Entscheidungsdatum
11.05.2017Norm
B-VG Art130 Abs1 Z2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin Dr. Raunig über die Maßnahmenbeschwerde des Herrn LG, geb. ***, vertreten durch Ecker Embacher Neugschwendtner Rechtsanwälte in ***, ***, betreffend die Einbehaltung des Konventionsreisepasses durch Organe des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Regionaldirektion Niederösterreich, ***, *** - als belangte Behörde - nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Beschwerdeverhandlung, zu Recht:
1. Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 6 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) stattgegeben und die Einbehaltung des Konventionsreisepasses des Beschwerdeführers für rechtswidrig erklärt.
2. Der rechtswidrige Zustand wird gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG insofern aufgehoben, als dass der Konventionsreisepass unverzüglich nach Zustellung dieses Erkenntnisses herauszugeben ist.
3. Der Bund hat gemäß § 35 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 VwGVG i.V.m. § 1 VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 517/2013 i.d.g.F. dem Beschwerdeführer – als obsiegende Partei – den Schriftsatzaufwand und den Verhandlungsaufwand in Höhe von gesamt € 1.659,60 binnen einer Frist von 14 Tagen ab Zustellung dieses Erkenntnisses zu ersetzen.
4. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Mit Maßnahmenbeschwerde vom 22.09.2016 brachte der Beschwerdeführer vor, dass sich die auf § 88 Abs. 2 FPG gestützte Verhaltensbeschwerde gegen die rechtswidrige Einbehaltung des für den Beschwerdeführer ausgestellten Konventionsreisepasses richte.
Dem Beschwerdeführer sei mit Bescheid des Bundesasylsenates vom 23.06.1999 Asyl gewährt und festgestellt worden, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.
Auf Grund mehrerer rechtskräftiger strafrechtlicher Verurteilungen sei der Beschwerdeführer von Organen der belangten Behörde während seiner Anhaltung in Strafhaft zu einem nicht mehr erinnerlichen Zeitpunkt aufgefordert worden, seinen Konventionsreisepass bei der belangten Behörde abzugeben. Dieser Aufforderung habe der Beschwerdeführer nach seiner Haftentlassung im Februar 2015 entsprochen. Seither werde der Konventionsreisepass von der belangten Behörde einbehalten.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21.03.2016 sei dem Beschwerdeführer der zuerkannte Status des Asylberechtigten aberkannt worden. Dieser Bescheid sei auf Grund einer eingebrachten Beschwerde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.06.2016 zur Gänze aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen worden.
Nach Erhalt dieser Entscheidung habe der Beschwerdeführer am 11.07.2016 einen Antrag auf Ausfolgung des Konventionsreisepasses gestellt. Dieser Antrag sei von der belangten Behörde bisher nicht erledigt worden.
Mit dringender Urgenz vom 20.09.2016 habe der Beschwerdeführer neuerlich darauf hingewiesen, dass die Einbehaltung des Konventionsreisepasses ohne Rechtsgrundlage erfolge und ihm der Konventionsreisepass wieder auszufolgen sei.
Am 22.09.2016 habe die zuständige Sachbearbeiterin dem Vertreter des Beschwerdeführers mitgeteilt, dass der Konventionsreisepass nicht ausgefolgt werde. Dagegen richte sich die eingebrachte Beschwerde.
Gemäß § 88 Abs. 2 SPG erkennen die Landesverwaltungsgerichte über Beschwerden von Menschen, die behaupten, auf andere Weise durch die Besorgung der Sicherheitsverwaltung in ihren Rechten verletzt worden zu sein, sofern dies nicht in Form eines Bescheides erfolge. Damit werde eine Abgrenzung zu § 88 Abs. 1 SPG, der die Maßnahmenbeschwerde gegen Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt regle, vorgenommen.
Gemäß § 2 Abs. 2 SPG bestehe die Sicherheitsverwaltung unter anderem aus der Fremdenpolizei.
Das rechtswidrige Verhalten der belangten Behörde dauere an, die Beschwerde sei somit rechtzeitig.
Gemäß § 94 Abs. 5 FPG gelten die §§ 88 Abs. 4 sowie §§ 89 bis 93 auch für Konventionsreisepässe. Somit seien bei der Entziehung eines Konventionsreisepasses die in § 93 Abs. 1 FPG normierten Voraussetzungen zu beachten.
Ungeachtet der Frage der Zulässigkeit der Entziehung könne sich die Einbehaltung eines, auf welche Weise auch immer, in die Gewahrsame der belangten Behörde gekommenen Konventionsreisepasses nur auf die Entziehungstatbestände stützen. Da derartige Gründe im Falle des Beschwerdeführers nicht vorliegen, der Konventionsreisepass mittlerweile mehr als eineinhalb Jahre bei der belangten Behörde verblieben sei und die Voraussetzungen für die Aberkennung des Asylstatus offenkundig nicht vorliegen, da seit der Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes keine Verfahrensschritte gesetzt worden seien, sei die Einbehaltung des Konventionsreisepasses rechtswidrig.
Deswegen werden die Anträge gestellt, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung festzustellen, dass die Nichtausfolgung des Konventionsreisepasses an den Beschwerdeführer trotz Antrages rechtswidrig gewesen sei und nach wie vor sei, in eventu festzustellen, dass sich das BFA in Vollziehung des FPG und Asylgesetzes rechtswidrig verhalten habe und den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt habe und dem Beschwerdeführer den Ersatz der Kosten des Verfahrens gemäß § 35 VwGVG zuzuerkennen.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich übermittelte gegenständliche Maßnahmenbeschwerde dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Seitens der belangten Behörde wurde mit Schreiben vom 11.11.2016 zur gegenständlichen Maßnahmenbeschwerde Stellung genommen und ausgeführt, dass am 27.01.2015 seitens der Organwalterin des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl eine Einvernahme zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme des Beschwerdeführers, dies als Folge der Entlassung aus der Strafhaft, erfolgt sei. Im Rahmen dieser Amtshandlung sei der Verfahrenspartei (dem Beschwerdeführer) eine Frist von vier Tagen gesetzt worden, um den Konventionsreisepass in Vorlage zu bringen und kam der Beschwerdeführer dieser Aufforderung nach. Im Zuge der weiteren Aktenbearbeitung sei das Dokument beim Verfahrensakt belassen worden.
Auf Grund dessen, dass der Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten erhalten habe und dieser Status auf Grund der vielfachen Straffälligkeiten abzuerkennen gewesen sei, sei der Akt am 22.03.2016 zum Zweck der Führung des Aberkennungsverfahrens an eine Organwalterin des BFA als zuständige Asylreferentin abgetreten worden. Während des eingeleiteten und laufenden Aberkennungsverfahrens sei der Konventionsreisepass im Akt verblieben.
Der Aktenlauf gestalte sich derart, dass mit Bescheid vom 21.03.2016 der Asylstatus aberkannt worden sei, kein subsidiärer Schutz zugesprochen und eine Rückkehrentscheidung in den Kosovo ausgesprochen worden sei. Dieser Bescheid sei in zweiter Instanz zur Gänze aufgehoben und zur neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückverwiesen worden.
Am 28.10.2016 sei eine neuerliche Entscheidung seitens des BFA ergangen. Darin sei dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten aberkannt, kein subsidiärer Schutz zuerkannt, die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig erklärt und dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 Abs. 1 erteilt worden.
Das Aberkennungsverfahren befinde sich derzeit im Beschwerdestadium und sei noch nicht rechtskräftig entschieden worden.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich beraumte eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung für den 19.12.2016 an, zu welcher der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers erschienen ist. Mit diesem wurde die Sach- und Rechtslage besprochen.
Seitens des Rechtsvertreters wurde in der mündlichen Verhandlung der schriftliche Antrag auf Ausfolgung des Konventionsreisepasses vom 11.07.2016 vorgelegt, weiters ein Email vom 11.07.2016, vom 20.09.2016 und eine Urgenz vom 20.09.2016 und wurden diese Urkunden als Beilagen ./A bis ./D zum Akt genommen.
Seitens des Beschwerdeführervertreters wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer den Konventionsreisepass zwar freiwillig über Aufforderung abgegeben habe. Dies werde jedoch mit der Maßnahmenbeschwerde nicht bekämpft. Diese beziehe sich auf die Nichtausfolgung nach Erlass der Entscheidung vom 10.06.2016 des Bundesverwaltungsgerichtes.
Gegen die neuerliche Entscheidung des BFA, mit welchem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden sei, sei vom Beschwerdeführer neuerlich Beschwerde erhoben worden und sei das Verfahren nach wie vor beim Bundesverwaltungsgericht anhängig.
Seitens des Beschwerdeführervertreters werde vorgebracht, dass nichts bezüglich eines Bescheides hinsichtlich der Entziehung des Konventionsreisepasses bekannt sei.
Mit dem Beschwerdeführervertreter wurde das weitere Vorgehen im Verfahren erörtert und diesem eine weitere Frist zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme von vier Wochen eingeräumt.
Mit Schriftsatz vom 16.01.2017 brachte der Beschwerdeführer vor, dass das in Beschwerde gezogene Verhalten in einem Unterlassen der belangten Behörde bestehe und sei richtigzustellen, dass die für die Beschwerde maßgebliche Rechtsgrundlage § 88 Abs. 2 SPG laute. Es handle sich somit nicht um eine Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, sondern um eine Beschwerde gegen die Rechtswidrigkeit des Verfahrens der belangten Behörde, konkret die Untätigkeit durch Nichterledigung des Antrages auf Ausfolgung des Konventionsreisepasses und die andauernde Einbehaltung des ausgestellten Dokumentes.
Somit seien auch die in der Beschwerdeverhandlung erörterten, für Konventionsreisepässe maßgeblichen, Rechtsgrundlagen nicht entscheidungswesentlich. Zumal § 94 Abs. 5 FPG auch auf die für Fremdenpässe geltenden §§ 92 und 93 FPG verweise, sei festzuhalten, dass derartige Maßnahmen durch Erlassung von Bescheiden zu setzen seien und ein Bescheid nicht erlassen worden sei.
Ungeachtet der Frage der Bescheiderlassung sei noch festzuhalten, dass kein Grund im Sinne des § 92 FPG vorliege, weil nach der Rechtsprechung des VwGH die Versagungsgründe des § 92 FPG vor dem Hintergrund der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Aberkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen als Staatenlose, als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes zu lesen seien. Diese Bestimmung sehe vor, dass die Mitgliedsstaaten Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden sei, Reiseausweise für Reisen außerhalb ihres Gebietes ausstellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen (vgl. VwGH 16.05.2013, Zl. 2013/21/0003).
Somit wäre zu prüfen, ob zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung der Ausstellung des Konventionsreisepasses entgegenstehen. Dies sei im Fall des Beschwerdeführers zu verneinen, ebenso sei zu verneinen, dass auf Grund der erlittenen Verurteilungen die Annahme gerechtfertigt sei, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährden würde. Bei keiner der erlittenen Verurteilungen habe ein Auslandsbezug bestanden, weshalb diese Annahme völlig ungerechtfertigt wäre.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich übermittelte der belangten Behörde gegenständliche Stellungnahme und räumte dieser ebenfalls die Möglichkeit einer Replik binnen 14 Tagen ein. Bis dato ist seitens der belangten Behörde keine Stellungnahme eingelangt.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat hiezu Folgendes erwogen:
Nachstehender Sachverhalt steht fest:
Der Beschwerdeführer LG ist am *** geboren und Staatsangehöriger von Serbien.
Dem Beschwerdeführer wurde im Jahr 1999 mit Bescheid des Bundesasylsenates vom 23.06.1999 Asyl gewährt und ihm die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.
Der Beschwerdeführer wurde in Österreich mehrfach – beginnend 2002 – gerichtlich verurteilt. Infolge dessen wurde der Beschwerdeführer am 27.01.2015 von Organen der belangten Behörde einvernommen. Der Beschwerdeführer wurde im Zuge dieser Einvernahme aufgefordert, seinen ihm ausgestellten Konventionsreisepass binnen einer Frist von vier Tagen zur Vorlage zu bringen. Der Beschwerdeführer hat dieser Aufforderung freiwillig entsprochen und den Konventionsreisepass bei der belangten Behörde abgegeben.
Diesbezüglich wurde von der belangten Behörde kein Entziehungsbescheid des Konventionsreisepasses gemäß den Vorschriften des FPG erlassen.
Mit Bescheid vom 21.03.2016 wurde dem Beschwerdeführer der zuerkannte Status eines Asylberechtigten aberkannt. Dieser Bescheid wurde vom Beschwerdeführer beim Bundesverwaltungsgericht angefochten. Das Bundesverwaltungsgericht behob gegenständlichen Bescheid am 10.06.2016 und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurück.
Seitens der belangten Behörde wurde in weiterer Folge am 14.11.2016 neuerlich ein Bescheid erlassen, mit welchem dem Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten aberkannt und ihm eine Aufenthaltsberechtigung gemäß Art. 8 EMRK erteilt wurde. Weiters wurde ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist und dass der Beschwerdeführer nicht subsidiär schutzberechtigt ist.
Bezüglich der Aberkennung des Status des Asylberechtigten wurde vom Beschwerdeführer neuerlich Beschwerde erhoben und ist dieses Verfahren nach wie vor beim Bundesverwaltungsgericht anhängig.
Der Beschwerdeführer hat am 11.07.2016 einen Antrag auf Ausfolgung des Konventionsreisepasses bei der belangten Behörde gestellt. Weiters hat der Beschwerdeführer am 20.09.2016 schriftlich bezüglich der Ausfolgung urgiert. Am 22.09.2016 wurde von einem Organ der belangten Behörde mitgeteilt, dass der Konventionsreisepass nicht ausgefolgt werde.
Der Konventionsreisepass befindet sich nach wie vor bei der belangten Behörde.
Zu diesen Feststellungen gelangt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich auf Grund des gesamten Verfahrensaktes sowie des durchgeführten Beweisverfahrens.
Die Feststellungen bezüglich des Gangs und des Standes des Asylverfahrens gründen sich einerseits auf die erstellten und im Akt befindlichen EKIS-Datenauszüge sowie auf die übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers und der belangten Behörde. Gleich verhält es sich mit den Feststellungen, dass dem Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wurde und dass das zweite Aberkennungsverfahren zwar anhängig aber noch nicht rechtskräftig beendet ist.
Überhaupt war der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht strittig, zumal sowohl der Beschwerdeführer als auch die belangte Behörde übereinstimmend angaben, dass der Konventionsreisepass über Aufforderung abgegeben worden ist und nach wie vor nicht ausgefolgt wurde. Die Feststellung bezüglich der Freiwilligkeit der Abgabe basiert auf den eigenen Angaben des Beschwerdeführers und deckt sich auch mit dem Vorbringen der belangten Behörde.
Dass der Beschwerdeführer diesbezüglich urgiert hat, ergibt sich aus den vorgelegten Aufforderungs- und Urgenzschreiben.
Auf dieser Grundlage konnten somit die entscheidungswesentlichen Feststellungen bedenkenlos getroffen werden.
In rechtlicher Hinsicht war zu erwägen:
Nach Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG erkennen die Verwaltungsbehörden über Beschwerden gegen Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht – sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist – die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Ist im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben. Dauert die für rechtswidrig erklärte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Zustand herzustellen.
Gegenstand dieser Beschwerde ist die (noch immer andauernde) Einbehaltung des freiwillig abgegebenen Konventionsreisepasses des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde – trotz mehrmaliger Aufforderung des Beschwerdeführers zwecks Herausgabe desselben.
Die Beschwerde ist gemäß § 7 Abs. 4 Z 3 VwGVG rechtzeitig – wurde dem Beschwerdeführer am 22.09.2016 mitgeteilt, dass der Konventionsreisepass nicht herausgegeben wird.
Ein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt vor, wenn er von Verwaltungsorganen im Bereich der Hoheitsverwaltung relativ formfrei gesetzt wird, sich an einen individuell bestimmten Personenkreis wendet und entweder in Form eines Befehls ergeht oder in der Anwendung physischen Zwangs besteht. Merkmale der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt sind unter anderem, dass der Akt von einem Verwaltungsorgan gesetzt wird und es sich um den Bereich der Hoheitsverwaltung handelt, der Akt individuell konkretisiert sein muss und er durch relative Verfahrensfreiheit gekennzeichnet ist.
Zentrales Merkmal derartiger Akte ist sohin die Normativität. Diese manifestiert sich bei Befehlsakten darin, dass gegenüber dem Adressaten eine bei Nichtbefolgung unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird bzw. dass aus den Begleitumständen erkennbar ist, dass eine solche droht, sofern der Betroffene an der Amtshandlung nicht freiwillig mitwirkt.
Sofern gegen den Betroffenen kein unmittelbarer physischer Zwang ausgeübt wird und ein solcher auch nicht unmittelbar droht, kann das Einschreiten eines Verwaltungsorganes (grundsätzlich) nicht als Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gewertet werden (siehe dazu beispielsweise VwGH 28.2.1997, 96/02/0299).
Bloße Wünsche und Aufforderungen beinhalten per se keinen Befolgungsanspruch.
Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben sich bei der behördlichen Untätigkeit. Hiebei ist mitunter zwischen bloßer Untätigkeit und qualifizierter Untätigkeit der Behörde zu unterscheiden. Bei qualifizierter Untätigkeit wird die Rückgabe beispielsweise eines KFZ-Zulassungsscheines, einer Waffe, von Privaturkunden oder von Kennzeichentafeln verweigert – sohin zwangsweise Gegenstände zurückbehalten – (vgl. diesbezüglich VfSlg. 6101/1969, VfSlg. 8131/1977, u.a.). Die Behörde behält bei dieser qualifizierten Form der Untätigkeit gegen den Willen des Beschwerdeführers zwangsweise Gegenstände zurück, an denen der Beschwerdeführer ein Recht hat. Dieses Verhalten kann Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde sein.
Eine bloße oder schlichte Untätigkeit kann hingegen nicht Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde sein – sogar wenn diese im Anschluss an einen zwangsweisen Eingriff erfolgt (vgl. VwSlg. 6461a/1977; VfSlg. 9813/1983). So hielt der VfGH bereits mehrmals fest, dass die Nichtausfolgung eines nach dem KFG abgenommenen Führerscheins eine bloße Untätigkeit eines Verwaltungsorgans keine bekämpfbare Maßnahme darstellt (vgl. VfSlg. 9931/1983).
Wesentliches Unterscheidungskriterium bezüglich der schlichten und qualifizierten Untätigkeit ist, ob individuell, vorsätzlich in subjektive Rechte des Betroffenen eingegriffen wird und damit folglich auch eine Eingriffswirkung erzielt wird. Hingegen stellt zufälliges, unwillkürliches oder unabsichtliches Handeln keine Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar.
Darüber hinaus fehlt es an der Maßnahmenqualität, wenn die Durchführung auf Basis der Freiwilligkeit des Rechtsunterworfenen erfolgt.
Ausgehend von den Feststellungen, hat der Beschwerdeführer zwar den Konventionsreisepass über Aufforderung der belangten Behörde freiwillig abgegeben. Diese Freiwilligkeit erstreckt sich aber nicht auf den gesamten Einbehaltungszeitraum. Dies ergibt sich bereits auf Grund der mehrmaligen Aufforderung des Beschwerdeführers an die belangte Behörde zur Herausgabe des Passes.
Jedenfalls mit der Aufforderung zur Herausgabe seines Konventionsreispasses, ist jegliche Freiwilligkeit entfallen.
Die Behörde behält in diesem Fall gegen den Willen des Beschwerdeführers zwangsweise den Konventionsreisepass zurück.
Zu prüfen war, ob im Verhalten der belangten Behörde eine bloße Untätigkeit oder eine qualifizierte Untätigkeit liegt. Während eine bloße Untätigkeit nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde sein kann, könne Letztere sehr wohl mit Beschwerde angefochten werden.
Die dafür maßgeblichen Rechtsvorschriften lauten:
Alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei einem Unabhängigen Verwaltungssenat der Länder anhängigen Berufungsverfahren und Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nach diesem Bundesgesetz sind ab 1. Jänner 2014 vom jeweils zuständigen Landesverwaltungsgericht nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 zu Ende zu führen.
(1) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können die Ausstellung eines Fremdenpasses selbst beantragen. Die Ausstellung bedarf in solchen Fällen der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters; diese ist vom Antragsteller nachzuweisen.
(2) Ein Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses für einen Minderjährigen bedarf der Genehmigung des Pflegschaftsgerichtes, wenn
1. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass durch einen Auslandsaufenthalt des Minderjährigen dessen Wohl beeinträchtigt wäre oder
2. eine Person, der die Pflege und Erziehung des Minderjährigen zusteht, der Ausstellung widerspricht.
(3) Abs. 1 und 2 gelten auch für die Erweiterung des Geltungsbereiches von Fremdenpässen Minderjähriger.
(1) Fremdenpässe können mit einer Gültigkeitsdauer von fünf Jahren ausgestellt werden, es sei denn, dass
1. eine kürzere Gültigkeitsdauer beantragt wird oder
2. im Hinblick auf die für die Ausstellung des Fremdenpasses maßgeblichen Voraussetzungen eine kürzere Gültigkeitsdauer ausreichend ist.
(2) Bei Fremdenpässen mit einer Gültigkeitsdauer von nicht mehr als sechs Monaten darf die Beschriftung der maschinenlesbaren Zone entfallen.
(3) Die Verlängerung der Gültigkeitsdauer eines Fremdenpasses ist unzulässig.
(1) Fremdenpässe werden mit einem Geltungsbereich für alle Staaten der Welt ausgestellt, es sei denn, dass ein eingeschränkter Geltungsbereich beantragt wird. Der Geltungsbereich eines Fremdenpasses wird auf Antrag erweitert oder eingeschränkt.
(2) Der Geltungsbereich eines Fremdenpasses umfasst keinesfalls jenen Staat, dessen Staatsangehöriger der Fremde ist; im Fall der Staatenlosigkeit, mit Ausnahme der Fälle des Abs. 3, nicht jenen Staat, in dem der Fremde seinen früheren gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
(3) Der Geltungsbereich eines Fremdenpasses kann in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen aus humanitären Gründen im Fall der Staatenlosigkeit auch jenen Staat umfassen, in dem der Fremde seinen früheren gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
(1) Die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Fremdenpasses ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass
1. der Fremde das Dokument benützen will, um sich einer wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung im Inland eingeleiteten Strafverfolgung oder Strafvollstreckung zu entziehen;
2. der Fremde das Dokument benützen will, um Zollvorschriften zu übertreten;
3. der Fremde das Dokument benützen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen;
4. der Fremde das Dokument benützen will, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken;
5. durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.
(2) Die Ausstellung eines Fremdenpasses ist zu versagen, wenn der Fremde unentschuldigt einer Ladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung, in der diese Folge angekündigt ist, nicht Folge leistet oder an der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht mitwirkt.
(1) Ein Fremdenpass ist zu entziehen, wenn
1. nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, welche die Versagung der Ausstellung des Fremdenpasses rechtfertigen würden;
2. das Lichtbild fehlt oder die Identität des Inhabers nicht mehr zweifelsfrei erkennen lässt;
3. eine Eintragung der Behörde unkenntlich geworden ist;
4. der Fremdenpass verfälscht, nicht mehr vollständig oder aus sonstigen Gründen unbrauchbar geworden ist.
(2) Vollstreckbar entzogene Fremdenpässe sind der Behörde unverzüglich vorzulegen. Sie stellen keine gültigen Reisedokumente dar.
(3) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, einen ihnen vorgelegten Fremdenpass abzunehmen, wenn dieser vollstreckbar entzogen worden ist. Der Fremdenpass ist unverzüglich der Behörde vorzulegen, in deren örtlichen Wirkungsbereich das Organ eingeschritten ist. Diese hat den Fremdenpass an jene Behörde weiterzuleiten, welche die Entziehung verfügt hat.
(1) Konventionsreisepässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des Asylberechtigten zukommt, auf Antrag auszustellen.
(2) Konventionsreisepässe können darüber hinaus Fremden, denen in einem anderen Staat der Status des Asylberechtigten gewährt wurde, auf Antrag ausgestellt werden, wenn sie kein gültiges Reisedokument besitzen und ohne Umgehung der Grenzübertrittskontrolle eingereist sind.
(3) Die Behörde hat bei Ausübung des ihr in Abs. 2 eingeräumten Ermessens einerseits auf die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers, andererseits auf sicherheitspolizeiliche Belange sowie auf eine mögliche Beeinträchtigung der Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat Bedacht zu nehmen.
(4) Konventionsreisepässe werden nach dem Muster des Annexes zur Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ausgestellt.
(5) Für die Festsetzung der Gültigkeitsdauer und des Geltungsbereiches von Konventionsreisepässen sowie der Gültigkeitsdauer der Rückkehrberechtigung in Konventionsreisepässen gelten die Bestimmungen des Anhanges der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge; im Übrigen gelten die §§ 88 Abs. 4 sowie 89 bis 93.
Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt, hat der Beschwerdeführer nach wie vor den Status eines Asylberechtigten, zumal die Aberkennungsentscheidung des BFA noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist.
Gemäß § 94 Abs. 1 FPG sind Konventionsreisepässe Fremden, denen in Österreich der Status des Asylberechtigten zukommt, auf Antrag auszustellen.
Es hat jeder Fremde, dem der Status des Asylberechtigten zukommt, Anspruch auf die Ausstellung eines solchen Reisepasses. Dem Beschwerdeführer steht somit ein Recht hinsichtlich des Erhaltes des Konventionsreisepasses nach § 94 Abs. 1 FPG zu – kommt ihm doch nach wie vor der Status eines Asylberechtigten zu.
§ 92 FPG normiert Gründe, auf Grund derer die Ausstellung eines Konventionsreisepasses zu versagen sind.
§ 93 FPG regelt die Entziehung von Fremdenpässen, wobei gemäß § 94 Abs. 5 die diesbezüglichen Bestimmungen auch auf Konventionsreisepässe anzuwenden sind.
Ausgehend von den Feststellungen, insbesondere dass die belangte Behörde keinen Bescheid bezüglich einer allfälligen Versagung und Entziehung des Konventionsreisepasses erlassen hat, war für das erkennende Gericht nicht überprüfbar, ob ein Versagungs- und damit ein Entziehungsgrund des Passes vorliegt. Vielmehr hat die Verwaltungsbehörde den Beschwerdeführer formlos aufgefordert und hat dieser „freiwillig“ den Pass abgegeben. Seither behält die Behörde den Konventionsreisepass ein.
Die belangte Behörde hätte in Entsprechung der Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes jedenfalls die Entziehung des Konventionsreisepasses bescheidmäßig anordnen müssen. Nur dann hätte die Einbehaltung ihre gesetzliche Grundlage. Dies ergibt sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut des § 93 Abs. 2 und 3 FPG. „Vollstreckbar“ entzogene Fremdenpässe sind der Behörde unverzüglich vorzulegen. Gemäß Abs. 3 sind Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen ihnen vorgelegten Fremdenpass abzunehmen, wenn dieser vollstreckbar entzogen worden ist. Daraus erhellt, dass ein Bescheid hinsichtlich der Entziehung zu erlassen ist, da nur ein solcher „vollstreckbar“ wäre.
Eine bescheidmäßige Entziehung liegt nicht vor.
Die Verwaltungsbehörde behält den freiwillig abgegebenen Konventionsreisepass zwangsweise gegen den Willen des Beschwerdeführers zurück. Der Beschwerdeführer hat ein Recht auf diesen Konventionsreisepass gemäß § 94 FPG, zumal dieses Recht nicht bescheidmäßig aberkannt bzw. der Pass nicht bescheidmäßig entzogen worden ist. Erst ein „vollstreckbar“ entzogener Reisepass wäre der Behörde vorzulegen und könnte von dieser in weiterer Folge einbehalten werden. Ohne einer vollstreckbaren Entziehung des Konventionsreisepasses stellt die Zurückbehaltung desselben – trotz Aufforderung zur Herausgabe – eine qualifizierte Untätigkeit im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung dar.
Diese qualifizierte Untätigkeit der Behörde ist in Entsprechung der Rechtsansicht des VfGH als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu qualifizieren.
Auch wenn es bei einer solchen qualifizierten Untätigkeit an einem „Zwang“ und „Befehl“ per se mangelt, so liegt in dem Verhalten der Behörde (idF einer Unterlassung) dieselbe Eingriffswirkung wie bei einem positiven Tun.
Es wäre sachlich nicht gerechtfertigt, die zwangsweise Abnahme als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu qualifizieren aber dieser qualifizierten Form der Einbehaltung nicht dieselbe Qualität zuzuschreiben wie einer aktiven Handlung – mit selbigem Ergebnis.
Unter Berücksichtigung höchstgerichtlicher Rechtsprechung, stellt daher das Einbehalten des Konventionsreisepasses durch die belangte Behörde eine qualifizierte Untätigkeit dar, welche mit Maßnahmenbeschwerde zu bekämpfen ist.
Angesichts dessen, dass gegenständliche Einbehaltung keine gesetzliche Grundlage hat und daher nicht den Vorschriften entsprechend erfolgt ist, sohin die Handlung bzw. die Einbehaltung rechtsgrundlos erfolgt ist, stellt die Einbehaltung des Konventionsreisepasses ein rechtswidriges Verhalten der belangten Behörde dar.
Die eingebrachte Maßnahmenbeschwerde war somit berechtigt und war sohin die Rechtswidrigkeit der Maßnahme auszusprechen. Weiters war gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG der festgestellte – noch andauernde – rechtswidrige Zustand aufzuheben.
Abschließend ist anzumerken, dass selbst wenn man diese Form der qualifizierten Unterlassung mit Eingriffswirkung nicht als Akt verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ansehen wollen, sondern die Einbehaltung als „schlichte Unterlassung“ iSd obigen Ausführungen werten würde, es sich an der rechtlichen Beurteilung im Ergebnis nichts ändern würde.
Dem Beschwerdeführer ist beizupflichten, dass § 88 Abs. 2 SPG eine Beschwerdemöglichkeit betreffend die gesamte Sicherheitsverwaltung iSd Definition des § 2 Abs. 2 SPG eröffnet. Die Vollziehung der Bestimmungen des FPG ist unter die „Sicherheitsverwaltung“ zu subsumieren und sind somit fremdenpolizeiliche Handlungen grundsätzlich nach § 88 Abs. 2 SPG anfechtbar. Hinzutreten muss, dass der Beschwerdeführer die Verletzung in einem subjektiven Recht behauptet und dies auch objektiv möglich sein muss.
Geltend gemacht werden können sowohl einfachgesetzliche als auch verfassungsgesetzlich gewährleitstete Rechte.
Ausgehend von obigen rechtlichen Ausführungen, hat der Beschwerdeführer auf Grund des ihm nach wie vor zuerkannten Status eines Asylberechtigten (weil nicht rechtskräftig aberkannt), ein Recht auf den Konventionsreisepass.
Dieses Recht bestünde nur dann nicht, wenn einer der Versagungsgründe gemäß § 92 FPG vorliegen würde. Das Vorliegen eines Versagungsgrundes würde wiederrum eine Entziehung nach § 93 FPG rechtfertigen. Dies aber ausschließlich auf Grundlage eines Bescheides.
Zumal kein Bescheid erlassen wurde und die belangte Behörde somit – wie bereits dargelegt – den Konventionsreisepass rechtsgrundlos einbehält und damit entzieht, greift sie in das subjektive Recht des Beschwerdeführers ein.
Die Voraussetzungen hinsichtlich einer Beschwerde nach § 88 Abs. 2 SPG sind daher ebenfalls vorliegend und wäre auch auf dieser Grundlage der Beschwerde Folge zu geben.
Zur Kostenentscheidung war zu erwägen:
Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.
Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten gemäß Abs. 4 unter anderem die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, der Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.
Gemäß § 35 Abs. 7 VwGVG ist Aufwandersatz auf Antrag der Partei zu leisten, der bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden kann. Es genügt, wenn eine Partei den Zuspruch der Pauschalbeträge beantragt ohne diese zu beziffern.
Ausgehend davon, dass der Beschwerdeführer obsiegende Partei ist und er den Antrag fristgerecht vor Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt hat, waren diesem als obsiegende Partei die Aufwendungen gemäß der
VwG-Aufwandersatzverordnung für den Schriftsatzaufwand und Verhandlungsaufwand von insgesamt € 1.659,60 zuzusprechen.
Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Schlagworte
Maßnahmenbeschwerde; Befolgungsanspruch; Konventionsreisepass; Entziehung;Anmerkung
VwGH 26.06.2019, Ra 2017/19/0261-9, AufhebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2017:LVwG.M.18.001.2016Zuletzt aktualisiert am
15.07.2019