Entscheidungsdatum
27.05.2019Norm
RAO 1945 §49Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Marzi als Einzelrichter über die Beschwerde des A, in ***, ***, gegen den Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich vom 19. Juli 2018, Zl. ***, betreffend Befreiung von Beiträgen zur Zusatzpension für das Jahr 2017, zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
1. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich in Zusammenschau mit der Beschwerde nachstehender, entscheidungswesentlicher Sachverhalt:
1.1. Der Beschwerdeführer ist seit dem Jahr 1995 als Rechtsanwalt tätig und in die Liste der Niederösterreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragen. Der Beschwerdeführer zahlt seit September 1990 freiwillig Beiträge zur Pensionsversicherung im Rahmen einer freiwilligen Weiterversicherung bei der Pensionsversicherungsanstalt.
1.2. Mit Antrag vom 12. Jänner 2017 begehrte der Beschwerdeführer eine Befreiung von den Beiträgen zur Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich Zusatzpension für das Jahr 2017, da er Beiträge zu einer gesetzlich geregelten Altersversorgung leiste, in der er aufgrund gesetzlicher Bestimmungen einbezogen wurde oder werde.
Mit Antrag vom 28. März 2017 begehrte der Beschwerdeführer für das Jahr 2017 eine Ermäßigung seines Beitrages auf 2.400 Euro, da sein jährlicher Einnahmenüberschuss oder Gewinn aus rechtsanwaltlicher Tätigkeit vor Ertragssteuern oder das jährliche Bruttogehalt 49.256,10 Euro oder weniger betrage.
1.3. Mit Spruchpunkt 1. des Bescheides vom 20. April 2017 wies der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich, Abteilung ***, den Antrag des Beschwerdeführers vom 12. Jänner 2017 ab.
Mit Spruchpunkt 2. wurde dem Antrag vom 28. März 2017 stattgegeben und die Ermäßigung des Jahresbeitrages 2017 für die Zusatzpension Teil B antragsgemäß auf 2.400 Euro, zahlbar in vier Teilraten, festgesetzt.
1.4. Aufgrund der ausdrücklich nur gegen Spruchpunkt 1. des Bescheides vom 20. April 2017 gerichteten Vorstellung des Beschwerdeführers vom 26. April 2017 erging der nunmehr angefochtene Bescheid vom 19. Juli 2018, mit welchem der Vorstellung keine Folge gegeben wurde und der Antrag des Beschwerdeführers „auf Befreiung von der Verpflichtung zur Beitragsleistung zur Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich Zusatzpension gemäß § 12 Abs. 6 der Satzung Teil B für das Jahr 2017 abgewiesen“ wurde, wobei dieser Bescheid „den Bescheid der Abteilung *** vom 20.4.2017“ ersetze.
Begründend wurde zusammengefasst u.a. mit Hinweis auf die unten wiedergegebene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes und den Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichthofes ausgeführt, dass die vom Beschwerdeführer geleisteten Beiträge in eine Altersvorsorge der Pensionsversicherungsanstalt freiwillig und nicht verpflichtend erfolgten. Der Befreiungstatbestand des § 12 Abs. 6 der Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich Teil B sei daher nicht erfüllt.
1.5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die näher begründete Beschwerde.
2. Rechtliche Erwägungen:
2.1. Rechtsgrundlagen:
2.1.1. § 17 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955 idF BGBl. I Nr. 144/2015, lautet auszugsweise:
„Weiterversicherung in der Pensionsversicherung(1) Personen, die
1. a)
aus der Pflichtversicherung oder der Selbstversicherung gemäß § 16a nach diesem Bundesgesetz oder aus einer nach früherer gesetzlicher Regelung ihr entsprechenden Pensions(Renten)versicherung oder aus der Pensionsversicherung für das Notariat ausgeschieden sind oder ausscheiden und die
b)
in den letzten 24 Monaten vor dem Ausscheiden mindestens zwölf oder in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden jährlich mindestens drei Versicherungsmonate in einer oder mehreren gesetzlichen Pensionsversicherungen erworben haben,
2.
aus einer Versicherung nach Z 1 lit. a einen bescheidmäßig zuerkannten Anspruch auf eine laufende Leistung, ausgenommen auf eine Hinterbliebenenpension, hatten,
können sich in der Pensionsversicherung weiterversichern, solange sie nicht in einer gesetzlichen Pensionsversicherung pflichtversichert sind oder einen bescheidmäßig zuerkannten Anspruch auf eine laufende Leistung aus einer eigenen gesetzlichen Pensionsversicherung haben.
[…]
(7) Die Weiterversicherung beginnt, unbeschadet der Bestimmungen des § 225 Abs. 1 Z 3 mit dem Zeitpunkt, den der Versicherte wählt, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der auf die Antragstellung folgt. Dem Versicherten steht es frei, in der Folge die Monate zu bestimmen, die er durch Beitragsentrichtung als Monate der Weiterversicherung erwerben will.
(8) Die Weiterversicherung endet, außer mit dem Wegfall der Voraussetzungen,
1.
mit dem Ende des Kalendermonates, in dem der Versicherte seinen Austritt erklärt hat;
2.
wenn Beiträge für mehr als sechs aufeinanderfolgende Monate nicht entrichtet sind, mit dem Ende des letzten durch Beitragsentrichtung erworbenen Versicherungsmonates.
(9) Bei der Ermittlung der Versicherungsmonate nach Abs. 1 und 6 ist § 231 entsprechend anzuwenden. Soweit dabei Versicherungszeiten in der Gewerblichen Selbständigen-Pensionsversicherung zu berücksichtigen sind, gilt § 119 Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz, soweit dabei Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung der Bauern zu berücksichtigen sind, gilt § 105 Bauern-Sozialversicherungsgesetz.“
2.1.2. §§ 49 und 50 Rechtsanwaltsordnung (RAO), RGBl. Nr. 96/1868 idF BGBl. I Nr. 10/2017, lauten in der bis 31. Dezember 2017 geltenden Fassung auszugsweise:
(1) Die Rechtsanwaltskammern haben Einrichtungen zur Versorgung der Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter für den Fall des Alters und der Berufsunfähigkeit sowie zur Versorgung der Hinterbliebenen für den Fall des Todes des Rechtsanwalts oder des Rechtsanwaltsanwärters mit einer zu beschließenden Satzung zu schaffen und aufrechtzuerhalten. Die Satzungen der auf dem Umlagesystem beruhenden Versorgungseinrichtungen haben – unter Wahrung bereits erworbener Rechtspositionen – vorzusehen, dass alle Leistungen aus der Versorgungseinrichtung in Abhängigkeit von der Anzahl der erworbenen Beitragsmonate festgesetzt werden, dass bei Erreichen einer bestimmten Anzahl von Beitragsmonaten (Normbeitragsmonate) der Anspruch auf eine in der Leistungsordnung betraglich festgesetzte Altersrente (Basisaltersrente) erworben wird und dass sich bei Über- oder Unterschreiten der Normbeitragsmonate die zuzuerkennende Altersrente gegenüber der Basisaltersrente erhöht oder reduziert. Die versicherungsmathematischen Grundlagen der dabei erfolgenden Festlegungen sind in regelmäßigen, einen Zeitraum von fünf Jahren nicht übersteigenden Abständen durch einen versicherungsmathematischen Sachverständigen zu überprüfen. Bei ihrer erstmaligen Festsetzung darf die Basisaltersrente die nach 35-jähriger Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte nach der bis dahin gültigen Leistungsordnung vorgesehene Altersrente nicht unterschreiten. Bei der Erlassung der Satzung und bei der Vornahme von Änderungen daran sind wohlerworbene Rechte zu berücksichtigen und der Vertrauensschutz zu wahren.
[…]
(2) Beitragspflichtig sind grundsätzlich alle in die Liste einer österreichischen Rechtsanwaltskammer oder in die Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwälte sowie die in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwaltsanwärter, es sei denn, dass diese wegen ihrer rechtsanwaltlichen Tätigkeit bereits auf Grund anderer Rechtsvorschriften einer Pflichtversicherung in einem Altersversicherungssystem eines Mitgliedstaats der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft unterliegen. Zwei oder mehr Rechtsanwaltskammern können auch eine gemeinsame Versorgungseinrichtung mit einer einheitlichen Satzung schaffen.
[…]
(1) Jeder Rechtsanwalt und Rechtsanwaltsanwärter sowie deren Hinterbliebene haben bei Vorliegen der Voraussetzungen und bei Eintritt des Versorgungsfalls Anspruch auf Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung.
(2) […]
(3) In der Satzung der Versorgungseinrichtungen können auch über die im Abs. 2 festgelegten Grundsätze hinausgehende, für die Versorgungsberechtigten günstigere Regelungen festgesetzt werden, insbesondere günstigere Wartezeiten; bei der Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung kann auf das Erfordernis der Wartezeit ganz verzichtet werden. Die Satzung kann auch vorsehen, daß ehemalige Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter sowie deren Hinterbliebene bei Weiterentrichtung von Beiträgen in die Versorgungseinrichtung, bei deren Höhe der Entfall der Erbringung von Verfahrenshilfeleistungen zu berücksichtigen ist, anspruchsberechtigt bleiben. Zusätzlich zu den auf dem Umlagesystem beruhenden Versorgungseinrichtungen können in der Satzung auch nach dem Kapitaldeckungsverfahren gestaltete Versorgungseinrichtungen geschaffen werden, bei denen die Versorgungsansprüche ausschließlich nach den eingezahlten Beträgen, den Prämien und den Veranlagungsergebnissen berechnet werden, auf das Erfordernis der Wartezeit ganz verzichtet werden kann und der Verzicht auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft keine Anspruchsvoraussetzung ist. Besteht eine solche nach dem Kapitaldeckungsverfahren gestaltete Versorgungseinrichtung, so sind die Kapital- und die Unverfallbarkeitsbeträge, die insbesondere aus einer Pensionskasse, einer Gruppenrentenversicherung, einer Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung einer Kammer der selbständig Erwerbstätigen oder von einem früheren Arbeitgeber oder Dienstgeber übertragen werden, den eingezahlten Beträgen gleichgestellt. Die Vermögen der auf dem Umlage- und dem Kapitaldeckungssystem beruhenden Versorgungseinrichtungen bilden jeweils zweckgebundene, getrennt zu verwahrende und zu verwaltende Sondervermögen.
[…]“
2.1.3. Hinsichtlich der Befreiung von den Beiträgen zur Zusatzpension legt § 12 Abs. 6 der Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich Teil B: Zusatzpension in der Fassung des Beschlusses der Plenarversammlung vom 8. Oktober 2015 (in der Folge: Satzung) Folgendes fest:
„(6) Der Rechtsanwalt, der nachweist, dass er Beiträge zu einer gesetzlich geregelten Altersvorsorge im In- oder Ausland leistet, in die er aufgrund gesetzlicher Bestimmungen einbezogen wurde oder wird, oder Leistungen aus einer solchen Altersvorsorge bezieht, ist auf Antrag von Beiträgen zur Zusatzpension zu befreien. Ein entsprechender Antrag ist jeweils bis 31. Jänner eines jeden Kalenderjahres, im Falle der Eintragung binnen sechs Wochen ab dem Tage der Eintragung, unter Vorlage des letzten Kontoauszuges der Versicherungsanstalt der gesetzlichen Altersvorsorge zu stellen.“
2.2.1. Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid u.a. deshalb für rechtswidrig, da darin ausgesprochen werde, dass der angefochtene Bescheid den Bescheid der Abteilung *** vom 20. April 2017 ersetze ohne die in Spruchpunkt 2. zuerkannte Ermäßigung aufrecht zu halten oder auszusprechen.
Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden: Die Vorstellung wurde ausdrücklich nur gegen den ersten Spruchpunkt des Bescheides vom 20. April 2017 erhoben und mit dem angefochtenen Bescheid auch nur über die Vorstellung abgesprochen, wobei der Antrag „auf Befreiung von der Verpflichtung zur Beitragsleistung zur Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Niederlsterreich Zusatzpension gemäß § 12 Abs. 6 Satzung Teil B für das Jahr 2017“ abgewiesen wurde. Auch aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, dass die Vorstellung lediglich Spruchpunkt 1. des Bescheides vom 20. April 2017 betrifft. Die im Spruch des angefochtenen Bescheides enthaltene Wendung, wonach der angefochtene Bescheid den Bescheid vom 20. April 2017 „ersetzt“, kann daher nur dahingehend verstanden werden, dass lediglich der angefochtene Spruchpunkt 1. des Bescheides vom 20. April 2017 ersetzt wird. Ein Abspruch über Spruchpunkt 2. des Bescheides vom 20. April 2017 ist damit nicht erfolgt.
2.2.2. Im Übrigen gleicht der Beschwerdefall hinsichtlich Sachverhalt und anzuwendender Gesetzesbestimmungen dem vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 29. April 2015, Ro 2015/03/0015, entschiedenen Fall betreffend eine wortgleiche Bestimmung der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil B der Tiroler Rechtsanwaltskammer. (Im Übrigen gleicht der vorliegende auch jenem, ebenfalls den Beschwerdeführer betreffenden Fall, der mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 28. März 2017, LVwG-AV-564/001-2016, entschieden wurde; die Behandlung einer gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 11. Juni 2018, ***, abgelehnt.)
Der Verwaltungsgerichtshof hielt in Ro 2015/03/0015 auszugsweise Folgendes fest:
„2.2. Der Revisionswerber ist zusammengefasst der Meinung, eine Befreiung nach § 12 Abs 6 der Satzung gelte auch für jene Fälle, in denen eine freiwillige Weiterversicherung im Sinne des § 17 ASVG besteht.
Er habe unbestrittenermaßen seit Jahren und auch im Beitragsjahr 2014 Beiträge im Rahmen der freiwilligen Weiterversicherung, die ihre Grundlage in der gesetzlichen Bestimmung des § 17 ASVG finde, geleistet. Mit der sogenannten freiwilligen Weiterversicherung in der Pensionsversicherung werde ein gesetzlich geregeltes Pensionsversicherungsverhältnis zu einer gesetzlich geregelten Altersvorsorge bei der Pensionsversicherungsanstalt eingegangen. Der Entscheidungsfreiheit des Revisionswerbers obliege bei der freiwilligen Weiterversicherung nur die Frage, ob er eine pensionsrechtliche Weiterversicherung im Sinne des § 17 ASVG in Anspruch nehmen wolle. Die Fragen der Beitragspflicht des Revisionswerbers und der Leistungspflicht des gesetzlichen Pensionsversicherungsträgers seien gesetzlich geregelt und würden nicht deren Belieben oder deren Vereinbarung unterliegen.
2.3. Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden:
§ 17 ASVG legt die Voraussetzungen fest, unter denen eine Weiterversicherung in der Pensionsversicherung möglich ist. Wie sich aus § 17 Abs 7 ASVG (arg "... Monatsersten, der auf die Antragstellung folgt") ergibt, herrscht im Bereich der freiwilligen Weiterversicherung ebenso wie in vielen anderen Bereichen des Sozialversicherungsrechtes das Antragsprinzip (vgl das hg Erkenntnis vom 21. April 2004, Zl 2001/08/0077). Die freiwillige Weiterversicherung in der Pensionsversicherung ist in die Dispositionsbefugnis der Versicherten gestellt, wobei der Inhalt der Rechte und Pflichten aus dieser Versicherung durch die Gesetze in der jeweils geltenden Fassung bestimmt wird und jeder Verfügungsgewalt der Versicherungsträger und der Versicherten entzogen ist (vgl das Urteil des OGH vom 23. Jänner 1969, 2 Ob 389/68, mwH). Nach § 17 Abs 7 ASVG beginnt die Weiterversicherung, unbeschadet der Bestimmungen des § 225 Abs 1 Z 3 ASVG, mit dem Zeitpunkt, den der Versicherte wählt, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der auf die Antragstellung folgt. Dem Versicherten steht es frei, in der Folge die Monate zu bestimmen, die er durch Beitragsentrichtung als Monate der Weiterversicherung erwerben will (vgl das hg Erkenntnis vom 15. Mai 2013, Zl 2011/08/0012). Weiters kann der Versicherte auch entscheiden, wann die Weiterversicherung enden soll (§ 17 Abs 8 Z 1 ASVG).
Vor diesem Hintergrund kann dem Revisionswerber nicht darin gefolgt werden, dass es sich bei einer freiwilligen Weiterversicherung im Sinne des § 17 ASVG um eine Altersvorsorge im Sinne des § 12 Abs 6 der Satzung handle. Schon die Formulierung des § 12 Abs 6 der Satzung, wonach der Rechtsanwalt in eine gesetzliche Altersvorsorge "aufgrund gesetzlicher Bestimmungen einbezogen wurde oder wird", lässt erkennen, dass dieser Befreiungstatbestand eine Einbeziehung in die Altersvorsorge voraussetzt, die unabhängig von einer Willenserklärung des Versicherten von Gesetzes wegen erfolgt. Durch die freiwillige Weiterversicherung wird der Revisionswerber aber nicht "aufgrund gesetzlicher Bestimmungen" einbezogen, vielmehr erfolgt die Einbeziehung aufgrund eines Antrages, auch wenn der Inhalt der Versicherung in der Folge durch das Gesetz bestimmt wird. Damit hängt die Einbeziehung von der freiwilligen Erklärung des Revisionswerbers ab.
2.4. Die Rechtsanwaltskammern - als berufliche Selbstverwaltungskörper, für die das Element der Pflichtmitgliedschaft aller Angehöriger dieser Berufsgruppe wesentlich ist - sind verpflichtet, eine Versorgungseinrichtung für alle ihre Mitglieder zu schaffen (vgl das hg Erkenntnis vom 20. März 2003, Zl 2002/06/0215). Die Rechtsanwaltskammern haben demnach gemäß § 49 Abs 1 RAO Einrichtungen zur Versorgung der Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter unter anderem für den Fall des Alters mit einer zu beschließenden Satzung zu schaffen und aufrechtzuerhalten. Gemäß § 50 Abs 3 RAO können zusätzlich zu den auf dem Umlagesystem beruhenden Versorgungseinrichtungen in den Satzungen auch nach dem Kapitaldeckungsverfahren gestaltete Versorgungseinrichtungen geschaffen werden. Die von den Rechtsanwaltskammern zu schaffenden Versorgungseinrichtungen sind für sämtliche Mitglieder der Rechtsanwaltskammern zu schaffen (vgl das hg Erkenntnis vom 23. Juni 2009, Zl 2007/06/0292). Der Gesetzgeber sieht hierbei keine Möglichkeit für Rechtsanwälte vor, auf Leistungen der Versorgungseinrichtung zu verzichten (vgl erneut das hg Erkenntnis vom 20. März 2003, Zl 2002/06/0215). Der Verwaltungsgerichtshof hegt darüber hinaus keine Bedenken für den Fall, dass eine private Vorsorge des Rechtsanwalts im Zusammenhang mit einer beantragten Beitragsbefreiung nicht berücksichtigt wird (vgl die hg Erkenntnisse vom 23. Juni 2009, Zl 2007/06/0292, und vom 25. April 2001, Zl 99/10/0241). Die Versorgungseinrichtungen der Rechtsanwaltskammern sind somit derart ausgestaltet, dass grundsätzlich sämtliche Kammermitglieder einbezogen werden und eine Einbeziehung nicht in jedem Fall von einer Entscheidung des einzelnen Kammermitgliedes abhängen soll.
Das (nicht näher begründete) Vorbringen des Revisionswerbers, wonach keine Ermächtigung der Kammern dahingehend bestehe, eine Versorgung der Rechtsanwälte auch dann mit Satzung vorzuschreiben, wenn bereits eine gesetzliche Pensionsversicherung bestehe, ist vor diesem Hintergrund nicht geeignet, begründete Bedenken gegen die Sachlichkeit der in § 12 Abs 6 der Satzung getroffenen Regelung bzw gegen die Vereinbarkeit mit dem Gleichheitsgrundsatz zu wecken.
2.5. Der Revisionswerber bringt weiters vor, die Satzung sei im Sinne der Schließung einer Gesetzeslücke auszulegen, da es bei Eintritt in den Berufsstand der Rechtsanwälte nach vorheriger sozialversicherungspflichtiger Tätigkeit keine Übertragung oder Mitnahme von Pensionsanwartschaften gäbe. ASVG-Pflichtversicherte müssten sich bei Eintritt in die Anwaltschaft nach § 17 ASVG weiterversichern, um nicht sämtliche ASVG-Anwartschaften zu verlieren.
Mit diesem Vorbringen ist für den Revisionswerber schon deshalb nichts zu gewinnen, weil es ihm auch ohne Beitragsbefreiung nach § 12 Abs 6 der Satzung unbenommen bleibt, sich weiterhin freiwillig nach § 17 ASVG weiter zu versichern und hierdurch weitere Versicherungszeiten nach dem ASVG zu erwerben. In diesem Zusammenhang ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Einbeziehung der Versorgungseinrichtungen der Rechtsanwälte in das System der Wanderversicherung verfassungsrechtlich nicht geboten ist (vgl das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Oktober 1987, VfSlg 11.469, sowie das hg Erkenntnis vom 6. Juli 1999, Zl 99/10/0104).
2.6. Der Verwaltungsgerichtshof hat des Weiteren bereits hinsichtlich der gleichlautenden Bestimmung des § 12 Abs 6 der Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer für Kärnten, Teil B: Zusatzpension, vom 9. Juni 2006, ausgesprochen, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Satzungsbestimmung bestehen (vgl das hg Erkenntnis vom 8. Mai 2008, Zl 2007/06/0291 mwH, insbesondere den darin wiedergegebenen Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 25. September 2007, B 420/07-6). Gleiches gilt auch für den hier gegenständlichen § 12 Abs 6 der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil B der Tiroler Rechtsanwaltskammer (Zusatzpension) in der Fassung des Beschlusses der ao Vollversammlung vom 6. November 2008. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher nicht veranlasst, einen Antrag auf Verordnungsprüfung beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.
3. Das Verwaltungsgericht ist damit zu Recht zum Ergebnis gekommen, dass die freiwillige Weiterversicherung gemäß § 17 ASVG nicht als gesetzlich geregelte Altersvorsorge anzusehen ist, in die der Revisionswerber aufgrund gesetzlicher Bestimmungen einbezogen wurde oder wird, sodass die Voraussetzungen für eine Befreiung von Beiträgen zur Zusatzpension gemäß § 12 Abs 6 der Satzung nicht vorliegen.“
Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen, wobei sich das Landesverwaltungsgericht aus den im zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes angeführten Gründen und im Hinblick auf den Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 2018, ***, in welchem der VfGH „keine Zweifel an der gesetzlichen Deckung des § 12 Abs. 6 Teil B der Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich“ hatte, nicht zur Stellung eines Normenkontrollantrages beim Verfassungsgerichtshof veranlasst sieht.
2.2.3. Zur Nichtdurchführung der beantragten Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 935) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickte der EGMR darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. auch VwGH vom 23. Februar 2006, Zl. 2003/16/0079, mwN). Im Urteil vom 18. Juli 2013, im Fall Schädler-Eberle gegen Liechtenstein, Nr. 56422/09, RZlen 97 ff, hat der EGMR unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung weitere Fallgruppen genannt, in welchen unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 Abs. 1 EMRK eine öffentliche mündliche Verhandlung ausnahmsweise entfallen darf, etwa wenn keine Fragen der Glaubwürdigkeit zu beurteilen sind, die Tatsachen nicht bestritten werden und das Gericht auf der Grundlage der geschriebenen Stellungnahmen und der Aktenlage entscheiden kann oder auch, wenn die Erfordernisse der Effizienz und Wirtschaftlichkeit gegen die systematische Abhaltung von Verhandlungen sprechen, etwa in Sozialversicherungsfällen in welchen allgemein gesehen eher technische Fragen besser auf schriftliche Weise behandelt werden und die systematische Abhaltung von Verhandlungen die Beachtung des Grundsatzes einer angemessenen Verfahrensdauer vereiteln würde (vgl. auch VwGH vom 17. Februar 2015, Ra 2014/09/0007).
Diese Umstände liegen im gegenständlichen Fall vor, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt ist und die Rechtsfragen durch die Rechtsprechung beantwortet sind. In der Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden (vgl. auch VwGH vom 19. Dezember 2018, Ra 2018/03/0132, mit weiteren Nachweisen).
2.3. Zur Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der zitierten und auf den vorliegenden Fall übertragbaren Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.
Schlagworte
Freie Berufe; Rechtsanwälte; Altersvorsorgeeinrichtung; Zusatzpension; freiwillige Weiterversicherung; Beitragspflicht;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.971.001.2018Zuletzt aktualisiert am
17.07.2019