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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art130 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des HCO in Graz, geboren am 19. November 1965, vertreten durch Dr. Mario Sollhart, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Friedrichgasse 6, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 20. März 1998, Zl. FR 1550/97, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 33 Abs. 1 iVm § 37 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich aus.
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der einschlägigen Rechtsvorschriften im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei am 24. August 1997 "illegal" von Italien kommend in das Bundesgebiet eingereist und habe um Gewährung des Asylrechtes angesucht. Sein Asylantrag sei mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Graz, vom 10. September 1997, rechtswirksam erlassen am 2. Oktober 1997, gemäß § 3 des Asylgesetzes 1991 abgewiesen worden. Er halte sich bereits seit seiner illegalen Einreise unberechtigt im Bundesgebiet auf, weil er über keinerlei Bewilligung nach dem Asyl- oder Fremdengesetz oder nach dem bis 31. Dezember 1997 in Geltung gewesenen Aufenthaltsgesetz (aus 1992) verfüge. Bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maß; die Ausweisung sei demnach zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten. Die Übertretung fremdenpolizeilicher Vorschriften stelle einen gravierenden Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung dar. Den für die Einreise und den Aufenthalt bzw. die Niederlassung von Fremden getroffenen Regelungen und deren Beachtung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Das maßgebliche öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei durch den Beschwerdeführer zusätzlich in der Form verletzt worden, daß er sich bei der Einreise der Hilfe eines Schleppers bedient habe. Die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich seien angesichts seines noch keineswegs langen Aufenthaltes in der Dauer von ca. sieben Monaten nicht so stark ausgeprägt, daß sie schwerer zu gewichten wären als das besagte maßgebliche öffentliche Interesse. Aus dem Fehlen einer befristeten Aufenthaltsberechtigung nach § 15 Abs. 1 Asylgesetz 1997 bzw. eines Einreisetitels gemäß § 16 Abs. 3 leg. cit. bzw. einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach § 19 Abs. 1 leg. cit. ergebe sich, daß im gegenständlichen Verfahren zufolge der §§ 20 Abs. 1 und 21 Abs. 1 Asylgesetz 1997 der Anwendung des § 33 Abs. 1 FrG kein rechtliches Hindernis entgegengestanden sei. Selbst unter der Annahme eines mit der Ausweisung einhergehenden Eingriffes in das Privat- und Familienleben stelle der unrechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich eine Beeinträchtigung des bezeichneten maßgeblichen öffentlichen Interesses von solchem Gewicht dar, daß die Ausweisung dringend geboten und damit zulässig sei.
Die Ermessensübung der Behörde habe sich davon leiten zu lassen, von welchem Gewicht die Störung der öffentlichen Ordnung sei. Lediglich in Fällen, in denen die öffentliche Ordnung nur ganz geringfügig berührt werde, sei im Lichte einer gesetzmäßigen Ermessensübung von der Erlassung einer Ausweisung abzusehen. Wie bereits bei der Abwägung der öffentlichen Interessen an der Erlassung einer Ausweisung mit den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich hervorgekommen sei, seien die persönlichen Interessen nicht so stark ausgeprägt, daß sie schwerer zu gewichten wären als das besagte maßgebliche öffentliche Interesse, sodaß die Ermessensentscheidung gemäß § 33 Abs. 1 FrG unter Berücksichtigung von § 37 Abs. 1 FrG eindeutig nicht zugunsten des Beschwerdeführers auszuschlagen vermöchte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes (und erkennbar wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften) aufzuheben.
Die belangte Behörde legte unter Verzicht auf die Erstattung einer Gegenschrift die Verwaltungsakten mit dem Antrag vor, die Beschwerde abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 33 Abs. 1 FrG können Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Gemäß § 31 Abs. 1 leg. cit. halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie unter Einhaltung der Bestimmungen des zweiten Hauptstückes und ohne die Grenzkontrolle zu umgehen eingereist sind; oder wenn sie aufgrund eines Aufenthaltstitels oder einer Verordnung für Vertriebene (§ 29) zum Aufenthalt berechtigt sind; oder wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind; oder solange ihnen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 zukommt.
Vorliegend leitet der Beschwerdeführer eine Rechtmäßigkeit seines Aufenthaltes in Österreich allein aus der Behauptung ab, daß ihm eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 19 Asylgesetz 1997 zukomme. Sachverhaltsbezogen führt er dazu aus, daß sein Asylantrag in erster Instanz abgewiesen worden sei; gegen die Abweisung seines mit der Berufung verbundenen Wiedereinsetzungsantrages durch die Behörde erster Instanz habe er Berufung erhoben, die bescheidmäßig "abgewiesen bzw. zurückgewiesen" worden sei. Dagegen habe er fristgerecht Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.
Aus dem hg. Beschwerdeverfahren zur Zl. 98/20/0012 und den dort vorgelegten Verwaltungsakten ist folgendes ersichtlich:
Mit dem dort angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Dezember 1997, Zl. 4.352.923/1-III/13/97, zugestellt am 9. oder 10. Dezember 1997, wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 16. Oktober 1997 betreffend die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Berufung gegen den Bescheid der genannten Behörde vom 10. September 1997 betreffend die Abweisung des Asylantrages abgewiesen und die letztgenannte Berufung als verspätet zurückgewiesen. Der gegen den erstgenannten Bescheid erhobenen Beschwerde - in der die Verspätung der Berufung nicht bestritten wird - wurde mit Beschluß vom 5. März 1998, Zl. AW 98/20/0009, die aufschiebende Wirkung in dem Ausmaß zuerkannt, daß "dem Antragsteller die Rechtsstellung zukommt, die er als Asylwerber vor Erlassung des angefochtenen Bescheides hatte".
Durch die Bewilligung der aufschiebenden Wirkung trat das Asylverfahren in das Stadium zurück, in dem es sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hatte. Es lagen somit ein noch nicht rechtskräftig abgeschlossenes Wiedereinsetzungsverfahren und eine noch nicht erledigte Berufung vor. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat jedoch nicht zur Folge, daß die - offenkundige und vom Beschwerdeführer auch nicht in Abrede gestellte - Verspätung des Rechtsmittels behoben wäre. Es wurde damit zwar die Bindung an den Zurückweisungsbescheid beseitigt, nicht jedoch die wegen des ungenützten Ablaufs der Berufungsfrist eingetretene Rechtskraft des abschlägigen erstinstanzlichen Asylbescheides.
Die der Beschwerde gegen die Zurückweisung der Berufung zuerkannte aufschiebende Wirkung führte somit nicht dazu, daß eine asylrechtliche vorläufige Aufenthaltsberechtigung, die - unter der Annahme, es hätte eine solche bestanden - im Grunde sowohl des § 7 Abs. 3 AsylG 1991 als auch des § 19 Abs. 4 AsylG 1997 geendet hätte, wieder aufgelebt wäre.
Soweit der Beschwerdeführer eine Gefährdung oder Bedrohung im Sinn des § 57 FrG in seinem Heimatland behauptet, ist er darauf hinzuweisen, daß mit der Ausweisung nicht (auch) darüber abgesprochen wird, daß der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder daß er (allenfalls) abgeschoben werde (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1998, Zl. 97/21/0791).
Letztlich rügt der Beschwerdeführer das Fehlen einer Begründung, warum die belangte Behörde bei Anwendung des ihr gemäß § 33 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessens nicht von der Ausweisung Abstand genommen hat. Dem ist zum einen zu entgegnen, daß die belangte Behörde in die Bescheidbegründung sowohl die für ihre Interessenabwägung nach § 37 Abs. 1 FrG als auch die für ihre Ermessensentscheidung, von der Erlassung der Ausweisung nicht abzusehen, maßgebenden Umstände aufgenommen hat. Zum anderen kann bei Berücksichtigung der unter Umgehung der Grenzkontrolle mit Hilfe eines Schleppers erfolgten Einreise des Beschwerdeführers und des daran anschließenden zur Gänze unrechtmäßigen Aufenthaltes im Hinblick auf die gesamte Interessenlage des Beschwerdeführers (wegen der Kürze seines Aufenthaltes im Inland ist mit der Ausweisung ein relevanter Eingriff in sein Privatleben nicht verbunden; ein relevanter Eingriff in sein Familienleben wird in keiner Weise behauptet) nicht davon gesprochen werden, daß die belangte Behörde bei Erlassung der Ausweisung das ihr eingeräumte Ermessen nicht im Sinn des Gesetzes gehandhabt hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Juni 1998, Zlen. 98/21/0227 bis 0229).
Da nach dem Gesagten dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 15. Jänner 1999
Schlagworte
ErmessenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998210250.X00Im RIS seit
20.11.2000