TE OGH 2019/6/13 5Ob16/19t

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Veröffentlicht am 13.06.2019
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eigentümergemeinschaft EZ ***** KG ***** (Liegenschaftsadresse *****), vertreten durch Dr. Christian Pichler, Rechtsanwalt in Reutte, gegen die beklagte Partei I***** GesmbH & Co KG, *****, vertreten durch die Gratl & Anker Rechtsanwaltspartnerschaft in Innsbruck, und den Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei 1. K***** KG, *****, vertreten durch Dr. Lucas Lorenz, Rechtsanwalt in Innsbruck, 2. H*****GmbH, *****, vertreten durch Dr. Klaus Perktold, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen (eingeschränkt) 66.288,80 EUR und Feststellung (Streitwert: 3.000 EUR), über die außerordentlichen Revisionen der beklagten Partei (Revisionsinteresse: 66.288,80 EUR) und der Erstnebenintervenientin (Revisionsinteresse: 66.288,80 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 21. November 2018, GZ 10 R 56/18p-87, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentlichen Revisionen werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1. Die Eigentümergemeinschaft ist an sich nur zur Geltendmachung von Ansprüchen aus „eigenen“, also von ihr selbst abgeschlossenen Verträgen aktivlegitimiert; das gilt sowohl für Erfüllungsansprüche als auch für Schadenersatz- und Gewährleistungsansprüche (vgl RIS-Justiz RS0108157). Die klageweise Geltendmachung von Schadenersatz wegen Nichterfüllung oder mangelhafter Erfüllung der von den jeweiligen Wohnungseigentümern (bzw ihren Rechtsvorgängern) abgeschlossenen Verträge durch die Eigentümergemeinschaft erfordert daher iSd § 18 Abs 2 Satz 1 WEG eine wirksame Abtretung dieser Ansprüche vom Wohnungseigentümer an die Eigentümergemeinschaft (RS0128567).

1.2. Auf diese Abtretung nach § 18 Abs 2 WEG sind die allgemeinen Grundsätze der §§ 1392 ff ABGB anzuwenden (6 Ob 115/18g). Die Abtretung als kausales Verfügungsgeschäft ist nur dann wirksam, wenn sie auf einem gültigen Grundgeschäft (Verpflichtungsgeschäft, Titel) beruht. Die Unwirksamkeit der Abtretung und den daraus folgenden Mangel der Gläubigerstellung des Klägers kann der Beklagte als Schuldner der abgetretenen Forderung dem Kläger gegenüber einwenden (RS0032510). Der Kläger hat den Beweis für einen gültigen Rechtsgrund zu erbringen, sobald der Beklagte die Wirksamkeit der Abtretung wegen Fehlens eines tauglichen Titels bestreitet (RS0032510 [T3]).

1.3. Als Titel für eine Abtretung nach § 18 Abs 2 WEG genügt allerdings bereits das gemeinschaftliche Interesse der Wohnungseigentümer an der Schadensbehebung (6 Ob 115/18g = RS0128567 [T2]). Es handelt sich dabei um einen Sonderfall des Auftrags, dessen Grundlage im Verhältnis zwischen den Wohnungseigentümern liegt; einer besonderen Anführung des – sich schon aus der gesetzlichen Ausgestaltung des Wohnungseigentumsrechts ergebenden – Auftrags in der Abtretungserklärung bedarf es daher nicht (6 Ob 115/18g). Weil sich das gemeinschaftliche Interesse an der Schadensbehebung aus dem Gemeinschaftsverhältnis zwischen den Wohnungseigentümern und dem Treueverhältnis der einzelnen auch gegenüber der Eigentümergemeinschaft ergibt, bedarf dieses auch keiner ausdrücklichen Feststellung. Im vorliegenden Fall lässt sich das gemeinsame Interesse zudem ohnedies aus der Tatsache der gemeinsamen Abtretung der jeweiligen Ansprüche durch alle Wohnungseigentümer ableiten (vgl 6 Ob 115/18g).

2.1. Die Klägerin begehrt Schadenersatz in Form des Ersatzes der für die Sanierung der Mängel aufzuwendenden Kosten. Die Klägerin macht damit einen Schadenersatzanspruch geltend, für den § 1489 ABGB gilt (RS0017735 [T4, T5]). Nach § 1489 ABGB verjähren Schadenersatzansprüche in drei Jahren ab dem Zeitpunkt, zu dem der Eintritt des Schadens und die Person des Ersatzpflichtigen dem Geschädigten so weit bekannt wurden, dass eine Klage mit Aussicht auf Erfolg eingebracht werden kann (RS0034524; RS0050338).

2.2. Im Werkvertragsrecht vertritt der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt, dass der Schaden, der darin liegt, dass der Werkbesteller infolge des schuldhaften Verzugs des Unternehmers mit der Verbesserung der Werkmängel oder infolge der Verweigerung der Verbesserung die Kosten für die Verbesserung des Werks selbst zu tragen hat, nicht schon mit der Lieferung der mangelhaften Sache, sondern erst in dem Zeitpunkt entstanden ist, in dem klargestellt wurde, dass es zur Verbesserung des Werks durch den Unternehmer nicht mehr kommen wird (RS0022078). Die Verjährung des Schadenersatzanspruchs beginnt demnach erst dann zu laufen, wenn dem Besteller erkennbar ist, dass eine erfolgte Verbesserung misslungen ist, oder wenn feststeht, dass der Werkunternehmer die Verbesserung endgültig verweigert (RS0022078 [T3, T5], RS0021755 [T10]). Gleiches gilt auch für den Kaufvertrag (3 Ob 162/12p; RS0022078 [T6]). Auf die Kenntnis des Mangels wird nur dann abgestellt, wenn dem Schädiger keine Verbesserungsgelegenheit eingeräumt wurde (vgl 5 Ob 230/14f; RS0088996). An dieser Rechtsprechung hat der Oberste Gerichtshof ungeachtet der in der Lehre erhobenen Kritik festgehalten (3 Ob 162/12p; 8 Ob 16/11b; 6 Ob 34/00v mwN).

2.3. Entgegen dem Verständnis der Erstnebenintervenientin stellt diese Rechtsprechung zum Beginn der Verjährungsfrist für den Anspruch auf Ersatz des Mangelschadens nicht darauf ab, ob der Werkunternehmer den Mangel anerkannt und die Verbesserung ausdrücklich zugesagt hat. In einzelnen Entscheidungen, wie etwa der von der Erstnebenintervenientin zitierten Entscheidung 8 Ob 124/16t, wurde zwar im Zusammenhang mit der Überspannung der Erkundigungspflicht auf „zugesagte Verbesserungen“ Bezug genommen. Maßgeblich war und ist aber stets, ob der Besteller erkennen musste, dass eine erfolgte Verbesserung misslungen ist, oder feststeht, dass der Werkunternehmer die Verbesserung endgültig verweigert. Auch ohne ausdrückliche Verbesserungszusage ist für den Verjährungsbeginn der Zeitpunkt relevant, zudem der Werkunternehmer die geforderte (und ermöglichte) Verbesserung endgültig abgelehnt hat.

2.4. Wann eine ausreichende Kenntnis dieser maßgeblichen Tatsache anzunehmen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl RS0034524 [T23; T41]). Wenn die Vorinstanzen diesen Zeitpunkt hier im Juni 2012 als gegeben angesehen haben, ist dies auf Basis des festgestellten Sachverhalts keine im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung. Aus dem Umstand, dass die Vertreterin der Beklagten bis dahin trotz Verneinung einer eigenen Verantwortung wiederholt an der Ursachenforschung und Mängelbehebungsversuchen mitwirkte, konnten die Wohnungseigentümer schließen, dass die Beklagte die Verbesserung – im Sinn der dargestellten Rechtsprechung – noch nicht endgültig abgelehnt hat. Die Maßnahmen, an denen die Vertreterin der Beklagten mitwirkte, betrafen zwar nur einzelne Wohnungseigentumsobjekte, doch waren diese Folge einer Verbesserungsaufforderung aller (damaligen) Wohnungseigentümer und sie sollten dem Kenntnisgewinn für alle betroffenen Objekte dienen. Wenn daher das Berufungsgericht davon ausging, dass diese Maßnahmen stellvertretend für alle Wohnungseigentümer und zum Zweck der Verbesserung gegenüber allen Wohnungseigentümern durchgeführt wurden, ist das nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht wich dabei auch nicht vom festgestellten Sachverhalt ab, sondern es zog Schlussfolgerungen aus den Feststellungen des Erstgerichts. Eine Beweiswiederholung oder eine Beweisergänzung ist dafür nicht erforderlich (RS0118191).

2.5. Ausgehend vom Beginn der Verjährungsfrist im Juni 2012 und der Einbringung der Klage im Dezember 2014 stellen sich die von der Beklagten aufgeworfenen Fragen der Unterbrechung und/oder Hemmung der Verjährung nicht.

2.6. Die Erstnebenintervenientin steht auf dem Standpunkt, dass die Klage den Bestimmtheitserfordernissen des § 226 Abs 1 ZPO nicht entsprochen habe und die Positionen erst in der letzten Tagsatzung am 1. 3. 2018 (und somit nach Ablauf der Verjährungsfrist) konkretisiert worden seien. Insoweit die Erstnebenintervenientin daraus die Verjährung der Ansprüche ableiten will, übersieht sie, dass die Verbesserung einer unschlüssigen oder unbestimmten Klage die Unterbrechungswirkung nicht beseitigt, sondern auf den Zeitpunkt der Klageeinbringung zurückwirkt (RS0118623; RS0113956; RS0034836 [T6, T7, T8, T9]). Dass die Klägerin die Klage durch Konkretisierung der Positionen jedenfalls ausreichend verbessert hat, zieht die Erstnebenintervenientin nicht in Zweifel. Auf die Frage eines gelockerten Bestimmheitsgebots in Bauprozessen kommt es daher nicht an.

3. Die Revisionen zeigen somit keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf. Auch die von der Beklagten geltend gemachte (weitere) Mangelhaftigkeit des Verfahrens wurde geprüft; sie liegt nicht vor. Die außerordentlichen Revisionen waren daher als unzulässig zurückzuweisen.

Textnummer

E125541

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0050OB00016.19T.0613.000

Im RIS seit

17.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

18.11.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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