TE Lvwg Erkenntnis 2019/5/3 VGW-031/046/3695/2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.05.2019
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Entscheidungsdatum

03.05.2019

Index

L40009 Sonstige Polizeivorschriften Wien;
L40019 Anstandsverletzung Ehrenkränkung Lärmerregung Polizeistrafen Wien
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

WLSG §1 Abs1 Z2
VStG §45 Abs1 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Schmied über die Beschwerde des Herrn A. B., vertreten durch Rechtsanwalts KG, vom 29.01.2019 gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat …, vom 07.01.2019, Zl. …, betreffend eine Übertretung des § 1 Abs. 1 Z 2 des Wiener Landes-Sicherheitsgesetzes - WLSG

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführerin zur Last gelegt, sie habe am 27.11.2018 um 20.20.Uhr in Wien, C.-straße, /10 durch Getrampel in der Wohnung ungebührlicherweise störenden Lärm erregt. Wegen dieser Übertretung des § 1 Abs. 1 Z 2 WLSG wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe von 100,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag) verhängt und ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von 10 Euro vorgeschrieben.

Das Straferkenntnis basiert auf der Anzeige der Landespolizeidirektion Wien vom 29.11.2018. Darin wird festgehalten, dass am 27.11.2018 um 20.25 Uhr der in Wien, C.-straße, /7, wohnhafte D. E. wegen einer Lärmerregung die Polizei zum Einschreiten aufgefordert habe. Die einschreitenden Polizeibeamten hätten sich in die Wohnung, von der laut Herrn E. der Lärm ausging, begeben und dort die Beschwerdeführerin und ihren zweijährigen Sohn angetroffen. Das Kind sei im Wohnzimmer gesessen und habe gespielt. Lärm habe von den Beamten nicht wahrgenommen werden können. Herr E. habe jedoch erklärt, dass das Kind zuvor (um 20.20 Uhr) so laut getrampelt habe, dass die Lampen gewackelt hätten, und habe auf einer Anzeige bestanden.

Im behördlichen Verfahren erfolgten keine weiteren Ermittlungen. Nach einer unbeantwortet gebliebenen Aufforderung zur Rechtfertigung wurde das gegenständliche Straferkenntnis erlassen.

In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde wird ausgeführt, die Beschwerdeführerin lebe schon seit ca. zwei Jahren in der gegenständlichen Wohnung mit ihrem Mann und dem zweijährigen Sohn. Der gegenständliche Vorfall habe darin bestanden, dass ihr zweijähriger Sohn einmalig durch die Wohnung gelaufen und dabei umgefallen sei. Dadurch hätten sich der Anzeigeleger, D. E. und seine Frau offenbar gestört gefühlt und die Polizei gerufen.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 Wiener Landessicherheitsgesetz – WLSG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 700 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu einer Woche zu bestrafen, wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt.

Aufgrund der Aktenlage wird als erwiesen festgestellt, dass das zweijährige Kind der Beschwerdeführerin zur Tatzeit (am 27.11.2018 um 20.20 Uhr) gespielt hat, durch die Wohnung gelaufen und dabei auch umgefallen ist. Der dadurch verursachte Lärm war in der darunter gelegenen Wohnung des Ehepaars E. so deutlich zu vernehmen, dass Lampen gewackelt haben und das Ehepaar E. sich durch den Lärm gestört fühlte. Als um 20.25 Uhr die Polizei eingetroffen ist, hat das Kind immer noch gespielt, war dabei aber ruhig und ist nicht herumgelaufen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe VwGH vom 19.3.1993 90/10/0153) kann das typische Schreien von Säuglingen und Kleinstkindern, aber auch der typische Lärm von kleineren Kindern, etwa die durch ein gelegentliches "Herumlaufen" von solchen Kindern in einer Wohnung verursachte Lärmerregung (genauer: deren Nichtunterbindung durch die Aufsichtsperson) nicht als ungebührlich beurteilt werden. Dasselbe wird auf eine gelegentliche kurze Rauferei von Klein- bzw. Vorschulkindern zutreffen. Im Fall des Zusammentreffens von "Schreien" und "Herumspringen" könne aber sehr wohl von ungebührlicherweise störendem Lärm gesprochen werden, wenn die Lärmerregung über eine längere Zeitspanne fortgesetzt werde.

Gegenständlich ist der Aktenlage lediglich ein kurzfristiges Herumlaufen eines Kleinkindes in der Wohnung unter Aufsicht der Mutter zu entnehmen. Dass ein zweijähriges Kind in der Wohnung herumläuft und dabei mitunter hinfällt, ist ein typisches Verhalten von Kleinkindern. Ein solches Verhalten ist insbesondere außerhalb der späten Nacht- und frühen Morgenstunden von den Nachbarn auch dann hinzunehmen, wenn die Nachbarn den dadurch hervorgerufenen Lärm als störend empfinden, sofern das Spielen und Laufen in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen bleibt. Gegenständlich ist nicht hervorgekommen, dass der durch das Herumlaufen eines Kleinkindes verursachte Lärm über längere Zeit angedauert hätte oder zu besonders später Stunde Zeit erfolgt wäre.

Indem die Beschwerdeführerin ihr Kind um 20.20 Uhr in der Wohnung laufen und spielen ließ und die dadurch hervorgerufene Lärmerregung nicht unterbunden hat, hat sie somit nach der oben zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht tatbildlich im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 WLSG gehandelt, weswegen das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren spruchgemäß einzustellen war.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, hat sich doch das Verwaltungsgericht an der keineswegs uneinheitlichen höchstgerichtlichen Rechtsprechung orientiert und die einschlägige Judikatur des VwGH in den Entscheidungsgründen wiedergegeben.

Schlagworte

Lärmerregung; ungebührlicher Lärm; störender Lärm; Kleinkind; Herumlaufen; objektiver Tatbestand

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.031.046.3695.2019

Zuletzt aktualisiert am

18.07.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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