TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/29 W109 2163009-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.05.2019
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Entscheidungsdatum

29.05.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

W109 2163009-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. BÜCHELE über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX ), geb. XXXX (alias XXXX ), StA. Afghanistan, vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Kärnten, vom 19.06.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.03.2019 zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 57 AsylG, § 10

Abs. Z 3 AsylG i.V.m. § 9 BFA-VG, §§ 52 Abs. 2 Z 2, Abs. 9 FPG und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 07.11.2015 stellte der Beschwerdeführer, afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen, nach Einreise unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Republik Österreich erstmals im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 08.11.2015 gab der Beschwerdeführer im Rahmen der Erstbefragung im Wesentlichen an, er sei afghanischer Staatsangehöriger und stamme aus Baghlan, er sei Analphabet. Zum Fluchtgrund befragt führte er aus, er habe Afghanistan wegen der schlechten Sicherheitslage verlassen, dort herrsche Krieg, er habe dort nicht mehr leben können. Auch habe er dort nicht in die Schule oder arbeiten gehen können. Der Vater des Beschwerdeführers arbeite für die Regierung, deshalb sei zuerst dieser und dann der Beschwerdeführer von den Taliban bedroht worden.

Am 09.05.2017 erhob der Beschwerdeführer Säumnisbeschwerde und beantragte, innerhalb von drei Monaten über seinen Antrag auf internationalen Schutz zu entscheiden sowie allenfalls die gegenständliche Säumnisbeschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen.

Am 31.05.2017 führte der Beschwerdeführer in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu seinen Fluchtgründen auf das Wesentliche zusammengefasst aus, der Vater habe für ein Projekt gearbeitet, dieses habe Brücken, Straßen und Schulen gebaut. Wegen dieser Tätigkeit sei er von den Taliban bedroht worden. Der Beschwerdeführer habe wegen der Taliban weder arbeiten noch zur Schule gehen können. Der Beschwerdeführer sei daher in den Iran gereist, nach sechs Monaten in die Türkei und nach weiteren sechs Monaten nach Europa. Die Taliban hätten Mienen auf die Straße gelegt und damit einen Teil der Familie des Beschwerdeführers getötet. Ein Kommandant der Taliban habe den Beschwerdeführer aufgrund der Tätigkeit des Vaters aufgefordert, sich den Taliban anzuschließen.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19.06.2017, zugestellt am 22.06.2017, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt II.), erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.). Begründend führte die belangte Behörde aus, das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers sei nicht glaubhaft. Ein reales Risiko einer extremen Gefahrenlage bestehe im Fall der Rückkehr nicht.

3. Am 26.06.2017 langte die vollumfängliche Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den oben dargestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl bei der belangten Behörde ein in der im Wesentlichen ausgeführt wird, die Beweiswürdigung sei mangelhaft und der Beschwerdeführer glaubwürdig.

Am 05.03.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer und ein Dolmetscher für die Sprache Paschtu teilnahmen. Die belangte Behörde verzichtete auf die Teilnahme.

In der mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt und hielt sein Vorbringen, er werde im Herkunftsstaat verfolgt, weil sein Vater für ein Hilfsprojekt gearbeitet habe, im Wesentlichen aufrecht.

Der Beschwerdeführer legte im Lauf des Verfahrens folgende Dokumente vor:

-

Kopie der Tazkira des Beschwerdeführers;

-

Diverse Fotos und Ausdrucke aus dem Internet;

-

Teilnahmebestätigung für Werte- und Orientierungskurs;

-

Teilnahmebestätigungen für Deutschkurse und andere

Bildungsangebote :

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu Person und Lebensumständen Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen, wurde spätestens am XXXX in XXXX im Distrikt Baghlan-e-Jadid, Provinz Baghlan geboren und ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan und Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen. Er bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Paschtu. Er spricht auch Dari.

Der Beschwerdeführer ist gesund und in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer hat im Herkunftsstaat nie eine Schule besucht und wuchs im Herkunftsdorf auf, wo er in der Landwirtschaft arbeitete. Im Jahr 2014 reiste der Beschwerdeführer in den Iran aus, von wo er nach etwa sechs Monaten Aufenthalt in die Türkei weiterreiste. In der Türkei blieb der Beschwerdeführer weitere sechs Monate, bis er nach Europa weiterreiste. Im Iran arbeitete der Beschwerdeführer als Fliesenleger und in der Türkei in der Landwirtschaft.

Die Eltern des Beschwerdeführers, seine drei Brüder und seine drei Schwestern leben nach wie vor im Herkunftsdorf. Die Familie des Beschwerdeführers verfügt dort über eine Landwirtschaft. Auch Onkel des Beschwerdeführers sind noch im Herkunftsstaat aufhältig.

Im Bundesgebiet sind drei Cousins des Beschwerdeführers aufhältig. Der Beschwerdeführer steht mit ihnen in Kontakt. Ein gemeinsamer Haushalt besteht nicht.

Der Beschwerdeführer hält sich zumindest seit er am 07.11.2015 seinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, im Bundesgebiet auf. Er hat Deutschkurse besucht und andere Bildungsangebote wahrgenommen. Eine Deutschprüfung hat der Beschwerdeführer nicht abgelegt. Der Beschwerdeführer ist nicht erwerbstätig und lebt von der Grundversorgung. Kontakte zu österreichischen Staatsbürgern hat der Beschwerdeführer nicht.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Vater des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat für ein Hilfsprojekt gearbeitet hat. Ebenso kann nicht festgestellt werden, dass der Vater des Beschwerdeführers oder der Beschwerdeführer deshalb von den Taliban bedroht wurden und der Beschwerdeführer von einem Taliban-Kommandanten aufgefordert wurde, sich den Taliban anzuschließen.

Der Tod der Eltern, zweier Schwestern, eines Bruders und einiger Onkel und Tanten des Beschwerdeführers im Zuge einer Landmienenexplosion in einem Auto wird nicht festgestellt.

1.3. Zur Rückkehr in den Herkunftsstaat:

Afghanistan ist von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt zwischen der afghanischen Regierung und Aufständischen betroffen. Die Betroffenheit von Kampfhandlungen sowie deren Auswirkungen für die Zivilbevölkerung sind regional unterschiedlich.

Die Provinz Baghlan zählt zu den am schwersten umkämpften Provinzen des Landes. Die Sicherheitslage hat sich seit Anfang 2016 verschlechtert, nachdem die Taliban begonnen haben, koordinierte Angriffe in Schlüsseldistrikten in der Nähe der Hauptstadt auszuführen. Dies führte zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften. Die Taliban sind im Nordwesten der Provinz präsent. Insbesondere die Herkunftsregion des Beschwerdeführers ist stark betroffen.

Im Fall der Rückkehr des Beschwerdeführers in seine Herkunftsregion droht ihm die Gefahr, im Zuge von Kampfhandlungen zwischen regierungsfeindlichen Gruppierungen und Streitskräften der Regierung oder durch Übergriffe von regierungsfeindlichen Gruppierungen gegen die Zivilbevölkerung zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden.

Die Provinzen Balkh und Herat gehören zu den friedlichsten Provinzen Afghanistans und sind vom Konflikt relativ wenig betroffen. Insbesondere Balkh gehört zu den stabilsten Provinzen Afghanistans mit im Vergleich zu anderen Provinzen geringen Aktivitäten von Aufständischen. Die Provinz Herat verzeichnet Aktivitäten von Aufständischen, die allerdings abgelegene Distrikte betreffen. Die Hauptstadt der Provinz - Herat (Stadt) - ist davon wenig betroffen und steht wie auch Mazar-e Sharif in Balkh unter Regierungskontrolle. Beide Städte verfügen über einen internationalen Flughafen, über den sich sicher erreicht werden können.

Für den Fall einer Niederlassung des Beschwerdeführers in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat (Stadt) kann nicht festgestellt werden, dass diesem die Gefahr droht, im Zuge von Kampfhandlungen oder durch Angriffe Aufständischer zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden.

Zugang zu medizinischer Versorgung ist in Herat (Stadt) und Mazar-e Sharif grundsätzlich gegeben. Die medizinische Behandlung des Beschwerdeführers ist gewährleistet.

Im Fall einer Rückführung des Beschwerdeführers nach Herat (Stadt) oder Mazar-e Sharif ist davon auszugehen, dass er sich eine Lebensgrundlage wird aufbauen und die Grundbedürfnisse seiner menschlichen Existenz wie Nahrung, Kleidung und Unterkunft wird decken können und im Fall seiner Niederlassung ein Leben ohne unbillige Härten wird führen können, so wie es auch seine Landsleute führen.

Es gibt in Afghanistan unterschiedliche Unterstützungsprogramme für Rückkehrer von Seiten der Regierung, von NGOs und durch internationalen Organisationen. IOM bietet in Afghanistan Unterstützung bei der Reintegration an.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu Person und Lebensumständen des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers, seiner Staatsangehörigkeit und Herkunft, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie seinen Sprachkenntnissen, seinen Lebensumständen und seinem Lebenswandel im Herkunftsstaat, im Iran und der Türkei ergeben sich aus seinen gleichbleibenden und plausiblen Angaben vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Zum festgestellten Geburtsdatum ist auszuführen, dass dieses von der belangten Behörde auf Grundlage des in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens zur Volljährigkeitsbeurteilung vom 29.02.2016 mit Verfahrensanordnung vom 08.03.2016 festgestellt wurde (AS. 93), wobei der Beschwerdeführer sich damit im Wesentlichen einverstanden zeigte und auch selbst angibt, er habe sein Geburtsdatum bei der Ankunft nicht gewusst (Einvernahmeprotokoll S. 127), wobei die Altersangabe in der vom Beschwerdeführer vorgelegten Kopie seiner Tazkira in etwa zum festgestellten Datum passt und der Beschwerdeführer das festgestellte Datum auch selbst im weiteren Verfahren schließlich verwendete (Einvernahmeprotokoll S. 7, AS 131).

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer gesund ist, ergibt sich daraus, dass im Lauf des Verfahrens kein anderslautendes Vorbringen erstattet und auch keine medizinischen Unterlagen vorgelegt wurden, die eine gesundheitliche Beeinträchtigung oder Erkrankung des Beschwerdeführers nachweisen würden.

Die Feststellung zur Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem im Akt einliegenden aktuellen Strafregisterauszug.

Bezüglich der Feststellungen zum Verbleib der Familie des Beschwerdeführers wird auf die Beweiswürdigung zum Fluchtvorbringen verwiesen. Die familieneigene Landwirtschaft gab der Beschwerdeführer in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 31.05.2017 an.

Die Feststellung zu den drei im Bundesgebiet aufhältigen Cousins des Beschwerdeführers ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme, wobei bezüglich zweier Cousins die Verfahren über deren Anträge auf internationalen Schutz vor dem Bundesverwaltungsgericht anhängig sind. Das Verfahren über den Antrag des dritten Cousins wurde dagegen kürzlich abgeschlossen. Dass ein gemeinsamer Haushalt bestünde, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet, jedoch angegeben, mit seinen Cousins in Kontakt zu stehen.

Die Feststellungen zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich insbesondere aus den vorgelegten Unterlagen sowie den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 05.03.2019. Das Datum der Antragstellung ist aktenkundig und sind im Lauf des Verfahrens keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer zwischenzeitig aus dem Bundesgebiet ausgereist wäre. Zu Deutschkursbesuch und ansonsten wahrgenommenem Bildungsangebot ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer diesbezüglich Teilnahmebestätigungen vorgelegt hat. In der mündlichen Verhandlung hat der Beschwerdeführer angegeben, dass er keine Deutschprüfungen gemacht hat (Verhandlungprotokoll S. 10). Auch ein Zertifikat wurde nicht vorgelegt. Ebenso in der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, nicht erwerbstätig zu sein und lediglich "Allgemeinen Kontakt" mit Österreicherinnen bzw. Österreichern zu haben (Verhandlungsprotokoll S. 11). Daraus lässt sich schließen, dass der Beschwerdeführer keine Kontakte zu österreichischen Staatsbürgern geknüpft hat. Dass der Beschwerdeführer nicht erwerbstätig ist und von der Grundversorgung lebt, hat er selbst in der mündlichen Verhandlung angegeben, wobei der Grundversorgungsbezug des Beschwerdeführers vom im Akt einliegenden Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem ergibt.

2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer konnte sein Fluchtvorbringen aufgrund seines widersprüchlichen und ausweichenden Aussageverhaltens im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 05.03.2019 sowie in der niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde am 31.05.2017 sowie seiner oberflächlichen von niedriger Dichte geprägten Erzählweise nicht glaubhaft machen, wobei im Folgenden exemplarisch einige Widersprüche im Vorbringen des Beschwerdeführers dargestellt werden sollen, die einerseits den Beschwerdeführer persönlich unglaubwürdig und andererseits sein Fluchtvorbringen nicht glaubhaft erscheinen lassen:

Inkonsistent sind etwa die Angaben des Beschwerdeführers, warum er keine Schule besuchen konnte. In der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde begründet er diese zunächst mit der Tätigkeit seines Vaters (Einvernahmeprotokoll S. 11, AS 135 und S. 13 AS 137) und behauptet, er sei damals 13 oder 14 Jahre alt gewesen (Einvernahmeprotokoll S. 13, AS 137). Darauf hingewiesen, dass er in diesem Zeitpunkt etwa 16 Jahre alt gewesen sein müsste und man doch mit sechs Jahren mit dem Schulbesuch beginne, gibt er plötzlich an, er habe nicht zur Schule gehen können, weil es im Dorf keine Schule gegeben habe und er, weil die Straßen nicht in Ordnung gewesen seien, nicht in zur Schule in der Stadt habe gelangen können. Jetzt seien sie aber asphaltiert. Als Ausreisegrund gibt der Beschwerdeführer zunächst auch nur die Tätigkeit seines Vaters und die daraus resultierende Bedrohung an, sowie dass ihm deshalb Schulbesuch und Arbeit verwehrt gewesen seien (Einvernahmeprotokoll S. 11, AS 135). Später behauptet er jedoch, ein Kommandant der Taliban habe ihn angesprochen, er solle sich wegen der Tätigkeit des Vaters den Taliban anschließen, deshalb sei er ausgereist (Einvernahmeprotokoll S. 15, AS 139). In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erzählte der Beschwerdeführer dagegen erstmals, die Taliban hätten vom Vater das für das Hilfsprojekt gedachte Geld haben wollen (Verhandlungsprotokoll S. 8). Den behaupteten Rekrutierungsversuch schildert der Beschwerdeführer hier erst auf Nachfrage (Verhandlungsprotokoll S. 10), wobei sich der Beschwerdeführer auf sehr oberflächliche Angaben beschränkt und keinerlei Details zum behaupteten Vorfall nennt, obwohl er behauptet, angehalten, bedroht, mitgenommen und freigelassen worden zu sein und deshalb das Land verlassen zu haben. Dennoch erschöpfen sich die Angaben des Beschwerdeführers zu diesem Vorfall samt anschließendem Ausreiseentschluss in etwa vier Zeilen. Damit konnte der Beschwerdeführer eine konkrete und individuelle Betroffenheit von einem Zwangsrekrutierungsversuch der Taliban nicht glaubhaft machen.

Auch zur Dauer, die der Vater am Projekt beteiligt gewesen sein soll, macht der Beschwerdeführer divergierende Angaben. In der niederschriftlichen Einvernahme gibt er an, der Vater habe vier bis fünf Jahre für das Projekt gearbeitet (Einvernahmeprotokoll S. 11, AS 135), während er in der mündlichen Verhandlung ein Jahr bzw. zwölf Monate angibt und die Abweichung damit erklärt, es sei beim letzten Interview so protokolliert worden (Verhandlungprotokoll S. 8), wobei darauf hinzuweisen ist, dass der Beschwerdeführer nach erfolgter Rückübersetzung die Richtigkeit und Vollständigkeit des Protokolls (Einvernahmeprotokoll S. 16, AS 140) mit seiner Unterschrift auf jeder Seite des Protokolls bestätigte. Auch klärt der Beschwerdeführer im Lauf der niederschriftlichen Einvernahme ein etwaiges Missverständnis nicht auf, als er etwa der Einvernahmeleiter aus den Angaben des Beschwerdeführers folgert, der Vater habe etwa 2013 mit seiner Tätigkeit begonnen (Einvernahmeprotokoll S. 13, AS 137). Diese Abweichung mit einem Protokollierungsfehler erklären zu wollen, erscheint damit unplausibel.

Auch Unplausibel ist die Angabe des Beschwerdeführers, der Vater sei, obwohl er über keinerlei Schuldbildung verfüge und einfacher Landwirt sei, mit den Finanzen dieses Projektes betraut worden (Verhandlungsprotokoll S. 7). Auch dazu, von wem der Vater des Beschwerdeführers beauftragt worden sei, macht der Beschwerdeführer unterschiedliche Angaben. In der niederschriftlichen Einvernahme der belangten Behörde gibt er an, der Vater sei von den Dorfbewohnern gewählt worden (Einvernahmeprotokoll S. 11, AS 135), während er in der mündlichen Verhandlung angibt, der Vater sei von den Regierungsvertretern ausgewählt worden (Verhandlungprotokoll S. 7). Auf Vorhalt seiner Angaben vor der belangten Behörde behauptet der Beschwerdeführer plötzlich, der Beschwerdeführer sei auch von den Dorfältesten gewählt worden, was er gerade habe sagen wollen. Hierzu ist allerdings anzumerken, dass der Beschwerdeführer nach Abschluss seiner Angaben zur Erwählung des Vaters nicht den Eindruck machte, als habe er noch etwas sagen wollen, sondern viel mehr den, als habe der den Themenkomplex der Erwählung des Vaters nach seinem Dafürhalten abgeschlossen. Insgesamt enthüllt der Beschwerdeführer auch hier wieder ein Detail erst auf Vorhalt eines Widerspruches.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, einige seiner Angehörigen seien bei einem Bombenanschlag im Auto ums Leben gekommen, ist zunächst auszuführen, dass der Beschwerdeführer Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht als Vorfallsdatum den 20.05.2016 angibt, während die vorgelegten Artikel betreffend den Anschlag mit 19.05.2016 datiert sind. Weiterhin macht der Beschwerdeführer inkonsistente Angaben zu den betroffenen Familienmitgliedern: in der mündlichen Verhandlung gibt der Beschwerdeführer an, zwei seiner Schwestern seien betroffen gewesen (Verhandlungsprotokoll S. 7), während er vor der belangten Behörde noch angab, eine seiner Schwestern sei getötet worden (Einvernahmeprotokoll S. 8, AS 132). Zwar versucht der Beschwerdeführer diese Inkonsistenz (abermals auf Vorhalt) mit einem Protokollierungsfehler zu erklären, hierzu ist jedoch zunächst anzumerken, dass der Beschwerde mit seiner Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit der Übersetzung bestätigt hat (Einvernahmeprotokoll S. 16, AS 140). Weiter nennt er die vermeintlich verstorbene Schwester namentlich und gibt auf Nachfrage zur nicht-verheirateten Schwester, die laut seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung ebenfalls bei der Explosion umgekommen sein soll, an, diese würde beim Großvater leben (Einvernahmeprotokoll S. 9, AS 133). Dass der Dolmetscher - der dem erkennenden Richter des Bundesverwaltungsgerichts im Übrigen aus seiner Übersetzungstätigkeit im Zuge von mündlichen Verhandlung persönlich als äußerst gewissenhaft bekannt ist - diese Antwort während der niederschriftlichen Einvernahme einfach erfunden haben sollte, erscheint nicht plausibel. Weiter passen die Angaben des Beschwerdeführers zu den getöteten Personen nicht zu den Informationen der vom Beschwerdeführer vorgelegten den Vorfall betreffenden Artikel. Im "Artikel Afghan officer shoots, kill 8 colleagues; bomb kills 11" (AS 199 ff.) sowie im Artikel "11 members of one Afghan family killed as van hits roadside bomb" (AS. 205 ff.) wird etwa berichtet, dass elf Zivilisten, darunter fünf Kinder und zwei Frauen, getötet worden seien. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nennt der Beschwerdeführer allerdings in seiner Aufzählung mehr als zwei Frauen (Verhandlungprotokoll S. 6). Auch erwähnt der Beschwerdeführer lediglich zwei Verletzten, während die vorgelegten Artikel von drei Verletzten berichten. Anhand der vom Beschwerdeführer vorgelegten Fotos lässt sich nicht erruieren, ob es sich bei den getöteten Personen um die Angehörigen des Beschwerdeführers handelt, ist doch nicht verifizierbar, dass es sich bei den abgebildeten Personen tatsächlich um seine Angehörigen handelt. Insgesamt sind die Angaben des Beschwerdeführers sowie die vorgelegten Berichte nicht konsistent, weswegen die vom Beschwerdeführer behauptete Betroffenheit seiner Angehörigen nicht glaubhaft ist und die entsprechende Feststellung getroffen wurde. Dementsprechend wurde unter 1.1. mangels anderer Anhaltspunkte festgestellt, dass die Angehörigen des Beschwerdeführers unverändert im Herkunftsdorf leben.

Aufgrund der bereits aufgezeigten Inkonsistenzen der Erzählung des Beschwerdeführers konnte dieser seine Fluchterzählung nicht glaubhaft machen und wurden entsprechende Feststellungen getroffen, denen zufolge das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht zutrifft.

Für eine Gefährdung des Beschwerdeführers aus anderen als von diesem selbst vorgebrachten Gründen sind im Lauf des Verfahrens keine Anhaltspunkte hervorgekommen.

2.3. Zur Rückkehr in den Herkunftsstaat:

Die Feststellung zum innerstaatlichen bewaffneten Konflikt lässt sich im Wesentlichen dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Afghanistan, Gesamtaktualisierung am 29.06.2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 22.01.2019 (in der Folge: Länderinformationsblatt) entnehmen (insbesondere Kapitel 3. Sicherheitslage), wobei die uneinheitliche Betroffenheit der unterschiedlichen Gebiete von direkten Kampfhandlungen und der Präsenz Aufständischer sich in den individuellen Einschätzungen der Sicherheitslage für jede Provinz im Länderinformationsblatt gut nachvollziehen lässt.

Die Feststellungen zur Sicherheitslage in der Provinz Baghlan basieren auf dem Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.4. Baghlan, wobei sich die starke Betroffenheit der Herkunftsprovinz aus ihrer Lage im Nordwesten der Provinz ergibt. Daraus ergibt sich auch die Feststellung, dass dem Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in sein Herkunftsdorf die Gefahr droht, im Zuge von Kampfhandlungen zwischen regierungsfeindlichen Gruppierungen und Streitkräften der Regierung oder durch Übergriffe von regierungsfeindlichen Gruppierungen gegen die Zivilbevölkerung zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden.

Die Feststellungen zu Sicherheitslage in Herat und Balkh ergeben sich aus den jeweiligen Kapiteln zu den genannten Provinzen im Länderinformationsblatt (Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.5. Balkh und Unterkapitel 3.13. Herat). Die Feststellung, dass die Städte Mazar-e Sharif und Herat unter Regierungskontrolle stehen, basieren darauf, dass von einer Eroberung durch Aufständische und dergleichen nicht berichtet wird. Die Feststellung zum Flughafen in Herat (Stadt) ist dem Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.35. Erreichbarkeit, Unterabschnitt Internationale Flughäfen in Afghanistan entnommen.

Bedingt durch die relativ gute Sicherheitslage und die geringe Betroffenheit der Städte Mazar-e Sharif und Herat vom Konflikt im Herkunftsstaat konnte nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer für den Fall einer dortigen Niederlassung die Gefahr droht, im Zuge von Kampfhandlungen oder durch Angriffe Aufständischer zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden. Das Bundesverwaltungsgericht übersieht dabei nicht, dass die Städte gelegentlich von Angriffen und Anschlägen durch Aufständische betroffen sind. Allerdings ist die Vorfallshäufigkeit nicht so groß, dass gleichsam jede in der Stadt anwesende Person mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Vorfall betroffen wäre. Spezifische Gründe für ein erhöhtes auf seine Person bezogenes Risiko hat der Beschwerdeführer nicht dargetan.

Die Feststellung zum Zugang zu medizinischer Versorgung im Herkunftsstaat ist dem Länderinformationsblatt entnommen (Kapitel 22. Medizinische Versorgung), demzufolge es in den letzten Jahren zu einer Zunahme der Flächendeckung der primären Gesundheitsversorgung gekommen ist, auch wenn Verfügbarkeit und Qualität der Grundbehandlung stark variieren und nicht alle Einwohner (uneingeschränkten) Zugang zu medizinischer Grundversorgung haben. Die Behandelbarkeit leichter und saisonbedingter Krankheiten sowie medizinscher Notfälle in den öffentlichen Krankenhäusern größerer Städte ist allerdings gewährleistet (Kapitel 22. Medizinische Versorgung, Unterkapitel 22.1. Krankenhäuser in Afghanistan). Nachdem der Beschwerdeführer gesund ist, erscheint seine medizinische Versorgung damit gewährleistet.

Die Feststellung zu den Folgen einer Niederlassung des Beschwerdeführers in Mazar-e Sharif und Herat ergibt sich insbesondere aus einer Zusammenschau der individuellen Umstände und Merkmale, die der Beschwerdeführer in seiner Person vereint.

Beim Beschwerdeführer handelt es sich zweifellos um einen jungen gesunden Mann im arbeitsfähigen Alter, bei dem die Teilnahme am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Der Beschwerdeführer hat zwar keine Schule besucht, verfügt aber einerseits über Berufserfahrung in der Landwirtschaft und hat andererseits seine Fähigkeit, sich dennoch am Arbeitsmarkt zu bewähren, bereits dadurch unter Beweis gestellt, dass er auch im Iran und in der Türkei Arbeit gefunden hat und auch aus diesen Tätigkeiten über Berufserfahrung verfügt.

Der Beschwerdeführer verfügt auch noch über zahlreiche im Herkunftsstaat ansässige Verwandte und kann damit auf ein großes Unterstützungsnetzwerk zurückgreifen, dass ihm sowohl beratend als auch finanziell zur Seite stehen kann. Den Länderinformationen zufolge pflegen Auslandsafghanen in Europa zumeist engen Kontakt mit den im Herkunftsstaat aufhältigen Angehörigen, weswegen - angesichts dessen, dass der Beschwerdeführer den Tod seiner Angehörigen nicht glaubhaft machen konnte - wohl davon auszugehen ist, dass auch der Beschwerdeführer nach wie vor Kontakt zu seinen im Herkunftsstaat aufhältigen Verwandten hat (Länderinformationsblatt, Kapitel 23. Rückkehr, Abschnitt Die Rolle unterschiedlicher Netzwerke für Rückkehrer/innen). Demnach verfügt der Beschwerdeführer auch über den nach dem Länderinformationsblatt (Kapitel 23. Rückkehr, Abschnitt Die Rolle unterschiedlicher Netzwerke für Rückkehrer/innen) für die Rückkehr in den Herkunftsstaat äußerst vorteilhafte Anschluss an ein soziales Netzwerk und ist nicht völlig auf sich gestellt. Für den Fall einer Niederlassung des Beschwerdeführers in Herat (Stadt) oder Mazar-e Sharif ist dabei eine Unterstützung des Beschwerdeführers über die Provinzgrenzen hinweg möglich.

Zusätzlich ist eine anfängliche Unterstützung des Beschwerdeführers durch eine der angebotenen Reintegrationsmaßnahmen - bis der Beschwerdeführer sich eine selbstständige Existenzgrundlage aufbauen kann - durchaus möglich. Hierbei ist anzumerken, dass es dem Beschwerdeführer auch freisteht, seine Rückkehr und Reintegration bereits von Österreich aus vorzubereiten und so besser an gen angebotenen Maßnahmen partizipieren zu können. Der Beschwerdeführer spricht außerdem mit Paschtu und Dari zwei der Landessprachen des Herkunftsstaates, weswegen er sich im Herkunftsstaat wird verständigen können. Weiter hat der Beschwerdeführer beinahe sein gesamtes Leben bis zu seiner Ausreise nach Europa im Herkunftsstaat verbracht und ist daher mit den Traditionen, Sitten und Gebräuchen im Herkunftsstaat vertraut.

Eine spezifische Vulnerabilität oder konkrete Gefährdungsmomente hat der Beschwerdeführer nicht substantiiert dargetan. Die Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers lässt spezifische Driskriminierungs- und Benachteiligungserfahrungen nicht erwarten (siehe dazu Länderinformationsblatt, Kapitel 16. Ethnische Minderheiten, Unterkapitel 16.1. Paschtunen). Auch die Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers - die sunnitische Glaubensrichtung des Islams ist die im Herkunftsstaat dominierende Glaubensrichtung (Kapitel 15. Religionsfreiheit) - lässt keine Diskriminierungen oder Benachteiligungen des Beschwerdeführers erwarten. Ein besonderer Schutzbedarf ist damit nicht ersichtlich und sind im Verfahren auch sonst keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer einem Personenkreis angehören würde, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann.

Dem vorliegenden Berichtsmaterial (Länderinformationsblatt, Kapitel

3. Sicherheitslage, insbesondere Unterkapitel 3.1. Kabul, 3.13. Herat, 3.5. Balkh und Kapitel 21. Grundversorgung und Wirtschaft) ist außerdem nicht zu entnehmen, dass die Grundversorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser, Lebensmitteln und Unterkunft grundsätzlich nicht gewährleistet und zusammengebrochen wäre, auch wenn sich aus den Informationen eine schwierige Situation insbesondere für Rückkehrer wie den Beschwerdeführer ergibt (Länderinformationsblatt, 20. Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge und Kapitel 23. Rückkehr).

Insgesamt gehört der Beschwerdeführer damit keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. Daher sind besondere exzeptionelle Umstände, die dazu führen könnten, dass der Beschwerdeführer sich in der Herkunftsprovinz keine Lebensgrundlage wird aufbauen können, nicht ersichtlich und davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Rückkehrfall im ins Auge gefassten Neuansiedelungsgebiet ein Leben ohne unbillige Härten wird führen können, so wie es auch seine Landsleute führen.

Die Feststellung zur Rückkehrhilfe ergibt sich aus dem Länderinformationsblatt, Kapitel 23. Rückkehr.

Zur Plausibilität und Seriosität der herangezogenen Quellen ist auszuführen, dass die im Länderinformationsblatt zitierten Unterlagen von angesehen Einrichtungen stammen. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach § 5 Abs. 2 BFA-VG verpflichtet ist, gesammelte Tatsachen nach objektiven Kriterien wissenschaftlich aufzuarbeiten und in allgemeiner Form zu dokumentieren, womit die länderkundlichen Informationen, die sie zur Verfügung stellt, einen qualitätssichernden Objektivierungsprozess für die Gewinnung von Informationen zur Lage im Herkunftsstaat durchlaufen. Zur Aktualität der herangezogenen Quellen ist auszuführen, dass neuere Berichte und Informationen, denen zufolge es zu einer verfahrensrelevanten Änderung der Lage im Herkunftsstaat gekommen ist, nicht amtsbekannte sind. Das Bundesverwaltungsgericht stützt seine Beweiswürdigung daher auf die angeführten Quellen, wobei eine beweiswürdigende Auseinandersetzung im Detail oben erfolgt ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Asyl):

Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht, dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.

Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht einer Person, wenn sie sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichthofes ist für den Flüchtlingsbegriff der GFK entscheidend, ob glaubhaft ist, dass den Fremden in ihrem Herkunftsstaat Verfolgung droht. Dies ist dann der Fall, wenn sich eine mit Vernunft begabte Person in der konkreten Situation der Asylwerber unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat fürchten würde (VwGH 24.06.2010, 2007/01/1199).

"Verfolgung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs als ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005 umschreibt "Verfolgung" als jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 Statusrichtlinie, worunter - unter anderem - Handlungen fallen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 MRK keine Abweichung zulässig ist. Dazu gehören insbesondere das durch Art. 2 MRK geschützte Recht auf Leben und das in Art. 3 MRK niedergelegte Verbot der Folter (zuletzt VwGH 31.07.2018 m.w.N.).

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierung ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten (VwGH 08.09.2015, Ra 2015/18/0010 m.w.N.).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (VwGH 30.08.2018, Ra 2017/18/0119 m.w.N.).

3.1.1. Zur behaupteten Verfolgung durch die Taliban wegen der Tätigkeit des Vaters:

Der VwGH hat in seiner Rechtsprechung den Familienverband als "soziale Gruppe" gemäß Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK anerkannt. Verfolgung kann daher schon dann Asylrelevanz zukommen, wenn ihr Grund in der bloßen Angehörigeneigenschaft des Asylwerbers, somit in seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe i.S.d. Art. 1 Z 2 GFK, etwa jener der Familie liegt (Vgl. VwGH vom 13.11.2014, Ra 2014/18/0011 m.w.N.).

Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, konnte der Beschwerdeführer weder glaubhaft machen, dass sein Vater für ein Hilfsprojekt gearbeitet hat, noch, dass der Vater oder der Beschwerdeführer selbst deshalb durch die Taliban bedroht worden wären. Damit konnte der Beschwerdeführer auch nicht glaubhaft machen, dass ihm im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne der oben zitierten Judikatur droht.

3.1.2. Zur behaupteten Zwangsrekrutierung durch die Taliban:

Der Verwaltungsgerichtshof differenziert in ständiger Judikatur zwischen der per se nicht asylrelevanten Zwangsrekrutierung durch eine Bürgerkriegspartei von der Verfolgung, die an die tatsächliche oder unterstellte politische Gesinnung anknüpft, die in der Weigerung, sich den Rekrutierenden anzuschließen, gesehen wird. Auf das Auswahlkriterium für die Zwangsrekrutierung kommt es dabei nicht an. Entscheidend ist daher, mit welcher Reaktion durch die Milizen aufgrund einer Weigerung, sich dem Willen der Rekrutierenden zu beugen, gerechten werden muss und ob in ihrem Verhalten eine (unterstellte) politische oder religiöse oppositionelle Gesinnung erblickt wird (19.04.2016, VwGH Ra 2015/01/0079 m.w.N.).

Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt konnte der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen, dass ihn ein Taliban-Kommandant aufgefordert hat, sich den Taliban anzuschließen. Damit konnte der Beschwerdeführer auch nicht glaubhaft machen, dass ihm für den Rückkehrfall aus diesem Grund Verfolgung droht.

Nachdem Anhaltspunkte für eine andere als die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Verfolgungsgefahr im Lauf des Verfahrens nicht hervorgekommen sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides spruchgemäß abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides (Subsidiärer Schutz):

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 AsylG führt jegliche reale Gefahr (real risk) einer Verletzung von Art 2. Art. EMRK, 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zur Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten.

Nach der früheren ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war bei der Prüfung betreffend die Zuerkennung von subsidiärem Schutz eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen waren, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (VwGH, 30.01.2018, Ra 2017/20/0406). Der Verwaltungsgerichtshof stellte daher für die Gewährung von subsidiärem Schutz insbesondere auf den Maßstab des Art. 3 EMRK ab (vgl. etwa VwGH, 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).

Mit Erkenntnis vom 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 hat der Verwaltungsgerichtshof unter Berücksichtigung der Judikatur des EuGH zur Statusrichtlinie ausgesprochen, dass § 8 Abs. 1 AsylG entgegen seinem Wortlaut in unionsrechtskonformer Interpretation einschränkend auszulegen ist. Danach ist subsidiärer Schutz nur in jenen Fällen zu gewähren, in denen die reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK auf einen ernsthaften Schaden i.S.d. Art. 15 Statusrichtlinie zurückzuführen ist, der vom Verhalten eines Akteurs i. S.d. Art. 6 Statusrichtlinie verursacht wird (Art. 15 lit. a. und b.), bzw. auf eine Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt (Art. 15 lit. c) zurückzuführen ist. Nicht umfasst ist dagegen die reale Gefahr jeglicher etwa auf allgemeine Unzulänglichkeiten im Heimatland zurückzuführende Verletzungen von Art. 3 EMRK (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106).

In seiner Entscheidung vom 21.11.2018, Ra 2018/01/0461 wiederholt der Verwaltungsgerichtshof, dass es der Statusrichtlinie widerspricht, einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten unabhängig von einer Verursachung durch Akteure oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat zuzuerkennen.

Art. 6. Statusrichtlinie definiert als Akteur den Staat (lit. a), Parteien und Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (lit. b) und nichtstaatliche Akteure, sofern die unter den Buchstaben a und b genannten Akteure einschließlich internationale Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden i.S.d. Art. 7 zu bieten (lit. c).

Als ernsthafter Schaden gilt nach Art. 15 Statusrichtlinie die Todesstrafe oder Hinrichtung (lit. a), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung im Herkunftsstaat (lit. b) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (lit. c).

3.2.1. Zur Rückkehr des Beschwerdeführers in die Herkunftsregion:

Für die Herkunftsregion des Beschwerdeführers ist dem festgestellten Sachverhalt zu entnehmen, dass dem Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr dorthin die Gefahr droht, im Zuge des im Herkunftsstaat herrschenden bewaffneten Konfliktes getötet, verletzt oder misshandelt zu werden. Daher droht ihm ein Schaden i.S.d. Art. 15 Statusrichtlinie durch einen innerstaatlichen i.S.d. lit. c leg cit. und ihm wäre subsidiärer Schutz zuzuerkennen.

3.2.2. Zum Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative:

Gemäß § 11 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen, wenn Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates unter anderem vom Staat Schutz gewährleistet und ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann. Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

Nach der Rechtsprechung des VwGH sind nach dem klaren Wortlaut des § 11 AsylG zwei getrennte und selbstständig zu prüfende Voraussetzungen der innerstaatlichen Fluchtalternative zu unterscheiden. Zunächst muss geprüft werden, ob in dem als innerstaatliche Fluchtalternative ins Auge gefasste Gebiet Schutz vor Bedingungen, die nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Gewährung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würden, gegeben ist (VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001 m.w.N.). Der VwGH hält das Kriterium der Zumutbarkeit als getrennt zu prüfende Voraussetzung auch in seiner jüngsten Rechtsprechung weiterhin aufrecht (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106).

Wie bereits ausgeführt konnte der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen, dass ihm im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat Verfolgung droht, weswegen eine wohlbegründete Furcht i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK auch in Bezug auf Herat (Stadt) und Mazar-e Sharif des Herkunftsstaates zu verneinen ist.

Zur Frage, ob auch für Mazar-e Sharif und Herat (Stadt) Bedingungen vorliegen, die nach § 8 Abs. 1 AsylG die Gewährung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würden, ist auszuführen, dass die genannten Städte den Feststellungen zufolge vom innerstaatlichen Konflikt in Afghanistan weit weniger intensiv betroffen ist, als die Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers. Insbesondere steht die Stadt den Feststellungen zufolge unter der Kontrolle der afghanischen Regierung. Selbst wenn aufständische Gruppierungen prinzipiell auf Zivilpersonen auch in den größeren Städten zugreifen können, ist die Wahrscheinlichkeit, dass gerade der Beschwerdeführer zufällig in einen solchen Vorfall verwickelt würde, nicht sehr hoch und ist ein spezifisches Risiko besonderer Auswirkungen auf den Beschwerdeführer nicht hervorgekommen.

Die zweite Voraussetzung für das Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative bildet nach der Judikatur des VwGH die Frage, ob dem Asylwerber der Aufenthalt in diesem Gebiet zugemutet werden kann. Die Zumutbarkeit des Aufenthalts ist von der Frage der Schutzgewährung in diesem Gebiet zu trennen (Vgl. abermals VwGH 05.04.2018, Ra 2018/19/0154 m.w.N.). Selbst wenn in dem betreffenden Gebiet also keine Verhältnisse herrschen, die die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtfertigen, wäre die innerstaatliche Fluchtalternative bei Unzumutbarkeit des Aufenthalts in diesem Gebiet zu verneinen.

Das Kriterium der Zumutbarkeit ist in unionsrechtskonformer Auslegung gleichbedeutend mit dem Erfordernis nach Art. 8 Abs. 1 Statusrichtlinie, nämlich, dass vom Asylwerber vernünftigerweise erwartet werden kann, sich im betreffenden Gebiet seines Herkunftslandes niederzulassen (VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001).

Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass es nie zumutbar sein kann, dass ein Antragsteller eine Verletzung seiner durch Art. 2 und 3 EMRK geschützten Rechte in Kauf nehmen muss. Folglich müssen Umstände, die im Fall einer Rückkehr im als innerstaatliche Fluchtalternative in Betracht kommenden Teil des Staatsgebietes zu einer Verletzung vor Art. 2 oder 3 EMRK führen würden, die nach der nunmehrigen Judikatur des VwGH für eine Zuerkennung von subsidiärem Schutz aber nicht in Betracht kommen (siehe dazu VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106), im Zuge der Prüfung der Zumutbarkeit Berücksichtigung finden.

Nach der auf die Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bezugnehmenden ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307 m.w.N.). Insbesondere ist die allgemeine Situation in Afghanistan, wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, nicht so gelagert, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Art. 3 MRK verstoßen würde (VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095 m.w.N.).

Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, ist damit zu rechnen, dass der Beschwerdeführer sich im Fall seiner Niederlassung in Mazar-e Sharif oder Herat (Stadt) eine Lebensgrundlage wird aufbauen und die Grundbedürfnisse seiner menschlichen Existenz wird decken können. Exzeptionelle Umstände im Sinne der oben zitierten Judikatur hat der Beschwerdeführer daher nicht dargetan. Damit ist eine durch die Lebensbedingungen im Herkunftsstaat bedingte Verletzung des Art. 2 oder 3 EMRK für den Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat zu verneinen.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, der auf die Entscheidungen des EGMR Bezug nimmt, hat ein Fremder im Allgemeinen kein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (VfGH 06.03.2008, B2400/07 m.w.N.).

Auch der Verwaltungsgerichtshof hat unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EGMR bereits ausgesprochen, dass die nach der oben zitierten geforderten außergewöhnlichen Umstände, die zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK führen können, vorliegen, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (zuletzt VwGH 30.06.2017, Ra 2017/18/0086).

Den Feststellungen ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer im Wesentlichen gesund ist und seine medizinische Versorgung in Herat (Stadt) und Mazar-e Sharif gewährleistet ist. Außergewöhnliche Umstände im Sinne der oben zitierten Judikatur wurden damit nicht dargetan und ist die Gefahr eines Eingriffes in Art. 3 EMRK aufgrund des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat damit zu verneinen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind hinsichtlich des bei der Prüfung der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative anzuwendenden Maßstabs die allgemeinen Gegebenheiten im Herkunftsstaat und die persönlichen Umstände des Asylwerbers zu berücksichtigen. Es handelt sich letztlich um eine Entscheidung im Einzelfall, die auf der Grundlage ausreichender Feststellungen über die zu erwartende Lage des Asylwerbers in dem in Frage kommenden Gebiet sowie dessen sichere und legale Erreichbarkeit getroffen werden muss (VwGH 27.06.2018, Ra 2018/18/0269).

Eine schwierige Lebenssituation (bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht), die ein Asylwerber bei Rückführung in das als innerstaatliche Fluchtalternative geprüfte Gebiet vorfinden würde, reicht nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für sich betrachtet nicht aus, um eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen (zuletzt VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106).

Zweifellos hat der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat und seiner Niederlassung in Mazar-e Sharif oder Herat (Stadt) beim Aufbau seiner Lebensgrundlage mit Startschwierigkeiten zu rechnen. Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt ist jedoch damit zu rechnen, dass er sich eine Lebensgrundlage wird aufbauen können und ein Leben ohne unbillige Härten wie seine Landsleute wird führen können, weswegen seine Niederlassung im als innerstaatliche Fluchtalternative geprüfte Gebiet sich als zumutbar im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erweist.

Zusätzlich ist auf die aktuelle Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur innerstaatlichen Fluchtalternative für gesunde Asylwerber im erwerbsfähigen Alter, die eine der Landessprachen Afghanistans beherrsche, mit den kulturellen Gepflogenheiten des Herkunftsstaates vertraut sind und die Möglichkeit haben, sich durch Gelegenheitstätigkeiten eine Existenzgrundlage zu sichern hinzuweisen (VwGH 28.03.2019, Ra 2018/14/0067).

Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte II. des angefochtenen Bescheides war daher spruchgemäß abzuweisen.

3.3. Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG ist eine Entscheidung nach dem AsylG mit einer Rückkehrentscheidung nach dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

3.3.1. Zur Nichterteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG:

Nachdem der Antrag des Beschwerdeführers mit diesem Erkenntnis sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, ist vor Erlassung der Rückkehrentscheidung und der damit verbundenen Zulässigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG zwingend zunächst eine Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG vorzunehmen (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht Kommentar § 10 AsylG K6). Damit korrespondierend sieht auch § 58 Abs. 1 Z. 1 AsylG vor, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG von Amts wegen zu prüfen ist, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Z 1, 2 oder 3 AsylG erfüllt, sind im Verfahren weder geltend gemacht worden noch hervorgekommen. Die Nichtzuerkennung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG an den Beschwerdeführer durch die belangte Behörde erfolgte daher zu Recht.

3.3.2. Zur Rückkehrentscheidung:

Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 AsylG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

§ 9 Abs. 1 BFA-VG normiert, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig ist, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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