Entscheidungsdatum
28.05.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W109 2164240-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. BÜCHELE über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg, vom 21.06.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 02.04.2019 zu Recht:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG
2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Am 04.11.2015 stellte der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen, nach Einreise unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Republik Österreich erstmals im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am 06.11.2015 gab der Beschwerdeführer im Rahmen der Erstbefragung im Wesentlichen an, er sei afghanischer Staatsangehöriger und in Laghman geboren, wo er auch die Schule besucht habe. Zum Fluchtgrund befragt führte er aus, sein Vater und sein Bruder seien wegen eines Grundstücksstreites von den Nachbarn getötet worden. Daher sei er mit Mutter und Schwestern nach Kabul geflüchtet, aber trotzdem immer wieder von diesen Nachbarn bedroht worden.
Am 19.06.2017 führte der Beschwerdeführer in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu seinen Fluchtgründen auf das Wesentliche zusammengefasst aus, der Vater habe von seinen Cousins, die auch Talibanmitglieder seien, Grundstücke gekauft. Die Cousins hätten hinterher behauptet, die Grundstücke seien nur verpachtet. Sie hätten den Vater bedroht und ihm gesagt, er dürfe die Grundstücke nicht mehr bewirtschaften. Der Vater habe jedoch darauf bestanden, dass er seine Grundstücke bewirtschaften dürfe. Als der Vater mit dem Bruder des Beschwerdeführers auf den Grundstücken gearbeitet habe, seien beide erschossen worden. Der Beschwerdeführer sei gerade auf dem Weg gewesen, um ihnen das Mittagessen zu bringen, als die Schießerei begonnen habe. Sie hätten auch auf ihn geschossen, er sei aber weggelaufen und habe sich versteckt. Dann sei er zum Onkel gegangen, dieser habe Mutter und Geschwister des Beschwerdeführers abgeholt und alle zu einem Freund nach Kabul gebracht. Dann sei der Onkel zurückgefahren und haben sich mit den Dorfältesten um die Beerdigung gekümmert. Dann sei der Onkel nach Kabul zurückgekehrt. In der Nacht hätte ein Dorfbewohner angerufen, dass ihr Haus von den Taliban umzingelt und angezündet worden sei. Einen Tag später sei ein Drohbrief in der Moschee gehangen. Der Onkel habe dann die Ausreise organisiert.
2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 21.06.2017, zugestellt am 26.06.2017, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten § 8 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt II.), erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG i.V.m. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.). Begründend führte die belangte Behörde aus, das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers sei nicht glaubhaft, er habe seine Empfindungen infolge des Mordes an Vater und Bruder nicht beschreiben können und seien die Datumsangaben des Beschwerdeführers widersprüchlich. Der Beschwerdeführer habe auch die Dauer der Fahrt von Kabul ins Heimatdorf falsch eingeschätzt. Auch habe der Beschwerdeführer in keinem anderen Land Schutz gesucht, bevor er nach Österreich gelangt sei. Die Fluchtgeschichte sei folglich konstruiert. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass Vater und Bruder noch am Leben seien.
3. Am 04.07.2017 langte die vollumfängliche Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den oben dargestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl bei der belangten Behörde ein in der im Wesentlichen ausgeführt wird, dass sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers ein Fluchtgrund ergeben und dieses glaubwürdig sei. Die belangte Behörde habe sich nicht sachgerecht mit dem gesamten Vorbringen auseinandergesetzt.
Am 02.04.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer, seine bevollmächtigte Rechtsvertreterin und ein Dolmetscher für die Sprache Paschtu teilnahmen. Die belangte Behörde verzichtete auf die Teilnahme.
In der mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt und hielt sein Vorbringen, er werde im Herkunftsstaat aufgrund seiner Verwicklung in eine Blutfehde asylrelevant verfolgt, aufrecht.
Der Beschwerdeführer legte im Lauf des Verfahrens folgende Dokumente vor:
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Bestätigungen über Gemeinnützige Arbeit;
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Teilnahmebestätigung für einen Erste-Hilfe-Kurs;
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Bestätigungen über die Teilnahme an diversen Bildungsangeboten;
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Teilnahmebestätigung für einen Werte- und Orientierungskurs;
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Teilnahmebestätigungen für Deutschkurse;
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Tazkira des Beschwerdeführers;
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Drohbrief;
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Anzeigenbestätigung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zu Person und Lebensumständen Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen, wurde im Jahr XXXX in Laghman geboren und ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan und Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen. Er bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Paschtu. Er spricht auch Dari.
Der Beschwerdeführer ist gesund und in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
Der Beschwerdeführer besuchte im Herkunftsstaat sieben Jahre die Schule. Der Unterricht fand allerdings nicht regelmäßig statt. Außerdem erlernte er den Beruf des Schneiders, in dem er im Herkunftsstaat auch gearbeitet hat. Die Familie lebte hauptsächlich von den Einnahmen aus der familieneigenen Landwirtschaft. Auch dort arbeitete der Beschwerdeführer mit.
Der Vater und der ältere Bruder des Beschwerdeführers sind verstorben.
Die Mutter, der minderjährige, mittlerweile etwa 17-jährige Bruder und die beiden minderjährigen Schwestern des Beschwerdeführers leben beim Onkel mütterlicherseits des Beschwerdeführers in Pakistan. Zu ihnen besteht regelmäßiger Kontakt.
Im Herkunftsstaat hat der Beschwerdeführer keine Angehörigen mehr.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Der Vater des Beschwerdeführers kaufte von seinen Cousins väterlicherseits ein landwirtschaftliches Grundstück. Hinterher behaupteten die Cousins, sie hätten das Grundstück nicht an den Vater verkauft, sondern lediglich verpachtet und verlangten es zurück. Der Vater verweigerte die Rückgabe und wandte sich um eine Lösung des Streits an die Dorfältesten. Auch vor diesen behaupteten die Cousins, sie hätten das Grundstück nicht verkauft und bedrohten den Vater, er solle das Grundstück zurückgeben.
Am nächsten Tag ging der Vater des Beschwerdeführers mit seinem ältesten Sohn auf die Felder, um zu arbeiten. Gegen Mittag brachte der Beschwerdeführer das Essen aufs Feld, als er Schüsse hörte und sah, dass auf Vater und Bruder geschossen wurde. Auch auf den Beschwerdeführer wurde geschossen, er lief davon und flüchtete zu seinem Onkel mütterlicherseits.
Der Onkel ging hinaus, um zu sehen, was passiert war, holte die restliche Familie des Beschwerdeführers ab und brachte alle nach Kabul zu einem Freund.
Dann kehrte der Onkel mütterlicherseits nach Laghman zurück, kümmerte sich mit den Dorfältesten um die Beerdigung von Vater und Bruder des Beschwerdeführers und fuhr anschließend wieder nach Kabul. Dort wurde dem Onkel telefonisch mitgeteilt, dass das Haus der Familie des Beschwerdeführers umstellt, durchsucht und niedergebrannt worden war. Der Onkel wurde noch mehrmals angerufen und informiert, dass der Beschwerdeführer gesucht werde. Daraufhin organisierte der Onkel die Flucht des Beschwerdeführers.
Der Onkel kehrte zunächst in sein eigenes Haus zurück, wo auch die Familie des Beschwerdeführers Aufnahme fand und versorgt wurde. Schließlich musste auch die Familie des Beschwerdeführers ausreisen und flüchtete gemeinsam mit dem Onkel nach Pakistan.
Der Beschwerdeführer ist im Herkunftsstaat in eine Blutfehde verwickelt. Im Fall der Rückkehr in sein Herkunftsdorf drohen dem Beschwerdeführer aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Familie des Vaters Übergriffe bis hin zur Tötung durch die Cousins des Vaters.
Die Cousins des Vaters verfügen über Verbindungen zu den Taliban. Eine Einmischung der Taliban in die Blutfehde kann nicht festgestellt werden.
Dass die afghanischen Behörden dem Beschwerdeführer vor Racheakten der Cousins des Vaters Schutz bieten, ist nicht zu erwarten.
Dass dem Beschwerdeführer auch im Fall einer Niederlassung in Herat (Stadt) oder Mazar-e Sharif Übergriffe durch die Cousins des Vaters drohen, ist nicht zu erwarten.
Afghanistan ist von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt zwischen der afghanischen Regierung und Aufständischen betroffen. Die Betroffenheit von Kampfhandlungen sowie deren Auswirkungen für die Zivilbevölkerung sind regional unterschiedlich.
Die Provinzen Balkh und Herat gehören zu den friedlichsten Provinzen Afghanistans und sind vom Konflikt relativ wenig betroffen. Insbesondere Balkh gehört zu den stabilsten Provinzen Afghanistans mit im Vergleich zu anderen Provinzen geringen Aktivitäten von Aufständischen. Die Provinz Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen Afghanistans. Sie verzeichnet Aktivitäten von Aufständischen in einigen Distrikten. Die Städte Mazar-e-Sharif in Balkh und Herat in der Provinz Herat stehen unter Regierungskontrolle.
Für den Fall einer Niederlassung des Beschwerdeführers in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat kann nicht festgestellt werden, dass diesem die Gefahr droht, im Zuge von Kampfhandlungen oder durch Angriffe Aufständischer zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden.
Dem Beschwerdeführer wäre es im Fall einer Niederlassung in Mazar-e Sharif und Herat nicht möglich, Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härte zu führen, so wie es auch seine Landsleute führen können. Im Fall einer dortigen Ansiedlung liefe er Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Unterkunft und Kleidung nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose Situation zu geraten.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zu Person und Lebensumständen des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers, seiner Staatsangehörigkeit und Herkunft, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie seinen Lebensumständen und seinem Lebenswandel im Herkunftsstaat ergeben sich aus seinen gleichbleibenden und plausiblen Angaben vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Die Feststellung zur Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem im Akt einliegenden aktuellen Strafregisterauszug.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer gesund ist, ergibt sich daraus, dass im Lauf des Verfahrens kein anderslautendes Vorbringen erstattet und auch keine medizinischen Unterlagen vorgelegt wurden, die eine gesundheitliche Beeinträchtigung oder Erkrankung des Beschwerdeführers nachweisen würden.
Bezüglich der Feststellung, dass der Vater und der ältere Bruder des Beschwerdeführers verstorben sind, ist auf die Beweiswürdigung zum Fluchtvorbringen zu verweisen.
Die Feststellung, dass Mutter und Geschwister des Beschwerdeführers mittlerweile beim Onkel mütterlicherseits in Pakistan Leben, beruht auf den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 02.04.2019 (siehe dazu auch unter 2.2.)
Durchgehend hat der Beschwerdeführer angegeben, dass er über den Onkel mütterlicherseits Kontakt zu seiner Familie hält.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer keine Angehörigen mehr im Herkunftsstaat hat, beruht auf seinen durchgehenden diesbezüglichen Angaben, in denen stets nur der Rest seiner Kernfamilie und der Onkel mütterlicherseits Erwähnung finden. Angesichts der zu diesen bestehenden Feindschaft (siehe dazu unter 2.2.) berücksichtigt das Bundesverwaltungsgericht die Cousins des Vaters an dieser Stelle nicht als Angehörige.
2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zum fluchtauslösenden Vorfall stützen sich im Wesentlichen auf die vom Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in seiner niederschriftlichen Einvernahme am 19.06.2017 und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 02.04.2019 getroffenen Aussagen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer bereits in seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zum Fluchtgrund befragt angibt, dass sein Vater und sein Bruder auf Grund eines Grundstücksstreits getötet wurden.
Der Beschwerdeführer schildert insgesamt durchgehend, weitgehend stringent und im Kern gleichbleibend den festgestellten Ereignisablauf und erzählt seine Fluchtgeschichte in flüssiger und selbstgeleiteter Erzählung. Er nennt umfangreiche Details und Zusammenhänge, die sich zu einem konsistenten, umfassenden Bild der Gesamtsituation zusammenfügen und antwortet auf Nachfrage plausibel und nicht ausweichend. Auch war dem Beschwerdeführer, als er im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 02.04.2019 von der Ermordung des Vaters und des Bruders berichtete, die Trauer über diese Ereignisse deutlich anzumerken, als er zunächst mit ruhiger Stimme seine Fluchtgeschichte begann und schließlich in deutlicher Gemütsbewegung unter Tränen endete. Angesichts dieses starken Eindrucks hoher persönlicher Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers, teilt das Bundesverwaltungsgericht die Zweifel der belangten Behörde an der Ermordung von Vater und Bruder nicht (Bescheid S. 101, AS 265), auch wenn der Beschwerdeführer seine Empfindungen auf Nachfrage im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Meinung der belangten Behörde offenbar nicht adäquat in Worte zu fassen vermochte (Einvernahmeprotokoll S. 12-13, AS 132-133), obwohl ein "Normalsterblicher, der bei einem ähnlichen Vorfall Zeuge war, mindestens ein Gefühl beschreiben [könnte], dass der Person als prägendes Ereignis im Gedanken blieb" (Bescheid S. 101, AS 265). Dass der Beschwerdeführer seine Empfindungen nicht in Worte kleiden kann, tut angesichts der gezeigten Emotionen seiner persönlichen Glaubwürdigkeit allerdings keinen Abbruch und ist es nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auch nicht von jedermann zu erwarten, dass er nach einem traumatisierenden Ereignis in der Lage ist, die dadurch ausgelösten Emotionen wortreich und exakt zu beschreiben.
Insbesondere aufgrund des zweifellos emotional aufgewühlten Gemütszustandes des Beschwerdeführers während und direkt nach den fluchtauslösenden Ereignissen und dessen Einfluss auf Wahrnehmungen und deren Speicherung im Gedächtnis erscheinen die von der belangten Behörde angeführten Unplausibilitäten im Zusammenhang mit den Datums- und Zeitangaben des Beschwerdeführers (Bescheid S. 102-103, AS 266-267) wenig bedeutsam.
Viel mehr kommt es auf die Plausibilität des Vorbringens in seiner Gesamtheit sowie vor dem Hintergrund der vorliegenden Länderberichte zum Themenkomplex "Blutrache" an, wobei die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid eine Würdigung des Vorbringens anhand aktueller Länderinformationen gänzlich unterlassen hat.
Zunächst ist auf die durch das Bundesverwaltungsgericht im Zuge der mündlichen Verhandlung am 02.04.2019 in das Verfahren eingebrachten UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 (in der Folge UNHCR-Richtlinien; Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel A. Risikoprofile, Unterkapitel 14. In Blutfehden verwickelte Personen, S. 110 ff.) zu verweisen, die von der paschtunischen Tradition der Blutfehde berichten, die unter anderem im Fall von ungelösten Streitigkeiten wegen Land, Zugang zu Wasser oder Eigentum ausgelöst werden können und zu langanhaltenden Kreisläufen aus Gewalt und Vergeltung führen können. Auch die vom Bundesverwaltungsgericht ebenso im Zuge der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingebrachte Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 07.07.2017 zu Afghanistan: Blutrache und Blutfehde (in der Folge: SFH-Schnellrecherche) berichtet von dieser traditionellen Praxis, sodass die Verwicklung des Beschwerdeführers in die Streitigkeit mit den Cousins des Vaters grundsätzlich plausibel erscheint. Insbesondere ergibt sich aus der SFH-Schnellrecherche, dass das Recht auf Rache und die Erwartung einer Vergeltung zentral für das nichtstaatliche Rechtssystem des Paschtunwali ist (S. 1). Demnach besteht den Länderberichten zufolge eine Erwartung der Cousins des Vaters an den Beschwerdeführer, dass dieser (und sein zwischenzeitig beinahe erwachsener Bruder) Rache für den Tod von Vater und Bruder üben, sowie die auf das umstrittene Grundstück gerichtete Forderung der Familie gewaltsam durchsetzen werden. Dies ungeachtet der aktuellen offenkundigen "Schwäche" der Familie des Beschwerdeführers (nur mehr der Beschwerdeführer und sein jüngerer Bruder kommen als Racheverpflichtete in Frage), nachdem sich aus der Berichtslage ergibt, dass eine Blutrache - falls sich die Familie nicht in der Lage zur Rache sieht - über mehrere Jahrzehnte aufgeschoben werden kann (SFH-Schnellrecherche, S. 3). Damit erscheint es plausibel, dass die Cousins der drohenden Vergeltung durch die Ermordung des Beschwerdeführers zuvorkommen wollten bzw. noch immer wollen. Beendet ist eine Blutrache der SFH-Schnellrecherche zufolge erst dann, wenn beide Seiten einer förmlichen Beendigung durch einen Versöhnungsprozess zustimmten, bei dem Blutgeld gezahlt wird (S. 3). Eine solche förmliche Beendigung hat allerdings nicht stattgefunden, weswegen von einer aufrechten Verwicklung des Beschwerdeführers (und seines jüngeren Bruders) in die Blutfehde auszugehen ist.
Dazu, dass Mutter und jüngere Geschwister des Beschwerdeführers zunächst noch beim Onkel mütterlicherseits Leben konnten, ist auf die UNHCR-Richtlinien zu verweisen, denen zufolge Racheakte nicht an Frauen und Kindern verübt werden (Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel A. Risikoprofile, Unterkapitel 14. In Blutfehden verwickelte Personen, S. 111). Daraus erklärt sich, dass die Flucht der Familie nach Pakistan erst mit zunehmendem Alter des jüngeren Bruders erforderlich wurde, wobei auch die vom Beschwerdeführer behauptete Ausreise der Familie aus Pakistan angesichts der glaubhaften Verwicklung in die Streitigkeit plausibel erscheint. Der Onkel dagegen gehört als Bruder der Mutter nicht zur väterlichen Familie. Der SFH-Schnellrecherche kann diesbezüglich entnommen werden, dass nur Verwandte der väterlichen Linie betroffen sind (S. 2), weswegen der Onkel mütterlicherseits trotz weiterem Verbleib in der Provinz nicht gefährdet war.
Zur Feststellung, dass die Cousins des Vaters über Verbindungen zu den Taliban verfügen, ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer dies zwar gleichbleibend im Lauf des Verfahrens angab. Ein Zusammenhang der Streitigkeit mit einer möglichen Gegnerschaft zu den Taliban bzw. eine Einmischung der Taliban in die Streitigkeit ist damit nicht substantiiert dargetan und ist auch sonst nicht ersichtlich, warum die Taliban in einer traditionellen Praktiken folgenden Streitigkeit Partei ergreifen sollten. Selbst wenn die Cousins selbst Taliban sind bzw. über gute Verbindungen zu den Taliban verfügen, macht dies den Beschwerdeführer noch nicht zum hochprioritären Angriffsziel der gesamten Talibanbewegung. Die Städte Herat (Stadt) und Mazar-e Sharif stehen dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Afghanistan, Gesamtaktualisierung am 29.06.2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 31.01.2019 (In der Folge: Länderinformationsblatt) zufolge unter Regierungskontrolle (Kapitel 3.4. Balkh und Kapitel 3.13. Herat). Insbesondere Balkh zählt zu den friedlichsten Provinzen des Herkunftsstaates während für die Provinz Herat zwar von einer gewissen Präsenz der Taliban berichtet. Ihre Aktivitäten beziehen sich jedoch insbesondere auf abgelegene Distrikte. Zwar Verfügen die Taliban grundsätzlich über Zugriffsmöglichkeiten auch in Großstädten, wie sich aus den vorliegenden Informationen ergibt (siehe dazu etwa die im Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage, Einführungsabschnitt aufgelisteten Angriffe). Die Wahrscheinlichkeit, dass sie diese Zugriffsmöglichkeiten ausgerechnet dafür einsetzen, um den Beschwerdeführer anzugreifen, erscheint allerdings äußerst gering. So ergibt sich aus dem eben zitierten Länderinformationsblatt, dass die Taliban ihre Zugriffsmöglichkeiten auf städtische Zentren insbesondere für öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriffe nutzen. Warum sich aber die Taliban überregional an der Verfolgung des Beschwerdeführers wegen der ursprünglichen Grundstücksstreitigkeiten beteiligen sollten, ist nicht ersichtlich. Auch nicht substantiiert dargelegt wurde im Lauf des Verfahrens, wie die Cousins des Vaters erfahren sollten, das der Beschwerdeführer nach Afghanistan zurückgekehrt ist und sich in einer Großstadt niedergelassen hat, wenn der Beschwerdeführer ihnen dies nicht selbst mitteilt. Der SFH-Schnellrecherche lässt sich zwar entnehmen, dass es sich bei Blutrache nicht um ein rein ländliches Phänomen handelt, sondern dass diese, insbesondere bedingt durch die Wanderbewegungen der Kriegswirren, auch in Großstädten praktiziert wird (S. 2). Daraus ergibt sich jedoch noch nicht, dass der Beschwerdeführer auch im Fall der Niederlassung in Mazar-e Sharif oder Herat (Stadt) mit Übergriffen durch die Cousins seines Vaters zu rechnen hätte. Zwar behauptet der Beschwerdeführer, die Cousins seien sehr mächtig (Verhandlungsprotokoll S. 6), sowie, dass ihn seine Feinde auch in Mazar-e Sharif angreifen würden (Verhandlungsprotokoll S. 7). Allerdings beschränkt sich der Beschwerdeführer in diesem Aspekt seines Fluchtvorbringens im Wesentlichen auf diese allgemeinen Behauptungen, ohne diese jedoch mit konkreten Anhaltspunkten für deren Zutreffen unterfüttern zu können. Daher wurde festgestellt, dass nicht zu erwarten ist, dass dem Beschwerdeführer auch im Fall einer Niederlassung in Herat (Stadt) oder Mazar-e Sharif Übergriffe durch die Cousins des Vaters drohen.
Zur Feststellung, dass der Beschwerdeführer Schutz der afghanischen Behörden vor Racheakten der Cousins des Vaters nicht zu erwarten hat, ist abermals auf die SFH-Schnellrecherche zu verweisen, die berichtet, dass Urheber von Menschenrechtsverletzungen allgemein kaum bestraft werden sowie von einer hohen Betroffenheit aller polizeilichen und justiziellen Ebenen von Korruption (S. 6). Diese Darstellung findet im Übrigen auch im Länderinformationsblatt Bestätigung (Kapitel 4. Rechtsschutz/Justizwesen und Kapitel 10. Allgemeine Menschenrechtslage). Zum konkreten Schutz vor Blutrache lässt sich der SFH-Schnellrecherche entnehmen, dass es sogar zusätzlich zum grundsätzlichen Problem, dass bedingt durch die verbreitete Korruption der Zugang zu staatlichem Schutz von finanziellen Mitteln und dem Einfluss der betroffenen Familie abhängt, es sogar möglich sei, dass Richter und Polizeiangehörige Blutrache als legitime weil traditionelle Vorgehensweise betrachten (S. 6-7).
Die Feststellung zum innerstaatlichen bewaffneten Konflikt in Afghanistan basiert auf der UNHCR-Richtlinie (siehe insbesondere Kapitel II. Überblick, Unterkapitel A. Die wichtigsten Entwicklungen in Afghanistan, S. 13 f. und Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel B. Flüchtlingsstatus nach den weitergehenden Kriterien gemäß dem UNHCR-Mandat oder nach regionalen Instrumenten und Schutz nach ergänzenden Schutzformen, Unterkapitel
2. Subsidiärer Schutz nach der Qualifikationsrichtlinie der EU [Richtlinie 2011/95/EU], S. 117 f.) und findet Bestätigung im Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage. Insbesondere die UNHCR-Richtlinien betonen die uneinheitliche Betroffenheit der unterschiedlichen Gebiete vom innerstaatlichen Konflikt. Diese lässt sich auch aus den Erläuterungen des Länderinformationsblattes zu den einzelnen Provinzen gut nachvollziehen.
Die Feststellungen zu Sicherheitslage in Herat und Balkh ergeben sich aus den jeweiligen Kapiteln zu den genannten Provinzen im Länderinformationsblatt (Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.5. Balkh und Unterkapitel 3.13. Herat). Die Feststellung, dass die Städte Mazar-e Sharif und Herat unter Regierungskontrolle stehen, basieren darauf, dass von einer Eroberung durch Aufständische und dergleichen nicht berichtet wird.
Bedingt durch die relativ gute Sicherheitslage und die geringe Betroffenheit der Städte Mazar-e Sharif und Herat vom Konflikt im Herkunftsstaat konnte nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer für den Fall einer dortigen Niederlassung die Gefahr droht, im Zuge von Kampfhandlungen oder durch Angriffe Aufständischer zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden. Das Bundesverwaltungsgericht übersieht dabei nicht, dass die Städte gelegentlich von Angriffen und Anschlägen durch Aufständische betroffen sind. Allerdings ist die Vorfallshäufigkeit nicht so groß, dass gleichsam jede in der Stadt anwesende Person mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Vorfall betroffen wäre. Spezifische Gründe für ein erhöhtes auf seine Person bezogenes Risiko hat der Beschwerdeführer nicht dargetan.
Die Feststellung zu den Folgen einer Niederlassung des Beschwerdeführers in Mazar-e Sharif und Herat ergibt sich insbesondere aus einer Zusammenschau der individuellen Umstände und Merkmale, die der Beschwerdeführer in seiner Person vereint.
Maßgebliche Faktoren für die Frage, ob sich der Beschwerdeführer im Fall einer Rückführung nach Herat (Stadt) oder Mazar-e Sharif wird niederlassen können, sind insbesondere Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, Behinderungen, Verwandtschaftsverhältnisse sowie Bildungs- und Berufshintergrund (UNHCR-Richtlinien, Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 2. Analyse der Zumutbarkeit, Buchstabe a) Die persönlichen Umstände des Antragstellers, S. 122).
Beim Beschwerdeführer handelt es sich grundsätzlich um einen jungen, gesunden Mann, bei dem die Teilnahme am Arbeitsmarkt grundsätzlich vorausgesetzt werden kann. Der Beschwerdeführer hat im Herkunftsstaat wenn auch unregelmäßig sieben Jahre die Schule besucht und auch in Österreich Bildungsangebote wahrgenommen. Außerdem verfügt der Beschwerdeführer über Berufserfahrung als Schneider und in der Landwirtschaft.
Neben der Berücksichtigung der oben erläuterten persönlichen Umstände ist den UNHCR-Richtlinien zufolge auch darauf Bedacht zu nehmen, ob der Betreffende seine grundlegenden Menschenrechte wird ausüben können sowie ob er im für die Neuansiedelung in Betracht gezogenen Gebiet Möglichkeiten für ein wirtschaftliches Überleben (Zugang zu Unterkunft, Verfügbarkeit grundlegender Infrastruktur [Trinkwasser, sanitäre Infrastruktur, Gesundheitsversorgung und Bildung], Lebensgrundlage) unter würdigen Bedingungen vorfindet (UNHCR-Richtlinien, Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 2. Analyse der Zumutbarkeit, Buchstabe c) Achtung der Menschenrechte und wirtschaftliches Überleben, S. 123 f.). Hervorgehoben wird dabei die Bedeutung der Verfügbarkeit und des Zugangs zu sozialen Netzen, bestehend aus der erweiterten Familie oder aus Mitgliedern seiner ethnischen Gemeinschaft zur Sicherung des wirtschaftlichen Überlebens. Eine Unterstützung durch Mitglieder der ethnischen Gemeinschaft würde in der Regel konkrete früherer gesellschaftliche Beziehungen zu einzelnen Mitgliedern der betreffenden ethnischen Gemeinschaft voraussetzen. Die Prüfung müsse auch im Lichte der Stigmatisierung und Diskriminierung von Personen, die nach einem Aufenthalt im Ausland nach Afghanistan zurückkehren erfolgen (S. 124). Auch dem Länderinformationsblatt ist zu entnehmen, dass das soziale Netzwerk für die Anpassung an das Leben in Afghanistan und das Überleben besonders ausschlaggebend ist (Kapitel 23. Rückkehr, Abschnitt Die Rolle unterschiedlicher Netzwerke für Rückkehrer/innen). Einzige Ausnahme vom Erfordernis der externen Unterstützung stellen den UNHCR-Richtlinien zufolge alleinstehende, leistungsfähige Männer ohne besondere Gefährdungsfaktoren dar (S. 125).
Zur Gesundheitsversorgung ist zunächst auszuführen, dass dem Länderinformationsblatt zu entnehmen ist, dass die primäre Gesundheitsversorgung prinzipiell wenn auch nicht flächendeckend und von variierender Qualität kostenfrei verfügbar ist. Zudem besteht die Möglichkeit privater Behandlung. Auch von einer Verbesserung der Flächendeckung und Fortschritten der Versorgung wird berichtet (Kapitel 22. Medizinische Versorgung). Ein diesbezügliches spezifisches Risiko für den Beschwerdeführer liegt angesichts dessen, dass er grundsätzlich gesund ist, damit nicht vor.
Der Beschwerdeführer war allerdings bisher weder in Herat (Stadt) noch in Mazar-e Sharif aufhältig und ist daher mit den dortigen örtlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten nicht vertraut und verfügt nicht über soziale Anknüpfungspunkte in den genannten Städten. Weiter verfügt der Beschwerdeführer nicht über ein nach den oben zitierten Berichten erforderliches soziales Netzwerk in den beiden genannten Städten. Seine Angehörigen sind in Pakistan aufhältig während er über sonstige Kontakte zu einzelnen in Herat (Stadt) oder Mazar-e Sharif aufhältigen Mitgliedern seiner ethnischen Gemeinschaft nicht verfügt. Demnach wäre der Beschwerdeführer im Rückkehrfall völlig auf sich gestellt und könnte mit keinerlei Unterstützung rechnen, beschränken sich doch seine sozialen Kontakte auf seine Herkunftsprovinz, in die zurückzukehren im gefährdungsbedingt wie bereits ausgeführt verwehrt ist.
Zusätzlich hat der Beschwerdeführer als Rückkehrer aus dem westlichen Ausland mit Misstrauen einerseits von Seiten der örtlichen Gemeinschaft und andererseits von Staatsbeamten zu rechnen, sowie mit Diskriminierung und Isolierung (UNHCR-Richtlinien, Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel A. Risikoprofile, Unterkapitel 1. Personen, die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung und der internationalen Gemeinschaft einschließlich der internationalen Streitkräfte verbunden sind oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen, Buchstabe i) Als "verwestlicht" wahrgenommene Personen, S. 53).
Zur Versorgungslage im Herkunftsstaat ist auszuführen, dass diese sich im Allgemeinen vor allem im Hinblick auf den Zugang zu Wohnraum und Arbeit als prekär darstellt. Das Länderinformationsblatt berichtet in Kapitel 21. Grundversorgung und Wirtschaft von hoher Arbeitslosigkeit (über 40 % Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung) und Armutsgefährdung. In Kapitel 20. Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge wird auch berichtet, dass unter Anderem Rückkehrende Nahrungsmittelhilfe benötigen, dass es zu Diskriminierungen kommt, kein Zugang zu angemessenen Sanitäranlagen und anderen grundlegenden Dienstleistungen besteht. Nachdem sich der Beschwerdeführer allein und ohne soziales Netzwerk sowie ohne örtliche Kenntnisse in Mazar-e Sharif oder Herat (Stadt) niederlassen und zusätzlich zur ohnehin schon bestehenden Diskriminierung und Benachteiligung von Binnenvertriebenen und Rückkehrern noch mit Benachteiligungen aufgrund seiner Rückkehr aus dem westlichen Ausland und dem daraus resultierendem Misstrauen rechnen müsste, erscheint eine besondere Betroffenheit dieser prekären Lebensverhältnisse im Fall des Beschwerdeführers als höchst wahrscheinlich.
In einer Zusammenschau der erläuterten aus den spezifischen individuellen Merkmalen (Stigmatisierung als Rückkehrer, fehlende lokale Kenntnisse, fehlendes soziales Netzwerk) des Beschwerdeführers resultierenden besonderen Gefährdungsfaktoren, aufgrund derer die Ausnahme vom Erfordernis einer externen Unterstützung nicht greift (UNHCR-Richtlinien, Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 2. Analyse der Zumutbarkeit, Buchstabe c) Achtung der Menschenrechte und wirtschaftliches Überleben, S. 125), unter Berücksichtigung auch der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat ist im Fall des Beschwerdeführers nicht davon auszugehen, dass er in Mazar-e Sharif oder Herat (Stadt) Fuß fassen und ein Leben ohne unbillige Härte wird führen können und es ist im Fall einer dortigen Ansiedelung sehr wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung und Kleidung nicht befriedigen wird können und in eine ausweglose Situation gerät, die er auch nicht mit der allenfalls kurzfristig gebotenen Rückkehrhilfe (Länderinformationsblatt, Kapitel 23. Rückkehr) wird überwinden können.
Zur Plausibilität und Seriosität der herangezogenen Quellen zur Lage im Herkunftsstaat ist auszuführen, dass die im Länderinformationsblatt zitierten Unterlagen von angesehen Einrichtungen stammen. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach § 5 Abs. 2 BFA-VG verpflichtet ist, gesammelte Tatsachen nach objektiven Kriterien wissenschaftlich aufzuarbeiten und in allgemeiner Form zu dokumentieren, womit die länderkundlichen Informationen, die sie zur Verfügung stellt, einen qualitätssichernden Objektivierungsprozess für die Gewinnung von Informationen zur Lage im Herkunftsstaat durchlaufen. Den vom Bundesverwaltungsgericht im Zuge der mündlichen Verhandlung am 02.04.2019 in das Verfahren eingebrachten UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besondere Beachtung zu schenken (VwGH 22.09.2017, Ra 2017/18/0166 mwN). Auch hebt Art 10 Abs. 1 lit. b) Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes die Bedeutung von UNHCR durch die explizite Nennung als Quelle für Herkunftslandinformationen besonders hervor (Vgl. auch VwGH 13.12.2018, Ra 2018/18/0533). Zur Aktualität der herangezogenen Quellen ist auszuführen, dass neuere Berichte und Informationen, denen zufolge es zu einer verfahrensrelevanten Änderung der Lage im Herkunftsstaat gekommen ist, nicht amtsbekannte sind. Das Bundesverwaltungsgericht stützt sich daher auf die angeführten Quellen, wobei eine beweiswürdigende Auseinandersetzung im Detail oben erfolgt ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zum Vorbringen einer asylrechtlich relevanten Verfolgung des Beschwerdeführers wegen der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie des Vaters:
Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht, dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.
Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht einer Person, wenn sie sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichthofes ist für den Flüchtlingsbegriff der GFK entscheidend, ob glaubhaft ist, dass den Fremden in ihrem Herkunftsstaat Verfolgung droht. Dies ist dann der Fall, wenn sich eine mit Vernunft begabte Person in der konkreten Situation der Asylwerber unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat fürchten würde (VwGH 24.06.2010, 2007/01/1199).
"Verfolgung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs als ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005 umschreibt "Verfolgung" als jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 Statusrichtlinie, worunter - unter anderem - Handlungen fallen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 MRK keine Abweichung zulässig ist. Dazu gehören insbesondere das durch Art. 2 MRK geschützte Recht auf Leben und das in Art. 3 MRK niedergelegte Verbot der Folter (zuletzt VwGH 31.07.2018 m.w.N.).
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierung ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten (VwGH 08.09.2015, Ra 2015/18/0010 m.w.N.).
Der Verwaltungsgerichtshof bejaht in seiner ständigen Rechtsprechung grundsätzlich die Asylrelevanz einer Verfolgung wegen Blutrache unter dem GFK-Anknüpfungspunkt der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der "von Blutrache bedrohten Angehörigen der Großfamilie", sofern sich die Verfolgungshandlungen gegen Personen richten, die in die Rache gegen den unmittelbar Betroffenen bloß aufgrund ihrer familiären Verbindungen zu diesem einbezogen werden (Vgl. etwa VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0011).
Nachdem der Beschwerdeführer wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt eine Einbeziehung seiner Person in die Streitigkeiten seines Vaters mit dessen Cousins, die letztendlich zur Ermordung des Vaters und des Bruders geführt haben, aufgrund seiner Verwandtschaft zum Vater glaubhaft machen konnte. Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt kann der Beschwerdeführer nicht damit rechnen, dass ihn die afghanischen Behörden vor Übergriffen durch die Cousins des Vaters effektiv schützen können. Damit droht ihm im Sinne der obigen Judikatur im Fall der Rückkehr in die Herkunftsregion asylrelevante Verfolgung.
3.2. Zum Nichtvorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative:
Nach § 3 Abs. 3 Z 1 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative offensteht.
Gemäß § 11 Abs. 1 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen, wenn Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann. Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.
3.2.1. Zum gewährleisteten Schutz hinsichtlich der von den Cousins des Vaters ausgehenden Verfolgungsgefahr im Fall der Niederlassung in Herat (Stadt) oder Mazar-e Sharif:
Wie festgestellt und Beweiswürdigend ausgeführt, ist nicht zu erwarten, dass dem Beschwerdeführer auch im Fall der Niederlassung in Mazar-e Sharif oder Herat (Stadt) Übergriffe durch seine Verfolger drohen, weswegen eine wohlbegründete Furcht i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK in Bezug auf diese Teile des Herkunftsstaates zu verneinen ist.
3.2.2. Zum Schutz hinsichtlich der Voraussetzungen nach § 8 Abs. 1 AsylG in Bezug auf Herat (Stadt) oder Mazar-e Sharif:
Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 AsylG führt jegliche reale Gefahr (real risk) einer Verletzung von Art 2. Art. EMRK, 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zur Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten.
Nach der früheren ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war bei der Prüfung betreffend die Zuerkennung von subsidiärem Schutz eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen waren, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (VwGH, 30.01.2018, Ra 2017/20/0406). Der Verwaltungsgerichtshof stellte daher für die Gewährung von subsidiärem Schutz insbesondere auf den Maßstab des Art. 3 EMRK ab (vgl. etwa VwGH, 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).
Mit Erkenntnis vom 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 hat der Verwaltungsgerichtshof unter Berücksichtigung der Judikatur des EuGH zur Statusrichtlinie ausgesprochen, dass § 8 Abs. 1 AsylG entgegen seinem Wortlaut in unionsrechtskonformer Interpretation einschränkend auszulegen ist. Danach ist subsidiärer Schutz nur in jenen Fällen zu gewähren, in denen die reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK auf einen ernsthaften Schaden iSd Art. 15 Statusrichtlinie zurückzuführen ist, der vom Verhalten eines Akteurs iSd Art. 6 Statusrichtlinie verursacht wird (Art. 15 lit a. und b.), bzw. auf eine Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt (Art. 15 lit. c) zurückzuführen ist. Nicht umfasst ist dagegen die reale Gefahr jeglicher etwa auf allgemeine Unzulänglichkeiten im Heimatland zurückzuführende Verletzungen von Art. 3 EMRK (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106).
In seiner Entscheidung vom 21.11.2018, Ra 2018/01/0461 wiederholt der Verwaltungsgerichtshof, dass es der Statusrichtlinie widerspricht, einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten unabhängig von einer Verursachung durch Akteure oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat zuzuerkennen.
Art. 6. Statusrichtlinie definiert als Akteur den Staat (lit. a), Parteien und Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (lit. b) und nichtstaatliche Akteure, sofern die unter den Buchstaben a und b genannten Akteure einschließlich internationale Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden i.S.d. Art. 7 zu bieten (lit. c).
Als ernsthafter Schaden gilt nach Art. 15 Statusrichtlinie die Todesstrafe oder Hinrichtung (lit. a), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung im Herkunftsstaat (lit. b) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (lit. c).
Für die Städte Mazar-e Sharif und Herat ist dem festgestellten Sachverhalt zu entnehmen, dass bedingt durch die relative geringe Betroffenheit der genannten Städte vom Konflikt für den Fall einer dortigen Niederlassung des Beschwerdeführers eine Gefahr, dass dieser im Zuge von Kampfhandlungen oder durch Angriffe Aufständischer zu Tode zu kommt oder misshandelt oder verletzt zu wird, nicht droht. Bedingungen, die nach § 8 Abs. 1 AsylG die Gewährung von subsidiärem Schutz für den Beschwerdeführer rechtfertigen würden, liegend demnach dort nicht vor.
3.2.3. Zur Zumutbarkeit der innerstaatlichen Fluchtalternative:
Nach der Rechtsprechung des VwGH sind nach dem klaren Wortlaut des § 11 AsylG zwei getrennte und selbstständig zu prüfende Voraussetzungen der innerstaatlichen Fluchtalternative zu unterscheiden. Neben der Prüfung, ob in dem als innerstaatliche Fluchtalternative ins Auge gefasste Gebiet Schutz vor Bedingungen, die nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Gewährung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würden (siehe oben unter 3.2.2.) gegeben ist, bildet die zweite Voraussetzung für das Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative die Frage, ob dem Asylwerber der Aufenthalt in diesem Gebiet zugemutet werden kann. (VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001 m.w.N.). Der VwGH hält dieses Kriterium der Zumutbarkeit als getrennt zu prüfende Voraussetzung auch in seiner jüngsten Rechtsprechung weiterhin aufrecht (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106). Die Zumutbarkeit des Aufenthalts ist von der Frage der Schutzgewährung in diesem Gebiet zu trennen (Vgl. abermals VwGH 05.04.2018, Ra 2018/19/0154 mwN). Selbst wenn in dem betreffenden Gebiet also keine Verhältnisse herrschen, die die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtfertigen, ist die innerstaatliche Fluchtalternative bei Unzumutbarkeit des Aufenthalts in diesem Gebiet zu verneinen.
Das Kriterium der Zumutbarkeit ist in unionsrechtskonformer Auslegung gleichbedeutend mit dem Erfordernis nach Art. 8 Abs. 1 Statusrichtlinie, nämlich, dass vom Asylwerber vernünftigerweise erwartet werden kann, sich im betreffenden Gebiet seines Herkunftslandes niederzulassen (VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss es dem Asylwerber im Gebiet der innerstaatlichen Fluchtalternative nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten möglich sein, Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können. Ob dies der Fall ist, erfordert eine Beurteilung der allgemeinen Gegebenheiten im Herkunftsstaat und der persönlichen Umstände des Asylwerbers. Es handelt sich letztlich um eine Entscheidung im Einzelfall, die auf der Grundlage ausreichender Feststellungen über die zu erwartende Lage des Asylwerbers in dem in Frage kommenden Gebiet sowie dessen sichere und legale Erreichbarkeit getroffen werden muss (Zuletzt VwGH 13.12.2018, Ra 2018/18/0533).
Aufgrund der umfassenden beweiswürdigenden Auseinandersetzung mit den zu erwartenden individuellen Lebensumständen des Beschwerdeführers im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat wurde festgestellt, dass es dem Beschwerdeführer aufgrund seiner persönlichen Umstände (fehlendes soziales Netzwerk, fehlende Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse, Rückkehrer) und der Schwierigkeiten und Diskriminierungen, die diese nach sich ziehen unter Berücksichtigung der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat nicht möglich ist, sich im Sinne der obigen Judikatur im Herkunftsstaat niederzulassen, Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können. Eine Ansiedelung in den als innerstaatliche Fluchtalternative ins Auge gefassten Gebieten - Mazar-e Sharif und Herat (Stadt) - ist dem Beschwerdeführer nach der oben zitierten Judikatur daher nicht zumutbar und das Bundesverwaltungsgericht sieht keine Möglichkeit, den Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat auf die Inanspruchnahme einer dortigen innerstaatlichen Fluchtalternative zu verweisen.
3.3. Zum Nichtvorliegen eines Asylausschlussgrundes:
Nach § 3 Abs. 2 Z 2 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn der Fremde einen Asylausschlussgrund nach § 6 AsylG gesetzt hat. Dass der Beschwerdeführer einen Asylausschlussgrund gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 bis 4 AsylG gesetzt hat, ist im Verfahren nicht hervorgekommen.
3.4. Zur Nichtanwendbarkeit des § 3 Abs. 4 AsylG:
Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass § 3 Abs. 4 AsylG i. d.F. BGBl. I Nr. 24/2016 nach § 75 Abs. 24 AsylG auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15.11.2015 gestellt haben, nicht anzuwenden. Nachdem der Beschwerdeführer seinen Antrag auf internationalen Schutz am 04.11.2015 gestellt hat, ist § 3 Abs. 4 AsylG i.d.F. BGBl. I Nr. 24/2016 daher nicht anzuwenden.
Dem Beschwerdeführer war daher gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
4. Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht folgt bei der Beurteilung der Asylrelevanz des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Themenkomplex der Blutrache (VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0011). Bei der Prüfung, ob für den Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, folgt das Bundesverwaltungsgericht ebenso auf den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Leitlinien einerseits hinsichtlich Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (siehe insbesondere VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106) sowie zur Zumutbarkeit als selbstständig zu prüfende Voraussetzungen der innerstaatlichen Fluchtalternative (VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001). Dabei begründet das Bundesverwaltungsgericht seine Feststellungen zur Niederlassungssituation des Beschwerdeführers in Herat (Stadt) oder Mazar-e Sharif im Zuge einer umfassenden beweiswürdigenden Auseinandersetzung mit den den Beschwerdeführer aufgrund seiner spezifischen individuellen Merkmale treffenden besonderen Gefährdungsfaktoren unter Berücksichtigung der aktuellen UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018, denen der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge (zuletzt VwGH 14.03.2019, Ra 2018/18/0500 m.w.N.) Indizwirkung zukommt. Diese konnten in der mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.03.2019, Ra 2018/14/0067, behobenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts noch keine Berücksichtigung finden. Insbesondere geht das Bundesverwaltungsgericht gegenständlich im Fall der Niederlassung des Beschwerdeführers in Herat (Stadt) oder Mazar-e Sharif nicht von der realen Gefahr einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung des Beschwerdeführers aus, sondern verneint viel mehr die Zumutbarkeit der Niederlassung anhand der klaren in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgestellten Kriterien (zuletzt VwGH 05.04.2018, Ra 2018/19/0154 m.w.N.). Für die Feststellung des nach dieser Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes notwendigen Tatsachensubstrates waren dagegen lediglich beweiswürdigende Erwägungen maßgeblich.
Schlagworte
asylrechtlich relevante Verfolgung, private Verfolgung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W109.2164240.1.00Zuletzt aktualisiert am
18.07.2019