Entscheidungsdatum
18.04.2019Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
I414 2115683-2/3E
BESCHLUSS
In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.04.2019, Zl. XXXX, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, geb. XXXX, StA. Tunesien, hat das Bundesverwaltungsgericht durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter beschlossen:
A)
Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-VG rechtmäßig.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Der Fremde, ein tunesischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 01.08.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung gab er im Wesentlichen an, dass sein Bruder in Tunis Alkohol verkauft habe und deswegen von der islamischen Bruderschaft mit dem Tode bedroht worden sei. Daraufhin sei der Bruder nach Algerien geflüchtet. Da sein Bruder für die islamische Bruderschaft nicht mehr greifbar gewesen sei, hätten diese Personen den Fremden mehrmals mit dem Tod bedroht, sodass auch er seinen Herkunftsstaat verlassen habe. Im Falle seiner Rückkehr befürchte er, von der islamischen Bruderschaft getötet zu werden.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.04.2015 wurde der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz vom 01.08.2014 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Tunesien abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den Fremden eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG 2005 nach Tunesien zulässig ist und gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG 2005 als Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt (Spruchpunkt III.). Diese Entscheidung erwuchs am 16.05.2017 in Rechtskraft.
Mit Schreiben vom 07.07.2015 brachte der Fremde gegen den Bescheid vom 30.04.2015 vollumfänglich Beschwerde ein und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.09.2016, Zl. I406 2115683-1/8E, wurde die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und der Antrag auf Wiedereinsetzung wurde abgewiesen (Spruchpunkt II.). Diese Entscheidung erwuchs am 30.09.2016 in Rechtskraft.
Am 05.04.2019 stellte der Fremde gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung gab der Fremde im Wesentlichen an, dass er Österreich seit der Entscheidung seines Vorverfahrens nicht verlassen habe und er den gegenständlichen Antrag stelle, weil er einen Sohn habe. Sein Sohn heiße XXXX, geb. am XXXX. Er würde gerne in der Nähe seines Sohnes leben, um für ihn sorgen zu können. Im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat fürchte er um sein Leben.
Am 15.04.2018 wurde der Fremde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Befragt nach seinem Gesundheitszustand gab er an, dass er gesund sei und er seit dreizehn Jahren an Asthma leide. Seit drei Jahren würde er keinen Asthma-Spray mehr benutzen. Befragt nach seinem Fluchtgrund gab er an, dass die Gründe vom Erstverfahren noch bestehen würden. Zusätzlich habe er jetzt einen Sohn. Er möchte nicht nach Tunesien zurückkehren, weil er bei seinem Sohn leben möchte. Im Falle einer Rückkehr nach Tunesien befürchte er von moslemischen Fanatiker getötet zu werden, weil sein Bruder Alkohol verkauft habe.
Am 16.04.2019 wurde der Fremde neuerlich vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein der Rechtsberatung einvernommen. Im Wesentlichen gab der Fremde an, dass die bisher im Verfahren gemachten Angaben stimmen würden und nichts zu korrigieren oder zu ergänzen sei. Abschließend gab er an, dass er gerne in Österreich arbeiten und für seinen Sohn sorgen würde.
Mit dem mündlich verkündeten Bescheid vom 16.04.2019 hob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG auf.
Mit Schreiben vom 16.04.2019, eingelangt bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts I414 am 18.04.2019, informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht über die erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes und übermittelte zugleich den Akt zur Beurteilung der Aufhebung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:
1.1. Zur Person des Fremden
Die Identität des Fremden steht fest.
Der Fremde ist Staatsangehöriger von Tunesien
Der Fremde leidet weder an einer schweren Krankheit noch ist er längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig und daher ist er auch erwerbsfähig.
Der Fremde reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 01.08.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.04.2015 wurde der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz vom 01.08.2014
hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie
hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Tunesien abgewiesen. Zugleich erteilte sie dem Fremden keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Fremden eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Tunesien zulässig ist. Ferner wurde als Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt. Diese Entscheidung erwuchs am 16.05.2017 in Rechtskraft. Mit Schreiben vom 07.07.2015 brachte der Fremde gegen den Bescheid vom 30.04.2015 vollumfänglich Beschwerde ein und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.09.2016, Zl. I406 2115683-1/8E, wurde die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen und der Antrag auf Wiedereinsetzung abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs am 30.09.2016 in Rechtskraft.
Der Fremde ist Vater des XXXX, welcher am XXXX geboren wurde. Die Kindesmutter, XXXX, geb. am XXXX, und der Sohn sind österreichische Staatsbürger. Eine besondere intensive Beziehung oder Abhängigkeit zur Kindesmutter und zu seinem Sohn kann nicht festgestellt werden.
Der Fremde geht in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach und ist in keiner Institution oder Verein aktiv tätig.
Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 04.05.2017, Zl. XXXX, wurde der Fremde nach § 125 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 1 Monat rechtskräftig verurteilt.
1.2. Zu den Fluchtmotiven des Fremden:
Die Situation in Tunesien hat sich seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.09.2016, Zl. I406 2115683-1/8E, nicht wesentlich geändert. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des Fremden nach Tunesien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.
Im gegenständlichen Asylverfahren bringt der Fremde keine neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor. In Bezug auf das Privat- und/oder Familienleben des Fremden im Bundesgebiet ist auch keine entscheidungsrelevante Änderung des Sachverhaltes erkennbar. Der Folgeantrag wird voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.
Zudem gilt Tunesien gemäß § 1 Z 11 der Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 144/2013, als "sicherer Herkunftsstaat". In Tunesien herrschen keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Fremden vor diesem und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie in den zu überprüfenden Bescheid.
2.1. Zur Person des Fremden
Die Feststellungen zur Person und zu seiner Herkunft gründen sich auf seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und vor der belangten Behörde sowie aus der Aktenlage.
Dass die Identität des Fremden feststeht, ergibt sich aus der Mitteilung der tunesischen Behörden.
Die Feststellung zum Gesundheitszustand des Fremden ergibt sich aus den glaubhaften Angaben des Fremden in der niederschriftlichen Einvernahme und aus den Unterlagen bezüglich der Untersuchung am 08.04.2019.
Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben des Fremden ergeben sich aus den Aussagen des Fremden in den niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie aus der Geburtsurkunde.
Die Feststellung zur strafrechtlichen Delinquenz des Fremden beruht auf dem Strafregister der Republik Österreich.
2.2. Zu den Fluchtmotiven des Fremden
Im Vorverfahren gab der Fremde an, dass er Tunesien deshalb verlassen habe, weil sein Bruder Alkohol verkauft hätte und er von der islamischen Bruderschaft mit dem Tod bedroht worden sei. Auch der Fremde habe in Tunesien Alkohol verkauft und sei deshalb ebenso von der islamischen Bruderschaft bedroht worden sei.
Der Fremde gab im gegenständlichen Verfahren keinen neuen Fluchtgrund an. Des Weiteren gab er an, dass er mit Frau XXXX, einer österreichischen Staatsbürgerin, ein Kind habe und er gern in der Nähe seines Kindes leben würde. Er lebe mit der Kindesmutter und seinem Kind in keinem gemeinsamen Haushalt, der Kontakt beschränke sich auf Telefonate sowie Besuche. Zuletzt habe er seinen Sohn vor eineinhalb Monaten kurz besucht.
Der Antrag des Fremden deckt sich mit dem Vorverfahren und bringt letztlich allein wegen der belegten Vaterschaft zu seinem minderjährigen Sohn kein neues entscheidungsrelevantes beziehungsweise berücksichtigungswürdiges Faktum hervor.
Angesichts der Tatsache, dass der Fremde bei der Stellung seines Zweitantrages angehalten wurde, liegt es nahe, dass er diesen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz nur stellte, um seine bevorstehende Abschiebung zu vereiteln. Diese Vermutung erhärtet sich auch durch den Umstand, dass der Fremde den ausgesprochenen Ausreiseverpflichtungen nicht nachgekommen ist.
Ein Abgleich zwischen den Feststellungen des vorangegangenen Asylverfahrens und den Länderfeststellungen, welche der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt wurden, ergibt keine Verschlechterung der allgemeinen Situation in Tunesien. Eine solche würde auch nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes entsprechen und wurde vom Fremden auch nicht behauptet.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A)
§ 12a Abs. 1 und 2 sowie § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005, BGBl. I 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, lauten:
"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen
§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn
1.-gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,
2.-kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,
3.-im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und
4.-eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.
(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn
1.-gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,
2.-der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und
3.-die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(3) ...
Entscheidungen
§ 22. ...
(10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.
...".
§ 22 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, in der Fassung BGBl. I Nr. 84/2015, lautet:
"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes
§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."
Zunächst ist festzuhalten, dass der Fremde einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 Asylgesetz 2005 gestellt hat und dass kein Fall des § 12a Abs. 1 Asylgesetz 2005 vorliegt.
Die übrigen Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 Z 1 bis 3 Asylgesetz 2005 liegen im gegenständliche Fall vor:
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.04.2015 wurde der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz vom 01.08.2014 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Tunesien abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den Fremden eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG 2005 nach Tunesien zulässig ist und gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG 2005 als Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt (Spruchpunkt III.). Diese Entscheidung erwuchs am 16.05.2017 in Rechtskraft. Mit Schreiben vom 07.07.2015 brachte der Fremde gegen den Bescheid vom 30.04.2015 vollumfänglich Beschwerde ein und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.09.2016, Zl. I406 2115683-1/8E, wurde die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und der Antrag auf Wiedereinsetzung wurde abgewiesen (Spruchpunkt II.). Diese Entscheidung erwuchs am 30.09.2016 in Rechtskraft. Es liegt eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vor.
Auch in seinem nunmehr zweiten Antrag auf internationalen Schutz bringt er dieselben Fluchtgründe wie in den vorherigen Anträgen vor. Seinem zweiten Asylantrag steht daher die Rechtskraft der Entscheidungen über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz entgegen (vgl. VwGH 06.11.2009, 2008/19/0783).
Wie auch schon der Erstantrag wird auch der gegenständliche Folgeantrag des Fremden voraussichtlich zurückzuweisen sein, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist. Dem Vorbringen fehlt es an Asylrelevanz, sodass eine entscheidungswesentliche Änderung nicht zu erwarten ist.
Auch dafür, dass dem Fremden im Falle einer Rückkehr nach Tunesien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), gibt es im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte, zumal der Fremde an keiner existenzbedrohenden Krankheit leidet und daher erwerbsfähig ist. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Fremde seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht wieder bestreiten können sollte, zumal der Fremde grundsätzlich gesund und daher erwerbsfähig ist. Außerdem besteht ganz allgemein in Tunesien keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre.
Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf dem Fremden ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenen Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.
Hinsichtlich des Familienlebens ist auszuführen, dass das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Artikel 8 EMRK das Zusammenleben der Familie schützt. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt. Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterium hiefür kommt etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht (vgl. EGMR 13. 6. 1979, Marckx, EuGRZ 1979).
Das Bestehen eines Familienlebens liegt jedenfalls vor. Aus der Beziehung mit seiner Freundin entstammt ein minderjähriger Sohn. Daher ist das Kindeswohl jedenfalls in Betracht zu ziehen. Das Familienleben zwischen Eltern und Kindern entsteht grundsätzlich mit der Geburt der Kinder und ist unabhängig von einem gemeinsamen Wohnsitz der Eltern; daher reichen regelmäßige Wochenendbesuche aus (VfGH 11.03.2014, U37-39/2013-13).
Der EGMR hatte in seinem Urteil vom 03.10.2014, J. gegen die Niederlande, Nr. 12.738/10 erklärt: "Gestattet ein Mitgliedstaat einer fremden Person, den Ausgang eines auswanderungsrechtlichen Verfahrens im Inland abzuwarten und ermöglicht er ihr so, ein Familienleben zu begründen, führt dies nicht automatisch zu einer aus Artikel 8 EMRK resultierenden Verpflichtung, die die Niederlassung zu erlauben. Wurde das Familienleben zu einer Zeit begründet, während der sich die betroffene Person über die Unsicherheit ihres Aufenthaltsstatus im Klaren war, kann ihre Ausweisung nur unter außergewöhnlichen Umständen gegen Artikel 8 EMRK verstoßen. Solche außergewöhnlichen Umstände können sich insbesondere aus einer sehr langen Aufenthaltsdauer und den Auswirkungen der Ausweisung auf die dadurch betroffenen Kinder ergeben. Wo Kinder betroffen sind, muss das Kindeswohl vorrangig berücksichtigt werden. Die Behörden müssen die Auswirkungen ihrer Entscheidung auf das Wohl der betroffenen Kinder prüfen. Im gegenständlichen Fall hatte der EGMR entschieden, dass die Ausweisung der Beschwerdeführerin, die seit mehr als 16 Jahren in den Niederlanden war und nie strafrechtlich verurteilt worden war, nicht rechtmäßig sei. Sie hatte in den Niederlanden drei Kinder und einen Ehemann, die alle die niederländische Staatsbürgerschaft hatten. Es war auch die Beschwerdeführerin, die sich im Alltag vorrangig um die Kinder kümmerte, sodass offensichtlich war, dass dem Wohl der Kinder am besten entsprochen werde, wenn ihre derzeitigen Lebensumstände nicht durch einen zwangsweisen Umzug der Mutter gestört würden. Auch wenn die Interessen der Kinder allein nicht entscheidend sein können, muss solchen Interessen auf jeden Fall erhebliches Gewicht beigemessen werden. Im gegenständlichen Fall war es daher unerheblich, dass das Familienleben zu einer Zeit geschaffen worden war, zu der den beteiligten Personen bekannt war, dass das Fortbestehen von Familienleben im Gaststaat wegen des Einwanderungsstatus einer von ihnen von Beginn an unsicher war."
Der gegenständliche Fall hat allerdings andere Voraussetzungen; der Fremde hält sich seit geraumer Zeit in Österreich auf, von der die überwiegende Dauer seines Aufenthaltes unrechtmäßig ist.
Seine Freundin und der minderjährige Sohn sind Staatsangehörige Österreichs. Der Sachverhalt ist auch nicht mit dem vom EuGH in der Rechtssache Ruiz Zambrano, Urteil vom 08.03.2011, C-34/09, entschiedenen vergleichbar, da das Kind des Fremden bei einer Abschiebung des Vaters nicht gezwungen wäre, das Bundesgebiet zu verlassen.
Das hier relevante Familienleben wurde zu einem Zeitpunkt eingegangen, als der Aufenthaltsstatus des Fremden jedenfalls sehr unsicher war. Die Geburt des Kindes erfolgte nach der Ablehnung des Asylantrages. Aufgrund des Eingehens des Familienlebens trotz eines auf vorübergehender Basis fußenden Aufenthaltsstatus kann eine Verletzung von Art 8 EMRK nicht bejaht werden. Der Fremde lebt mit der Kindesmutter und seinem Kind in keinem gemeinsamen Haushalt, der Kontakt beschränkt sich auf Telefonate sowie Besuche. Zuletzt hat er seinen Sohn vor eineinhalb Monaten kurz besucht. Zudem konnte der Fremde in der niederschriftlichen Einvernahme die genaue Wohnadresse der Kindesmutter nicht benennen. Dazu gab er an, dass er den Straßennamen vergessen habe. Selbst wenn eine Trennung des Fremden von seinem Kind zu nachteiligen Auswirkungen auf das Wohl des Kindes nach sich ziehen würde, wiegen die nachteiligen Folgen weniger schwer als das staatliche Interesse auf Verteidigung und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung.
Würde sich ein Fremder nämlich generell in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Überdies würde dies dazu führen, dass Fremde, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch ihre illegale Einreise und durch die Stellung eines unbegründeten oder sogar rechtsmissbräuchlichen Asylantrages erzwingen, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11.12.2003, Zl. 2003/07/0007; vgl. dazu auch das Erkenntnis VfSlg. 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang explizit erklärt, dass "eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde.").
Zudem ist grundsätzlich festzuhalten, dass (auch) im Verfahren zur allfälligen Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durch die belangte Behörde ein Ermittlungsverfahren durchzuführen ist, wobei auch der Grundsatz der notwendigen Einräumung von rechtlichen Gehören zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt; es wurde dem Fremden Parteiengehör eingeräumt, er wurde am 05.04.2019 erstbefragt und am 15.04.2019 sowie am 16.04.2019 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen, und es wurden ihm die Länderfeststellungen zur Kenntnis gebracht und Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt.
Im Lichte des § 22 BFA-VG hatte keine mündliche Verhandlung stattzufinden.
Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtswidrig ist; da § 22 Abs. 10 AsylG 2005 dies ausdrücklich vorsieht, war die vorliegende Entscheidung nicht mit Erkenntnis, sondern mit Beschluss zu treffen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I414.2115683.2.00Zuletzt aktualisiert am
19.07.2019