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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AVG §63 Abs1Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ro 2018/09/0017Betreff
? Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Hotz, über die Revisionen 1. der Gemeinde Gries am Brenner,
2. des Bürgermeisters der Gemeinde Gries am Brenner, beide vertreten durch die Heiss & Heiss Rechtsanwälte OG in 6020 Innsbruck, Burggraben 4, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. September 2018, W176 2178183- 1/10E, betreffend Parteistellung in einem Verfahren auf Unterschutzstellung nach dem Denkmalschutzgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesdenkmalamt; mitbeteiligte Partei: Dipl.-Ing. MMag. J V in Gries am Brenner, vertreten durch die Dr. Holzmann Rechtsanwalts GmbH in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 17/P), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 31. August 2017 sprach das Bundesdenkmalamt (die im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde) gemäß §§ 1 und 3 Denkmalschutzgesetz (DMSG) aus, dass die Erhaltung der Anlage "ehem. Zollstätte Lueg", bestehend aus den archäologischen, unter der Erdoberfläche erhaltenen Überreste der Zollburg auf GSt. Nr. X, EZ Y, der auf GSt. Nr. X, EZ Y, gelegenen Kapelle zu den Hll. Christoph und Sigmund zu Lueg, und des Widums auf GSt. Nr. X, EZ Y, jeweils KG Z Gries am Brenner, im öffentlichen Interesse gelegen sei.
2 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerden der Gemeinde (erstrevisionswerbende Partei) und des Bürgermeisters (Zweitrevisionswerber) als unzulässig zurück. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für zulässig. 3 Begründend führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, dass die revisionswerbenden Parteien zwar Legalparteien nach § 26 Z 1 DMSG seien; ihnen sei durch den einfachen Gesetzgeber aber kein Beschwerderecht im Sinn des Art. 132 Abs. 5 B-VG eingeräumt worden. Die erstrevisionswerbende Partei sei zwar auch grundbücherliche Eigentümerin des Grundstücks, auf dem sich die Überreste der Zollburg befänden. Angesichts des sich ausschließlich auf das im Eigentum des Mitbeteiligten stehende Widum bezogenen Vorbringens und der Berufung auf die in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gemäß Art. 118 Abs. 2 und 3 B-VG fallenden Kompetenzen der örtlichen Baupolizei und der örtlichen Raumordnung bestehe jedoch kein Zweifel, dass sie die Beschwerde nicht (auch) in ihrer Eigenschaft als grundbücherliche Eigentümerin ihres Grundstücks erhoben habe.
4 Die Zulässigkeit der Revision begründete das Bundesverwaltungsgericht mit dem Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer von einer Legalpartei nach dem 31. Dezember 2013 eingebrachten Beschwerde.
5 Gegen den Beschluss eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 und 9 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). 6 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, fehlen die Voraussetzungen für die Erhebung einer Revision, wenn sich das Verwaltungsgericht auf einen klaren Gesetzeswortlaut stützen kann. Ist somit die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer anzuwendenden Norm noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen wäre (vgl. etwa VwGH 25.1.2017, Ra 2016/12/0117, mwN). 7 Nach Art. 132 Abs. 1 B-VG kann bei den Verwaltungsgerichten gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet sowie in bestimmten Angelegenheiten der zuständige Bundesminister. Im Übrigen wird durch Bundes- oder Landesgesetz bestimmt, wer in anderen als den in Abs. 1 leg. cit. genannten Fällen und in den Fällen, in denen ein Gesetz gemäß Art. 130 Abs. 2 B-VG eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte vorsieht, wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde gegen einen Bescheid erheben kann (Art. 132 Abs. 4 B-VG).
8 § 26 Denkmalschutzgesetz (DMSG), BGBl. Nr. 533/1923, in der Fassung BGBl. I Nr. 92/2013, lautet (auszugsweise):
"Partei- und Antragsrechte
§ 26. Soweit bei den einzelnen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht noch zusätzliche gesonderte Detailregelungen getroffen sind, bestehen im Rahmen dieses Bundesgesetzes nachfolgende grundlegende Partei- und Antragsrechte:
1. Bei Verfahren gemäß §§ 2 Abs. 1 und 2, 2a Abs. 5 und 6, 3 Abs. 1 und 5, 5 Abs. 7, 6 Abs. 2 und 9 Abs. 3, die die (positive oder negative) Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung unbeweglicher Denkmale betreffen, kommt Parteistellung nur dem Eigentümer (§ 27), dem Landeshauptmann, der Gemeinde und dem Bürgermeister, im Falle des Vorliegens eines Baurechts auch dem Bauberechtigten (§ 27) zu.
2. Dem Eigentümer, dem Landeshauptmann sowie bei unbeweglichen Denkmalen auch der Gemeinde und dem Bürgermeister steht ein Antragsrecht gemäß § 2 Abs. 1 Z 1, § 2a Abs. 5 und § 25a auf Feststellung, ob ein öffentliches Interesse tatsächlich besteht, zu; dasselbe gilt im Falle eines Baurechts auch für den Bauberechtigten (§ 27 Abs. 1).
3. Dem Landeshauptmann steht überdies auch hinsichtlich aller anderen Denkmale das Recht zu, Anträge auf Feststellung des Vorliegens des öffentlichen Interesses an der Erhaltung von Denkmalen (einschließlich Ensembles und Sammlungen) zu stellen.
4. Anträge auf Veränderung oder Zerstörung eines Denkmals (§ 5) können von jeder Person, die Partei im Sinne des § 8 AVG ist, gestellt werden, desgleichen auch vom Landeshauptmann. In Verfahren wegen Zerstörung eines Denkmals kommt überdies auch dem Bürgermeister Parteistellung zu.
5. Antragsberechtigt zur Durchführung eines Denkmalschutzaufhebungsverfahrens (§ 5 Abs. 7) ist der (jeder) (Mit-) Eigentümer sowie der Landeshauptmann.
6. In Verfahren gemäß § 6 Abs. 2 bezüglich der Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung eines Denkmals kommt auch dem Erwerber Parteistellung zu.
7. Dem Bundesdenkmalamt kommen in Verfahren gemäß § 7 (Umgebungsschutz), § 31 (Sicherungsmaßnahmen) sowie § 36 (Wiederherstellung bzw. Rückholung von Denkmalen) Antragsrechte an die Bezirksverwaltungsbehörde sowie in diesen Verfahren Parteistellung und das Recht, wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde gemäß Art. 132 Abs. 5 B-VG und Revision gemäß Art. 133 Abs. 8 B-VG zu erheben, zu. In Verfahren gemäß § 31 Abs. 3 ist (neben dem Bundesdenkmalamt) als Partei nur jene Person anzusehen, die offenbar Eigentümerin des Kulturgutes ist; ist diese Person oder deren Aufenthalt nicht ohne weitere Nachforschungen bekannt, so diejenige Person, in deren Gewahrsam sich das Kulturgut befindet.
..."
9 Bereits dieser eindeutigen und unmissverständlichen Normenlage ist zu entnehmen, dass den in § 26 Z 1 DMSG genannten Formalparteien auch durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz Kunst und Kultur, BGBl. I Nr. 92/2013, - anders als etwa dem Bundesdenkmalamt in den in Z 7 des § 26 DMSG angeführten Verfahren - weder das Recht Beschwerde gemäß Art. 132 Abs. 5 B-VG an das Verwaltungsgericht zu erheben noch jenes auf Revision gemäß Art. 133 Abs. 8 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof eingeräumt wurde.
10 Der Verwaltungsgerichtshof hat überdies bereits zur Rechtslage des Art. 131 B-VG in der Fassung vor der durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, mit 1. Jänner 2014 erfolgten Novellierung ausgeführt, dass die in § 26 Z 1 DMSG angeführten Formalparteien allein aus § 26 Z 1 DMSG und ihrer Stellung als Formalparteien keine Legitimation zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ableiten können (siehe VwGH 21.9.2005, 2004/09/0065, zu einem Bürgermeister; VwGH 15.9.2004, 2003/09/0010, zu einer Stadtgemeinde). Diese Rechtsprechung ist insoweit auch auf das durch die Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz geschaffene Recht, Beschwerde an das Verwaltungsgericht zu erheben, umzulegen (siehe zu Formalparteien ausdrücklich eingeräumten Beschwerdebefugnissen VwGH 9.9.2016, Ro 2015/02/0016, zum Oö. Grundverkehrsgesetz 1994; VwGH 28.2.2018, Ra 2016/10/0054, zum Burgenländischen Naturschutz- und Landschaftspflegegesetz; VwGH 25.6.2015, Ro 2015/07/0009, zum Abfallwirtschaftsgesetz 2002).
11 Soweit sich die revisionswerbenden Parteien zur Begründung ihrer Parteistellung auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. März 2015, Ro 2014/09/0066, berufen, ist daraus für sie nichts zu gewinnen, war dort doch eine vor dem 1. Jänner 2014 erhobene Berufung gegenständlich. Ein administratives Berufungsverfahren ist im Denkmalschutzgesetz aber nicht mehr vorgesehen. Die hier relevante Frage, ob eine Gemeinde befugt ist, nach der seit dem 1. Jänner 2014 bestehenden Rechtslage eine Beschwerde gegen einen Unterschutzstellungsbescheid
nach dem Denkmalschutzgesetz zu erheben, war in jenem Fall nicht zu beurteilen.
12 Zusammenfassend ergibt sich daher bereits aus dem klaren Gesetzeswortlaut sowie aus der insoweit nach wie vor aktuellen Rechtsprechung zur Beschwerdelegitimation von Formalparteien nach dem Denkmalschutzgesetz, dass die in § 26 Z 1 DMSG genannten Formalparteien allein aus dieser Stellung ein Beschwerderecht an das Verwaltungsgericht oder ein Revisionsrecht an den Verwaltungsgerichtshof nicht ableiten können. Solche Rechte wurden den in § 26 Z 1 DMSG genannten Legalparteien in Verfahren nach dem Denkmalschutzgesetz auch nicht im Sinn des Art. 132 Abs. 5 B-VG bzw. des Art. 133 Abs. 8 B-VG ausdrücklich eingeräumt. 13 Wenn sich die erstrevisionswerbende Partei in der Revision überdies in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten als Eigentümerin des Grundstücks Nr. X, EZ Y, als verletzt erachtet, und damit ein in einer Parteibeschwerde nach Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG geltend zu machendes Recht releviert, ist ihr Folgendes zu erwidern:
14 Zunächst ist festzuhalten, dass es sich im vorliegenden Fall um ein aus einer Mehrheit unbeweglicher Objekte bestehendes Einzeldenkmal handelt, bei dem sich die unter Schutz gestellten Objekte auf Liegenschaften verschiedener Eigentümer befinden. Parteistellung kommt dem einzelnen Eigentümer nur hinsichtlich des in seinem Eigentum stehenden Teils des Denkmals zu (VwGH 27.6.2018, Ro 2018/09/0002; 9.11.2009, 2008/09/0265; 21.1.1994, 93/09/0386). Die erstrevisionswerbende Partei kann daher die Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte nur in Hinblick auf die Unterschutzstellung der Zollburg als Bodendenkmal geltend machen.
15 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zur Rechtslage vor Einführung der Verwaltungsgerichte) war die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde zwar nicht auf die geltend gemachten Berufungsgründe beschränkt; Grenzen waren ihr aber (unter anderem) durch die Einschränkung des Mitspracherechts des Berufungswerbers gesetzt. Bewegte sich das Berufungsvorbringen einer Partei mit eingeschränkter Parteistellung außerhalb des Rahmens der ihr möglichen Einwendungen, war die Berufung zurückzuweisen (siehe VwGH 12.9.2016, Ro 2015/04/0018, mwN). Diese Ausführungen zur Rechtsmittelzulässigkeit wurden auch bereits auf die insoweit vergleichbare Rechtslage nach der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz mit 1. Jänner 2014 übertragen (VwGH 22.1.2019, Ra 2018/05/0282, ua; vgl. zu den Anforderungen an eine Beschwerde VwGH 24.1.2018, Ra 2017/09/0055, Rn. 12).
16 Es entspricht daher der ständigen Rechtsprechung, dass unabhängig von der Bestimmung der Verwaltungssache und der sich daraus ergebenden Grenze für den Prozessgegenstand im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Parteibeschwerden im Sinn des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG nur insoweit zu prüfen sind, als diese die behauptete Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten der vor dem Verwaltungsgericht beschwerdeführenden Partei zum Gegenstand haben (vgl. etwa VwGH 25.10.2018, Ra 2018/09/0110, mwN; ebenso VwGH 27.3.2018, Ra 2016/06/0116, ua).
17 In der Revision wird nun weder dargelegt, inwiefern in der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht subjektiv-öffentliche Rechte der erstrevisionswerbenden Partei bezogen auf ihr Eigentum (das Grundstück mit der Zollburg) geltend gemacht worden wären, noch finden sich in der Revision - ausgenommen dem dargestellten Revisionspunkt - sonst Ausführungen zu der im Eigentum der erstrevisionswerbenden Partei stehenden Liegenschaft. Das Revisionsvorbringen zeigt daher auch unter diesem Blickwinkel nicht auf, inwiefern das Bundesverwaltungsgericht zu Unrecht angenommen hätte, dass keine eigenen subjektiv-öffentlichen Rechte der revisionswerbenden Gemeinde im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht geltend gemacht wurden, und dass die Zurückweisung der Beschwerden rechtsirrig erfolgt wäre. Dies ist angesichts des ausschließlich auf das im Eigentum des Mitbeteiligten stehende Widum bezogene Vorbringen auch nicht zu ersehen.
18 In den Revisionen werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen waren.
Wien, am 25. April 2019
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2Umfang der Abänderungsbefugnis Allgemein bei Einschränkung der Berufungsgründe beschränkte ParteistellungVoraussetzungen des Berufungsrechtes Berufungslegitimation Person des BerufungswerbersEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RO2018090016.J00Im RIS seit
22.11.2019Zuletzt aktualisiert am
22.11.2019