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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AVG §45 Abs2Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision des S K M, vertreten durch Mag. Georg Bürstmayr, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hahngasse 25/5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29. Jänner 2019, Zl. W257 2147340- 1/23E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 28. Juni 2015 gemeinsam mit seinem mitgereisten Bruder einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu seinen Fluchtgründen brachte er zusammengefasst vor, die Taliban hätten seinen Vater, der bei der Polizei gearbeitet habe, entführt und auf das Haus der Familien einen Anschlag verübt.
2 Mit Bescheid vom 13. Jänner 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte dem Revisionswerber den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis vom 29. Jänner 2019 als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. Begründend führte das BVwG aus, der Revisionswerber habe eine Verfolgung durch die Taliban nicht glaubhaft machen können. Das diesbezügliche Vorbringen des Revisionswerbers widerspreche den Angaben seines Bruders und sei unplausibel. Auch habe die vorgebrachte Fluchtgeschichte im Rahmen einer vor Ort durchgeführten Recherche durch einen vom BVwG beauftragten Begutachter nicht bestätigt werden können. Das Gutachten habe die Angaben des Revisionswerbers widerlegt, wonach der Grund für den Wegzug bzw. die Flucht der Familie ein Brandangriff auf das Haus gewesen wäre. Zudem sei die Familie wieder in das Haus zurückgekehrt, weshalb davon auszugehen sei, dass keine Gefahr gegenüber der Familie bestehe. 4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in
nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, das BVwG habe sich nicht damit auseinandergesetzt, dass der Revisionswerber das in den UNHCR Richtlinien zu Afghanistan vom 30. August 2018 angeführte Risikoprofil von Familienangehörigen von Personen, die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung oder mit der internationalen Gemeinschaft verbunden seien oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen, erfülle. 8 Wenn der Revisionswerber eine Auseinandersetzung mit den UNHCR Richtlinien in diesem Zusammenhang vermisst, macht er einen Verfahrensmangel geltend, der schon deshalb nicht relevant ist, weil sich das BVwG mit dem Vorbringen zum Fluchtgrund des Revisionswerbers in einer nicht als unschlüssig zu erkennenden Beweiswürdigung auseinandergesetzt und dessen Glaubwürdigkeit mit näherer Begründung verneint hat (vgl. dazu VwGH 27.3.2019, Ra 2019/14/0067, mwN). Es ist nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Beauftragung von Recherchen vor Ort zu dem Ergebnis gelangt, dass es dem Revisionswerber nicht gelungen sei, eine individuelle Bedrohung glaubhaft zu machen.
9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. VwGH 31.1.2019, Ra 2019/20/0028, mwN). 10 Eine solche Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung vermag die Revision nicht aufzuzeigen. Soweit der Revisionswerber eine mangelhafte Begründung im Hinblick auf das vorgebrachte fluchtauslösende Ereignis geltend macht, übersieht er, dass das BVwG die Gründe angeführt hat, welche es in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, festzustellen, dass an dem Haus der Familie des Revisionswerbers kein Anschlag verübt worden sei und die Familie des Revisionswerbers wieder in dem Haus lebe. Zudem stützte sich das BVwG entgegen den Ausführungen in der Revision nicht bloß auf einen Teilaspekt der Fluchtgeschichte, sondern auch auf begründete Zweifel an der persönlichen Glaubwürdigkeit des Revisionswerbers und näher dargelegte Ungereimtheiten sowie Unklarheiten in dessen Vorbringen. Das BVwG berücksichtigte in Bezug auf die Angabe des Revisionswerbers - entgegen den Ausführungen in der Revision - auch dessen jugendliches Alter zu seinen Gunsten.
11 Ebenso ist das Revisionsvorbringen, wonach die durch das Gutachten bestätigten Angaben des Revisionswerbers nicht berücksichtigt worden seien, nicht geeignet, die Beweiswürdigung des BVwG zu entkräften. Die Beweiswürdigung ist nämlich nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges (nicht aber die konkrete Richtigkeit) handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind (vgl. VwGH 15.11.2018, Ra 2018/19/0357, mwN). Ein Abweichen von der in der Revision zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist somit nicht ersichtlich. 12 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 24. Juni 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019200126.L00Im RIS seit
25.07.2019Zuletzt aktualisiert am
25.07.2019