RS Vfgh 2019/6/13 G11/2019

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Veröffentlicht am 13.06.2019
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Index

25/01 Strafprozess

Norm

B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
StPO §199
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz durch den Ausschluss der Diversion bei Privatanklagedelikten nach der Strafprozessordnung; keine Bedenken gegen den Ausschluss der Diversion auf Grund der Unterschiede der Ordnungssysteme im Privatanklage- und Offizialdeliktsverfahren; Verfügungsbefugnis über Verfahren verbleibt bei Privatankläger

Rechtssatz

Abweisung eines - zulässigen - Parteiantrags auf Aufhebung der Wortfolge "wegen Begehung einer strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen ist," in §199 StPO idF BGBl I 121/2016.

Die angefochtene Wortfolge in §199 StPO schränkt die Möglichkeit einer Diversion iSd §198 und §§200 bis 209b StPO durch das Gericht auf Offizialdelikte ein und führt damit - zumal bei Privatanklageverfahren kein Ermittlungsverfahren stattfindet, in dem die Staatsanwaltschaft eine Diversion anordnen könnte - zu einem generellen Ausschluss der Diversion in Privatanklageverfahren. Welche strafbaren Handlungen als Privatanklagedelikte anzusehen sind bestimmt das materielle Strafrecht und kann das Unterbleiben einer Diversion auch nicht im Rechtsmittelweg geltend gemacht werden.

Im Gegensatz zu Offizialdelikten wird das Privatanklageverfahren einzig auf Betreiben des Privatanklägers (des Opfers) eingeleitet und fortgeführt, wobei der Privatankläger weder zur Strafverfolgung noch zur Objektivität verpflichtet ist und jederzeit durch Verzicht, Verzeihung oder Nichterscheinen die strafrechtliche Verfolgung beenden kann, was zur Einstellung des Strafverfahrens bzw zum Freispruch des Angeklagten führt. Im Hinblick auf diese Unterschiede des Privatanklageverfahrens im Vergleich zu Verfahren über Offizialdelikte ist es nicht gleichheitswidrig, die Möglichkeit einer Diversion im Privatanklageverfahren auszuschließen und die Dispositionsbefugnis über das weitere Betreiben des Strafverfahrens damit beim Privatankläger zu belassen. Die Diversion bildet weder im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip noch auf Grund eines sonstigen verfassungsrechtlichen Gebotes einen "Grundsatz" im österreichischen Strafrecht (VfGH 14.03.2018, G241/2017).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Strafrecht, Strafprozessrecht, Diversion, VfGH / Parteiantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2019:G11.2019

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2020
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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