TE OGH 2019/6/13 5Ob78/19k

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Veröffentlicht am 13.06.2019
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D*****, vertreten durch Mag. Volker Leitner, Rechtsanwalt in St. Pölten, gegen die beklagte Partei M*****, vertreten durch Mag. Kathrin Hetsch, Rechtsanwältin in Tulln, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom 27. Februar 2019, GZ 7 R 19/19b-109, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte zur Räumung des von ihr gemieteten Bestandobjekts. Auf den rechtskräftig festgestellten Mietzinsrückstand der Beklagten von 15.902,95 EUR habe diese – auch im Weg der Aufrechnung – nichts bezahlt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und ließ die ordentliche Revision nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Beklagten zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.

1. In zweiter Instanz verneinte Mängel des Verfahrens erster Instanz können nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens sein (RIS-Justiz RS0042963). Einen der in der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmefälle von diesem Grundsatz spricht die Revision nicht an, eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wird gar nicht behauptet.

2. Die Mietzinsvorauszahlung der Beklagten von 27.789,58 EUR fand bei der Ermittlung ihres Mietzinsrückstands ohnedies Berücksichtigung.

3. Weitere Zahlungen ihrerseits wendete die Beklagte zwar ein, wobei sie aber bis zuletzt die Berechtigung der Mietzins- und Betriebskostenforderung der Klägerin zur Gänze bestritt und ihr aus den Zahlungen ermitteltes „Guthaben“ als Mietzinsvorauszahlung werten wollte. Dass sie vor der Erklärung vom 4. 7. 2018 (./29), die erst nach rechtskräftiger Feststellung des Mietzinsrückstands in diesem Verfahren abgegeben wurde, je unbedingt mit den ihr angeblich zustehenden Forderungen aufgerechnet hätte, widerspricht der Aktenlage. Bereits in der Vorentscheidung 5 Ob 14/18x wies der erkennende Senat darauf hin, dass die außergerichtliche Aufrechnung nur unbedingt erklärt werden kann und daher die Anerkennung der Hauptforderung voraussetzt; die Abgabe einer unbedingten außergerichtlichen Aufrechnungserklärung habe die Beklagte hier nicht behauptet. Daran ist festzuhalten, zumal auch die Revisionswerberin außer einem pauschalen Hinweis auf „von ihr mehrfach gerichtlich und außergerichtlich erklärte Aufrechnung“ weitere Hinweise schuldig bleibt, wann konkret und hinsichtlich welcher Gegenforderungen derartige Aufrechnungserklärungen abgegeben worden sein sollen. Dass sie – im Gegensatz zu diesen Ausführungen – keine unbedingte außergerichtliche Aufrechnung erklärte, gesteht sie im Rahmen ihrer Revisionsausführungen letztlich vielmehr sogar zu.

4. Im Hinblick darauf, dass sich der Einwand der Mietzinsminderung – je nach Jahreszeit – nur auf 40 bis 75 % des geschuldeten Mietzinses bezog, wäre der Beklagten eine Anerkennung des ihrer Meinung nach für diese Zeiträume berechtigten Teils des Bestandzinses möglich gewesen, damit auch die Abgabe einer unbedingten Aufrechnungserklärung in Bezug auf diesen Teil des Bestandzinses. Soweit die Beklagte versucht, durch ihre Einwände den in diesem Verfahren mit Rückstandsbeschluss rechtskräftig festgesetzten Bestandzinsrückstand in Zweifel zu ziehen, ist dies unzulässig, weil der rechtskräftige Beschluss nach ständiger Rechtsprechung (RS0070369) über diese Vorfrage für das Räumungsbegehren mit bindender Wirkung abspricht. Die formell in Rechtskraft erwachsene Zwischenentscheidung nach § 33 Abs 2 MRG ist im weiteren Verfahren derart zugrundezulegen, dass der im Zeitpunkt der Tagsatzung, die der erstinstanzlichen Beschlussfassung unmittelbar voranging, als Grundlage der Aufhebungserklärung herangezogene Rückstand die festgestellte Höhe aufweist (RS0070369 [T3]).

5. Die auf ständige Rechtsprechung gestützte Auffassung des Berufungsgerichts (7 Ob 46/01t mwN; 9 Ob 145/01s; 3 Ob 236/11v), Schuldtilgungsgründe, die auf einen Tatbestand gestützt werden, der im angegebenen Zeitpunkt bereits abgeschlossen gewesen ist (Zahlung, Vorauszahlung, Aufrechnung oder Ähnliches), seien nicht mehr zu beachten, zieht die Revisionswerberin nicht mehr in Zweifel. Auch dass von den behaupteten Forderungen der Beklagten in Höhe von 42.241,75 EUR jedenfalls 41.942,90 EUR einen Zeitraum vor dem 17. 6. 2016 betreffen, bestreitet die Beklagte in ihren Revisionsausführungen nicht. Die Auffassung des Berufungsgerichts, vom festgestellten Mietzinsrückstand seien bei Schluss der mündlichen Verhandlung jedenfalls 15.604,10 EUR unberichtigt geblieben, ist daher nicht korrekturbedürftig.

6. Damit ist eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu beantworten, weshalb die außerordentliche Revision zurückzuweisen war. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Textnummer

E125540

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0050OB00078.19K.0613.000

Im RIS seit

17.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

17.07.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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