TE Vwgh Erkenntnis 1999/1/15 95/21/0989

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Veröffentlicht am 15.01.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

Aufenthaltsrecht Bosnien-Herzegowina 1995;
AVG §37;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des M I in Hallein, geboren am 5. April 1971, vertreten durch Dr. Michael Dick, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Imbergstraße 15, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 29. Mai 1995, Zl. Fr-5375/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 29. Mai 1995 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Bundesrepublik Jugoslawien, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und der maßgeblichen Rechtsvorschriften im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe am 20. Jänner 1993 einen bis 30. April 1993 gültigen Sichtvermerk erhalten und halte sich somit seit dem 1. Mai 1993 unerlaubt im Bundesgebiet auf. Am 14. Februar 1994 habe er beim österreichischen Generalkonsulat in München einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung eingebracht, dem mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hallein vom 15. Dezember 1994 nicht stattgegeben worden sei. Da der Beschwerdeführer den Antrag beim Generalkonsulat in München eingebracht habe, bestünde der begründete Verdacht, daß er sich damals unerlaubt im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten habe, weil er als seine damalige Adresse eine Adresse in Bosnien angegeben habe, tatsächlich dort aber nicht habe erreicht werden können. Zwischen 14. Juli 1992 und 13. April 1994 sei er im Bundesgebiet abgemeldet gewesen, habe sich jedoch tatsächlich, wie sich auf Grund eines von ihm verursachten Verkehrsunfalles herausgestellt habe, in Österreich aufgehalten. Sein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung sei verspätet eingebracht worden, und es komme ihm daher ein Aufenthaltsrecht nicht zu. Zwar werde durch die Ausweisung massiv in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen. In Anbetracht der Tatsache, daß er sich seit über zwei Jahren unrechtmäßig in Österreich aufhalte und bereits zweimal rechtskräftig wegen Übertretung nach dem Fremdengesetz bestraft worden sei, sei jedoch der Entzug der Aufenthaltsberechtigung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten. Die Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 FrG verpflichte ihn lediglich zur Ausreise. Der Beschwerdeführer hätte sich selbst in seine Heimat abgemeldet, sodaß nicht nachvollziehbar sei, warum eine Rückkehr in sein Heimatland unzumutbar wäre. Außerdem sei er im Besitz eines vom jugoslawischen Generalkonsulat in Salzburg am 21. Dezember 1993 ausgestellten, bis 21. Dezember 1998 gültigen Reisepasses. Die Anwendung der vom Beschwerdeführer erwähnten Verordnung der Bundesregierung über "die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz" (gemeint wohl:

Verordnung der Bundesregierung über das Aufenthaltsrecht von kriegsvertriebenen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina), BGBl. Nr. 1038/1994, sei auf Grund der darin normierten Voraussetzungen auf seine Person nicht möglich, da der Beschwerdeführer seine Heimat nicht auf Grund der bewaffneten Konflikte habe verlassen müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 1 FrG sind Fremde mit Bescheid auszuweisen, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten; hiebei ist auf § 19 FrG Bedacht zu nehmen.

Der Beschwerdeführer macht zunächst Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und bringt dazu im wesentlichen vor, er habe vor Ablauf des ursprünglich erteilten Sichtvermerkes mehrmals bei der zuständigen Behörde vorgesprochen, um dessen Verlängerung ersucht und um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung angesucht. Seine Sprachkenntnisse und jene seiner Frau, welche ihn begleitet habe, seien äußerst mangelhaft gewesen, weshalb sich Mißverständnisse ergeben hätten. Obwohl offenkundig gewesen sei, daß er den Referenten der Behörde nicht verstanden habe, sei kein Amtsdolmetscher beigezogen und der Beschwerdeführer über die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung im Unklaren gelassen worden. In der Folge habe der Beschwerdeführer mehrfach bei der erstinstanzlichen Behörde vorgesprochen, eine bescheidmäßige Erledigung habe jedoch nicht stattgefunden. Da der Beschwerdeführer somit fristgerecht einen Antrag auf Verlängerung eingebracht habe, würden die Voraussetzungen für eine Ausweisung nicht vorliegen.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer deswegen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil er durch die bloße Stellung eines Antrages auf Erteilung eines weiteren Sichtvermerkes kein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet erworben hätte. Im übrigen ergibt sich aus den Verwaltungsakten kein Hinweis darauf, daß der Beschwerdeführer einen solchen Antrag gestellt hat. Bei dem vom Beschwerdeführer am 14. Februar 1994 beim österreichischen Generalkonsulat in München eingebrachten Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz handelte es sich offensichtlich nicht um einen rechtzeitig gestellten Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, sodaß auch § 17 Abs 4 FrG seiner Ausweisung nicht entgegenstand.

Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, daß eine Rückkehr nach Bosnien für ihn unzumutbar wäre, weil allgemein bekannt sei, daß in der Vergangenheit und Gegenwart ethnische Säuberungen in Bosnien erfolgten. Diesbezüglich ist ihm entgegenzuhalten, daß mit der Ausweisung lediglich die Verpflichtung des Fremden begründet wird, das Bundesgebiet zu verlassen (siehe § 22 Abs. 1 FrG), nicht aber (auch) ausgesprochen wird, daß er in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder daß er (allenfalls) abgeschoben werde.

Auch mit seinem Vorbringen, ein Aufenthaltsrecht nach der Verordnung BGBl. Nr. 1038/1994 müsse ihm ohne Unterschied, ob er sein Land wegen des Krieges verlassen habe oder ob er wegen des Krieges nicht in dieses heimkehren könne, zukommen, vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Der Beschwerdeführer hat nämlich im Verwaltungsverfahren nicht konkret dargetan, im Hinblick auf welche Umstände es sich bei ihm um eine solche kriegsvertriebene Person handle und weshalb er nicht in seinen Heimatstaat zurückkehren könne. Das in der Berufung enthaltene Vorbringen, er sei von den bewaffneten Konflikten im ehemaligen Jugoslawien betroffen, insoweit "seine menschlichen und materiellen Bindungen in seinem Heimatland zerstört wurden und eine Rückkehr unzumutbar erscheint", ist insofern nicht ausreichend substantiiert. Somit ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides auch nicht von maßgeblicher Bedeutung, ob der Beschwerdeführer nach Ablauf seines Sichtvermerkes das Bundesgebiet verlassen hat und neuerlich eingereist ist.

Der Beschwerdeführer hält seine Ausweisung auch im Grunde des § 19 FrG für rechtswidrig. Nach dieser Bestimmung ist eine Ausweisung, durch die in das Privat- und Familienleben des Fremden eingegriffen wird, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Auch in dieser Hinsicht ist die Beschwerde nicht berechtigt. Zutreffend hat nämlich die belangte Behörde angesichts des Umstandes, daß sich der Beschwerdeführer mit seiner Ehegattin (jugoslawischer Staatsangehörigkeit) und einem minderjährigen Kind zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides seit fast drei Jahren im Bundesgebiet aufhielt, einen durch die Ausweisung bewirkten erheblichen Eingriff in sein Privat- und Familienleben angenommen. Sie hat diesem Eingriff das nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) einen hohen Stellenwert aufweisende öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1997, Zl. 96/21/1005) gegenübergestellt. Wenn sie angesichts dessen, daß der Beschwerdeführer während seines bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides fast drei Jahre währenden Aufenthaltes im Bundesgebiet nur etwa drei Monate dazu berechtigt war, dem genannten öffentlichen Interesse den Vorrang einräumte, so vermag der Verwaltungsgerichtshof darin keine Rechtswidrigkeit zu erblicken. Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides war das Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleiben im Bundesgebiet zwar durchaus gewichtig, aber keineswegs so stark ausgeprägt, daß das maßgebliche gegenläufige öffentliche Interesse in den Hintergrund zu treten gehabt hätte. Im Hinblick auf die Rechtswidrigkeit seines Aufenthaltes zum Zeitpunkt seiner Eheschließung konnte der Beschwerdeführer auch nicht damit rechnen, sein eheliches Zusammenleben im Bundesgebiet fortsetzen zu können und dadurch einen rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich zu erreichen (vgl. auch dazu das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Oktober 1997).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 15. Jänner 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1995210989.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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