TE Vwgh Beschluss 2019/6/19 Ra 2019/18/0220

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.06.2019
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2019/18/0221Ra 2019/18/0222Ra 2019/18/0223

Betreff

?

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Sutter als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revisionen 1. R A, 2. D A, 3. M A, und 4. Ra A, alle in D, alle vertreten durch Mag.a Nadja Lorenz, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Burggasse 116, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. April 2019, Zlen. 1. L507 2148787-1/20E, 2. L507 2148791- 1/11E, 3. L507 2148786-1/10E und 4. L507 2148788-1/10E, betreffend Asylangelegenheiten (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerber sind alle irakische Staatsangehörige, Schiiten und Angehörige der arabischen Volksgruppe. Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin sind verheiratet und die Eltern des volljährigen Drittrevisionswerbers und der minderjährigen Viertrevisionswerberin sowie eines weiteren minderjährigen Kindes. Am 3. November 2015 stellten die revisionswerbenden Parteien die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz, die sie im Wesentlichen damit begründeten, dass der Erstrevisionswerber von einer schiitischen Miliz bedroht worden sei, weil er die von ihr geforderte Genehmigung für das Betreten der Erdölförderanlage nicht ausgestellt habe. Zudem hätten die Mitglieder dieser Miliz versucht, den Drittrevisionswerber zwangsweise zu rekrutieren. Die Zweit- sowie die Viertrevisionswerberin hätten keine eigenen Fluchtgründe. 2 Mit Bescheiden vom 26. Jänner 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) die Anträge hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.), erkannte den revisionswerbenden Parteien den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihnen befristete Aufenthaltsberechtigungen (Spruchpunkt III.). 3 Mit Erkenntnis vom 2. April 2019 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegen Spruchpunkt I. des Bescheides erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab (Spruchpunkt A) und erklärte die Revision für nicht zulässig (Spruchpunkt B).

4 Begründend führte das BVwG aus, dass der Erstrevisionswerber bei einem Unternehmen des irakischen Erdölministeriums in der Sicherheitsabteilung als Observant tätig gewesen sei. Dabei sei er für die Überwachung der Sicherheitsabläufe, für die Kontrolle an den Eingangstoren, für die Überprüfung von Fahrzeugen sowie für administrative Tätigkeiten zuständig gewesen. Er habe die Tätigkeiten nach den Vorgaben seiner Vorgesetzten ausgeführt, sei aber nicht für die Ausstellung von Ausweisen zuständig gewesen. Daher sei keine gegen die revisionswerbenden Parteien gerichtete Verfolgungsgefahr aus asylrelevanten Gründen glaubhaft dargelegt worden.

5 Dem Vorbringen des Drittrevisionswerbers, wonach eine schiitische Miliz einen Zwangsrekrutierungsversuch vorgenommen habe, sprach das BVwG ebenfalls die Glaubhaftigkeit ab. 6 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, welche zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen vorbringt, dass den revisionswerbenden Parteien aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie eine asylrelevante Verfolgung drohe und der irakische Staat nicht in der Lage sei, sie vor dieser Verfolgung zu schützen. Zudem sei das BVwG nicht ausreichend auf das Parteivorbringen eingegangen, und unterliege das Erkenntnis des BVwG einem Begründungsmangel. 7 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 11 Soweit die Revision in ihren Zulässigkeitsgründen zunächst moniert, dass das BVwG hinsichtlich der zweit- bis viertrevisionswerbenden Parteien die Voraussetzungen für die Beurteilung der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der "Familie" verkannt habe, übersieht sie, dass das BVwG dem Vorbringen des Erstrevisionswerbers, wonach er aufgrund seiner Weigerung, einen Passierschein für eine näher benannte Miliz auszustellen, Verfolgungshandlungen durch ebendiese ausgesetzt gewesen sei, bereits in einer schlüssigen Beweiswürdigung die Glaubhaftigkeit abgesprochen hat, wobei es u.a. die Feststellung traf, dass der Erstrevisionswerber für die Ausstellung von Ausweisen gar nicht zuständig gewesen sei.

12 Dass die - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - vorgenommene Beweiswürdigung des BVwG an einer vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangelhaftigkeit leiden würde (vgl. VwGH 1.3.2019, Ra 2018/18/0552), zeigt die vorliegende Revision, welche den beweiswürdigenden Ausführungen des BVwG nicht substantiiert entgegentritt, hingegen nicht auf.

13 Sofern die Revision weiters rügt, dass das BVwG fälschlicherweise von der staatlichen Schutzfähigkeit des Herkunftsstaates der revisionswerbenden Parteien ausgegangen sei, übersieht sie abermals, dass dem Vorbringen des Erstrevisionswerbers bereits die Glaubhaftigkeit abgesprochen wurde und deshalb spezifische Feststellungen zur Schutzfähigkeit bzw. Schutzwilligkeit des Herkunftsstaates für das BVwG nicht geboten waren.

14 Wenn die Revision schließlich einen Begründungsmangel hinsichtlich des gebotenen Eingehens auf Parteivorbringen geltend macht, ist es nicht ausreichend, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel - in konkreter Weise - darzulegen (vgl. VwGH 3.4.2019, Ra 2018/18/0505, mwN). Eine solche Relevanz der behaupteten Verfahrensfehler legt die gegenständliche Revision, die das Vorbringen des Drittrevisionswerbers vor allem in den Zusammenhang zum - für bereits als unglaubhaft befundenen - Vorbringen des Erstrevisionswerbers stellt, aber nicht hinreichend dar. Soweit die Revision mit ihrem Vorbringen jedoch die Beweiswürdigung des BVwG angreift, zeigt sie eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Mangelhaftigkeit des angefochtenen Erkenntnisses nicht auf (vgl. VwGH 1.3.2019, Ra 2018/18/0552).

15 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 19. Juni 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019180220.L00

Im RIS seit

23.08.2019

Zuletzt aktualisiert am

23.08.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten