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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FrG 1993 §15 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde der ET, vertreten durch Dr. Waneck und Dr. Kuntze, Rechtsanwaltspartnerschaft in 1010 Wien, Schellinggasse 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 1. August 1997, Zl. UVS-03/P/12/03780/96, wegen Übertretung des Fremdengesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien (der belangten Behörde) vom 1. August 1997 wurde über die Beschwerdeführerin, eine phillippinische Staatsbürgerin, gemäß § 15 Abs. 1 i.V.m. § 82 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes-FrG, BGBl. Nr. 838/1992, eine Geldstrafe in der Höhe von S 700,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 35 Stunden) verhängt, weil sie sich als Fremde vom 14. September 1995 bis zum 11. Dezember 1995 in Wien an einer näher genannten Adresse aufgehalten habe, ohne im Besitz eines gültigen Sichtvermerkes, einer Aufenthaltsbewilligung nach dem Asylgesetz oder einer gültigen Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes zu sein, somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe, obwohl sie einen Sichtvermerk bzw. eine Aufenthaltsbewilligung benötigt hätte. Diese Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, daß die Beschwerdeführerin gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes vor ihrer Einreise nach Österreich vom Ausland aus einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz hätte stellen müssen. Eine vom Verwaltungsgerichtshof ihrer Beschwerde gegen die Abweisung ihres Antrages auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz zuerkannte aufschiebende Wirkung könne nichts an der Tatsache ändern, daß sie im Tatzeitraum über keine Aufenthaltsbewilligung verfügt habe.
Mit der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin macht geltend, daß sie sich seit dem Jahr 1992 in Österreich aufhalte und im Besitz einer bis zum 9. Dezember 1994 gültigen Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gewesen sei, deren Verlängerung sie rechtzeitig mit Antrag vom 9. November 1994 beim Magistrat der Stadt Wien beantragt habe. Die letztinstanzliche Abweisung dieses Antrages sei mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Februar 1997, Zl. 96/19/2158, aufgehoben worden, ein Ersatzbescheid sei noch nicht ergangen. Bezüglich eines neuerlichen Antrages auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz vom 17. Oktober 1995 sei ein weiteres Beschwerdeverfahren beim Verwaltungsgerichtshof anhängig.
Angesichts dieses, ihren Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz betreffenden Vorbringens erweist sich die Beschwerde als berechtigt. Es ist nämlich Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß ein Fremder, der rechtzeitig einen Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gestellt hat, wegen rechtswidrigen Aufenthaltes in einem in der Zeit der Anhängigkeit des Verfahrens über die beantragte Verlängerung bis zum rechtskräftigen Abschluß dieses Verfahrens gelegenen Zeitraum im Lichte des in § 17 Abs. 4 FrG normierten Ausweisungsverbotes nicht gemäß § 82 Abs. 1 Z. 4 FrG bestraft werden darf (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1997, Zl. 96/21/1012, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen wird). Die belangte Behörde hat in Verkennung dieser Rechtslage das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie habe die Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung rechtzeitig beantragt, und ihren Hinweis auf das aufhebende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (siehe den Schriftsatz vom 24. April 1997) nicht beachtet.
Im Fall der Beschwerdeführerin, die mit dem angefochtenen Bescheid wegen rechtswidrigen Aufenthaltes im Zeitraum vom 14. September 1995 bis zum 11. Dezember 1995 bestraft wurde, war das Verfahren über ihren Antrag auf Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung mit Bescheid (des Bundesministers für Inneres) vom 14. September 1995 beendet worden. Selbst wenn dieser Bescheid am selben Tag zugestellt worden wäre, so wäre eine Bestrafung der Beschwerdeführerin wegen rechtswidrigen Aufenthaltes erst ab dem nächsten Tag rechtmäßig gewesen.
Angesichts der Aufhebung dieses Bescheides durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Februar 1997, Zl. 96/19/2158, durfte die belangte Behörde das Verfahren über den Antrag der Beschwerdeführerin auf Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung auch nicht als rechtskräftig beendet betrachten und auch nicht eine Strafe gegen die Beschwerdeführerin wegen rechtswidrigen Aufenthaltes im Zeitraum vom 14. September 1995 bis zum 11. Dezember 1995 aussprechen, weil durch das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 42 Abs. 3 VwGG das Verfahren über den Verlängerungsantrag ex tunc in jene Lage zurückgetreten war, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hatte. Der Rechtszustand zwischen der Erlassung des Bescheides und seiner Aufhebung war im nachhinein so zu betrachten, als ob der aufgehobene Bescheid von Anfang an nicht erlassen worden wäre.
Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 15. Jänner 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997210745.X00Im RIS seit
20.11.2000