Index
L55001 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Burgenland;Norm
AVG §38;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Toifl, über die Beschwerde 1. des Dipl.Ing. M, 2. der Mag. A,
3. der Dr. S, 4. der M, alle in Wien, vertreten durch Dr. Karl Franz Leutgeb, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Singerstraße 4, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 25. Februar 1997, Zl. IV-B-320/16-1997, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung und Wiederherstellungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Eisenstadt Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Spruchpunkt I. des im Instanzenzug erlassenen angefochtenen Bescheides wurde der Antrag der Beschwerdeführer auf Erteilung der (nachträglichen) naturschutzbehördlichen Bewilligung für die Errichtung einer Badehütte auf dem Grundstück Nr. 6064/374 KG M. gemäß § 3 der Natur- und Landschaftsschutzverordnung Neusiedlersee, LBGl. Nr. 22/1980 iVm §§ 5 lit. a Z. 1, 23 Abs. 7, 81 Abs. 2, 5 und 6 des Burgenländischen Naturschutz- und Landschaftspflegegesetzes 1990, LGBl. Nr. 27/1991 (NG 1990) iVm § 20 Abs. 1 und 4 des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes 1969, LGBl. Nr. 18/1969 (RPG) als dem rechtsgültigen Flächenwidmungsplan widersprechend abgewiesen.
Mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde den Beschwerdeführern aufgetragen, die auf dem genannten Grundstück widerrechtlich errichtete Badehütte innerhalb von zehn Wochen ab Zustellung des Bescheides zu entfernen und den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen.
Begründend wurde dargelegt, die Beschwerdeführer hätten mit Eingabe vom 13. Mai 1994 um die nachträgliche naturschutzrechtliche Bewilligung zur Errichtung bzw. Sanierung einer Badehütte auf dem genannten Grundstück angesucht. Die Hütte liege im Natur- und Landschaftsschutzgebiet Neusiedlersee und Umgebung. Die Fläche sei im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde M. als "Grünland-Gewässer" ausgewiesen. Die Beschwerdeführer hätten behauptet, daß es sich um die Generalsanierung einer bereits im Jahre 1960 naturschutzbehördlich bewilligten Hütte handle. Nach Darlegung der Rechtslage führte die belangte Behörde weiters aus, das verfahrensgegenständliche Bauwerk stehe im Widerspruch zum rechtsgültigen Flächenwidmungsplan der Gemeinde, da der Planungsabsicht der Widmung "Grünland-Gewässer" - dem Schutz und der Bewahrung dieser Flächen - die Errichtung von Badehütten, die zu Wohnzwecken dienten, entgegenstehe. Solche Flächen dienten der Erhaltung der Flora und Fauna des Seengebietes sowie der Sicherung des Sees als Erholungsraum für die Allgemeinheit. Zu Wohnzwecken dienende Badehütten stünden nicht im Einklang mit der widmungsgemäßen Nutzung. Zur Behauptung, es handle sich um die Renovierung einer alten Hütte, die bereits 1960 auf Grund der erforderlichen Bewilligungen errichtet worden sei, werde auf das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 18. März 1994 hingewiesen, welches feststelle, daß nicht eine Renovierung, sondern zweifelsfrei eine Errichtung einer Hütte samt Steg vorliege. Von einer Renovierung könne nur im Fall des Instandsetzens, Ausbesserns oder Herrichtens alter Teile gesprochen werden, nicht jedoch, wenn - wie im gegenständlichen Fall - infolge Vermorschung des Holzes insgesamt höchstens eine Wand der alten Hütte erhalten geblieben sei. Bei der alten, im Jahr 1960 bewilligten Hütte seien sämtliche tragenden Teile wie Dach, Wände und Plateau entfernt worden; diese sei somit untergegangen. Bei der gegenständlichen Hütte handle es sich somit um eine Neuerrichtung, die gemäß § 5 lit. a Z. 1 NG 1990 in Verbindung mit § 3 der Natur- und Landschaftsschutzverordnung "Neusiedlersee und Umgebung" bewilligungspflichtig sei. Da eine naturschutzbehördliche Bewilligung nicht vorliege, sei die Behörde gemäß § 55 Abs. 2 NG 1990 zur Erlassung eines Auftrages zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes verpflichtet.
Die Beschwerdeführer erhoben gegen diesen Bescheid zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit dem Beschluß vom 25. Juni 1998 ablehnte. In der nach Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof überreichten Beschwerdeergänzung wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unter der Bezeichnung "Beschwerdepunkt" tragen die Beschwerdeführer vor, sie würden in ihren Rechten insoferne verletzt, 1. als die belangte Behörde entgegen den Tatsachen die erfolgte Sanierung der Badehütte als Errichtung einer neuen Hütte qualifiziert habe; 2. entgegen der Ansicht der belangten Behörde für die Badehütte sämtliche notwendigen behördlichen Bewilligungen vorgelegen seien bzw. vorlägen. Die Beschwerdeführer seien daher in ihrem subjektiven Recht verletzt, bei Erfüllung sämtlicher gesetzlicher Voraussetzungen nicht zur Entfernung der Badehütte verpflichtet zu werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes obliegt es diesem nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers verletzt werde, sondern nur, ob jenes verletzt werde, dessen Verletzung er behauptet (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 8. August 1996, Zl. 96/10/0073).
Eine Verletzung im Recht auf die Erteilung einer naturschutzbehördlichen Bewilligung für die Errichtung der Badehütte wird - der ausdrücklichen Bezeichnung des soeben wiedergegebenen Beschwerdepunktes zufolge - nicht geltend gemacht. Der Verwaltungsgerichtshof hat somit im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes ausschließlich den den Wiederherstellungsauftrag betreffenden Teil des angefochtenen Bescheides (Spruchpunkt II) auf seine Gesetzmäßigkeit zu prüfen; dabei hat er seine Bindung an den mangels Anfechtung jedenfalls weiterhin dem Rechtsbestand angehörenden Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, mit dem die Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung abgelehnt wurde, zu beachten.
Die Beschwerde macht (als Rechtswidrigkeit des Inhaltes) zunächst geltend, abgesehen davon, daß sich "ein Widerspruch zum Flächenwidmungsplan nicht auf Grund einer Planungsabsicht, sondern vielmehr auf Grund einer tatsächlichen Widmung ergibt", habe die belangte Behörde ihre Bindung an den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft E. vom 17. Jänner 1997, mit dem das in Rede stehende Grundstück - eingeschränkt auf die Fläche der derzeit laut Plan darauf befindlichen Seehütte - nachträglich zum Bauplatz für die Errichtung der Seehütte erklärt und dieser die Baubewilligung erteilt werde, nicht beachtet. Diesen Bescheid habe die belangte Behörde "schlichtweg ignoriert und den Abbruch der mit allen Bewilligungen (Bauplatzerklärung, Baubewilligung, Baubeschreibung, naturschutzbehördliche und wasserrechtliche Bewilligungen) versehenen Badehütte vorgeschrieben".
Diese Darlegungen zeigen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Nach § 55 Abs. 2 erster Satz NG 1990 ist die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes von der Behörde binnen angemessen festzusetzender Frist aufzutragen, wenn Maßnahmen, die nach diesem Gesetz oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung verboten oder bewilligungspflichtig sind, entgegen dem Verbot, ohne Bewilligung, abweichend von der Bewilligung oder entgegen einer Verfügung nach Abs. 1 ausgeführt wurden oder wenn eine Bewilligung nach § 53 Abs. 1 lit. c erloschen ist.
Ein Wiederherstellungsauftrag nach dieser Gesetzesstelle ist somit (insbesondere) rechtmäßig, wenn die betreffende Maßnahme nach dem NG 1990 oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung bewilligungspflichtig ist und ohne Bewilligung ausgeführt wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im vorliegenden, auf die Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Wiederherstellungsauftrages beschränkten Beschwerdeverfahren seine Bindung an den mangels Anfechtung weiterhin dem Rechtsbestand angehörenden Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, mit dem der Maßnahme die naturschutzbehördliche Bewilligung versagt wurde, zu beachten. Diese Bindung reicht insbesondere so weit, daß der Verwaltungsgerichtshof seiner Prüfung die Auffassung zugrunde zu legen hat, daß eine einer Bewilligung nach § 3 der Natur- und Landschaftsschutzverordnung Neusiedlersee in Verbindung mit § 5 lit. a Z. 1 NG 1990 bedürftige Maßnahme vorliege (vgl. --bei ähnlicher Rechtslage - z.B. das Erkenntnis vom 27. Oktober 1997, Zl. 97/10/0095). Die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Wiederherstellungsauftrages hat im Hinblick auf diese Bindungswirkung weiters von dem Umstand auszugehen, daß die naturschutzbehördliche Bewilligung rechtskräftig versagt wurde.
Davon ausgehend kann mit den - im übrigen den Begriff des Widerspruches zum Flächenwidmungsplan (vgl. § 20 Abs. 1 RPG und das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Juni 1998, G 32/98) verkennenden - Darlegungen der Beschwerde, es käme nicht auf die Planungsabsicht an, keine Rechtswidrigkeit des Wiederherstellungsauftrages aufgezeigt werden. Ob die Voraussetzungen der Erteilung einer naturschutzbehördlichen Bewilligung vorliegen (bzw. der in § 20 Abs. 1 RPG normierte Versagungsgrund nicht vorliegt) hat der Verwaltungsgerichtshof auf Grund des eingeschränkten Anfechtungsgegenstandes der vorliegenden Beschwerde nicht zu prüfen.
Ergänzend kann aber gesagt werden, daß selbst bei Bedachtnahme auf das gesamte Beschwerdevorbringen eine Rechtswidrigkeit der dem Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides zugrundeliegenden Feststellung, das Vorhaben widerspreche dem Flächenwidmungsplan, und der darauf gemäß § 20 Abs. 1 RPG gegründeten Versagung der Bewilligung nicht ersichtlich ist.
Ebensowenig kann mit dem Hinweis auf das Vorliegen anderweitiger Bewilligungen oder Berechtigungen eine Rechtswidrigkeit des Wiederherstellungsauftrages aufgezeigt werden.
§ 55 Abs. 2 erster Satz NG 1990 knüpft an Bewilligungspflichten nach diesem Gesetz bzw. nach einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung und somit an das Vorliegen bzw. Fehlen einer nach den Vorschriften des Naturschutzgesetzes erteilten Bewilligung an. Schon im Hinblick auf die Bindung an den Versagungsbescheid ist vom Fehlen der naturschutzbehördlichen Bewilligung auszugehen. Im übrigen ist darauf zu verweisen, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die naturschutzbehördliche Bewilligung durch Bewilligungen bzw. Berechtigungen nach anderen, z.B. bau-, raumordnungs- oder wasserrechtlichen Vorschriften weder ersetzt noch entbehrlich gemacht wird (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 16. Dezember 1996, Zl. 96/10/0220, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Soweit sich die Beschwerde im gegebenen Zusammenhang auf das Vorliegen "aller" Bewilligungen beruft und ausdrücklich das Vorliegen einer naturschutzbehördlichen Bewilligung behauptet, bezieht sie sich erkennbar auf jene Bewilligung, die (offenbar einem Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer) im Jahre 1960 erteilt worden war. Auch dieses Vorbringen kann schon im Hinblick auf die Bindungswirkung des Versagungsbescheides nicht erfolgreich sein; denn diesem liegt tragend die Auffassung zugrunde, daß anstelle der zuvor - auf Grund der im Jahr 1960 erteilten naturschutzbehördlichen Bewilligung - errichteten Hütte, die im Hinblick auf die Entfernung sämtlicher tragenden Teile "untergegangen" sei, eine neue, den Gegenstand des mit Bescheid vom 25. Februar 1997 abgeschlossenen Bewilligungsverfahrens bildende Hütte errichtet worden sei. Der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Wiederherstellungsauftrages ist somit der Umstand zugrunde zu legen, daß für die den Gegenstand dieses Auftrages bildende Baulichkeit keine (nicht konsumierte) naturschutzbehördliche Bewilligung vorliege. Es erübrigt sich daher auch ein Eingehen auf jene - im übrigen die im angefochtenen Bescheid dargelegten Beweisergebnisse mit Stillschweigen
übergehenden - Beschwerdegründe, die sich gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde im Zusammenhang mit der Frage der "Neuerrichtung" der Badehütte wenden (vgl. zur Abgrenzung von "Errichtung" und "Instandsetzung" z.B. die Erkenntnisse vom 24. Oktober 1994, Zl. 91/10/0235, vom 9. September 1996, Zl. 94/10/0057, und vom 28. April 1997, Zl. 94/10/0023).
Mit dem Hinweis darauf, daß der "erste Bescheid" der belangten Behörde durch den Verfassungsgerichtshof aufgehoben worden sei, bezieht sich die Beschwerde offenbar auf die Aufhebung des Bescheides der belangten Behörde vom 28. März 1995 durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. September 1996, B 1482/95. Der soeben erwähnte Bescheid beruhte auf § 50 Abs. 6 NG 1990; der Verfassungsgerichtshof hatte mit Erkenntnis vom 26. September 1996, G 59/96, ausgesprochen, daß eine in dieser Vorschrift enthaltene Wortfolge verfassungswidrig war.
Auch dieses Vorbringen vermag schon im Hinblick auf die Bindungswirkung des Versagungsbescheides keine Rechtswidrigkeit des Wiederherstellungsauftrages aufzuzeigen. Dessen ungeachtet wäre es schon deshalb nicht zielführend, weil der angefochtene Bescheid seine Rechtsgrundlage in § 20 Abs. 1 RPG findet; daß diese Vorschrift nicht verfassungswidrig ist, hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25. Juni 1998, G 32/98, ausgesprochen.
Die geltend gemachte Rechtswidrigkeit liegt somit nicht vor; die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Im Hinblick auf die Erledigung des Beschwerdefalles erübrigt sich eine gesonderte Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof ist auch unter dem Aspekt des Art. 6 MRK nicht geboten, weil die für die Entscheidung wesentlichen Sachverhaltselemente unbestritten feststehen und die Rechtsfrage keiner Erörterung bedürftig ist (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 9. September 1996, Zl. 94/10/0165, und die dort zitierte Rechtsprechung). Im Beschwerdefall konnte daher gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 18. Jänner 1999
Schlagworte
Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998100349.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
22.09.2014