TE Vwgh Erkenntnis 1999/1/18 98/10/0380

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Veröffentlicht am 18.01.1999
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Index

70/10 Schülerbeihilfen;

Norm

SchBeihG 1983 §3 Abs1 idF 1994/640;
SchBeihG 1983 §3 Abs6 idF 1994/640;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Toifl, über die Beschwerde des P in Biedermannsdorf, vertreten durch Dr. Friedrich Valzachi, Rechtsanwalt in Wien IX, Prechtlgasse 9, gegen den Bescheid des Bundesministers für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 29. September 1998, Zl. 1.030/46-III/B/9/98, betreffend Schulbeihilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 29. September 1998 sprach die belangte Behörde aus, daß der Beschwerdeführer im Schuljahr 1997/98 keinen Anspruch auf Schulbeihilfe hatte. Begründet wurde dies im wesentlichen damit, die Berechnung des Grundbetrages für die Schulbeihilfe ergebe einen Betrag von weniger als S 0,--, weshalb kein Anspruch auf Schulbeihilfe bestehe. Bei dieser Berechnung seien entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auch die Einkünfte seiner Ehegattin heranzuziehen gewesen, da die Ehegattin nach wie vor einer Berufstätigkeit nachgehe. Die Beendigung der Berufstätigkeit des Beschwerdeführers selbst führe nicht dazu, daß die Einkünfte seiner Ehegattin nicht mehr zu berücksichtigen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, auf Grund des Umstandes, daß er seine Berufstätigkeit aufgegeben habe, dürften auch die Einkünfte seiner Ehegattin, auch wenn diese nach wie vor einer Berufstätigkeit nachgehe, nicht mehr bei der Beurteilung seiner Bedürftigkeit im Hinblick auf eine Schülerbeihilfe herangezogen werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 2 Abs. 1 Z. 1 des Schülerbeihilfengesetzes 1983, BGBl. Nr. 455/1983, ist eine der Voraussetzungen für die Gewährung von Schülerbeihilfen, daß der Schüler bedürftig ist.

Nach § 3 Abs. 1 leg. cit. sind maßgebend für die Bedürftigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes

1.

Einkommen

2.

Familienstand und

3.

Familiengröße

des Schülers, seiner Eltern und seines Ehegatten.

Einkünfte aus Erwerbstätigkeit eines Schülers sowie seines Ehegatten sind nach § 3 Abs. 6 des Schülerbeihilfengesetzes 1983 zur Beurteilung der Bedürftigkeit nicht heranzuziehen, wenn vor der ersten Zuerkennung von Schulbeihilfe die Berufstätigkeit zur Aufnahme oder Intensivierung des Schulbesuches für mindestens ein Jahr aufgegeben wurde.

§ 3 Abs. 6 des Schülerbeihilfengesetzes 1983 statuiert das Erfordernis der Aufgabe der Berufstätigkeit als Voraussetzung für die Nichtheranziehung von Einkünften eines Schülers sowie seines Ehegatten, ohne daß dieses Erfordernis ausdrücklich auf eine Aufgabe der Berufstätigkeit des Schülers allein beschränkt wird. Hätte der Gesetzgeber eine Regelung des Inhalts beabsichtigt, daß die Aufgabe der Berufstätigkeit durch den Schüler die Nichtberücksichtigung (auch) der Einkünfte seines Ehegatten zur Folge haben sollte, dann wäre es unverständlich, daß er sich der im § 3 Abs. 6 des Schülerbeihilfengesetzes 1983 enthaltenen Formulierung bedient hat, wäre es doch wesentlich naheliegender gewesen, eine Formulierung des Inhalts zu verwenden, daß Einkünfte aus Erwerbstätigkeit eines Schülers sowie seines Ehegatten nicht heranzuziehen sind, wenn der Schüler vor der ersten Zuerkennung von Schulbeihilfe die Berufstätigkeit aufgegeben hat. Angesichts des Umstandes, daß in der Einleitung des § 3 Abs. 6 leg. cit. von der Erwerbstätigkeit sowohl des Schülers als auch des Ehegatten die Rede ist, deutet die nicht auf den Schüler allein beschränkte Formulierung von der Aufgabe der Berufstätigkeit darauf hin, daß sowohl die Berufstätigkeit des Schülers als auch die des Ehegatten gemeint ist und daß die Einkünfte aus der Erwerbstätigkeit des Ehegatten nur dann nicht zur Beurteilung der Bedürftigkeit heranzuziehen sind, wenn (auch) der Ehegatte die Berufstätigkeit aufgegeben hat. Dagegen spricht auch nicht der Umstand, daß § 3 Abs. 6 des Schülerbeihilfengesetzes 1983 von einer Aufgabe der Berufstätigkeit "zur Aufnahme oder Intensivierung des Schulbesuches" spricht, da dieser Zweck auch dann erfüllt ist, wenn ein Ehepartner seine Berufstätigkeit aufgibt, um dem anderen Ehepartner die Aufnahme oder Intensivierung des Schulbesuches - etwa durch Übernahme von Tätigkeiten, die bisher der zukünftige Schüler ausgeführt hat (Kinderbetreuung, etc.) - zu ermöglichen.

Bestätigt wird dieses Ergebnis durch folgende Überlegungen:

§ 3 Abs. 1 des Schülerbeihilfengesetzes 1983 enthält die Grundsätze für die Beurteilung der Bedürftigkeit; § 3 Abs. 6 leg. cit. enthält Ausnahmen von diesen Grundsätzen.

Nach § 3 Abs. 1 des Schülerbeihilfengesetzes 1983 sind grundsätzlich das Einkommen des Schülers, seiner Eltern und seines Ehegatten bei der Beurteilung der Bedürftigkeit heranzuziehen. Dies bedeutet, daß ein Schüler, der selbst nie über eigenes Einkommen verfügt hat, dessen Ehegatte aber Einkünfte bezieht, sich diese Einkünfte des Ehegatten bei der Berechnung des Anspruches auf Schülerbeihilfe anrechnen lassen muß. Es wäre ein nicht aufzulösender Wertungswiderspruch und eine sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung, wenn bei einem Schüler, der zunächst auf Grund einer Berufstätigkeit über eigene Einkünfte verfügt, infolge der Aufgabe der eigenen Berufstätigkeit nicht nur seine eigenen (früheren) Einkünfte, sondern auch diejenigen seines weiterhin berufstätigen Ehegatten nicht mehr berücksichtigt würden.

Dagegen könnte eingewendet werden, der Fall eines Schülers, der nie eine Berufstätigkeit ausgeübt und daher nie über eigene Einkünfte verfügt habe, dessen Ehepartner aber einer Berufstätigkeit nachgehe, sei unwahrscheinlich und daher vom Gesetzgeber nicht bedacht worden. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß sich eine mit § 3 Abs. 6 des Schülerbeihilfengesetzes 1983 im wesentlichen gleichartige Regelung auch im § 12 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, findet. An den Regelungen dieses Gesetzes und dessen Vorgängerbestimmungen hat sich das Schülerbeihilfenrecht insbesondere in der im Beschwerdefall in Rede stehenden Frage orientiert

(vgl. beispielsweise die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur Schülerbeihilfengesetz-Novelle 1974, BGBl. Nr. 183, 1042 Blg. NR XIII. GP). Im Bereich des Studienförderungsrechtes ist der Fall, daß ein Student nie Einkünfte aus eigener Tätigkeit bezogen hat, daß aber sein Ehegatte solche Einkünfte bezieht, durchaus nichts Ungewöhnliches und mußte daher dem Gesetzgeber bewußt sein.

Die im Beschwerdefall anzuwendende Fassung des § 3 des Schülerbeihilfengesetzes 1983 stammt aus der Novelle BGBl. Nr. 640/1994.

Zu Abs. 6 wird in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (1593 Blg. NR XVIII. GP, 6) ausgeführt:

"Durch die Formulierung des Abs. 6 soll klarer zum Ausdruck gebracht werden, daß sämtliche Einkommen, die jemand als berufstätiger Schüler bezogen hat, für die Beurteilung der sozialen Bedürftigkeit keine Rolle spielen, sofern er die Berufstätigkeit aus schulischen Gründen aufgegeben hat."

Diesen Ausführungen in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage ist zu entnehmen, daß gegenüber der bisherigen Rechtslage nicht eine Änderung, sondern lediglich eine Klarstellung erfolgen sollte.

Vor der Novelle 1994 fanden sich Regelungen des Inhalts, wie sie jetzt in § 3 Abs. 6 enthalten sind, in § 3 Abs. 4 und 5 des Schülerbeihilfengesetzes 1983. Diese lauteten:

"(4) Das Einkommen eines Schülers, der seine Berufstätigkeit zur Aufnahme oder Intensivierung des Schulbesuches aufgegeben hat, ist zur Beurteilung der Bedürftigkeit nicht heranzuziehen. Bei Aufgabe der Berufstätigkeit sind die Lohnsteuerkarten beim Schülerbeihilfenakt zu verwahren.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 3 und 4 sind sinngemäß anzuwenden, wenn eines der dort erwähnten Ereignisse auf den Ehepartner des Schülers zutrifft oder wenn der Ehepartner eine Schule besucht."

Das im § 3 Abs. 4 des Schülerbeihilfengesetzes 1983 in der Fassung vor der Novelle 1994 erwähnte Ereignis, auf welches Abs. 5 leg. cit. verwies, war die Aufgabe der Berufstätigkeit. § 3 Abs. 5 leg. cit. ordnete eine sinngemäße Anwendung des Abs. 4 an. Letztere Bestimmung war demnach nicht wörtlich, sondern nur nach entsprechender, vom Gesetzesanwender vorzunehmender Anpassung anzuwenden. (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1997, 96/07/0117, und die dort angeführte Vorjudikatur). Die Anordnung der sinngemäßen Anwendung des § 3 Abs. 4 des Schülerbeihilfengesetzes 1983 in der Fassung vor der Novelle 1994 bedeutete, daß das Einkommen des Ehepartners des Schülers zur Beurteilung der Bedürftigkeit des Schülers nicht heranzuziehen war, wenn der Ehepartner des Schülers seine Berufstätigkeit im Zusammenhang mit der Aufnahme oder Intensivierung des Schulbesuches des Schülers aufgab.

Die Regelung des § 3 des Schülerbeihilfengesetzes 1983 in der Fassung vor der Novelle 1994 war , was die im Beschwerdefall strittige Frage der Berücksichtigung des Ehepartnereinkommens bei Aufgabe der Berufstätigkeit des Schülers betraf, eindeutig. Sie enthielt getrennte Regelungen für die Aufgabe der Berufstätigkeit durch den Schüler selbst auf der einen Seite und für die Aufgabe der Berufstätigkeit durch den Ehepartner auf der anderen Seite. Die Aufgabe der Berufstätigkeit des Schülers selbst führte lediglich dazu, daß dessen Einkommen zur Beurteilung der Bedürftigkeit nicht heranzuziehen war. Hingegen führte die Aufgabe der Berufstätigkeit des Schülers nicht gleichzeitig auch dazu, daß ein von seinem Ehepartner aus dessen Berufstätigkeit bezogenes Einkommen auch nicht mehr zu berücksichtigen war; diese Konsequenz trat lediglich dann ein, wenn die Voraussetzungen des Abs. 5 gegeben waren, wenn also der Ehepartner selbst seine Berufstätigkeit aufgab. An dieser eindeutigen Regelung wollte die Novelle 1994 nichts ändern.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 18. Jänner 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998100380.X00

Im RIS seit

02.08.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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