TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/13 W158 2192825-1

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Veröffentlicht am 13.05.2019
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Entscheidungsdatum

13.05.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W158 2192825-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Yoko KUROKI-HASENÖHRL über die Beschwerde des XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX , zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX alias XXXX gemäß § 3 AsylG, der Status einer Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX alias XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Afghanistans, reiste in das Bundesgebiet ein und stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er in der Erstbefragung und in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) im Wesentlichen damit, dass seine Familie in seiner Jugend von den Taliban überfallen worden sei. Daraufhin seien sie in den Iran gereist, wo er mit dem iranischen Geheimdienst zusammengearbeitet habe, der ihn auch in Afghanistan töte könne.

I.2. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid vom XXXX , zugestellt durch Hinterlegung am XXXX , bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

Begründend führte die Behörde aus, dass das vom BF vorgebrachte Fluchtvorbringen teils nicht asylrelevant und teils unglaubhaft sei, sodass ihm der Status eines Asylberechtigten nicht gewährt werden hätte können. Zu Spruchpunkt II. führte die Behörde aus, dass dem BF eine Rückkehr nach Balkh möglich und zumutbar sei. Gemäß § 57 AsylG sei auch eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz nicht zu erteilen, weil die Voraussetzungen nicht vorlägen. Hinsichtlich Art. 8 EMRK führte das BFA eine Abwägung durch und kam dabei zum Schluss, dass eine Rückkehrentscheidung zulässig sei, da seine in Österreich befindlichen Familienangehörigen ebenfalls von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen seien.

I.3. Mit Verfahrensanordnung vom XXXX wurde dem BF amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

I.4. Am XXXX erhob der BF Beschwerde in vollem Umfang. Es wurde beantragt, dem BF den Status des Asylberechtigten zu gewähren; in eventu den Bescheid zu beheben und zur neuerlichen Verhandlung an das BFA zurückzuverweisen, in eventu ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen; in eventu die Rückkehrentscheidung aufzuheben, in eventu festzustellen, dass die Abschiebung nicht zulässig sei, in eventu einen Aufenthaltstitel zu erteilen und eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen.

Das Vorbringen des BF sei entgegen der Ansicht des BFA glaubhaft, es sei ihm daher Asyl zu gewähren. Jedenfalls sei ihm aufgrund der Sicherheits- und Versorgungslage in ganz Afghanistan subsidiärer Schutz zu gewähren.

I.5. Am XXXX langte die gegenständliche Beschwerde samt dem Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.

I.6. Am XXXX und am XXXX wurden mehrere Integrationsunterlagen vorgelegt.

I.7. Am XXXX führte das Bundesverwaltungsgericht eine zur gemeinsamen Behandlung der Verfahren W158 2192792-1, W158 2192819-1, W158 2192822-1 und W158 2192825-1 anberaumte öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, anlässlich derer der BF und seine Frau im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Dari zu ihren Fluchtgründen und ihrem Privat- und Familienleben in Österreich befragt wurden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

-

Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des BFA betreffend den BF;

-

Einsicht in die Verfahrensakten seiner Familienangehörigen.

II.1. Sachverhaltsfeststellungen:

Die Identität des BF steht fest. Er ist der Ehemann der XXXX SINI (W158 2192822-1) der mit Erkenntnis vom heutigen Tag der Status der Asylberechtigten gewährt wurde. Das Ehepaar lebt mit seinen gemeinsamen Kindern, XXXX (W158 2192819-1) und XXXX (W158 2192792-1) im Bundesgebiet im gemeinsamen Haushalt.

Der BF ist strafrechtlich unbescholten.

II.2. Diese Feststellungen beruhen auf folgender Beweiswürdigung:

II.2.1. Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und dem Verfahrensakt des Bundesverwaltungsgerichts.

II.2.2. Die Feststellungen ergeben sich allesamt unstrittig aus den Verfahrensakten der Familie. Die Identität wurde bereits vom BFA aufgrund des vorgelegten Reisepasses festgestellt. Die strafrechtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus einem aktuellen Strafregisterauszug.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, was im gegenständlichen Verfahren nicht der Fall ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 24/2017, geregelt (§ 1 leg.cit.).

§ 1 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem BFA, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gemäß § 3 BFA-G, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 70/2015, obliegt dem BFA die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 (Z 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100 (Z 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl. I Nr. 100 (Z 4).

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 68/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des BFA.

II.3.2. Zu Spruchpunkt A)

Nach § 34 Abs. 2 AsylG hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist (Z 1) und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (Z 3).

Nach § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Seiner Ehegattin, die unzweifelhaft Familienangehörige im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist, wurde der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Dem BF ist daher aufgrund der Bestimmung des § 34 Abs. 2 AsylG ebenfalls der Status des Asylberechtigten zu gewähren, zumal er weder straffällig wurde, noch ein Aberkennungsverfahren anhängig ist. Eine Prüfung eigener Fluchtgründe kann daher entfallen (VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0418).

Dem BF war daher in Stattgabe der Beschwerde der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, dies ist gemäß § 3 Abs. 5 AsylG mit der Feststellung zu verbinden, dass dem BF damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Nach § 3 Abs. 4 AsylG gilt die Aufenthaltsberechtigung drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird, zumal der BF seinen Antrag nach dem 15.11.2015 stellte (§ 75 Abs. 24 AsylG).

II.3.3. Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen, befristete
Aufenthaltsberechtigung, Familienverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W158.2192825.1.00

Zuletzt aktualisiert am

17.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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