TE Vwgh Beschluss 2019/6/19 Ra 2018/20/0373

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Veröffentlicht am 19.06.2019
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Index

E3R E19104000
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §4a
B-VG §133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
32013R0604 Dublin-III

Betreff

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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision des F O in W, vertreten durch Mag. Sonja Scheed, Rechtsanwältin in 1220 Wien, Brachelligasse 16, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Mai 2018, Zl. W153 2195442-1/3E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 14. Dezember 2017 in Ungarn einen Antrag auf internationalen Schutz, wo ihm am 5. Februar 2018 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde.

2 Am 20. Februar 2018 stellte der Revisionswerber in Österreich den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

3 Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 16. April 2018 wurde der Antrag des Revisionswerbers gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und dieser aufgefordert, sich nach Ungarn zurückzubegeben. Unter einem wurde ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, die Außerlandesbringung des Revisionswerbers gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) angeordnet und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Ungarn gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei.

4 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 30. Mai 2018 als unbegründet ab. Weiters sprach es aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 Zur Zulässigkeit der Revision wird im Wesentlichen vorgebracht, das BVwG habe nicht geklärt, ob das Verfahren über den Antrag auf Zuerkennung von Asyl in Ungarn noch anhängig sei. Das sei aber - entgegen der Annahme des BVwG - insoweit von Relevanz, als dann, wenn das Asylverfahren in Ungarn noch nicht abgeschlossen wäre, die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-Verordnung) zur Anwendung gelange und demnach eine Zurückweisung nach § 4a AsylG 2005 nicht erfolgen hätte dürfen.

10 Hinzuweisen ist zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach es sich bei der auf § 4a AsylG 2005 gestützten Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz um eine Entscheidung außerhalb des Anwendungsbereiches der Dublin III-Verordnung handelt (vgl. VwGH 3.5.2016, Ra 2016/18/0049).

11 Der Verwaltungsgerichtshof hat auch bereits mehrfach ausgesprochen, dass § 4a AsylG 2005 unmissverständlich darauf abstellt, ob dem Fremden von einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde (vgl. wiederum VwGH 3.5.2016, Ra 2016/18/0049). Ist einer dieser Tatbestände erfüllt, hat die Behörde den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückzuweisen. Liegen daher die Voraussetzungen des § 4a AsylG 2005 vor, begründen sie nach dessen klaren Wortlaut ein Prozesshindernis für eine inhaltliche Behandlung des Antrages (vgl. VwGH 4.3.2019, Ra 2019/14/0023). Aufgrund der - unstrittig erfolgten - Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Ungarn hat das BVwG die zurückweisende Entscheidung des BFA daher zu Recht bestätigt. Auf die in der Dublin III-VO normierten Zuständigkeitsregeln kam es im vorliegenden Fall nicht an.

12 Soweit sich die Revision in diesem Zusammenhang auf das hg. Erkenntnis vom 17. November 2016, Ra 2016/21/0270, beruft, übersieht sie, dass dem zitierten Fall keine Zurückweisung gemäß § 4a AsylG 2005 zugrunde lag, sondern eine angeordnete Schubhaft zur Sicherung der Durchführung einer gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordneten Außerlandesbringung. Auf das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen in Bezug auf einen Antrag auf internationalen Schutz kam es dort somit nicht an.

13 Werden darüber hinaus Verfahrensmängel - wie hier Ermittlungs- und Begründungsmängel aufgrund fehlender Feststellungen betreffend die Prüfung des Kindeswohls und der Unterbringungssituation in Ungarn - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 11.2.2019, Ra 2018/20/0479, mwN). Eine solche Relevanzdarstellung enthält die vorliegende Revision jedoch nicht. 14 Insoweit die Revision das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung beanstandet, vermag sie nicht aufzuzeigen, dass eine Verletzung der in der Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien zur Verhandlungspflicht im Zulassungsverfahren nach der Sonderbestimmung des § 21 Abs. 6a BFA-VG, wonach das BVwG ua. über Beschwerden gegen zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entscheiden kann (vgl. dazu VwGH 30.6.2016, Ra 2016/19/0072), vorgelegen wäre.

15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 19. Juni 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018200373.L00

Im RIS seit

25.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

25.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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