Index
L55008 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Vorarlberg;Norm
LSchG Vlbg 1982 §13;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/17/0154Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerden der D-GesmbH, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in K, gegen die Bescheide der Vorarlberger Landesregierung 1.) vom 23. Dezember 1993, Zl. IIIa-212/9, und 2.) vom 31. Jänner 1994, Zl. IIIa-212/12, betreffend Landschaftsschutzabgabe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 7.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Landesabgabenamtes für Vorarlberg vom 19. Mai 1993 wurde gegenüber der Beschwerdeführerin gemäß §§ 20 und 21 des (Vorarlberger) Landschaftsschutzgesetzes, LGBl. Nr. 1/1982, in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 22/1988, (im folgenden: LSchG bezeichnet) für den Zeitraum April bis einschließlich Dezember 1992 Landschaftsschutzabgabe mit insgesamt S 71.471,-- festgesetzt.
Mit Bescheid des Landesabgabenamtes für Vorarlberg vom 22. Juli 1993 wurde gegenüber der Beschwerdeführerin gemäß §§ 20 und 21 LSchG für den Zeitraum 28. April bis 26. Mai 1993 die Landschaftsschutzabgabe mit insgesamt S 13.403,-- festgesetzt.
In den Begründungen dieser Bescheide wird (u.a.) die Auffassung vertreten, da es sich bei der Beschwerdeführerin um ein wirtschaftliches, auf Gewinn gerichtetes Unternehmen handle, sei ihr einziger Zweck die Entnahme von Kies und Sand die Gewinnung dieser Materialien. Die aufwendigen Baggerungen, die kilometerlange Abfuhr, teilweise mit Kies- und Sandschiffen oder mit Lkws, die Zwischenlagerungen und der Verkauf sowie die Bewerbung um den Materialabbau und die Bezahlung eines Entgeltes pro Kubikmeter, bewiesen dies deutlich.
Die gegen den Bescheid vom 19. Mai 1993 von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 23. Dezember 1993 als unbegründet abgewiesen.
Die gegen den Bescheid vom 22. Juli 1993 von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 31. Jänner 1994 als unbegründet abgewiesen.
In den Begründungen der vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheide heißt es übereinstimmend, die Internationale Rheinregulierung habe der Beschwerdeführerin die Bewilligung erteilt, aus dem Rhein an der Mündung in den Bodensee von ca. km 91,5 bis km 92,8 Sand zu entnehmen. Nach ihren Angaben seien von der Beschwerdeführerin in der Zeit vom 1. April bis 31. Dezember 1992 19.250 t minus 5.775 t (= -30 % Schluffanteil) = 13.475 t Sand gebaggert und abgeführt worden. Die Bewilligung der Internationalen Rheinregulierung könne nicht als Auftrag bezeichnet bzw. gewertet werden, mit dem sie die ihr obliegenden flußbaulichen Aufgaben auf die Beschwerdeführerin übertragen habe. Das bewilligte Rheinvorstreckungsprojekt der internationalen Rheinregulierung umfasse auch die Entnahme von Material, das jedoch ausschließlich für die Schüttung der Dämme im Rahmen der Rheinvorstreckung verwendet werden solle. Eine solche Entnahme wäre eindeutig als flußbauliche Maßnahme im Rahmen der Rheinvorstreckung zu bezeichnen und daher nicht abgabepflichtig. Die Beschwerdeführerin betreibe im Rahmen ihrer Unternehmenstätigkeit ein Kieswerk und handle mit Baugrundstoffen wie Sand, Kies und Steinen. Ihr Briefkopf enthalte die Bezeichnung Bagger- und Schiffahrtsunternehmen, Kies- und Schotterwerk. Die Sandentnahme im Bereich der Mündung des Rheins in den Bodensee an der bezeichneten Entnahmestelle könne sowohl mit Schwimmbagger als auch mit Seilbagger von der Sandinsel aus oder mit Baggerschiff und Direktverladung auf Schiffe erfolgen. Es sei insbesondere festzuhalten, daß die Beschwerdeführerin für die Entnahme des Sandes pro Kubikmeter laut Vereinbarung einen Preis zu bezahlen habe. Im Schreiben der internationalen Rheinregulierung vom 21. März 1989 werde u.a. ausdrücklich festgestellt, daß sich die entnommene Sandmenge nach dem Bedarf der Privatwirtschaft richte und daß die entnommene Sandmenge im Vergleich zu den an der Mündung insgesamt abgelagerten Mengen sehr klein sei. Die jährlichen Sandbaggerungen entfernten nicht einmal 1 % der Schwebstoffracht des Rheines. Der primäre Zweck der Sandentnahme durch die Beschwerdeführerin sei eindeutig die Gewinnung des Sandes aus eigenen wirtschaftlichen Interessen zur Verfolgung des Unternehmenszweckes. Die Entnahme von Sand aus dem Rhein an der Mündung in den Bodensee mittels Schwimmbagger, Seilbagger oder Baggerschiff sei zweifellos als eine zweckorientierte, organisierte Gewinnung von Sand anzusehen. Diese Bodenabbauanlagen seien unbedingt für die Gewinnung von Sand aus dem Rhein geeignet. Die Entnahmestelle sei daher als bewilligungspflichtige Bodenabbauanlage im Sinne des § 13 LSchG anzusehen. Würde die flußbauliche Maßnahme seitens der Internationalen Rheinregulierung im Vordergrund stehen, so hätte der Auftraggeber, die Internationale Rheinregulierung, dem ausführenden Unternehmen, der Beschwerdeführerin, für die Durchführung der projektsgemäßen Maßnahmen ein Entgelt bezahlen müssen. In diesem Fall habe jedoch die Beschwerdeführerin der Internationalen Rheinregulierung ein Entgelt pro Kubikmeter Sand zu bezahlen, der von ihr gewonnen bzw. entnommen werden dürfe, wobei der wirtschaftlich unbrauchbare Schluffanteil extra abgezogen werde. Die 13.475 t Sand seien auch nicht unmittelbar wegen der Durchführung eines anderen Vorhabens am Rhein entnommen worden. Bei dieser Entnahme von Sand durch die Beschwerdeführerin, die sich insbesondere nach dem Bedarf der Privatwirtschaft richte und im Vergleich zu den an der Mündung abgelagerten Mengen sehr klein sei, stehe daher die Gewinnung des Sandes durch das Unternehmen im Vordergrund.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, in denen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete Gegenschriften mit den Anträgen auf Abweisung der Beschwerden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden; er hat über die Beschwerden erwogen:
§ 13 des in den Beschwerdefällen noch anzuwendenden LSchG
hatte folgenden Wortlaut:
"Bewilligungspflichtige Anlagen
Steinbrüche, Entnahmestellen von Schuttmaterial aller Art sowie von Sand und Kies, Lehm- und Ziegeleitongruben sowie Torfgewinnungsstätten - im folgenden Bodenabbauanlagen genannt - dürfen nur mit Bewilligung der Behörde eingerichtet und betrieben werden."
Nach § 20 Abs. 1 LSchG ist zur Entrichtung der Landschaftsschutzabgabe verpflichtet, wer Steine, Sand, Kies oder Schuttmaterial aller Art in einer bewilligungspflichtigen Bodenabbauanlage (§ 13) abbaut.
In den Beschwerdefällen ist allein strittig, ob es sich um den Abbau in einer bewilligungspflichtigen Bodenabbauanlage handelt.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 29. September 1992, Zl. 89/17/0104, ausgesprochen hat, macht § 13 LSchG die Gewinnung der dort aufgezählten Materialien (und die im § 20 Abs. 1 LSchG genannten sowie auch weitere) durch bestimmte Bodenabbauanlagen von einer Bewilligung abhängig. Nicht jeglicher "Abbau" von Materialien - im Sinne des Loslösens vom Mutterboden - ist bewilligungspflichtig, sondern nur dessen Gewinnung durch bestimmte, auf das jeweilige Material bezogene Abbauanlagen.
Im genannten Erkenntnis kam der Verwaltungsgerichtshof weiters zum Ergebnis, daß unter einer Abbauanlage jedenfalls eine zweckorientierte und damit im Zusammenhang stehend organisierte Gewinnung von bestimmten Materialien zu verstehen ist. Von dieser Rechtsprechung abzugehen, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof auch im Lichte der vorliegenden Beschwerdefälle nicht veranlaßt.
Die Beschwerdeführerin macht zunächst eine "Mißachtung der Bindungswirkung" des vorzitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. September 1992 geltend.
Dazu ist auszuführen, daß sich die Bindungswirkung nur auf den "betreffenden Fall" bezieht. Nur die Verwaltungssache, die durch den vom Verwaltungsgerichtshof aufgehobenen Bescheid erledigt wurde, ist sohin unter Bindung an die vom Verwaltungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis ausgedrückten Rechtsansicht zu entscheiden. Andere Fälle, auch wenn in diesen die gleiche Rechtsfrage auftritt, sind ohne Bindung an die vom Verwaltungsgerichtshof geäußerte Rechtsansicht zu erledigen.
Sollte die Beschwerdeführerin unter "Mißachtung der Bindungswirkung" eine tatsächliche Nichtberücksichtigung der im zitierten Erkenntnis vom 29. September 1992 ausgedrückten Rechtsansicht verstehen, und zwar in dem Sinne, daß eine von dieser Rechtsansicht abweichende Erledigung bei der gegebenen Anfechtung vor dem Verwaltungsgerichtshof von diesem aufzuheben wäre, es sei denn, der Verwaltungsgerichtshof sieht sich veranlaßt, seine eigene Rechtsauffassung, gegebenenfalls in Anwendung des § 13 Abs. 1 Z. 1 VwGG zu revidieren, so ist auf folgendes zu verweisen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat im zitierten Erkenntnis vom 29. September 1992 den (damals) angefochtenen Bescheid mit der Begründung aufgehoben, daß nach der durch den (damals) angefochtenen Bescheid nicht abgeänderten (jedenfalls erkennbaren) Sachverhaltsannahme der erstinstanzlichen Behörde es sich um eine flußbauliche Maßnahme handle. Davon, daß diese Sandentnahme zum Zweck der Sandgewinnung vorgenommen worden sei, sei nirgends die Rede gewesen, weshalb notwendigerweise davon auszugehen gewesen sei, eine Bodenabbauanlage im Sinne des Gesetzes sei nicht vorgelegen.
Die nunmehrigen Beschwerdefälle sind insofern anders gelagert, als die belangte Behörde von der Sachverhaltsannahme ausging, daß die Sandentnahme zum Zweck der Sandgewinnung vorgenommen worden sei und die flußbauliche Maßnahme seitens der Internationalen Rheinregulierung nicht im Vordergrund stehe.
Die belangte Behörde ist damit im Ergebnis auch im Recht.
Nach dem zitierten Erkenntnis vom 29. September 1992 ist entscheidend, ob es sich um eine zweckorientierte und damit im Zusammenhang stehend organisierte Gewinnung von bestimmten Materialien handelt. Wenn gesagt wurde, daß dieses Kriterium bei flußbaulichen Maßnahmen - für sich gesehen - noch nicht gegeben ist, so heißt das noch nicht, daß dieses Kriterium bei einer flußbaulichen Maßnahme stets fehle. Mit anderen Worten: Auch wenn es sich um eine flußbauliche Maßnahme handelt, liegt eine Abbauanlage vor, wenn damit eine zweckorientierte und damit im Zusammenhang stehend organisierte Gewinnung von (hier:) Sand verbunden ist. Dies ist auch sachgerecht, weil eine - jedenfalls im Regelfall auf Gewinn gerichtete - zweckorientierte und damit im Zusammenhang stehend organisierte Gewinnung von (hier:) Sand diese Eigenschaft nicht dadurch verliert, daß sie auch positive flußbautechnische Wirkungen hat. Im Hinblick darauf fehlt es dem Beschwerdevorbringen (und den damit im Zusammenhang stehenden Verfahrensrügen), es habe sich eindeutig um flußbautechnische Maßnahmen gehandelt, an der rechtlichen Relevanz. Entscheidend ist (nur), wie bereits gesagt, daß es sich um eine Abbauanlage gehandelt hat, weil die Sandentnahme als zweckorientierte und damit im Zusammenhang stehend organisierte Gewinnung von Sand anzusehen war, unabhängig davon, ob eine solche im Zuge einer flußbautechnischen Maßnahme erfolgte oder nicht. Die diesbezügliche Beweiswürdigung der Behörde ist im Rahmen der dem Gerichtshof zukommenden Kontrolle (vgl. etwa das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht zu beanstanden.
Wenn aber die Beschwerdeführerin geltend macht, die Behauptung der belangten Behörde, der primäre Zweck der Sandentnahme durch die Beschwerdeführerin sei eindeutig die Gewinnung des Sandes aus eigenen wirtschaftlichen Interessen zur Verfolgung des Unternehmenszweckes, sei "mit der Beschwerdeführerin nicht erörtert" worden, weshalb eine Verletzung des Parteiengehörs vorliege, so unterläßt es die Beschwerdeführerin, anzugeben, welche (nicht offenkundigen) Tatsachen die Behörde für die Begründungen der angefochtenen Bescheide herangezogen habe, die der Partei nicht vorher zur Wahrung und Geltendmachung ihrer Rechte vorgehalten worden seien.
Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, wobei deren Art. III Abs. 2 nur hinsichtlich der zur Zl. 94/17/0112 protokollierten Beschwerdesache zur Anwendung kam. Hinsichtlich der zur Zl. 94/17/0154 protokollierten Beschwerdesache war Aufwandersatz nur im begehrten Ausmaß zuzuerkennen, weil am Tage der Postaufgabe der Gegenschrift der belangten Behörde und des darin gestellten Kostenbegehrens bereits die Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 in Kraft getreten war.
Wien, am 21. Dezember 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1994170112.X00Im RIS seit
03.04.2001