TE OGH 2019/6/25 9ObA55/19g

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Veröffentlicht am 25.06.2019
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Hargassner und die Hofrätin Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Johannes Püller und Helmut Frick als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei W*****, vertreten durch die Maxl & Sporn Rechtsanwälte GmbH in Wien, und der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei R***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Stögerer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Ing. Mag. A*****, vertreten durch Dr. Werner J. Loibl, Rechtsanwalt in Wien, wegen 12.711,92 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. März 2019, GZ 7 Ra 104/18t-51, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Der an das Berufungsgericht gerichtete Antrag des Beklagten, den Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision gemäß § 508 Abs 3 ZPO in eine Zulassung der ordentlichen Revision abzuändern ist verfehlt, weil die Absätze 2 und 3 des § 502 ZPO für Streitigkeiten in Arbeits- und Sozialrechtssachen nicht gelten (§ 502 Abs 5 Z 4 ZPO).

Wenn das Berufungsgericht – wie hier – im Berufungsurteil nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO ausgesprochen hat, dass die ordentliche Revision nicht nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig ist, kann eine außerordentliche Revision erhoben werden, ohne dass es einer Abänderung des Ausspruchs über die Zulässigkeit der Revision durch das Berufungsgericht bedarf.

Da sich die Begründung des Antrags auf nachträgliche Zulassung der ordentlichen Revision gemäß § 508 Abs 1 ZPO inhaltlich mit der Zulassungsbeschwerde gemäß § 506 Abs 1 Z 5 ZPO zu decken hat, ist dieser mit einer ordentlichen Revision verbundene Antrag des Beklagten in eine außerordentliche Revision umzudeuten (RS0110049), die jedoch im konkreten Fall mangels Vorliegens der Voraussetzungen nach § 502 Abs 1 ZPO unzulässig ist.

2. Der Oberste Gerichtshof wird ausschließlich als Rechtsinstanz zur Überprüfung von Rechtsfragen tätig, nicht als Tatsacheninstanz. Fragen der Beweiswürdigung sind nicht revisibel (RS0042903 [T1, T2, T10]). Nur wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweisfrage überhaupt nicht befasst, ist sein Verfahren mangelhaft (RS0043371). Davon ist aber im vorliegenden Fall nicht auszugehen.

Soweit sich die außerordentliche Revision daher gegen die Feststellungen des Erstgerichts wendet, ist sie nicht gesetzmäßig ausgeführt.

3. Eine wirksame Stellvertretung setzt neben dem Handeln des Stellvertreters im Namen des vertretenen Geschäftsherrn auch das Vorliegen von Vertretungsmacht voraus, die hinreichend offengelegt werden muss (8 Ob 22/11k ua).

Die Vorinstanzen gingen aufgrund der Gesamtumstände, der schriftlichen Ermächtigung des Beklagten durch die Klägerin, der üblichen, der beauftragten Spedition bekannten Vorgangsweise der Klägerin und der vereinbarten Rechnungslegung an die Klägerin davon aus, dass der Vertrag zwischen der Klägerin und der Spedition zustande gekommen ist.

Die außerordentliche Revision des Beklagten wendet sich in diesem Zusammenhang nur gegen das zusätzliche Argument, dass unter bestimmten Umständen selbst eine nachträgliche Offenlegung der Bevollmächtigung als ausreichend angesehen wird, ohne konkret darzulegen, warum die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen insgesamt unrichtig sein soll. Mit der Rechtsauffassung der Vorinstanzen, dass der Vertrag zwischen der Spedition und der Klägerin in dem Umfang, in dem er nicht von der Ermächtigung der Klägerin gedeckt war, aufgrund einer Anscheinsvollmacht des Beklagten zustande gekommen ist, setzt sich die Revision überhaupt nicht auseinander. Die bloße Behauptung, die zweite Instanz habe die Sache rechtlich unrichtig beurteilt, bildet aber keine gesetzmäßige Ausführung der Rechtsrüge (RS0043605).

4. Ob der von der Spedition gewährte Nachlass aus einer Minderleistung im Zusammenhang mit dem von der Klägerin genehmigten und daher letztlich von ihr selbst zu tragenden Auftragsteil resultiert, und daher nur ihr zugute kommt oder auf den vom Beklagten zu ersetzenden Mehraufwand anzurechnen ist, kann nur aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die sich auf den festgestellten Wortlaut der Beilage ./L stützen kann („ein angekündigter PKW Transport fand nicht statt, welcher mit EURO 2.500,-- im Anbot laut Anweisung des Beklagten einzurechnen war“), hält sich im Rahmen des eingeräumten Ermessenspielraums.

5. Ob im Hinblick auf den Inhalt der Prozessbehauptungen eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist, ist eine Frage des Einzelfalls, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung keine erhebliche Bedeutung zukommt. Die Frage, ob in einem konkreten Einzelfall zur Höhe bzw Angemessenheit einer Forderung ein ausreichendes Bestreitungsvorbringen erstattet wurde, berührt keine erhebliche Rechtsfrage (RS0042828 [T1, T2]).

6. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Beklagten zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

Textnummer

E125538

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:009OBA00055.19G.0625.000

Im RIS seit

17.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

17.07.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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