TE Bvwg Beschluss 2019/5/3 W170 2210764-2

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Veröffentlicht am 03.05.2019
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Entscheidungsdatum

03.05.2019

Norm

B-VG Art.132 Abs1 Z1
B-VG Art.133 Abs4
DMSG §26 Z1
DMSG §5 Abs7
GRC Art.47
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W170 2210764-2/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas MARTH auf Grund des Vorlageantrages vom 14.01.2019 über die Beschwerde vom 05.12.2018 des XXXX , vertreten durch XXXX und XXXX , gegen den Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 31.10.2018, Zl. BDA-35380.obj/0009-RECHT/2018, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 20.12.2018, Zl. BDA-35380.obj/0013-RECHT/2018, beschlossen:

A) Die Beschwerde wird gemäß Art. 132 Abs. 1 Z 1

Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 14/2019, in Verbindung mit § 5 Abs. 7 und 26 Denkmalschutzgesetz, BGBl. Nr. 533/1923 in der Fassung BGBl. I Nr. 92/2013, als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 14/2019, nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

Das Bundesverwaltungsgericht hat über die Beschwerde und den Vorlageantrag erwogen:

I. Folgender Verfahrensgang wird festgestellt:

1. Mit Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 31.10.2018, Zl. BDA-35380.obj/0009-RECHT/2018, wurde einem Denkmalschutzaufhebungsantrag der XXXX , Eigentümerin des XXXX , stattgegeben und festgestellt, dass an der Erhaltung dieses Objektes kein öffentliches Interesse mehr besteht.

2. Mit Schriftsatz vom 05.12.2018 erhob der XXXX (in Folge: beschwerdeführende Partei) das Rechtsmittel der Beschwerde und gab an, aufgrund näher angeführter Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs vor dem Hintergrund der Aarhus-Konvention als anerkannte Umweltorganisation Parteistellung zu haben.

Die beschwerdeführende Partei ist weder Eigentümerin oder Bauberechtigte des gegenständlichen Objektes, noch Landeshauptmann, Gemeinde oder Bürgermeister.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 20.12.2018, Zl. BDA-35380.obj/0013-RECHT/2018, der beschwerdeführenden Partei am 02.01.2019 zugestellt, wies die belangte Behörde die Beschwerde zurück. Mit Schriftsatz vom 14.01.2019 beantragte die beschwerdeführende Partei die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

II. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen.

III. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1. Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018 (in Folge: VwGVG), hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

2. Gemäß § 5 Abs. 7 Denkmalschutzgesetz, BGBl. Nr. 533/1923 in der Fassung BGBl. I Nr. 92/2013 (in Folge: DMSG), stehen Denkmale (einschließlich Ensembles und Sammlungen), die unter Denkmalschutz stehen und die etwa durch Zeitablauf, Unglücksfälle oder widerrechtlich ohne Bewilligung zerstört oder verändert wurden oder aus sonstigen Gründen, wie etwa eine wissenschaftliche Neubewertung, jede Bedeutung als schützenswertes Denkmal, derentwegen sie unter Denkmalschutz gestellt wurden oder unter Denkmalschutz gestellt werden könnten, verloren haben, weiterhin (auch hinsichtlich bloßer Reste) so lange unter Denkmalschutz, bis das Bundesdenkmalamt von Amts wegen oder über Antrag bescheidmäßig festgestellt hat, dass an der Erhaltung kein öffentliches Interesse mehr (oder einschränkend nur mehr an Teilen) besteht (Denkmalschutzaufhebungsverfahren). Vom Antragsteller ist das Zutreffen der für die Denkmalschutzaufhebung geltend gemachten Gründe nachzuweisen, soweit diese nicht offenkundig sind. Ein Rechtsanspruch auf Aufrechterhaltung der Unterschutzstellung besteht - ebenso wie ein Rechtsanspruch auf Unterschutzstellung - in keinem Fall. Sind von einem Denkmal nicht einmal mehr Reste vorhanden, so ist diese Tatsache des Erlöschens durch restlose Zerstörung vom Bundesdenkmalamt innerhalb von sechs Monaten nachdem es von diesem Umstand Kenntnis erlangt hat, gleichermaßen bescheidmäßig festzustellen.

3. Gemäß § 26 Z 1 DMSG kommt bei Verfahren u.a. gemäß § 5 Abs. 7 DMSG, die die (positive oder negative) Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung unbeweglicher Denkmale betreffen, Parteistellung nur dem Eigentümer, dem Landeshauptmann, der Gemeinde und dem Bürgermeister, im Falle des Vorliegens eines Baurechts auch dem Bauberechtigten zu. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausführte, kommt demjenigen Parteistellung zu, dessen Rechtssphäre durch das behördliche Tätigwerden unmittelbar berührt wird (VwGH 25.02.2005, 2003/09/0110).

Aus dem Wortlaut des DMSG ergibt sich somit noch keine Parteistellung der beschwerdeführenden Partei, die weder Eigentümerin oder Bauberechtigte, noch Landeshauptmann, Gemeinde oder Bürgermeister - sondern eine Naturschutzorganisation ist - im Denkmalschutzaufhebungsverfahren.

4. Die beschwerdeführende Partei bringt jedoch vor, aufgrund der Aarhus-Konvention sowie der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 20.12.2017, Zl. C-664/15, und des Verwaltungsgerichtshofs vom 19.02.2018, Ra 2015/07/0074, Parteistellung zu haben.

Aus Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, BGBl. III Nr. 88/2005 in der Fassung BGBl. III Nr. 58/2014 (in Folge: Aarhus-Konvention), ergibt sich, dass - zusätzlich und unbeschadet der in den Abs. 1 und 2 genannten Überprüfungsverfahren - jede Vertragspartei sicherstellt, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen.

Die von der beschwerdeführenden Partei ins Treffen geführte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 20.12.2017, Zl. C-664/15, führt dazu unter Rn 45 und 47 näher aus: "Zwar haben die Rechte aus Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus lediglich "Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen". Demnach hat diese Bestimmung im Unionsrecht als solche keine unmittelbare Wirkung. In Verbindung mit Art. 47 der Charta verpflichtet sie die Mitgliedstaaten aber dazu, einen wirksamen gerichtlichen Schutz der durch das Recht der Union garantierten Rechte, insbesondere der Vorschriften des Umweltrechts, zu gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 08.03.2011, Lesoochranárske zoskupenie, C-240/09, EU:C:2011:125. Rn 45 und 51). [...] Umweltorganisationen darf durch im innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien insbesondere nicht die Möglichkeit genommen werden, die Beachtung der aus dem Unionsumweltrecht hervorgegangenen Rechtsvorschriften überprüfen zu lassen, zumal solche Rechtsvorschriften in den meisten Fällen auf das allgemeine Interesse und nicht auf den alleinigen Schutz der Rechtsgüter Einzelner gerichtet sind und Aufgabe besagter Umweltorganisationen der Schutz des Allgemeininteresses ist."

Der Verwaltungsgerichtshof hat dies zusammengefasst in seinem Erkenntnis vom 19.02.2018, Ra 2015/07/0074, ausgeführt: "Der Bestimmung des Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention kommt keine unmittelbare Wirkung zu und hängen die Durchführung und die Wirkungen dieser Vorschrift von der Erlassung eines weiteren Rechtsaktes ab. Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention verpflichtet iVm Art. 47 der GRC die Mitgliedstaaten dazu, einen wirksamen gerichtlichen Schutz der durch das Recht der Union garantierten Rechte, insbesondere der Vorschriften des Umweltrechts, zu gewährleisten."

Satz 1 der genannte Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 2000/C364/01, lautet: "Jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, hat das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen."

Aus der - von der beschwerdeführenden Partei selbst ins Treffen geführten - Aarhus-Konvention sowie der von jener genannten Judikatur ergibt sich somit, dass einer anerkannten Umweltschutzorganisation wohl in manchen Verfahren eine Parteistellung zukommen mag, auf der Grundlage der Aarhus-Konvention jedoch nur in solchen mit umwelt- und unionsrechtlichem Bezug.

Gerade dies ist gegenständlich nicht der Fall: Im Denkmalschutzaufhebungsverfahren gemäß § 5 Abs. 7 DMSG geht es lediglich darum, festzustellen, ob an der Aufrechterhaltung des Denkmalschutzes eines bestimmten Objektes weiterhin öffentliches Interesse besteht oder nicht, bzw. in welchem Umfang. Ein umwelt- und unionsrechtlicher Bezug besteht aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts gegenständlich nicht, weder wurde ein solcher von der beschwerdeführenden Partei vorgebracht, noch ist er im Laufe des Verfahrens hervorgekommen.

Hiezu hat auch der Verwaltungsgerichtshof schon folgendermaßen befunden: "Nach § 19 Abs. 10 UVP-G 2000 hat eine gemäß Abs. 7 anerkannte Umweltorganisation Parteistellung und ist berechtigt, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften im Verfahren geltend zu machen, soweit sie während der Auflagefrist gemäß § 9 Abs. 1 leg. cit. schriftlich Einwendungen erhoben hat.

Der Begriff der "Umweltschutzvorschrift" ist zwar nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich weit zu verstehen und nicht auf Normbereiche einzuschränken, die in unmittelbarem Bezuge zum Schutz der Umwelt stehen; dieser Begriff umfasst vielmehr jene Rechtsvorschriften, die direkt oder indirekt dem Schutz des Menschen und der Umwelt vor schädlichen Aus- und Einwirkungen dienen (vgl. VwGH 21.11.2011, 2008/04/0212; 18.10.2001, 2000/07/0229).

Die Vorschriften des Denkmalschutzrechts zählen aber - soweit sie sich nicht auf Park- und Gartenanlagen iSv § 1 Abs. 12 DSMG beziehen - nicht dazu (vgl. dazu Schmelz/Schwarzer, UVP-G, 2011, zu § 19 Rz 111; Ennöckl/Raschauer/Bergthaler, UVP-G, 2013, zu § 19 Rz 52; auch Merl in Ennöckl/Raschauer, UVP-Verfahren vor dem Umweltsenat, 2008, 194 mit Hinweis auf 2000/07/0229, und Baumgartner/Petek, UVP-G 2000, 2010, zu § 19). Denkmalschutz ist nämlich ein Eigentumseingriff im öffentlichen Interesse aus anderen als Umweltschutzinteressen (VwGH 03.10.2013, 2012/09/0075).

In Hinblick darauf erübrigt es sich auch - wie von der beschwerdeführenden Partei in ihrem Vorlageantrag angeregt - "das Denkmalschutzgesetz im Hinblick auf die Parteistellung neu zu regeln" und "an die Aarhus-Bestimmungen" anzupassen.

5. Sofern die beschwerdeführende Partei den Bezug zu Umwelt- und Unionsrecht über das vorgebrachte Vorkommen diverser Fledermäuse, Reptilien und Amphibien im gegenständlichen Objekt herzustellen versucht, ist darauf hinzuweisen, dass deren Vorkommen nicht vom Bestehen des Denkmalschutzes abhängt. Insoweit sie in mehreren Eingaben bemängelt, dass gemäß § 5 Abs. 5 DMSG vor Erteilung der Bewilligung zur Zerstörung eines unbeweglichen Denkmals gemäß Abs. 1 leg. cit. der Denkmalbeirat zu hören gewesen sei, ist darauf zu verweisen, dass sie das gegenständlichen Verfahren verkennt - es handelt sich gerade nicht um ein Verfahren zur Bewilligung der Zerstörung des Denkmals. Wie bereits ausgeführt, geht es im gegenständlichen Denkmalschutzaufhebungsverfahren gemäß § 5 Abs. 7 DMSG vielmehr darum, festzustellen, ob an der Aufrechterhaltung des Denkmalschutzes eines bestimmten Objektes weiterhin öffentliches Interesse besteht oder nicht, bzw. in welchem Umfang.

6. Vor dem Hintergrund des festgestellten Sachverhalts und der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur steht damit für den vorliegenden Fall fest, dass die beschwerdeführende Partei - bloß aufgrund ihrer Eigenschaft als Naturschutzorganisation, und mangels ihrer Eigenschaft als Eigentümerin, Bauberechtigte, Landeshauptmann, Gemeinde oder Bürgermeister - keine Parteistellung im gegenständlichen Denkmalschutzaufhebungsverfahren hat. Zur Begründung der Parteistellung der beschwerdeführenden Partei konnte weder das DMSG, noch die Aarhus-Konvention oder Judikatur des Europäischen Gerichtshofs führen.

Da es sich bei der beschwerdeführenden Partei um keine beschwerdelegitimierte Partei handelt, ist die gegenständliche Beschwerde mangels Parteistellung als unzulässig zurückzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2018, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 14/2019 (in Folge: B-VG), zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die für die Lösung des Falles relevante Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter A) dargestellt und ist dieser gefolgt; es ist daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu erkennen.

Schlagworte

Denkmalschutz - Aufhebung, Naturschutzorganisation, öffentliches
Erhaltungsinteresse, Parteistellung, Umweltschutz, Unionsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W170.2210764.2.00

Zuletzt aktualisiert am

18.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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