer brachten weder vor der belangten Behörde, noch in der gegenständlichen Beschwerde oder in der mündlichen Beschwerdeverhandlung, konkrete Angaben vor, welche die Annahme einer umfassenden Integration in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht in Österreich rechtfertigen würden. Dies vor allem auch deshalb, da ein Großteil ihrer integrativen Schritte bereits im mit 31.01.2017 rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren einer Interessensabwägung im Sinne des Art 8 EMRK unterzogen wurde. Die Befragung in der mündlichen Verhandlung vom 26.11.2018 stellte sich diesbezüglich dar wie folgt:

"RI: Ihr Asylantrag wurde am 25.01.2017 mittels Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts negativ entschieden, den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK haben Sie am 23.02.2017 gestellt. Also weniger als einen Monat später. Was soll sich in dieser kurzen Zeit Ihrer Meinung nach geändert haben, insbesondere da seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eine mündliche Verhandlung am 02.12.2016 abgehalten wurde? Dies wurde alles im Vorverfahren mitbeurteilt.

BF: Passiert ist folgendes. Ich bin von Innsbruck nach Hause gereist. Dann ist per Post der negative Bescheid gekommen. Innerhalb zwei oder drei Tagen ist die Polizei bei mir aufgetaucht und haben erklärt, dass mein Asylantrag negativ entschieden wurde. Die Polizei hat mir gesagt, dass sie das Recht hätten mir meine weiße Karte abzunehmen. Sie haben mir empfohlen ein humanitäres Visum beim BFA zu beantragen. Ich bekäme dann einen Anwalt gestellt und bekomme eine Karte, das wurde mir geraten.

RI: Damit beantworten Sie nicht meine Frage. Hat man Ihnen überhaupt erklärt, worum es in diesem gegenständlichen Verfahren geht?

BF: Die Polizei hat mir empfohlen zu einem Anwalt zu gehen, um ein Visum zu beantragen. Daraufhin bin ich zu meinem Rechtsanwalt gegangen, er sagte, dass ich dieses humanitäre Visum beantragen kann, aber weiters hat er mir nichts erklärt.

RI: ich frage Sie deshalb, weil genau diese Aspekte, um die es in diesem Verfahren geht, bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Erstverfahren mitgeprüft wurden und wie gesagt zwischen Rechtskraft des ersten Asylverfahrens und des gegenständlichen Antrages auf Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens weniger als ein Monat liegt.

BF: Ich verstehe.

RI: Was würde Ihnen konkret passieren, wenn Sie jetzt wieder in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten?

BF: Ich könnte nicht ertragen, was meinen Kindern geschehen würde, wenn ich nach Nigeria zurückmüsste. Ich weiß sie sind jung, aber sie haben hier schon viel erfahren und gelernt. Dort bekommen sie kein sauberes Wasser, keine gute Verpflegung und auch keine medizinische Fürsorge. Sie haben bereits die Schule hier besucht und den Umgang mit anderen Kindern gelernt. Sie können dort kein gutes Leben führen. Das würde für mich viel Stress bedeuten. Ich bitte Sie daher, lassen Sie mich und meine Kinder hier leben."

Zwar hat die Erstbeschwerdeführerin weiterhin Deutsch gelernt und eine ÖSD A2 Prüfung positiv absolviert, ihre Kinder besuchten weiterhin den Kindergarten und konnte sie auch weitere Empfehlungsschreiben, eine Einstellungszusage und einen (leeren) Arbeitsvorvertrag vorlegen, doch kann noch keinesfalls von einer entscheidungswesentlichen Änderung des Sachverhaltes im Sinne einer nachhaltigen Aufenthaltsverfestigung ausgegangen werden.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1 Rechtslage

Gemäß § 55 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von amtswegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. Dies gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat, oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs 2 ASVG) erreicht wird.

Liegt nur die Voraussetzung des Abs 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK ist eine rechtliche Konsequenz im Falle, dass eine Rückkehrentscheidung aufgrund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG von Amtswegen auf Dauer für unzulässig erklärt wird (§ 58 Abs 2 AsylG). Daneben bestehen jedoch auch die Möglichkeit, einen Titel gemäß § 55 AsylG in einem eigenen Verfahren zu beantragen.

Bei Beurteilung der Frage, ob die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG zur Aufrechterhaltung des Privat- und/oder Familienlebens iSd Art 8 EMRK geboten ist bzw. ob die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach Art 8 EMRK geschützten Rechte darstellt, ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0271, 12.11. 2015, Ra 2015/21/0101).

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet wie folgt:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

3.2 Anwendung der Rechtslage auf den Rechtsfall

Im gegenständlichen Fall verfügen die Beschwerdeführer über ein Familienleben in Österreich. Soweit das Familienleben zwischen Erstbeschwerdeführerin, Zweitbeschwerdeführer und Drittbeschwerdeführerin betroffen ist, greift die Entscheidung nicht in das Familienleben ein (EGMR, 9.10.2003, 48321/99, Slivenko gg Lettland, EGMR, 16.6.2005, 60654/00 Sisojeva gg Lettland), da alle von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen sind (VwGH 22.11.2012, 2011/23/067; 26.02.2013, 2012/22/0239; 19.02.2014, 2013/22/0037).

Allerdings lebt in Österreich auch der Lebensgefährte der Erstbeschwerdeführerin, welcher der Vater des Zweitbeschwerdeführers und der Drittbeschwerdeführerin ist. Art 8 EMRK macht zwischen ehelicher und nichtehelicher Familie keinen Unterschied (EGMR vom 13.6.1979, 6833/74, Marcks gg Belgien; 27.10.1994, 18535/91, Kroon und andere gegen die Niederlande); im Falle der Erstbeschwerdeführerin und ihres Lebensgefährten, die seit 2013 zusammenleben und nach traditionellem Ritus verheiratet wurden, besteht ein Familienleben. Familienleben zwischen Eltern und Kindern entsteht grundsätzlich mit der Geburt der Kinder (VfGH 11.03.2014, U37-39/2013-13). Sowohl eheliche als auch uneheliche Kinder aus einer Familienbeziehung, die unter Art 8 EMRK fallen, werden von ihrer Geburt an ipso iure Teil der Familie (Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74; VfSlg 16.777/2003; ferner Gül gg Schweiz, ÖJZ 1996, 593; 5. 2 2004, 60457/00, Kosmopoulou gg Griechenland; 18. 1. 2007, 73819/01, Estrikh gg Litauen). Auch zwischen dem Zweitbeschwerdeführer und der Drittbeschwerdeführerin und ihrem Vater ist daher von einem Familienleben auszugehen.

Im Erkenntnis Rodrigues da Silva and Hookkamer v. the Netherlands vom 31.1.2006, 50435/99 führte der EGMR unter Verweis auf seine Vorjudikatur aus, dass es ua eine wichtige Überlegung darstellt, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, an dem sich die betreffenden Personen bewusst waren, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart war, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland von vornherein unsicher war. Er stellte auch fest, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art 8 EMRK bewirkt.

Im vorliegenden Fall steht fest, dass sich die Erstbeschwerdeführerin und ihr Lebensgefährte Ende 2012 in Frankreich und damit zu einem Zeitpunkt begegnet sind, als der Aufenthaltsstatus des Lebensgefährten in Österreich unsicher war. Die Erstbeschwerdeführerin war zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal in Österreich, sondern reiste ihm im März 2013 aufgrund ihrer Schwangerschaft nach. Der Aufenthaltsstatus war daher von Beginn an in Bezug auf beide Partner unsicher bzw. unrechtmäßig (der Lebensgefährte war bereits 2010 rechtskräftig ausgewiesen worden), was ihnen auch bewusst sein musste. Die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz wurden mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.01.2017 rechtskräftig negativ entschieden. Dies mindert das Gewicht dieser Beziehung in der nach § 9 BFA-VG vorzunehmenden Interessensabwägung.

Zugleich wies der VwGH in diesem Zusammenhang bereits wiederholt darauf hin, dass im Rahmen der Abwägung nach Art 8 EMRK dem Bestehen einer Ehe mit einem dauerhaft niedergelassenen Partner große Bedeutung zukommt (VwGH 19.12.2012, 2009/22/0257 oder auch 11.11.2013, 2013/22/0224). Allerdings ist der Lebensgefährte der Erstbeschwerdeführerin nicht daueraufenthaltsberechtigt, sondern wird er nur geduldet. Insgesamt kommt das Bundesverwaltungsgericht daher zum Schluss, dass eine Rückkehrentscheidung gegen die Erstbeschwerdeführerin in Bezug auf ihren Lebensgefährten zwar einen Eingriff in ihr Familienleben darstellt, dieser aber - angesichts des Umstandes, dass die Beziehung zu einem Zeitpunkt eingegangen wurde, als sich alle Beteiligten des unsicheren Aufenthaltes bewusst sein mussten - verhältnismäßig wäre.

Anders verhält es sich, wenn man die Beziehung des Zweitbeschwerdeführers und der Drittbeschwerdeführerin zu ihrem Vater Lucky A. betrachtet. Zu beiden Kindern unterhält Lucky A. eine enge Beziehung, sie leben im gemeinsamen Haushalt. Die Trennung der minderjährigen Beschwerdeführer von ihrem Vater wäre, insbesondere unter Berücksichtigung des Kindeswohls, wohl nur schwer mit Art 8 EMRK in Einklang zu bringen. Es ist lebensfremd, dass der Kontakt zwischen einem Kleinkind und einem Elternteil über Telekommunikation und elektronische Medien aufrechterhalten werden kann (VfGH, 19.06.2015, E 426/2015-23). In einer Gesamtbetrachtung, in der das Kindeswohl zu berücksichtigen ist, tritt zudem die Frage, ob das Familienleben in einem Zeitpunkt entstanden ist (bzw. das Kind zu einem Zeitpunkt geboren wurde), in dem der Aufenthalt eines Elternteils unsicher war, in den Hintergrund (Chmielewski, Kindeswohl als Kriterium der Interessensabwägung, MIGRALEX, 03/2013, 71).

Allerdings stellt sich die Frage, ob eine gegen die minderjährigen Beschwerdeführer erlassene Rückkehrentscheidung überhaupt zu einer Trennung von ihrem Vater führen müsste. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes kann das Familienleben in Nigeria weitergeführt werden. Alle Familienangehörigen sind nigerianische Staatsbürger. Sowohl die Beschwerdeführer als auch Lucky A. haben noch Familienangehörige in Nigeria. Sie kommen aus dem christlich dominierten Süden, aus Benin City. Gegen Lucky A. wurde im Jahr 2010 eine Ausweisungsentscheidung getroffen; er selbst gibt in der mündlichen Verhandlung keinen triftigen Grund an, warum er nicht nach Nigeria zurückkehren könnte. Die Kinder sind fünf bzw. vier Jahre alt; sie sind in Österreich geboren, doch ist ein Kind in diesem Alter, wenn es von seinen Eltern begleitet wird, anpassungsfähig und ist auch aus dieser Perspektive eine gemeinsame Rückkehr nach Nigeria zumutbar.

Es ist daher nicht ersichtlich, warum es Lucky A. nicht möglich sein sollte, mit seiner Lebensgefährtin und den zwei gemeinsamen Kindern nach Nigeria zurückzukehren. Bereits im Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 09.03.2010, Zl. A11 236.911-0/2008/7E und ebenso in den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.01.2017 war festgestellt worden, dass Lucky A. im Falle einer Rückkehr nach Nigeria nicht gefährdet wäre und auch in der mündlichen Verhandlung wurde trotz Nachfrage des erkennenden Richters nichts Entsprechendes vorgebracht.

Es steht daher aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes fest, dass eine Rückkehrentscheidung einen Eingriff in das Familienleben der Beschwerdeführer darstellt, dass dieser aber verhältnismäßig ist, da es der Familie zumutbar ist, das gemeinsame Leben in Nigeria fortzusetzen.

Zu prüfen ist auch ein etwaiger Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführer. Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff). Soweit die Kinder betroffen sind, sind diese zwar in Österreich geboren, doch in einem anpassungsfähigen Alter bzw. haben sie erst vier bzw. fünf Jahre in Österreich verbracht. Auch wenn die Kinder in einem Kindergarten betreut werden, reicht dies nicht aus, um eine enge Bindung zu Österreich aufzuzeigen, welche durch eine Ausreise nach Nigeria verletzt würde. Die Kinder leben in einem Haushalt mit Eltern, die beide aus Nigeria kommen und die mit ihnen vorwiegend ihre Heimatsprache sprechen. Eine Anpassung an das Leben in Nigeria wäre daher möglich. Aus der Perspektive der Kinder wäre daher der durch eine Rückkehrentscheidung vorgenommene Eingriff in das Privatleben gerechtfertigt.

Die Erstbeschwerdeführerin wiederum reiste im März 2013 von Frankreich nach Österreich. Ziel ihrer Reise war es, mit ihrem Lebensgefährten zusammenzuleben. Sie hält sich daher seit etwas weniger als sechs Jahren im Bundesgebiet auf und damit nicht derart lange, dass daraus automatisch von einem Überwiegen ihrer privaten Interessen an einem Aufenthalt in Österreich auszugehen wäre. Im Besonderen ist in diesem Zusammenhang auf die folgenden Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs zu verweisen, in denen selbst nach langjährigem Aufenthalt und erfolgten Integrationsschritten seitens des Höchstgerichts die Zulässigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bejaht wurde: VwGH 25.03.2010, 2009/21/0216 ua. (Familie; siebenjähriger Aufenthalt; selbständige Berufstätigkeit bzw. Schulbesuch; Aufbau eines Freundes- und Bekanntenkreises; Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; keine staatliche Unterstützung), VwGH 18.03.2010, 2010/22/0023 (sechsjähriger Aufenthalt; enge Beziehung zu Geschwistern in Österreich; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit;

Einstellungszusage; großer Freundes- und Bekanntenkreis), VwGH 25.02.2010, 2008/18/0411 (siebeneinhalbjähriger Aufenthalt;

Berufstätigkeit; ein Jahr lang Ehe mit österreichischer Staatsbürgerin; Unbescholtenheit; enge Freundschaften zu Arbeitskollegen und ehemaligen Wohnungskollegen; andere in Österreich lebende Familienangehörige), VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070 (rund achtjähriger Aufenthalt; drei Jahre Berufstätigkeit; gute Deutschkenntnisse; engen Kontakt zu Freundes- und Bekanntenkreis sowie Bruder in Österreich; Unbescholtenheit; kaum Kontakt zu seinen im Libanon verbliebenen Angehörigen), VwGH 23.03.2010, 2010/18/0038 (siebenjähriger Aufenthalt; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; beruflich integriert als Zeitungsausträger, Sportverein), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0031 (achtjähriger Aufenthalt; familiäre Bindung zu Onkel, der BF unterstützt; Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; Grundversorgung), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029 (knapp achtjähriger Aufenthalt; beabsichtigte Eheschließung mit öst. Staatsbürgerin; Sohn in Ö geboren; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; nahezu durchgehende Beschäftigung; sozial vielfältig vernetzt und integriert), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0026 (siebenjähriger Aufenthalt; Mangel an familiären Bindungen; Unbescholtenheit;

Deutschkenntnisse; fehlende Bindungen zum Heimatstaat;

arbeitsrechtlicher Vorvertrag), VwGH 25.02.2010, 2009/21/0187 (mehr als siebenjähriger Aufenthalt; Sohn besitzt österreichische Staatsbürgerschaft; Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; keine berufliche Integration), VwGH 13.04.2010, 2010/18/0078 (siebenjähriger Aufenthalt; jahrelange Erwerbstätigkeit;

unbescholten; Freundes- und Bekanntenkreis; gute Deutschkenntnisse;

Vereinsmitglied).

Eine besondere Aufenthaltsverfestigung wurde von der Erstbeschwerdeführerin auch nicht behauptet. Es wird nicht verkannt, dass sie mittlerweile ein ÖSD Zertifikat A2 positiv absolviert hat, doch ergibt sich daraus ebenso wenig eine nachhaltige Verfestigung wie aus dem Umstand, dass sie einen (nicht ausgefüllten) Arbeitsvorvertrag sowie eine "Einstellungszusage" vorlegen konnte, zumal eine solche "Einstellungszusage" ihr wohl keinen durchsetzbaren Anspruch auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses vermittelt. Zur Gewichtung von Einstellungszusagen vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13.10.2011, Zl. 2011/22/0065, mwN.

Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK -auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Die Beschwerdeführer sind aber alle gesund und sind, abgesehen von den generellen Problemen für Frauen am nigerianischen Arbeitsmarkt, bei der Erstbeschwerdeführerin keine außergewöhnlichen Umstände zu beachten.

Vor diesem Hintergrund überwiegen die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung die privaten Interessen der Beschwerdeführer an einem Verbleib im Bundesgebiet, sodass der damit verbundene Eingriff in ihr Familien- und Privatleben nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes als verhältnismäßig qualifiziert werden kann. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordneten Rückkehrentscheidungen aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat Nigeria keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt.

Daher war kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 Asylgesetz zu erteilen und die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

Das Bundesverwaltungsgericht ist auch der Auffassung, dass die im angefochtenen Bescheid gewählte Vorgangsweise, die Zurückweisung nicht mit einer neuerlichen Rückkehrentscheidung zu verbinden, rechtens war.

Zwar sieht der Gesetzeswortlaut eine Verbindung sowohl einer Ab- als auch einer Zurückweisung des Antrags nach § 55 AsylG mit einer Rückkehrentscheidung vor (und zwar gemäß § 52 Abs. 3 FPG unterschiedslos, nach § 10 Abs. 3 AsylG jedoch - im Widerspruch zu § 52 Abs. 3 FPG - "nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 AsylG 2005 vorliegt."). Der Vollständigkeit halber ist jedoch darauf hinzuweisen, dass eine allfällige Säumnis mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung nicht zur Rechtswidrigkeit des Ausspruchs über den Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach Art. 8 EMRK führen würde. Dieser hängt nämlich nicht von der Rückkehrentscheidung ab (VwGH, 12.12.2018, Ra 2017/19/0553).

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK, Familienverfahren,
Interessenabwägung, mündliche Verhandlung, öffentliche Interessen,
Privat- und Familienleben, private Interessen, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I415.2119292.2.00

Zuletzt aktualisiert am

19.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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