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L8200 BauordnungNorm
B-VG Art139 Abs1 Z2Leitsatz
Keine Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplans und des Bebauungsplans einer Salzburger Gemeinde; keine Notwendigkeit einer abschließenden Prüfung der Verkehrserschließung eines Grundstücks bereits bei Erstellung des Flächenwidmungsplans; entgegen der bisherigen Rechtsprechung nunmehr bei Fehlen anderer Auslegungsmomente Abstellen auf die "Strichmitte" bei Widmungsgrenzen zur Wahrung der Plangenauigkeit ausreichendRechtssatz
Keine Aufhebung des Flächenwidmungsplans vom 15.10.1998 und vom 17.03.1999 und des Bebauungsplan der Grundstufe für den Bereich "Alpschwendt" vom 27.05.2015 der Gemeinde Hollersbach auf Grund des amtswegig eingeleiteten Prüfungsverfahrens hinsichtlich eines bestimmten (ehemaligen) Grundstücks.
Keine Einzelfallprüfung betreffend die Verkehrsanbindung eines Grundstücks bereits bei Erstellung des Flächenwidmungsplans:
Das Salzburger Raumordnungsrecht legt den Flächenwidmungsplan vorausschauend auf einen Planungszeitraum - insbesondere einen Baulandbedarf - von zehn Jahren an. Nach §14 Abs1 litd Salzburger Bebauungsgrundlagengesetz (Sbg BGG) ist (erst) im Bauplatzerklärungsverfahren (unter anderem) zu prüfen, ob "eine entsprechende Verkehrsverbindung der Grundfläche mit den öffentlichen Verkehrsflächen [...] sichergestellt" ist. Daraus ist abzuleiten, dass im Zuge der Flächenwidmung noch nicht im Einzelnen zu prüfen ist, ob jede Baulandfläche bereits im Planungszeitpunkt über eine rechtlich gesicherte Verkehrsanbindung verfügt, die ja häufig auch erst im Zuge der konkreten Erschließung hergestellt wird, sondern dass die Verkehrserschließung auf der generell-abstrakten Planungsebene bei vorausschauender Betrachtung des Planungszeitraumes nachvollziehbar darstellbar ist. Dies war im Planungszeitpunkt jedenfalls der Fall. Nachträgliche - auch rechtliche - Entwicklungen, die diese Prognose im Nachhinein als problematisch erweisen können, führen damit noch nicht zur Rechtswidrigkeit der Planung, sondern allenfalls zur Notwendigkeit einer Planrevision, wenn nunmehr hervorkommende Hindernisse der Verkehrserschließung voraussichtlich auch in absehbarer Zeit nicht ausgeräumt werden können.
Plangenauigkeit des Flächenwidmungsplans betreffend die Widmungsgrenze zwischen Bau- und Grünland:
Nach stRsp des VfGH haben Pläne, die unmittelbare normative Wirkungen für Rechtsunterworfene entfalten, rechtsstaatlichen Anforderungen der Plangenauigkeit zu entsprechen.
Die rechtsstaatlichen Anforderungen an die Planpräzision dürfen aber auch nicht überspannt werden. Vielmehr verlangt die Rechtsprechung des VfGH im Allgemeinen nur einen "dem jeweiligen Regelungsgegenstand adäquaten Determinierungsgrad". Auch sind Gesichtspunkte der Vermeidung unwirtschaftlichen Verwaltungsaufwandes bei der Bemessung des gebotenen Maßes an Präzision mit zu berücksichtigen. So hegte der VfGH bislang auch keine rechtsstaatlichen Bedenken gegen Widmungsgrenzen, die sich an den Parzellengrenzen der Katastralmappe orientiert haben, ohne zwischen den (verbindlich und präzise feststehenden) Grenzen des Grenzkatasters und jenen des (nicht verbindlichen und nicht denselben Präzisionsanforderungen entsprechenden) Grundsteuerkatasters zu unterscheiden. Der VfGH hat damit im Fall der Anknüpfung an Grenzen des Grundsteuerkatasters durchaus - bei wirtschaftlichem Aufwand nicht vermeidbare - Unschärfen in Kauf genommen. Ferner ist zu bedenken, dass Widmungsgrenzen - sofern sie nicht ohnehin schon infolge Übereinstimmung mit Grenzen des Grenzkatasters oder infolge digitaler Erstellung des Planes oder aus anderen Gründen höchsten Anforderungen an die Planpräzision zu genügen vermögen - entgegen der ursprünglichen Annahme des VfGH keinen Spielraum in "Strichstärke" eröffnen, sondern - bei Fehlen anderer Auslegungsmomente - dahingehend zu interpretieren sind, dass im Zweifel auf die "Strichmitte" abzustellen ist, die sich nach dem derzeitigen Stand der Vermessungstechnik zumindest bei Plänen im Maßstab von 1:5.000 präzisieren und mit einer Unschärfe im Bereich von nur noch wenigen Dezimetern in die Natur übertragen lässt.
Bei der Bestimmung des gebotenen Maßes der Plangenauigkeit von Flächenwidmungsplänen ist auch die dem Bau- und Raumplanungsrecht (in der Regel) immanente Planungshierarchie von Flächenwidmungsplänen, Bebauungsplänen und Bauplatzerklärungen in den Fällen der besonders sensiblen Baulandwidmungen zu berücksichtigen. So sieht das Salzburger Raumplanungsrecht für Flächenwidmungspläne den Maßstab von 1:5.000 (bei einer Strichstärke von 0,35 mm) vor, für die konkretisierenden Bebauungspläne hingegen bereits den Maßstab von 1:500. Die behördlich im Einzelfall zu verfügende Bauplatzerklärung setzt schließlich die konkreten Bauplatzgrenzen im Maßstab 1:500 fest, wobei Bebauungspläne und Bauplatzerklärungen an die Vorgaben des Flächenwidmungsplanes gebunden sind, diesen aber auch präzisieren.
Schließlich ist zu bedenken, dass auch eine Orientierung von Widmungsgrenzen an natürlichen Gegebenheiten (wie Straßenzügen, Wegen, bebauten Flächen, Gewässerläufen) in der Regel kein Präzisionsmaß im Bereich weniger Zentimeter zu vermitteln vermag.
(Anlassfall E4313/2017, E v 14.06.2019, Ablehnung der Behandlung der Beschwerde).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Raumordnung, Bebauungsplan, Flächenwidmungsplan, Verordnung Kundmachung, Rechtsstaatsprinzip, Determinierungsgebot, Verhältnismäßigkeit, VfGH / BedenkenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2019:V81.2018Zuletzt aktualisiert am
06.08.2020