TE Vwgh Beschluss 2019/6/17 Ra 2018/20/0500

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Veröffentlicht am 17.06.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §11 Abs1
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
B-VG §133 Abs4
MRK Art3
VwGG §28 Abs3
VwGG §33 Abs1
VwGG §34 Abs1
VwGG §46 Abs1

Betreff

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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in den Rechtssachen 1. des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und 2. der Revision des A M in G, vertreten durch Mag. Christian Fauland, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Münzgrabenstraße 92a, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. September 2018, Zl. W261 2167337- 1/15E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

1.

Die Revision wird zurückgewiesen.

2.

Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den

vorigen Stand wird eingestellt.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 9. Oktober 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu seinen Fluchtgründen gab er an, er sei illegal im Iran gewesen und habe dort nicht in die Schule gehen sowie keine Arbeit finden können. Nach Afghanistan könne er nicht zurück, weil er das Land nicht kenne.

2 Mit Bescheid vom 24. Juli 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten als unbegründet ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte es mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnis - nach Durchführung einer Verhandlung - als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei. 4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, die Beweiswürdigung des BVwG sei nicht schlüssig, weil der Revisionswerber in der mündlichen Verhandlung dargelegt habe, dass die in der von der "belangten Behörde" vorgelegten Länderinformation angeführte Unterstützung tatsächlich nicht stattfinde. Zudem sei der Revisionswerber bereits im Alter von einem Jahr in den Iran geflüchtet, wo er den überwiegenden Teil seines Lebens verbracht habe. Da er in Afghanistan über keine sozialen Anknüpfungspunkte verfüge, bestehe auch kein gesicherter Zugang zu Unterkunft, wesentlichen Grundleistungen und Erwerbsmöglichkeiten. Die in diesem Zusammenhang vorgelegten Beweisquellen habe das BVwG lediglich unzureichend gewürdigt und keine weiterführenden Ermittlungen angestellt.

8 Soweit die Revision damit Verfahrensmängel ins Treffen führt, ist darauf hinzuweisen, dass auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden muss. Dies setzt voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 15.4.2019, Ra 2019/20/0110, mwN). Die Revision zeigt mit ihrem pauschalen Vorbringen die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht auf. Im Übrigen setzte sich das BVwG mit den vom Revisionswerber ins Treffen geführten Beweisquellen auseinander und legte in seiner nicht als unvertretbar zu erkennenden Beweiswürdigung dar, weshalb es diesen nicht folgte. 9 Die Einschätzung des BVwG, wonach der Revisionswerber, bei dem es sich um einen erwachsenen, gesunden und erwerbsfähigen Mann handle, der fünf Jahre lang die Schule besucht habe, über mehrjährige Berufserfahrung verfüge und Sprachkenntnisse in Dari aufweise, insbesondere in der Stadt Mazar-e Sharif eine innerstaatliche Fluchtalternative auch ohne soziale Anknüpfungspunkte und ohne Unterstützung seiner Familie vorfinde, deren Inanspruchnahme ihm auch zumutbar sei, begegnet vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen keinen Bedenken und ist nach dem Prüfmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu beanstanden (vgl. dazu auch etwa VwGH 14.3.2019; Ra 2019/18/0079, 7.5.2019, Ra 2019/20/0144, mwN). Eine spezifische Vulnerabilität wird nach der ständigen Rechtsprechung auch nicht alleine dadurch begründet, dass der Revisionswerber jahrelang im Iran gelebt hat (vgl. VwGH 7.3.2018, Ra 2018/18/0103, mwN).

10 Insoweit die Revision geltend macht, der Revisionswerber lege deutlich wahrnehmbare westliche Verhaltensweisen an den Tag und verfüge auch über eine entsprechende Einstellung, sodass er in das Visier von fundamentalistischen Akteuren geraten könne, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt. Das BVwG hat nach Durchführung einer Verhandlung unter näheren beweiswürdigenden Überlegungen eine derartige Verfolgung als nicht glaubhaft gemacht beurteilt. Dass diese Einschätzung an einer vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangelhaftigkeit leiden würde, zeigt die Revision fallbezogen nicht auf.

11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen. 12 Angesichts dieses Ergebnisses kommt der Frage, ob dem vorliegenden Antrag des Revisionswerbers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattzugeben wäre, nur mehr theoretische Bedeutung zu, weshalb sich eine Entscheidung über diesen Antrag erübrigt und das diesbezügliche Verfahren daher mangels rechtlichen Interesses des Revisionswerbers in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen war (vgl. dazu etwa VwGH 10.9.2015, Ra 2015/20/0037, mwN).

Wien, am 17. Juni 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018200500.L00

Im RIS seit

25.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

25.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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