Entscheidungsdatum
25.04.2019Index
90/01 StraßenverkehrsordnungNorm
StVO 1960 §89a Abs2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Rotter über die Beschwerde des Herrn Dr. A. B. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 16.03.2018, Zl. ..., betreffend Entfernung eines Kfz gemäß § 89a Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960, nach Erhebung einer Vorstellung gegen die durch die Landesrechtspflegerin getroffene Entscheidung und Durchführung einer Ortsaugenscheinverhandlung durch die Richterin
zu Recht erkannt:
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Entscheidungsgründe
Der Spruch des angefochtenen Bescheides lautet wie folgt:
„Das auf Sie zugelassene Kraftfahrzeug VW/… mit dem behördlichen Kennzeichen: W-... war in Wien, C.-straße 2-4‚ verkehrsbehindernd abgestellt.
Es wurde daher am 9.12.2017 um 11:59 Uhr von der Stadt Wien - Magistratsabteilung 48 entfernt und aufbewahrt.
Gemäß § 89 a Abs. 7 und 7a der Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO. 1960, BGBl. Nr. 159/60, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 1 bis 3 der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend die Festsetzung der Kosten für die Entfernung und Aufbewahrung von Fahrzeugen in Bauschbeträgen, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 50/2016 wird Ihnen dafür der folgende Kostenersatz vorgeschrieben:
Gemäß Tarif I P. Nr. 3 EUR 264,00 für das Entfernen des Fahrzeuges
Gemäß Tarif II P. Nr. 3 EUR 10,00 für jeden angefangenen Kalendertag
(nach Dauer der Fahrzeugaufbewahrung)
Das Fahrzeug wurde in der Verwahrstelle der Magistratsabteilung 48 am 09.12.2017 aufbewahrt.
Die Kosten betragen:
für die Entfernung EUR 264,00
für die Aufbewahrung EUR 10,00
daher insgesamt EUR 274,00
Der Betrag ist binnen zwei Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides an die Stadt Wien einzuzahlen.“
Gegen diese Entscheidung richtet sich die frist- und formgerecht erhobene Beschwerde, die mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 05.06.2018 durch die zuständige Landesrechtspflegerin abgewiesen wurde. Dagegen richtet sich die frist- und formgerecht erhobene Vorstellung an die zuständige Richterin des Verwaltungsgerichtes Wien.
Das Verwaltungsgericht Wien hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwogen:
Gemäß § 89a Abs. 2 StVO hat die Behörde die Entfernung eines Gegenstandes ohne weiteres Verfahren zu veranlassen, wenn durch diesen Gegenstand auf der Straße, insbesondere durch ein stehendes Fahrzeug, mag es betriebsfähig sein oder nicht, durch Schutt, Baumaterial, Hausrat und dergleichen der Verkehr beeinträchtigt wird.
Gemäß § 89a Abs. 7 StVO 1960 erfolgt das Entfernen und Aufbewahren des Gegenstandes auf Kosten desjenigen, der im Zeitpunkt des Aufstellens oder Lagerns des Gegenstandes dessen Inhaber, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern dessen Zulassungsbesitzer war. Die Kosten sind vom Inhaber, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern vom Zulassungsbesitzer oder deren Erfüllungsgehilfen (Beauftragten) bei der Übernahme des Gegenstandes zu bezahlen. Wird der Gegenstand innerhalb der gemäß § 89a Abs. 5 StVO festgesetzten Frist nicht übernommen oder die Bezahlung der Kosten verweigert, so sind die Kosten dem Inhaber des entfernten Gegenstandes, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen dem Zulassungsbesitzer, mit Bescheid vorzuschreiben.
Gemäß Abs. 7a dieser Bestimmung kann die Höhe der zu bezahlenden Kosten (Abs. 7) durch Verordnung in Bauschbeträgen (Tarifen) gestaffelt bei Fahrzeugen nach der Art, sonst nach Größe oder Gewicht der Gegenstände auf Grund einer Ausschreibung nach dem kostengünstigsten Angebot festgesetzt werden. Die Festsetzung ist derart vorzunehmen, dass die notwendigen, der Behörde aus der Entfernung und Aufbewahrung der Gegenstände tatsächlich erwachsenden durchschnittlichen Kosten gedeckt sind. Hiezu gehören insbesondere die Kosten des Einsatzes der Transportfahrzeuge, der Entlohnung des für das Entfernen benötigten Personals, der Amortisation der Geräte sowie der Errichtung, des Betriebes, der Erhaltung, der Sicherung und der Bewachung des Ortes der Aufbewahrung, wobei jedoch jene Kosten unberücksichtigt zu bleiben haben, die die Behörde aus dem allgemeinen Aufwand zu tragen hat. Die für die Aufbewahrung der Gegenstände zu entrichteten Bauschbeträge sind nach der Dauer der Verwahrung zu bestimmen.
Die Wiener Landesregierung hat von der Ermächtigung des § 89a Abs. 7a StVO Gebrauch gemacht und eine Verordnung betreffend die Festsetzung der Kosten für die Entfernung und Aufbewahrung von Fahrzeugen in Bauschbeträgen erlassen, die in der zum Zeitpunkt der Abschleppung des gegenständlichen Kraftfahrzeuges geltenden Fassung des LGBl. Nr. 56/2016 folgende hier relevante Be-stimmungen beinhaltete:
„§ 2. (1) Das Ausmaß der Kosten für die Entfernung von Fahrzeugen durch den Magistrat ist im angeschlossenen Tarif I festgesetzt, der einen Bestandteil dieser Verordnung bildet.
(2) …
§ 3. (1) Das Ausmaß der Kosten für die Aufbewahrung von Fahrzeugen in einer Verwahrstelle des Magistrats ist im angeschlossenen Tarif II, der einen Bestandteil dieser Verordnung bildet, nach der Dauer der Aufbewahrung für jeden angefangenen Kalendertag ohne Rücksicht auf den Zustand des Fahrzeuges festgesetzt.
(2) …
TARIF I
Entfernung von Fahrzeugen mit und ohne Kennzeichen
…
3. Personen- und Kombinationskraftwagen, mehrspurige
Kleinkrafträder 264,00 Euro
…
TARIF II
Ausmaß der Kosten der Verwahrung von entfernten Fahrzeugen
…
3. Personen- und Kombinationskraftwagen, mehrspurige
Kleinkrafträder 10,00 Euro
…“
Der Beschwerdeführer ist Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen W-.... Dieses Fahrzeug war am 09.12.2017 um 11:06 Uhr in Wien, C.-straße 2-4, abgestellt. Das Fahrzeug wurde um 11:59 Uhr von dieser Örtlichkeit entfernt und an diesem Tag (bis zu seiner Abholung) in der Verwahrstelle der MA 48 aufbewahrt.
Der Abstellort befindet sich in einem Gegenverkehrsbereich, wobei an dieser Örtlichkeit bei Abstellen eines normal breiten Kraftfahrzeuges, wie das auf den Beschwerdeführer Zugelassene, keine zwei Fahrstreifen frei bleiben.
Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den unbestrittenen Ergebnissen des vor dem Verwaltungsgericht Wien durchgeführten Beweisverfahrens, den Angaben in der Anzeige, dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers und dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeholten Verordnungsakt betreffend die Änderung der Fahrbahnführung.
In diesem Verordnungsakt, Zl: ..., ist nach einer Ortsverhandlung von 29.07.2014 und der diesbezüglichen Verordnung von 31.07.2014 auszugsweise folgender Sachverhalt dokumentiert:
„5.) Festgestellt wurde, dass die D. ihre Zentrale in der C.-straße 3 errichtet. Durch die Zulieferungen, die über die C.-straße erfolgen sollen und die Erschließung des Ladehofes soll die Einbahn der C.-straße vom Ladehof bis zur E.-gasse aufgehoben werden. An der Kreuzung C.-straße/E.-gasse besteht seit längerem ein erhöhtes Unfallgeschehen. Durch die zusätzliche Relation an diesem Plateau wird somit die Errichtung einer Verkehrslichtsignalanlage notwendig. Im Zuge des Straßenbauprojektes muss ein Behindertenparkplatz vor E.-gasse 28 verlegt werden um Aufstellflächen für FußgängerInnen vor dem neuen Schutzweg schaffen zu können.
Ergebnis:
6.1) Aufgehoben wird die Verordnung in Wien, C.-straße von der E.-gasse bis und in Richtung F.-straße zur Einbahnstraße erklärt und darf mit Fahrzeugen aller Art nur in dieser Richtung befahren.
6.8) In Wien, C.-straße zwischen E.-gasse und Ladehof D. werden Bodenmarkierungen (Haltelinien, Sperrlinien, Leitlinien, Begrenzungslinien) gem. Plan ZNr. ... verordnet bzw. festgelegt.
6.17) In Wien, wird die C.-straße von der Einfahrt Ladehof D. bis und in Richtung F.-straße gem. Plan ZNr. ... zur Einbahnstraße erklärt und darf mit Fahrzeugen aller Art nur in dieser Richtung befahren.
Die Fertigstellung bzw. Kundmachung der Bodenmarkierungen erfolgte am 26.08.2014 um 03:00 Uhr, die Aufstellung der Verkehrszeichen erfolgte am 27.08.2014 um 10:50 Uhr.“
Im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH von 29.05.1998, 97/02/0219) ist für die Rechtmäßigkeit einer Abschleppung nach § 89 Abs. 2 StVO nicht erforderlich, dass die Verkehrsbeeinträchtigung bereits eingetreten ist. Vielmehr genügt grundsätzlich die begründete Besorgnis, dass eine Verkehrsbehinderung eintreten wird (Hinweis VwGH von 12.05.1977, 2405/76, Slg 9320A/1977).
Es ist als erwiesen anzusehen, dass aufgrund des am Vorfallsort zur Vorfallszeit auf der Fahrbahn in einer Gegenverkehrsstraße abgestellten Fahrzeuges des Beschwerdeführers zu besorgen war, dass Lenker von Fahrzeugen aus der Ein-/Ausfahrt Ladehof D. an der Fahrt Richtung E.-gasse/Kreuzung behindert würden, sodass diese Abstellung als verkehrsbehindernd anzusehen war.
Die Norm des § 89a StVO 1960 berechtigt die Behörden oder die in Betracht kommenden Organe nicht erst dann ein Fahrzeug zu entfernen oder entfernen zu lassen, wenn der Lenker eines anderen Fahrzeuges am Vorbeifahren oder Wegfahren konkret gehindert wird, sondern es darf die Entfernung schon dann veranlasst werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalles zu besorgen ist, dass dieses Fahrzeug den übrigen Verkehr hindern wird (siehe dazu VwGH von 21.11.2003, 2003/02/0240; von 22.12.2006, 2006/02/0165; von 07.09.2007, 2007/02/0249; oder von 27.02.2009, 2008/02/0398 und 2009/02/0004).
Das Vorliegen einer bereits eingetretenen konkreten Verkehrsbeeinträchtigung ist daher als Voraussetzung für die Entfernung des Fahrzeuges nicht erforderlich.
Eine berechtigte Besorgnis einer Verkehrsbehinderung im Sinne der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes besteht regelmäßig dann, wenn in einem Gegenverkehrsbereich durch ein abgestelltes Fahrzeug die Fahrbahn derart eingeengt wird, dass nur mehr ein Fahrstreifen benutzbar ist.
Dass es sich – wie vom Beschwerdeführer wiederholt geltend gemacht – hier nur um einen sehr kurzen Gegenverkehrsbereich handelt, ändert nichts an der realistischen Wahrscheinlichkeit einer eintretenden Verkehrsbehinderung.
Letztlich kann kein Zweifel daran bestehen, dass durch die Einengung der Fahrbahn auf einen Fahrstreifen im Ausfahrtsbereich eines großen Logistikunternehmens die Besorgnis einer konkreten Verkehrsbehinderung berechtigt ist.
Soweit der Beschwerdeführer dazu in seiner Beschwerde vorbringt, dass aus dem D.hof ausfahrende Fahrzeuge jedenfalls der Einbahnstraße folgend aus dem D.hof ausfahren können, so verkennt er das Wesen einer Verkehrsbehinderung im Sinne des dargestellten Regelungssystems. Eine Verkehrsbehinderung liegt nicht nur dann vor, wenn einem Fahrzeug die Weiterfahrt oder Ausfahrt aus einem Parkplatz unmöglich gemacht wird, sondern auch dann, wenn ein Fahrzeuglenker gezwungen wird, seine Fahrt in eine andere Fahrtrichtung als beabsichtigt fortzusetzen. Die begründete Besorgnis der Verkehrsbehinderung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass den behinderten Verkehrsteilnehmern eine andere Routenwahl offensteht (VwGH von 31.03.1993, 93/02/0045, von 26.01.2001, 98/02/0420).
Auch dass bei einer Beobachtung des Verkehrsgeschehens durch den Beschwerdeführer an einem anderen Samstag zur Mittagszeit innerhalb einer Stunde nur fünf Fahrzeuge den Ladehof der D. verlassen haben und das einzige Fahrzeug, das dabei den Gegenverkehrsbereich befahren hat, mangels Gegenverkehr nicht behindert wurde, zeigt nicht, dass der anzeigelegende Beamte zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass eine konkrete Behinderung zu besorgen ist.
Es liegt auf der Hand, dass bei der Beurteilung der Frage, ob eine konkrete Verkehrsbehinderung durch im Ein- bzw. Ausfahrtsbereich eines am Vorfallstag offensichtlich benutzten Ladehofes eines großen Logistikunternehmens widerrechtlich abgestellte Fahrzeug zu besorgen ist, der Anzeigenleger nicht gehalten ist, Erkundungen über das zu erwartende Verkehrsaufkommen zum und ab dem Ladehof im Logistikunternehmen einzuholen.
Im Übrigen stellt auch eine eher kurzfristige Behinderung des Gegenverkehrs durch die Einengung der Fahrbahn auf einen Fahrstreifen eine konkrete Verkehrsbehinderung dar.
Bei diesem Ergebnis war auf die vom Beschwerdeführer in der Ortsaugenscheinverhandlung aufgeworfene Frage nach dem Schwenkbereich von in den D.hof ein- oder ausfahrenden Fahrzeugen nicht mehr einzugehen.
Ungeachtet dessen, dass für die Rechtmäßigkeit der Entfernung des abgestellten Fahrzeuges ein Verschulden des Lenkers nicht erforderlich ist (vgl. etwa VwGH von 22.04.1998, 97/03/0059), ist im Übrigen darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer wegen des hier in Rede stehenden Abschleppvorganges mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 20.04.2018, Zl. ... rechtskräftig bestraft wurde.
Da im Hinblick auf die letztlich unbestritten gebliebene Einengung der Fahrbahn in einer Weise, die die erforderliche Restfahrbahnbreite nicht mehr gewährleistet, die Entfernung des auf den Beschwerdeführer zugelassenen und von diesem auch abgestellten Kraftfahrzeuges rechtmäßig war, entspricht auch die Vorschreibung der Kosten dem Gesetz.
Da die Kosten auch im Sinne der Verordnung des Magistrates der Stadt Wien Amtsblatt 50/2016 richtig berechnet wurden, entspricht der in Beschwerde gezogene Bescheid dem Gesetz, weshalb in Erledigung der Vorstellung die Beschwerde abzuweisen war.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Verkehrsbeeinträchtigung; Verkehrsbehinderung; Abschleppung; BesorgnisjudikaturEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.251.037.7923.2018.VORZuletzt aktualisiert am
18.07.2019