TE Vwgh Beschluss 2019/6/24 Ra 2018/18/0543

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Veröffentlicht am 24.06.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art133 Abs4
MRK Art3
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Nedwed und die Hofrätin MMag. Ginthör als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des K M, vertreten durch Mag. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Oktober 2018, Zl. W175 2180280- 1/7E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber ist Staatsangehöriger Somalias und stammt aus der Stadt Beled Hawo (Provinz Gedo). Er stellte am 20. April 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, er werde aufgrund der heimlichen Eheschließung mit der Angehörigen eines anderen Clans und der Geburt eines gemeinsamen Kindes von der Familie seiner Ehefrau verfolgt.

2 Mit Bescheid vom 10. November 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Somalia zulässig sei, und legte für die freiwillige Ausreise eine zweiwöchige Frist ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4 In seiner Begründung führte das BVwG - soweit entscheidungswesentlich - zusammengefasst aus, der Revisionswerber sei ein gesunder, arbeitsfähiger Mann mit Schul- und Berufsausbildung. Dass er über keine Familienangehörigen mehr im Herkunftsstaat verfüge, oder - wie von ihm vorgebracht - dem Clan der Madhibaan angehöre, könne aufgrund näher dargelegter Widersprüche und Unplausibilitäten nicht festgestellt werden. Auch sei es dem Revisionswerber nicht gelungen, glaubhaft darzulegen, dass er im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat einer konkreten Verfolgung ausgesetzt wäre. Hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten hielt das BVwG fest, es sei dem Revisionswerber im Herkunftsstaat möglich, seine Grundbedürfnisse ausreichend zu decken. Die somalische Regierung kontrolliere beinahe alle wichtigen Städte in Gedo. In der Heimatstadt des Revisionswerbers befänden sich zudem größere Garnisonen der African Union Mission in Somalia (AMISOM), wodurch eine gewisse Sicherheit erwartet werden könne. Die Dürresituation in Somalia habe sich durch die zwischenzeitig eingetretenen Niederschläge gebessert und es sei eine Entspannung der Ernährungssituation eingetreten. Die Zukunftsprognosen speziell für das Wohngebiet des Revisionswerbers seien durchwegs eher positiv. Sowohl der Revisionswerber als auch sein Vater übten Berufe aus, die nicht von der Wettersituation bzw. von der Landwirtschaft abhängig seien. Wenn auch in der Großstadt die Versorgungslage leicht angespannt sei, sei es dem Revisionswerber und seiner Familie dennoch möglich, aufgrund ihres geregelten, wetterunabhängigen Einkommens ihre Grundbedürfnisse ausreichend zu decken. Dem Revisionswerber werde es aufgrund seiner Ausbildung und Berufserfahrung möglich sein, (wieder) eine Beschäftigung in Somalia zu finden, weshalb ein reales Risiko einer Art. 3 EMRK-Verletzung nicht bestehe.

5 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Zu ihrer Zulässigkeit führt sie aus, das BVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, indem es aktenwidrig angenommen habe, der Revisionswerber habe hinsichtlich der Verfolgungshandlungen aufgrund seiner Clanzugehörigkeit lediglich Allgemeinplätze und kindliche Streiche angeführt. Weiters habe das BVwG nicht ausreichend begründet, weshalb es die Zugehörigkeit des Revisionswerbers zum Clan der Madhibaan verneine. Dieser Begründungsmangel ziehe zudem sekundäre Feststellungsmängel nach sich. So hätte das BVwG näher genannte Länderberichte heranziehen und in der Folge entsprechende Feststellungen zu einer Verfolgung des Revisionswerbers aufgrund seiner Clanzugehörigkeit treffen müssen. Schließlich habe das BVwG Berichte zitiert, aus denen hervorgehe, dass die Zahl der Hilfsbedürftigen in Somalia aufgrund der Dürreschäden immer noch hoch sei, und nicht festgestellt, dass es der Familie des Revisionswerbers überdurchschnittlich gut gehe. Das Land habe auch die schwersten Überschwemmungen seit 60 Jahren erlitten. Nach den im angefochtenen Erkenntnis zitierten Berichten sei Gedo ein "Hotspot", welcher dringend Hilfe von außen benötige. Vor diesem Hintergrund hätte das BVwG dem Revisionswerber subsidiären Schutz zuerkennen müssen.

Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen. 7 Insoweit sich die Zulässigkeitsbegründung auf aktenwidrige Feststellungen beruft, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach eine Aktenwidrigkeit lediglich dann anzunehmen ist, wenn der Akteninhalt unrichtig wiedergegeben wurde, nicht aber, wenn - so wie im vorliegenden Fall - Feststellungen getroffen werden, die auf Grund der Beweiswürdigung oder einer anders lautenden rechtlichen Beurteilung mit den Behauptungen einer Partei nicht übereinstimmen (VwGH 27.6.2017, Ra 2016/12/0001).

8 Eine derartige unrichtige Wiedergabe des Akteninhalts legt die Revision nicht dar. Vielmehr rügt sie bezogen auf die durch das BVwG verneinte Zugehörigkeit des Revisionswerbers zum Clan der Madhibaan eine mangelhafte Beweiswürdigung. Dass diese Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre, vermag die Revision jedoch nicht aufzuzeigen (vgl. zum diesbezüglichen Prüfmaßstab etwa VwGH 19.12.2017, Ra 2017/18/0307).

9 Da das Bundesverwaltungsgericht das Vorbringen des Revisionswerbers, wonach er dem Clan der Madhibaan angehöre, im Rahmen einer als nicht unschlüssig zu qualifizierenden Beweiswürdigung als nicht glaubhaft einstufte und seiner rechtlichen Beurteilung somit nicht zugrunde legte, erübrigte sich auch die Frage, ob dem Revisionswerber aufgrund der behaupteten Clanzugehörigkeit asylrelevante Verfolgung drohen könnte. Die geltend gemachten sekundären Feststellungsmängel liegen somit nicht vor.

10 Insofern die Revision weiters geltend macht, dem Revisionswerber hätte auf Basis der getroffenen Feststellungen subsidiärer Schutz zuerkannt werden müssen, ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, dass die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK nicht ausreichend ist. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, dass exzeptionelle Umstände vorliegen (vgl. etwa VwGH 31.1.2019, Ra 2018/14/0196; 25.4.2017, Ra 2016/01/0307, jeweils mwN). 11 Entgegen dem Revisionsvorbringen finden die rechtlichen Erwägungen des BVwG fallbezogen ausreichend Deckung in den dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde gelegten Feststellungen. Diesen Feststellungen entgegenstehende bzw. widersprechende Berichte oder das Vorliegen exzeptioneller Umstände im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung werden in der Revision nicht dargelegt (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Sachverhalt auch VwGH 18.3.2019, Ra 2018/18/0538, mwN); insbesondere ergibt sich aus den im angefochtenen Erkenntnis wiedergegebenen Berichten nicht, dass die Herkunftsstadt des Revisionswerbers als "Hotspot" zu betrachten wäre, weil die vom BVwG herangezogenen (und auch in der Revision zitierten) Quellen diesbezüglich nur den ländlichen bzw. agropastoralen Raum, insbesondere das Juba-Tal in Gedo, nicht aber die Herkunftsstadt des Revisionswerbers nennen.

12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 24. Juni 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018180543.L00

Im RIS seit

22.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

22.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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