TE Vwgh Erkenntnis 1998/12/22 96/08/0314

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Veröffentlicht am 22.12.1998
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §33;
AlVG 1977 §34;
AlVG 1977 §7 Abs1;
AlVG 1977 §7 Abs2;
AlVG 1977 §7 Abs3 Z1;
AlVG 1977 §7 Abs3;
AlVG 1977 §7 Abs4;
B-VG Art133 Z1;
B-VG Art144 Abs1;
B-VG Art7;
FlKonv Art33 Abs1;
FrG 1993 §37;
FrG 1993;
FrG 1997;
MRK Art14;
MRK Art6;
MRK Art8;
MRKZP 01te Art1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 96/08/0388 E 20. Dezember 2000

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/II/23, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 20. September 1996, Zl. 1218//96, betreffend Anspruch auf Arbeitslosengeld, nach durchgeführter Verhandlung , und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr Herbert Pochieser, und des Vertreters der belangten Behörde Mag. Gruber, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen von S 28.140,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 20. August 1996 auf Gewährung von Arbeitslosengeld mangels Erfüllung der Anspruchsvoraussetzung gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 3 Z. 1 und Abs. 4 AlVG 1977 abgewiesen.

Die belangte Behörde hat in der Begründung dieses Bescheides den Berufungsbehauptungen des Beschwerdeführers, bis 30. Juni 1996 Inhaber einer Arbeitserlaubnis gewesen zu sein und über eine Aufenthaltsberechtigung "nach dem Asylgesetz" verfügt zu haben, wohingegen ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung rechtswidrigerweise abgelehnt worden sei, entgegnet, daß der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung für den Beschwerdeführer vom 6. Dezember 1995 mit Bescheid des "Amtes der Wiener Landesregierung" vom 6. März 1996 abgewiesen und der dagegen erhobenen Berufung mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. Juni 1996 keine Folge gegeben worden sei. Dieser Bescheid sei - trotz einer allfällig eingebrachten Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof - rechtskräftig (wie aus dem hg. Akt Zl. 97/19/0292 hervorgeht, hat der Beschwerdeführer den im angefochtenen Bescheid zitierten Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. Juni 1996 mit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bekämpft; diese Beschwerde wurde mit einem beim Verwaltungsgerichtshof am 9. September 1997 eingelangten Schriftsatz des Beschwerdeführers zurückgezogen, worauf der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 12. September 1997 die Beschwerde als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt hat). Der Beschwerdeführer besitze - so die belangte Behörde weiter - keine Aufenthaltsberechtigung im Sinne des § 7 Abs. 4 Z. 1 AlVG und gehöre auch sonst nicht zum Personenkreis, der von § 7 Abs. 4 AlVG umfaßt sei. Da der Beschwerdeführer somit keine Beschäftigung aufnehmen dürfe, sei sein Antrag auf Arbeitslosengeld vom 20. Mai 1996 abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, worin sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

     Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 AlVG hat Anspruch auf Arbeitslosengeld,

wer der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht.

     Gemäß § 7 Abs. 2 AlVG steht der Arbeitsvermittlung zur

Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf. Dies ist in § 7 Abs. 3 AlVG näher determiniert: Danach darf eine Beschäftigung aufnehmen, wer sich (§ 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG) zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich aufhalten darf.

Diese Voraussetzungen sind in § 7 Abs. 4 AlVG näher umschrieben. Diese Voraussetzungen erfüllt der Beschwerdeführer nicht, wie er letztlich auch in seiner Beschwerde nicht bestreitet:

insbesondere behauptet er in seiner Beschwerde nicht, daß er im fraglichen Zeitraum über eine Aufenthaltserlaubnis verfügt hätte oder ihm aus anderen Gründen ein Aufenthaltsrecht in Österreich zugestanden wäre. Er trägt im Rahmen des von ihm geltend gemachten Beschwerdepunktes, in seinem Recht auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld verletzt zu sein, vielmehr verfassungsrechtliche Bedenken gegen die auf der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, beruhenden Gesetzesbestimmungen vor, welche in die Auffassung münden, der Verwaltungsgerichtshof möge in Anbetracht dieser Bedenken die anzuwendenden Rechtsvorschriften im Wege einer teleologischen Reduktion verfassungskonform - im Sinne des Beschwerdevorbringens - dahin auslegen, daß "jene Personen, welche legal beschäftigt gewesen waren, unabhängig von der Aufenthaltsberechtigung auch Arbeitslosengeld zu bekommen haben".

Die Beschwerde ist zulässig:

Gem. Art. 133 Z. 1 B-VG sind von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zwar jene Angelegenheiten ausgenommen, welche in die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes fallen; dies wären fallbezogen jene des Art. 144 B-VG, soweit der Beschwerdeführer entweder die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte oder behaupten würde, durch die Anwendung einer verfassungswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt zu sein.

Eine Behauptung der Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte liegt hier schon deshalb nicht vor, weil der Beschwerdeführer behauptet, in seinem Recht auf Arbeitslosengeld verletzt zu sein, dieses Recht aber nicht im Verfassungsrang gewährleistet ist. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer - bei Zutreffen seiner gesamten Beschwerdebegründung - auch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit verletzt wäre, vermag dem Umstand, daß - denkmöglich - überdies eine Verletzung in einem einfachgesetzlich gewährleisteten Recht vorliegt (die jedenfalls vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend gemacht werden kann), keinen Abbruch zu tun. Der Beschwerdeführer behauptet auch nicht nur, durch die Anwendung einer verfassungswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt zu sein, sondern er rügt auch das Unterbleiben einer - nach seiner Auffassung möglichen - verfassungskonformen Interpretation einfachgesetzlicher Vorschriften. Diese Rüge ist vor dem Verwaltungsgerichtshof dann zulässig, wenn sie vor dem Hintergrund eines auf die Verletzung des einfachen Gesetzes abstellenden Beschwerdepunktes erhoben wird: Der Umstand, daß die Rüge - träfe sie zu - gleichzeitig auch die bereits erwähnte Verfassungsverletzung, also eine doppelt qualifizierte Rechtsverletzung zur Folge hätte, vermag auch hier die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der davon betroffenen Rechtsverletzung einfachgesetzlicher Art nicht einzuschränken.

Die Beschwerde ist auch in der Sache aus folgenden Gründen im Ergebnis berechtigt:

Der erkennende Senat teilt zunächst die Auffassung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (Gaygusuz gg. Österreich, JBl. 1997,364 = ÖJZ 1996/37) und des Verfassungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 11.3.1998, G 363-365/97 (ua)), wonach die Notstandshilfe als (teilweise) beitragsfinanzierte Geldleistung aus der Arbeitslosenversicherung den Eigentumsschutz des - in Östereich im Verfassungsrang stehenden - Art. 1 des Ersten Zusatzprotokolls zur EMRK genießt. Dies ist auf das Arbeitslosengeld (arg. aminori ad maius) zu übertragen und hat ua zur Konsequenz, daß der Gesetzgeber diese Rechte nach Art 14 EMRK ohne Benachteiligung, die im Geschlecht, in der Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, in den politischen oder sonstigen Anschauungen, in nationaler oder sozialer Herkunft, in der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, im Vermögen, in der Geburt oder im sonstigen Status begründet ist, zu gewährleisten hat. Dies hindert freilich weder die Vollziehung in Gesetzen vorgesehener fremdenpolizeilicher Maßnahmen, noch bestehen an sich Zweifel daran, daß das Arbeitslosenversicherungsrecht an sich am Fremdenrecht anknüpfen darf, insoweit dies in sachlicher Weise geschieht.

Wer eine Beschäftigung aufnehmen "kann und darf", ist in § 7 Abs. 3 Z. 1 und 2 AlVG (in der genannten Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201) mit zwei Voraussetzungen näher definiert, nämlich mit dem "Bereithalten" zur Aufnahme einer solchen Beschäftigung, die den in dieser Bestimmung näher bezeichneten Kriterien entspricht, einerseits, und der Erlaubnis, sich im Inland dazu aufhalten zu dürfen, andererseits.

Ein Arbeitsloser, der sich nicht nur vorübergehend in seinen ausländischen Heimatstaat begibt, steht dem inländischen Arbeitsmarkt während der Dauer seiner Abwesenheit - was keiner näheren Begründung bedarf - nicht zur Verfügung und kann daher auch nicht vermittelt werden. Bei einem solchen Arbeitslosen fehlt es an der Voraussetzung des § 7 Abs. 3 Z. 1 AlVG, und zwar unabhängig davon, ob er freiwillig oder wegen Verlustes seiner inländischen Aufenthaltsberechtigung in seinen Heimatstaat zurückgekehrt ist.

Nach Auffassung des erkennenden Senates kann es daher auch nicht verfassungswidrig sein, wenn das Gesetz nun denjenigen Arbeitslosen, der sich zwar tatsächlich im Inland aufhält, dies aber rechtlich nicht darf, der sich also - entgegen seinen Verpflichtungen - nicht in seinen Heimatstaat zurückbegibt, dem zuerst genannten - sich gesetzeskonform

verhaltenden - ausländischen Arbeitslosen gleichstellt, sofern es nach dem Gesetz zulässig ist, eine aufenthaltsbeendende Maßnahme zu setzen und zu vollstrecken, dh den Ausländer gegebenenfalls zwangsweise außer Landes zu verschaffen.

In jenen Fällen, in denen sich ein Ausländer zwar einerseits formell nicht im Inland aufhalten darf, andererseits aber auch aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht gesetzt werden dürfen, zB weil der betreffende Ausländer Abschiebungsschutz nach Art. 33 Abs. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention in Verbindung mit dem (im Hinblick auf die zeitliche Lagerung des vorliegenden Falls noch zu berücksichtigenden) § 37 des Fremdengesetzes 1992 genießt, trifft diese Argumentation jedoch nicht zu. Ein solcher Fall kann einem tatsächlichen Auslandsaufenthalt nicht gleichgesetzt werden; besteht daher keine Möglichkeit, eine aufenthaltsbeendende Maßnahme zu setzen (und zu vollstrecken), so läuft der Ausschluß von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung mangels Aufenthaltsberechtigung in einem solchen Fall auf eine Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit hinaus.

Nur unter der genannten Voraussetzung der Durchsetzbarkeit des "Auslandsaufenthaltes" läge somit keine im Sinne der Entscheidung des EGMR vom 16. September 1996 (Gaygusuz gegen Österreich JBl. 1997, 364 = ÖJZ 1996/37) unsachliche Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit, sondern eine sachliche Anknüpfung am zulässigen Inlandsaufenthalt als einer unmittelbaren Bedingung für die Möglichkeit einer Vermittlung auf dem inländischen Arbeitsmarkt vor. Nur in einer solchen Konstellation könnte - wie dargelegt - gesagt werden, daß die Staatsangehörigkeit auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld nur über das Aufenthaltsrecht, dh indirekt als bloßer Reflex aus einem anderen Rechtsgebiet, einwirkt und die Beachtung der aufenthaltsrechtlichen Situation nicht unsachlich ist (zum Sachlichkeitserfordernis derartiger Einschränkungen vgl. im gegebenen Zusammenhang vor allem das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. März 1998, G 363-365/97 (ua)).

Nur unter diesen Umständen verstieße der Ausschluß von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung weder gegen Art. 6 EMRK noch gegen Art 1 des ersten Zusatzprotokolls zur EMRK, jeweils in Verbindung mit Art. 14 EMRK bzw. das BVG zur Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt darauf hingewiesen, daß im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte des § 7 AlVG in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 201/1996, davon ausgegangen werden muß, daß der Gesetzgeber mögliche andere als die dort aufgezählten Aufenthaltstitel nicht bedacht hat (vgl. das Erkenntnis vom 12.5.1998, Zl. 98/08/0033, und das Erkenntnis vom 19.8.1998, Zl. 98/08/0130). Aus dem Blickwinkel des vorliegenden Falles besteht somit kein Hindernis, eine sogar verfassungsrechtlich gebotene Ergänzung dieser Bestimmung dahin vorzunehmen, daß - vor dem Hintergrund der Zwecke der Arbeitslosenversicherung und der verfassungsrechtlichen Schranken, unter denen ihre beitragsfinanzierten Geldleistungen gesetzlich eingeschränkt oder aufgehoben werden dürfen - der Status eines Arbeitslosen, dessen Inlandsaufenthalt rechtlich nicht beendet werden darf, weil er Abschiebungsschutz nach der Genfer Konvention genießt oder weil er allenfalls unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK nicht außer Landes geschafft werden darf, einem Aufenthaltstitel im arbeitslosenversicherungsrechtlichen Sinn (nämlich: im Zusammenhang mit der Beurteilung der Verfügbarkeit) gleichzuhalten ist.

Die belangte Behörde hätte daher - nach dieser vom erkennenden Senat vertretenen Rechtsauffassung - im Falle des Beschwerdeführers, von dem aktenkundig ist, daß er aus dem Iran stammt, sein Asylgesuch jedoch rechtskräftig negativ beschieden wurde, auch prüfen und - soweit nicht bindende Entscheidungen anderer Behörden darüber vorliegen - auch vorfrageweise beurteilen müssen, ob es im hier maßgebenden Zeitraum seit 1.7.1996 zulässig gewesen wäre, gegen den Beschwerdeführer aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu setzen und zu vollstrecken. Verneinendenfalls wäre der Beschwerdeführer im Sinne des § 7 Abs. 4 AlVG als verfügbar anzusehen gewesen.

Der erkennende Senat übersieht nicht, daß die Arbeitslosigkeit des Beschwerdeführers solange nicht hätte beendet werden können, als er nicht auch zur Aufnahme einer Beschäftigung berechtigt gewesen wäre, wobei - fallbezogen - vor allem eine Verlängerung seiner Arbeitserlaubnis in Betracht gekommen wäre. Der Senat übersieht aber auch nicht, daß die Anspruchsvoraussetzungen für eine solche Arbeitserlaubnis, wie sie in § 14e in Verbindung mit § 14a AuslBG geregelt sind, mit den Anspruchsvoraussetzungen auf Arbeitslosengeld insoweit nicht harmonisiert sind, als sie in den Anwartschaften wesentlich strenger sind und Saisonarbeiter praktisch von der Verlängerung einer Arbeitserlaubnis ausschließen dürften. Die Verknüpfung der Innehabung einer Arbeitserlaubnis mit der Verfügbarkeit in § 7 Abs. 4 Z. 6 AlVG (in der genannten Fassung des Strukturanpassungsgesetzes) dürfte für ausländische Beschäftigte in - wie eingangs dargelegt - offenbar verfassungsrechtlich bedenklicher Art de facto die Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld verschärft haben. Das Spannungsverhältnis, welches innerhalb des § 7 Abs. 4 AlVG durch die hier gefundene verfassungskonforme Auslegung einerseits und das weiterhin gegebene Problem der mangelnden Vermittlungsmöglichkeit des Beschwerdeführers - gegebenenfalls - andererseits bestünde, kann freilich weder eine verfassungsrechtlich bedenkliche Auslegung legitimieren, noch dazu führen, daß ein zunächst gefundenes verfassungskonformes Auslegungsergebnis durch Berücksichtigung einer weiteren, ebenso verfassungsrechtlich bedenklichen Regelung zulasten des Beschwerdeführers wieder vereitelt wird. Dieses Spannungsverhältnis ist somit dem Gesetzgeber anzulasten und es ist dessen Sache, es in verfassungskonformer Weise aufzulösen.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren, gerichtet auf Ersatz von 20% Umsatzsteuer aus der Summe der für den Schriftsatz- und für den Verhandlungsaufwand zu ersetzenden Pauschalbeträge war im Hinblick darauf abzuweisen, daß die genannte Verordnung eine Pauschalierung des Kostenersatzes beinhaltet und daher die Umsatzsteuer als darin bereits enthalten anzusehen und - in Ermangelung einer diesbezüglichen Rechtsgrundlage - nicht gesondert zuzusprechen ist.

Wien, am 22. Dezember 1998

Schlagworte

Auslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3 Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Angelegenheiten die zur Zuständigkeit des VfGH gehören (B-VG Art133 Z1) Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996080314.X00

Im RIS seit

18.02.2002

Zuletzt aktualisiert am

30.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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