TE Vwgh Beschluss 2019/5/29 Ra 2019/20/0062

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Veröffentlicht am 29.05.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGG §41

Betreff

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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision 1. des A N,

2. der M N, und 3. der P N, alle in G, alle vertreten durch Mag. Taner Önal, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Kärntner Straße 7B/1, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts je vom 28. Dezember 2018, 1) Zl. W263 2169982-1/28E, 2) Zl. W263 2169983- 1/18E und 3) Zl. W263 2169986-1/19E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerber sind Staatsangehörige Afghanistans. Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin sind miteinander verheiratet, die Drittrevisionswerberin ist deren minderjährige Tochter. Die Revisionswerber stellten am 12. November 2015 jeweils Anträge auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Diese begründeten sie damit, dass bei einem familiären Konflikt im Zusammenhang mit Grundstücksstreitigkeiten ein Mann ums Leben gekommen sei. Daraufhin sei der Erstrevisionswerber mit dem Tod bedroht worden. Die verfeindete Familie habe die Übergabe der Drittrevisionswerberin verlangt. Die Drittrevisionswerberin sei psychisch krank und werde in Afghanistan als "Verrückte" angesehen. Ihr werde es in Afghanistan nie möglich sein, ein menschenwürdiges Leben zu führen.

2 Mit den Bescheiden vom 31. Juli 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) die Anträge hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I), erkannte den Revisionswerbern jeweils den Status von subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II) und erteilte ihnen jeweils eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 30. Juli 2018 (Spruchpunkt III).

3 Die gegen die Spruchpunkte I erhobenen Beschwerden wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit den in Revision gezogenen Erkenntnissen vom 28. Dezember 2018 als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Die Revisionswerber machen zur Zulässigkeit der Revision geltend, das BVwG habe in den Erkenntnissen aktuelle Länderberichte außer Acht gelassen, insbesondere die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30. August 2018. Diesen Richtlinien komme nach gefestigter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ein besonderer Stellenwert bei der Beurteilung der Lage im Herkunftsland zu.

8 Werden Verfahrensmängel - wie hier hinsichtlich Berücksichtigung aktueller Berichte über die Lage im Herkunftsstaat - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 24.10.2018, Ra 2018/14/0107, mwN). Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 25.2.2019, Ra 2019/20/0049, mwN). Dem Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung lässt sich keine Relevanzdarstellung im Sinn der zitierten Rechtsprechung entnehmen. Es wird nicht konkret dargestellt, welche Feststellungen zu treffen gewesen wären und zu welchem für die Revisionswerber günstigeren Ergebnis diese führen hätten können.

9 Insoweit sich die Revision pauschal gegen die Beweiswürdigung wendet, legt sie nicht dar, dass diese in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre (vgl. zur eingeschränkten Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung etwa VwGH 5.4.2019, Ra 2019/01/0106, mwN).

10 Die Revisionswerber bringen zur Zulässigkeit ihrer Revision weiters vor, die Drittrevisionswerberin gehöre aufgrund ihrer psychischen Erkrankung der sozialen Gruppe der "Menschen mit psychischer Erkrankung bzw. geistiger Behinderung" an. Die Schlussfolgerung des BVwG, der Drittrevisionswerberin drohe im Herkunftsland aufgrund ihrer psychischen Erkrankung keine Verfolgung, obwohl vorgebracht worden sei, dass diese dem Sohn des Feindes übergeben hätte werden sollen, sei nicht nachvollziehbar. 11 Das BVwG hat jedoch dieses Fluchtvorbringen der Revisionswerber für unglaubwürdig befunden. Entfernt sich die Revision aber von den verwaltungsgerichtlichen Feststellungen, ist sie insofern nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl. VwGH 15.3.2018, Ra 2018/20/0090, mwN). Dem weiteren auf der als unglaubwürdig eingestuften Prämisse fußenden Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision ist sohin der Boden entzogen.

12 Von den Revisionswerbern werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 29. Mai 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019200062.L00

Im RIS seit

24.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

24.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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