TE OGH 2019/6/27 12Os60/19v

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Veröffentlicht am 27.06.2019
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Juni 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski, Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Rathgeb in der Strafsache gegen Jeremiah O***** und andere Angeklagte wegen Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs 1 und Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Ahmed E***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Jugendschöffengericht vom 27. November 2018, GZ 30 Hv 35/18z-162, sowie über die Beschwerde des Genannten gegen den unter einem gefassten Beschluss auf Widerruf bedingter Strafnachsicht nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten Ahmed E***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung – Ahmed E***** eines Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall StGB (B./) und zweier Verbrechen des Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 und Abs 2 StGB (C./2./ und C./3./; vgl jedoch RIS-Justiz RS0130302) schuldig erkannt.

Danach haben in G*****

B./ Dennis A***** und Ahmed E***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken (US 12) am 23. April 2018 dem Tankred K***** eine fremde bewegliche Sache, nämlich eine geringe Menge Marihuana, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz (US 12) weggenommen, wobei sie auf frischer Tat betreten, durch das Versetzen von Schlägen und Tritten Gewalt gegen Tankred K***** anwandten, um sich die weggenommene Sache zu erhalten,

C./ am 16. Mai 2018

2./ Ahmed E***** dem Theodor Ku***** mit Gewalt gegen dessen Person fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz wegzunehmen versucht, indem er den Genannten von hinten in den Schwitzkasten nahm, dessen Geldtasche aus der Hosentasche entnahm und diese erst an ihn zurückgab, nachdem er sich durch Nachschau von der mangelnden Beute überzeugt hatte,

3./ Jeremiah O***** und Ahmed E***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken Theodor Ku*****, David Br*****, Jakob S*****, Anton B*****, Lukas P***** und Lorenz R***** (US 13 f) mit Gewalt gegen deren Person fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz wegzunehmen versucht, indem Jeremiah O***** die Genannten aufforderte, „Und jeder von euch gibt mir jetzt EUR 10,00, das ist meine Gegend, ich bin hier der Chef!“, woraufhin Jeremiah O***** dem Anton B***** einen Tritt gegen die Brust versetzte und David Br***** mit der Faust ins Gesicht schlug sowie Ahmed E***** dem Jakob S***** zwei Mal mit der Faust ins Gesicht schlug, wobei es mangels Beute beim Versuch blieb.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ahmed E*****.

Die Mängelrüge (Z 5) zum Schuldspruch B./ macht mit dem Einwand, es läge „kein Beweisergebnis“ für die ungerechtfertigte Anwendung von Gewalt, für die Betretung auf frischer Tat sowie „zum weggenommenen Marihuana“ vor, keine der fünf Kategorien von Begründungsfehlern der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO geltend (zu den Anfechtungskategorien der Mängelrüge vgl zuletzt 12 Os 12/18h).

Zu den Angaben des Zeugen Tankred K***** führten die Tatrichter aus, der Genannte habe sich bei sämtlichen Vernehmungen äußerst unkooperativ gezeigt und zur Wahrheitsfindung nicht beitragen wollen (US 16 f). Solcherart waren sie entgegen der Beschwerdebehauptung (Z 5 zweiter Fall) nicht dazu verhalten, sich mit sämtlichen Aussagedetails des Genannten auseinanderzusetzen (RIS-Justiz RS0106642).

Im Ergebnis beschränkt sich der Beschwerdeführer auf eine im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässige Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).

Unverständlich bleibt das zum Schuldspruch B./ erstattete Vorbringen der Mängelrüge (Z 5), wonach der „in diesen Vorfall involvierte weitere Zeuge Manuel Sk***** […] trotz Ladung zwei Mal nicht erschienen“ ist.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen zum Schuldspruch C./2./ hat der Zeuge Anton B***** nicht angegeben, dass „der Ku***** die Geldtasche selbst freiwillig herausgegeben hat“ (vgl ON 143 S 27). Solcherart geht der Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) mangels Erörterung dieser Aussage schon im Ansatz fehl.

Der formelle Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a StPO greift seinem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen – wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens
einräumt – wird dadurch nicht eröffnet (RIS-Justiz RS0119583).

Mit dem Hinweis auf die – von den Tatrichtern ohnedies eingehend gewürdigte – Aussage des Zeugen Lorenz R*****, wonach jener Täter, „der das Geldtascherl von Ku***** genommen“ habe, „einer mit schwarzer Hautfarbe“ gewesen sei (ON 143 S 35; US 19), und eigenen, die beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter bekämpfenden Ausführungen dazu legt die Tatsachenrüge (Z 5a) zum Schuldspruch C./2./ eine unerträgliche Fehlentscheidung im dargelegten Sinn keineswegs qualifiziert nahe (vgl RIS-Justiz RS0119583 [T8]).

Gleiches gilt, soweit sie sich zum Schuldspruch C./3./ mit eigenen beweiswürdigenden Erwägungen zu den Aussagen der Zeugen Lorenz R*****, Daniel M***** und Ali Kt***** gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen wendet.

Entgegen dem überdies Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) behauptenden Beschwerdevorbringen stehen die Angaben der beiden Letztgenannten, wonach die Beteiligten nicht von einem Raub gesprochen hätten und nicht von Geld, sondern vielmehr von einer Schlägerei geredet worden sei, nicht in erörterungsbedürftigem Widerspruch zu den Feststellungen entscheidender Tatsachen.

Mit dem Einwand, zum Schuldspruch C./3./ ließe sich dem Beweisverfahren „kein einziges Ergebnis entnehmen“, welches für das Vorliegen der erforderlichen subjektiven Tatseite des Beschwerdeführers spreche, verfehlt die Tatsachenrüge (Z 5a) erneut den oben dargestellten Anfechtungsrahmen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes.

Der Zweifelsgrundsatz (in dubio pro reo) kann entgegen der Beschwerdeauffassung niemals Gegenstand des formellen Nichtigkeitsgrundes der Z 5a des § 281 Abs 1 StPO sein (RIS-Justiz RS0102162).

Die zum Schuldspruch C./3./ die rechtliche Beurteilung nach § 83 Abs 1 StGB anstrebende Subsumtionsrüge (Z 10) orientiert sich nicht an den tatrichterlichen Feststellungen zur objektiven und insbesondere auch zur subjektiven Tatseite (US 14) und verfehlt solcherart den Bezugspunkt materiell-rechtlicher Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099724).

Mit der Wiederholung des Vorbringens der Mängelrüge zum Schuldspruch C./3./ im Rahmen der Subsumtionsrüge (Z 10) wird der herangezogene Nichtigkeitsgrund ebenso wenig zur Darstellung gebracht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E125549

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0120OS00060.19V.0627.000

Im RIS seit

17.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

17.07.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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